Automobilstädte und ihre Potenziale zur Entwicklung von Wohnquartieren

Abbildung 1: Entwicklung der Zahl der Wohnungsbaufertigstellungen und -genehmigungen im Vergleich der Städte Wolfsburg, Ingolstadt, Regensburg Quelle: Wüest & Partner Deutschland

Volkswagen, Audi, BMW - die großen Automobilbauer sorgen an ihren Standorten für hohe Attraktivität als Arbeitgeber, eine im Bundesdurchschnitt höhere Kaufkraft pro Kopf und damit eine hohe Anziehungskraft auf Einwohner. Die Folge sind Wohnraumknappheit und steigende Mieten in den Automobilstädten, die nach Ansicht der Autoren mit dem klassischen ABC-Schema nicht ausreichend eingestuft werden können. Am Beispiel von Ingolstadt, Regensburg und Wolfsburg zeigen sie die Ansätze der Stadtplaner zur Schaffung neuen Wohnraums. Und betonen dabei gleichzeitig die Attraktivität von Autostädten als Standorte auch für Immobilien-Investoren. Die Konzerne beteiligen sich mitunter sogar an der Entwicklung, wie das Beispiel Wolfsburg zeigt. Red.

Die großen Metropolen Berlin, Hamburg, München, Düsseldorf, Köln, Frankfurt und Stuttgart stehen bei Wohnimmobilien-Investoren hoch im Kurs. Die Wohnungsnachfrage ist so hoch, dass sich der Gesetzgeber mittlerweile dazu veranlasst sieht, sprichwörtlich auf die Mietpreisbremse zu treten. Wie aber stellt sich die Situation am Wohnimmobilienmarkt in Städten dar, die weder A-Stadt noch Dienstleistungsmetropole sind?

Es erscheint notwendig, innerhalb der großen Gruppe an deutschen B-Städten weitere Kategorien zu bilden, denn das "Städte-ABC" gibt lediglich Hinweise zur Größe der Stadt, nicht aber zu Investitionschancen und möglichen Risiken oder zur Wirtschaftsstruktur und demografischen Entwicklung. Auch in den Regionalzentren können Angebot und Nachfrage am Wohnungsmarkt deutlich auseinanderklaffen, wenn die lokale Wirtschaft wächst und immer mehr Einwohner anzieht.

"Städte-ABC" reicht nicht aus

Beispiel Automobilstädte: Drei Städte stehen - jenseits der Metropolen - in Deutschland exemplarisch dafür, dass sich die Lage am Wohnungsmarkt auch in B- und C-Städten schnell anspannen kann und entsprechend reagiert werden muss: Wolfsburg, Ingolstadt, und Regensburg. Alle drei Städte verbindet ihre starke Abhängigkeit von der Automobilindustrie beziehungsweise den entsprechenden Zulieferbetrieben. Wie wird dort auf eine steigende Wohnungsnachfrage reagiert? Ebenfalls mit regulativen Daumenschrauben oder mit einer Stadtentwicklungspolitik, die auf die Bereitstellung von neuem Wohnraum gerichtet ist?

Ingolstadt erreichte im Dynamikranking 2013 von IW Consult hinter Wolfsburg den zweiten Platz. Der größte Wirtschaftsmotor ist die Audi AG mit 50 000 Beschäftigten am Standort Ingolstadt. Allein zwischen 2007 und 2011 wuchs das lokale BIP pro Einwohner um mehr als 25 Prozent. Die Arbeitslosenquote sank seit 2009 kontinuierlich und war 2013 mit 3,5 Prozent so niedrig wie in keiner anderen deutschen Großstadt. Angesichts dieser guten Ausgangsbedingungen verfügen die Ingolstädter mit jährlich 23 635 Euro Kaufkraft pro Kopf mittlerweile über rund zehn Prozent mehr als der Bundesdurchschnitt (21 220 Euro).

In den vergangenen zehn Jahren (2001 bis 2011) schrieben sich außerdem immer mehr Studenten an den Ingolstädter Fakultäten ein: Im Jahr 2001 kamen auf 1 000 Einwohner noch 19 Studierende. Diese Zahl erhöhte sich bis 2011 kontinuierlich - mit 37 auf fast das Doppelte. Insgesamt zogen zwischen 2003 und 2012 per saldo 9 400 Menschen nach Ingolstadt, sodass die Einwohnerzahl von 2003 bis 2013 um 6,8 Prozent anstieg, die Zahl der Haushalte sogar um knapp 8,8 Prozent. Für 2025 prognostizieren die Statistiker einen weiteren Anstieg von derzeit 63 200 auf 66 200 Haushalte, ein Plus von 4,7 Prozent.

