Branchenkritik an EZB wächst

Quelle: Europäische Zentralbank

 

Es ist nichts Neues: Von der EZB gibt es (noch) nichts Neues. Der Hauptrefinanzierungssatz stagniert bei null Prozent, die Einlagefazilität bei minus 0,4 Prozent und der Spitzenrefinanzierungssatz verharrt bei 0,25 Prozent. Bei genauerem Hinhören gab es allerdings kleine Anpassungen hinsichtlich der Einschätzung der Risiken. Die sogenannten Abwärtsrisiken hätten sich weiter vermindert, hieß es. Was genau kann das heißen? Ist diese Einschätzung eine Stufe vor der Aussage, dass sich die Situation verbessert? Vieles deutet darauf hin. So hat die europäische Statistikbehörde Eurostat ihre zweite Schätzung zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in der Eurozone im ersten Quartal 2017 veröffentlicht. Darin ist eine eindeutige Nachhaltigkeit des Aufschwungs zu erkennen. Das preis- und saisonbereinigte Bruttoinlandsprodukt legte um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zu - in Deutschland sind es 0,6 Prozent. Die hiesige Inflationsrate stieg im April auf zwei Prozent. Folge: Deflationsgefahr wohl langfristig gebannt. Darüber hinaus weisen die Frühindikatoren auf eine Fortsetzung des Eurozonen-Aufschwungs hin.

All das konnte die Notenbanker allerdings nicht dazu bewegen, jetzt schon Änderungen ihrer Zinspolitik auch nur anzudeuten. Lediglich Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ließ anklingen, dass sich eine geldpolitische Änderung abzeichne, ohne allerdings hinsichtlich Art und Weise oder Zeitpunkt konkreter zu werden. Vermutlich möchte niemand zu hohe Erwartungen hinsichtlich einer weniger expansiven Geldpolitik wecken. Allerdings sollten die "Notenbanker" in Frankfurt aufpassen, dass sie nicht den richtigen Zeitpunkt des Ausstiegs aus der Krisenpolitik verpassen. Denn sonst würden die Gefahren für die Realwirtschaft, wie Fehlanreize, Fehlallokationen von Investitionen, künstlich aufgeblähte Finanzmärkte und Inflation, vielleicht zu groß werden.

Analysten der Nord/LB rechnen in diesem Jahr aber noch nicht mit einer Abkehr von der expansiven Geldpolitik. Im Juni werde vermutlich die EZB die Risiken für die Wirtschaftsentwicklung als "ausgeglichen" einstufen, bevor im September eine sukzessive Reduktion der Anleihekäufe für das Jahr 2018 angekündigt werden dürfte, so die Hannoveraner. Zinserhöhungen lägen aber noch in weiter Ferne - sowohl für den Einlage- als auch für den Hauptrefinanzierungssatz.

Vonseiten der Immobilienbranche wächst die Kritik am Handeln, oder eher Nicht-Handeln, der EZB immer mehr. Denn natürlich sind die Vorwürfe, dass die EZB-Politik den derzeitigen Immobilienpreisanstieg in Deutschland maßgeblich beeinflusst, berechtigt. Die steigenden Preise aber sind es wiederum, die die Bundesbank auf den Plan rufen, die nun wiederholt und verstärkt vor gefährlichen Tendenzen am Immobilienmarkt spricht. Die Preise sind allerdings nur die eine Seite einer möglichen gefährlichen Blase. Die andere sind die Kreditvergabestandards der Banken. Und die wurden bislang trotz des sich verschärfenden Wettbewerbs noch nicht wirklich gelockert. Der Beleihungsauslauf blieb laut Dr. Klein im April weiter unter der 80-Prozent-Marke, der Tilgungsanteil beträgt hohe 2,87 Prozent. Und laut Bundesbank liegt das Immobilienkreditwachstum derzeit unter dem langjährigen Durchschnitt von fünf Prozent pro Jahr. Grundlage sind hier die Entwicklungen der Werte von 1982 bis 2016.

Die Refinanzierungszinsen für Immobilienfinanzierungen mit einer Zinsbindung von zehn Jahren sind seit Mitte April um etwa 0,20 Prozentpunkte gestiegen, mit weiteren Anstiegen wird gerechnet. Ganz langsam aber mittlerweile stetig geht es nun offenbar nach oben. Das führt quasi "automatisch" zu einem Rückgang der Forward-Darlehen. Zum vierten Mal in Folge ist die Nachfrage nach dieser Form der Anschlussfinanzierung im April zurückgegangen und liegt nun nur noch bei 15,02 Prozent. Im Dezember 2016 schien der Höchststand erreicht worden zu sein. Nach Angaben von Dr. Klein werden Annuitätendarlehen wieder beliebter. Rund drei Viertel der abgeschlossenen Verträge sind Darlehen mit konstanten Raten und festgeschriebener Zinssicherheit. Mit Ausnahme des Oktobers vergangenen Jahres ist das der höchste Wert seit 2015. dro

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