Unternehmer-Herz

Hochvermögende investieren zwar in Immobilien - der Ursprung ihres Vermögens liegt jedoch meist nicht im Immobiliengeschäft. Das heißt: Der Kapitalaufbau erfolgt oder erfolgte aus anderen Quellen, zum Beispiel aus dem eigenen Unternehmen. Es galt, das erwirtschaftete Kapital für die nachfolgenden Generationen zu erhalten. Immobilienrenditen weit oberhalb der Inflationsrate waren somit lange nicht das primäre Ziel. Passive "Kaufen-und-Halten" Anlagestrategien boten das angemessene Mittel für diesen Zweck.

Zunehmend hat in dieser Hinsicht bei einigen Family Offices und HNWIs ein Umdenken stattgefunden. Dies liegt zum einen an den immer weiter sinkenden Renditen aus den bislang favorisierten Core-Immobilien. Aber es liegt auch daran, dass in vielen Hochvermögenden eben ein Unternehmer-Herz schlägt, das Wertsteigerungspotenzial sucht. Daher ergänzen HWNIs und Family Offices ihre Immobilienstrategie häufiger um opportunistische und Value-Add-Ansätze. Diese Strategien werden oft über Dienstleister umgesetzt, die über die nötige Expertise und ein effizientes Netzwerk verfügen, und natürlich auch über geeignete Projekte. Dabei sind auch Club-Deal-Strukturen immer mehr von Interesse. Grundsätzlich gilt: Jedes Value-Add-Investment erfordert das ganze Unternehmer-Herz und ein gesundes Maß an Risikobereitschaft. Auf der anderen Seite sind bei klug konzipierten Club Deals stets auch Negativszenarien kalkuliert und realistische Exitstrategien vorgesehen.

Ferner ermöglichen Club-Deal-Strukturen eine risikobewusste Diversifikation. Beispiel: Eine Familie mit einem zu investierenden Vermögen von 30 Millionen Euro, legt 30 Prozent in Immobilien an. Ein Immobilieninvestment übersteigt jedoch meist ein Volumen von fünf Millionen Euro an Eigenkapital. Dies erschwert es Direktinvestoren, das Geld diversifiziert anzulegen. Beteiligungen an Club Deals können das Problem lösen. Bereits ab einer Beteiligungsgröße von einer Million Euro kann meist in Club Deals investiert werden. Dies impliziert, dass Investoren sich an mehreren Club Deals beteiligen und somit ihr Vermögen diversifiziert anlegen können. Im Gegensatz zu bereits diversifizierten Blind Pools bieten Club Deals individuellere Selektionsmöglichkeiten und einen transparenten Business Plan für jedes einzelne Investment.

Um über Ländergrenzen hinweg besonnen zu investieren, fehlt es häufig an lokalem Know-how der Familien. Für Investitionen im Ausland können lokal ansässige Familien Chancen und Risiken besser abschätzen und informierte Entscheidungen treffen. Daher schließen sich Familien aus dem Ausland vermehrt mit lokalen Familien zu Partnerschaften in Form von Club Deals zusammen. Der Vorteil: Das Co-Investment einer lokalen Familie in einem Club Deal ist sozusagen ein Gradmesser für die Güte eines Club Deals.

Fazit: Der unternehmerisch motivierte Investitionsansatz bei Value-Add-Immobilien, der von immer mehr Family Offices verfolgt wird, ist zwar noch kein Trend, der auf breiter Front zu beobachten ist. Aber er ist Teil eines Umdenkens; hin zu mehr Sensibilität für den Preis einer Immobilie und zu aktiver Wertschöpfung. Die übermäßige Immobilienpreisentwicklung an A-Standorten in den vergangenen Jahren legt nahe, den Status quo im Markt zu hinterfragen. Eine defensive und passive Immobilienstrategie bedeutet, ausschließlich an der allgemeinen Marktentwicklung zu partizipieren. Eine Wertschöpfungsstrategie bedeutet hingegen, den Wert einer Immobilie unabhängig vom Markt zu steigern. Damit erzielbare höhere Renditen müssen nicht erheblich mehr Risiko bedeuten, wenn dem Business Plan eine wohl durchdachte Wertschöpfungsstrategie zugrunde liegt.

Dr. Nicolai C. Striewe, Mrics, Director Research, Family Office & HNWI, Taurus Investment Holdings, München

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