Ingolstadt - Wachstum sorgt für starke Neubautätigkeit

Zeitgleich mit dem Zuzug vergrößerte sich auch der Ingolstädter Wohnungsbestand kontinuierlich, zuletzt um mehr als 700 Einheiten jährlich, überwiegend durch Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Trotz dessen ist der Anteil der Haushalte in Ein- und Zweifamilienhäusern mit rund 40 Prozent auffallend höher als in den beiden anderen betrachteten Autostädten. Ebenso steigt auch die Zahl der Wohnungsbaugenehmigungen seit drei Jahren wieder an. 2013 wurden 1 318 Genehmigungen erteilt. Dabei liegen kleine Wohnungen für Studenten und Senioren im Trend.

Allerdings lässt sich an den wachsenden Mieten ablesen, dass auch die Nachfrage nach Wohnraum steigt: 2009 lag die durchschnittliche Angebotsmiete für eine Bestandswohnung noch bei 7,40 Euro pro Quadratmeter, 2013 waren es mit 9,00 Euro fast 22 Prozent mehr. Die untere Preisklasse verteuerte sich mit plus 30 Prozent zwischen 2009 und 2013 am stärksten, während hochwertige Wohnungen "nur" um 15 Prozent zulegten. Die Mieten für Neubauwohnungen verteuerten sich in Ingolstadt um rund 20 Prozent.

Trotz der steigenden Mieten ist die Zahl der Pendler zurückgegangen. Im Jahr 2003 lag der Pendlerüberschuss der Stadt noch bei 37 000. Bis 2012 verringerte er sich deutlich auf rund 30 000. Die Stadt als Wohnort wird demnach beliebter. Entsprechend stark verteuerten sich auch Wohnimmobilien, die zum Kauf angeboten wurden, seit 2009 um rund ein Drittel auf durchschnittlich 3 408 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2013.

Von einer akuten Wohnungsknappheit blieb Ingolstadt bisher verschont: durch eine vorausschauende Stadtentwicklungspolitik mit einem konstant wachsenden Wohnungsangebot durch Schließung von Baulücken, Konversion ehemals militärisch genutzter Flächen, Umnutzungen, beispielsweise eines zentral gelegenen ehemaligen Krankenhausgeländes, und durch die Entwicklung teils öffentlich geförderter neuer Wohnquartiere.

Regensburg: Magnet für Studierende und Auszubildende

Regensburg befindet sich im Ranking von IW Consult unter den Top Ten der dynamischsten Städte. Die Bruttowertschöpfung stieg hier von 2010 bis 2011 mit plus 4,5 Prozent deutlich stärker als im Bundesdurchschnitt mit plus 3,6 Prozent. Das Werk von BMW beschäftigt allein rund 9 000 Mitarbeiter. Zulieferunternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe sowie dem Fahrzeug- und Maschinenbau treiben die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt zusätzlich voran.

In den Jahren 2009 bis 2013 stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um mehr als 10 000 - ein Plus von 11 Prozent - und die Arbeitslosenquote sank von 7,2 auf 4,7 Prozent. Auch die Regensburger profitieren davon in Form von überdurchschnittlichen Einkommen: die Kaufkraft von jährlich 23 198 Euro pro Kopf liegt weit über dem deutschen Durchschnitt, obwohl die Stadt sogar mit 201 Studenten pro 1 000 Einwohner einen sehr hohen Anteil von Studierenden aufweist (2001: 156).

Die Einwohnerzahl Regensburgs legte zwischen 2003 und 2013 um 6 000 beziehungsweise 4,2 Prozent zu - fast ausschließlich durch den Zuzug von Studierenden und Auszubildenden. Die Zahl der Haushalte stieg folglich in den vergangenen zehn Jahren um rund 10 000 auf etwa 82 000 im Jahr 2012. Auch künftig soll sie deutlich zunehmen - um rund 4 Prozent auf 87 000 im Jahr 2025. Auch in Regensburg wurde in den letzten Jahren kräftig zugebaut, um der Nachfrage gerecht zu werden und keine Engpässe entstehen zu lassen. 3 900 Wohnungen entstanden allein zwischen 2010 und 2013, Tendenz weiter steigend.

