Wohnungsbau: Regierung verkennt Ernst der Lage

Den Wohnungsbau ankurbeln - diese Parole geben Politiker der Bundesregierung seit Monaten wie ein Mantra von sich. Wirklich eilig scheinen sie es mit diesem Vorhaben aber nicht zu haben. Angesichts der jüngsten Posse um die Sonderabschreibungen zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus liegt die Vermutung nahe, dass der Ernst der Lage am Wohnungsmarkt noch nicht gänzlich erkannt worden ist.

An einer vermeintlichen Lappalie ist der Gesetzentwurf nun vorerst gescheitert. Aufgrund eines Streits um wenige hundert Euro pro Quadratmeter bei der Bemessungsgrundlage nahmen die Koalitionspartner CDU/CSU und SPD das Thema erst einmal von der Tagesordnung. Besonders ärgerlich: Akteure auf dem Wohnungsbaumarkt könnten angesichts solcher Hängepartien und der damit einhergehenden Unsicherheit ihre Investitionspläne erst einmal auf Eis legen.

Bundesbauministerin Barbara Hendricks hatte sich zuletzt optimistisch gezeigt, umso größer ist nun die Ratlosigkeit. Diese Episode reiht sich ein in die überwiegend kontraproduktiven Entscheidungen der Großen Koalition zur Förderung bezahlbaren Wohnungsbaus. Eine Trendwende hinsichtlich der Tendenz, dass insbesondere Mietwohnungen in Ballungsräumen für breite Bevölkerungsschichten eine zunehmend kostspielige Mangelware darstellen, ist somit nicht in Sicht.

Dass die Sonder-Afa wohl ohnehin nicht den "großen Wurf" dargestellt hätte, ist zunächst zweitrangig. Ein frischer Impuls täte dringend not, doch nun herrscht erst einmal Stillstand. Dass das klare Bekenntnis zur Förderung bezahlbaren Wohnraums der Regierung gut zu Gesicht stehen würde, ist eigentlich selbstredend. Gerade auf dem sozialpolitisch bedeutungsvollen Terrain des Wohnungsbaus sollten die etablierten Parteien nicht durch Tatenlosigkeit Akteuren an den politischen Rändern das Feld überlassen. Die parteipolitische Profilierung auf Kosten brauchbarer Ergebnisse könnte ansonsten ein böses Erwachen bei zukünftigen Wahlen nach sich ziehen.

Sollte es der Großen Koalition doch noch gelingen, in die Gänge zu kommen, so sind Vorschläge für tragfähige Konzepte aus der Branche reichlich vorhanden. Neben der Forderung einer Anhebung der steuerlichen Abschreibung wird vor allem eine Investitionszulage diskutiert. Diese könnte nach Ansicht der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) wirklich helfen bei dem Unterfangen, mehr private Investoren ins Boot zu holen. An Vorschlägen mangelt es also nicht.

Ob die Politik zeitnah zum Handeln bewegt werden kann, bleibt abzuwarten. "Reden, reden, reden" hat BID-Präsident Andreas Ibel deshalb als Devise ausgerufen, um die verantwortlichen Politiker auf Lösungen aufmerksam zu machen. Er ahnt wohl bereits, dass das Thema ein dickes Brett ist, das erst noch gebohrt werden muss. ph

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