Mit 80 Prozent lebt ein Großteil der Regensburger in einem Mehrfamilienhaus und damit zumeist zur Miete.

Die Angebotsmieten für Bestandswohnungen sind zwischen 2009 und 2013 um 14 Prozent auf 9,10 Euro pro Quadratmeter und Monat angestiegen. Die Mieten für neu errichtete Wohnungen verteuerten sich im Mittel um "nur" 7 Prozent von 9,50 Euro im Jahr 2009 auf 10,13 Euro. Der Kaufpreis für neu gebaute Eigentumswohnungen stieg zwischen 2009 und 2013 dagegen um durchschnittlich 35 Prozent auf 3 647 Euro pro Quadratmeter.

Weiter steigende Mieten und Preise

Künftig ist von weiter steigenden Mieten und Preisen für Wohnungen aus zugehen, denn Experten prognostizieren für Regensburg eine Wohnungsknappheit - das Neubauvolumen ist noch nicht ausreichend. Allerdings ist zu erwarten, dass die Regensburger Stadtentwicklung gegensteuert. Seit den Erfahrungen mit der Wohnungsknappheit Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre und der Baulandknappheit um die Jahrtausendwende sorgt sie mit Voraussicht für einen Ausgleich allzu hoher Marktschwankungen.

Diverse Bauprojekte wie das Donaumarktquartier, das Marinaquartier und Entwicklungen entlang der ehemaligen Bahnflächen sollen der weiter steigenden Wohnungsnachfrage Rechnung tragen. Dazu schafft die Stadtverwaltung kontinuierlich Baurecht, geht sparsam mit den Flächenreserven um, setzt auf Nachverdichtung, ohne die Entwicklung neuer Wohnquartiere zu vernachlässigen und arbeitet eng mit den städtischen Wohnungsmarktakteuren zusammen.

Wolfsburg: Berufspendler sind Indiz für Wohnungsknappheit

Die niedersächsische Stadt Wolfsburg ist derzeit laut IW-Städteranking 2013 die wirtschaftlich dynamischste Stadt im gesamten Bundesgebiet, getrieben insbesondere durch die Wachstumszahlen der Volkswagen AG. Das lokale BIP stieg von 2007 bis 2011 um knapp ein Drittel und die Arbeitslosigkeit sank innerhalb der letzten fünf Jahre um enorme 23 Prozent auf 4,9 Prozent (Niedersachsen: 6,5 Prozent). Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg entsprechend um rund 17 Prozent.

Zwischen 2009 und 2013 wuchs auch die Kaufkraft um 12 Prozent auf nunmehr rund 23 400 Euro pro Kopf und Jahr und ist damit inzwischen höher als die der Regensburger.

Für Studenten scheint Wolfsburg immer attraktiver zu werden. Denn der Anteil der in Wolfsburg Studierenden ist seit 2001 von 14,2 pro 1 000 Einwohner innerhalb von zehn Jahren auf 24,3 angestiegen. Die für den Wohnungsmarkt bedeutenden Haushaltszahlen erhöhten sich zwischen 2003 und 2012 um 2,0 Prozent.

Die Bevölkerung ist allein zwischen 2008 und 2013 um knapp 3 Prozent gewachsen. Der Wanderungssaldo lag in diesem Zeitraum bei plus 5 880 Personen. Anders als in den beiden bayerischen Städten befinden sich jedoch die Baufertigstellungs- und Baugenehmigungszahlen in Wolfsburg seit Jahren auf einem sehr niedrigen Niveau. Während 2005 noch 568 Baugenehmigungen für Wohnungen ausgesprochen wurden, waren es im Jahr 2012 gerade einmal 180 Genehmigungen. Auch die Zahl der Fertigstellungen ist mit 187 im Jahr 2013 weit von ihrem Höchststand von 602 im Jahr 2004 entfernt.

Baumaßnahmen auf sehr niedrigem Niveau

Durch den verhaltenen Neubau und die starke Nachfrage nach Wohnraum sind die Angebotsmieten für Bestandswohnungen zuletzt angestiegen: von im Mittel 5,60 Euro im Jahr 2009 auf 7,80 Euro/Quadratmeter in 2013 - ein Plus von rund 39 Prozent. Die Mieten für Neubauwohnungen stiegen mit plus 82,7 Prozent noch stärker - von 6,02 auf 11,00 Euro/Quadratmeter.

Die hohe Zahl an Berufspendlern ist ein weiteres Indiz für die Wohnungsknappheit. Im Jahr 2013 pendelten schon rund 75 500 Menschen täglich zur Arbeit in die Stadt (2012: rund 73 100), gegenüber 2003 ist dies ein Plus von 34 Prozent. Die Pendlerzahlen sind weit höher als in den mit Wolfsburg vergleichbaren Städten Ingolstadt (2012: 42 500 Einpendler) und Regensburg (2012: 60 000 Einpendler). Und auch der Wolfsburger Saldo aus Einpendlern und Auspendlern liegt mit einem Plus von etwa 65 000 Pendlern jeweils in den Jahren 2012 und 2013 weit über dem von Ingolstadt (rund 30 000) und Regensburg (rund 49 000).

Der Wolfsburger Wohnungsmarkt hat im Vergleich zu Ingolstadt und Regensburg in mehrfacher Hinsicht Nachholbedarf: Die zuletzt sprunghaft gestiegenen Mieten und die vergleichsweise hohen Pendlerströme deuten darauf hin, dass viele gerne in der Stadt wohnen würden, es aber - anders als in Ingolstadt und Regensburg mit ihren hohen Genehmigungs- und Fertigstellungszahlen - wegen der Wohnungsknappheit nicht können.

Die Stadtentwicklung in Wolfsburg steuert gegen und möchte mit ihrem Masterplan 2020 vor allem dem hohen Pendleraufkommen entgegenwirken und die Pendler als Neubürger in die Stadt bringen. 6 000 neue Wohneinheiten sollen in den nächsten Jahren für rund 10 000 Menschen in der Stadt errichtet werden. Dazu weist die Stadt verstärkt neue Baugebiete aus, erschließt diese und vergibt sie unter der Maßgabe der Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit an die Bauherren und Investoren.

Fallbeispiel Steimker Gärten in Wolfsburg

Volkswagen Immobilien (VWI) beteiligt sich aktiv am Wolfsburger Wohnungsneubauprogramm und investiert bis 2017 rund 100 Millionen Euro in den Bau von rund 500 Wohnungen. VWI entwickelt in enger Zusammenarbeit mit der Stadt das neue Stadtquartier Steimker Gärten in sehr guter und imageträchtiger Lage am südöstlichen Rand der Innenstadt mit einem Potenzial von bis zu 1 250 Wohneinheiten.

Davon will VWI 300 Wohneinheiten für den eigenen Mietwohnungsbestand errichten. Die geplanten 2- bis 4-Zimmer-Wohnungen schließen mit ihrer barrierearmen und hochwertigen Ausstattung eine Angebotslücke auf dem Wolfsburger Mietwohnungsmarkt. Die zwei- bis viergeschossigen Wohngebäude werden durch angrenzende Grünzüge ergänzt, sodass ein hoher Frei zeitwert geschaffen wird. Bei der Projektrealisierung wird mit einem Regenwasserkonzept, dem Einsatz regenerativer Energien und einem Mobilitätskonzept, das ÖPNV und Individualverkehr verbindet, auf eine nachhaltige Entwicklung geachtet. Die weiteren Baufelder mit einem breiten Typologiemix für Mieter und Wohneigentümer stehen Investoren offen, die in einem dynamisch wachsenden Markt mit einem gesunden, wirtschaftlichen Umfeld investieren wollen.

Die Autoren

Karsten Jungk Geschäftsführer, W&P Immobilienberatung GmbH, Frankfurt am Main Roland Stöckigt Vorsitzender der Geschäftsführung, Volkswagen Immobilien GmbH, Wolfsburg

Die Studie "Die Wohnungsmärkte in Automobilstädten - Ein Vergleich der Städte Wolfsburg, Ingolstadt und Regensburg" analysiert die wirtschaftlichen und demografischen Rahmenbedingungen und Entwicklungen sowie die Dynamik bei Mieten und Kaufpreisen auf Stadt- und Postleitzahlebene in den Städten Wolfsburg, Ingolstadt und Regensburg. Erstellt wurde sie von dem Immobilienberatungsunternehmen Wüest & Partner Deutschland im Auftrag von Volkswagen Immobilien. Die Analyse ist kostenlos als Download auf www. wuestundpartner.com/deutschland sowie auf http://www.vwimmobilien. de/presse oder direkt bei Wüest & Partner und Volkswagen Immobilien erhältlich.
Karsten Jungk , Geschäftsführer und Partner, Wüest Partner Deutschland, Berlin

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