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Die Büroflächen der Zukunft: energiesparend und flexibel

Guido Nabben, Sprecher, German Property Partners (GPP), Düsseldorf

Quelle: GPP

Neue technische Möglichkeiten des "Digital Workplace", Veränderungen der Wirtschaft allgemein und gestiegene Ansprüche der Beschäftigten an ihre Arbeitsumgebung gehen auch an der Nachfrage nach Büro- und Gewerbeflächen nicht spurlos vorüber. Und es beeinflusst damit die langfristige Ertrags- und Wertentwicklung von Investitionen in Büroimmobilien. Der Autor gibt einen Einblick, wie sich die Nachfrage abseits der Schlagzeilen und Modewörter tatsächlich verändert und wie Unternehmen darauf reagieren. Er wählt den Begriff "War for Talents", um zu verdeutlichen, wie wichtig ein moderner und flexibler Arbeitsplatz als Wettbewerbsvorteil heutzutage sein kann. Dennoch sei zu beachten, dass einige Branchen wie beispielsweise Kreditinstitute weiterhin auf einen klassischen Arbeitsplatz mit Einzelbüros setzen werden. Red.

"Future Work", "New Work", "Arbeiten 4.0" - Modewörter wie diese beschreiben den Wandel der Arbeitswelt von der Industriegesellschaft des 20. Jahrhunderts zur wissensbasierten Ökonomie. Produktionsprozesse, Arbeitsabläufe und Organisationsformen wandeln sich angesichts der beiden Megatrends Digitalisierung und Individualisierung. Und diese Entwicklung macht vor dem Büro als Raum, in dem wir arbeiten, nicht halt.

Forschungsvorhaben wie das "Living Lab smart office space" der TU Kaiserslautern untersuchen, wie sich die Digitalisierung und weitere grundlegende wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen auf (Büro-)Arbeitsprozesse auswirken und was daraus für das "Büro der Zukunft" folgt. In der Praxis waren in der Vergangenheit insbesondere die Unternehmen aus der Technologie- und Digitalbranche Vorreiter, wenn es darum ging, neue Arbeitsformen zu erproben. Nun greift diese Entwicklung auch auf weitere Branchen über: Immer mehr Unternehmen statten ihre Büroräume mit digitalen Technologien aus und gestalten ihre Räumlichkeiten neu, um sich die Chancen der Digitalisierung zunutze zu machen und sich gleichzeitig den neuen Anforderungen der Arbeitswelten 4.0 anzupassen.

Ein wichtiges Ziel ist dabei sicher, die neuen Möglichkeiten des "Digital Workplace" zu nutzen, um Produktivität und Effizienz zu steigern. Die digitalen Technologien in der Netzwerk- und Kommunikationstechnik erlauben es, Arbeitsprozesse im Büro effizient zu gestalten. Für Büroimmobilien folgt daraus zunächst, dass sie eine moderne Informations- und Telekommunikationstechnik-Infrastruktur vorweisen müssen - wenn man so will, eine conditio sine qua non, um auf dem Mietmarkt bestehen zu können.

Bei Bedarf Regulierung der Luftqualität

Zugleich können Gebäudeautomation und intelligente Gebäudetechniken dazu eingesetzt werden, die Raum- und Arbeitsplatzqualität wesentlich zu steigern. Beispielsweise lassen sich mittels Sensoren für Lufttemperatur die Luftfeuchtigkeit und Luftqualität erfassen und bei Bedarf regulieren. Auf diese Weise ermöglichen intelligente Gebäudesysteme zudem Kostenreduktionen hinsichtlich des Wasser- und Energieverbrauchs.

Die sich wandelnden Nutzeranforderungen an moderne Büro- und Gewerbeimmobilien erschöpfen sich aber nicht nur in der Ausstattung mit neuen Technologien. Da der Arbeitnehmer als Mensch immer mehr in den Mittelpunkt der neuen Arbeitswelten rückt, greifen seine Nutzeranforderungen direkt in die Raumkonfigurationen ein. Denn es ist kein Geheimnis mehr: Nur wenn sich die Mitarbeiter in ihrem Arbeitsumfeld wohlfühlen und motiviert sind, sind sie auch nachhaltig produktiv.

Insbesondere die nach 1980 geborenen Jahrgänge haben andere Ansprüche daran, wie ihr Arbeitsplatz funktionieren und gestaltet werden soll, als ihre Vorgängergenerationen. Und vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung können sie diese Ansprüche im "War for Talents" zunehmend einfordern. Individualität ist heute sehr wichtig und die früher strikte Trennung zwischen Arbeit und Freizeit wird weitestgehend aufgehoben. Entsprechend wünschen sich junge Arbeitnehmer andere, flexiblere und mobilere Arbeitsmodelle als sie die klassischen Büroarbeitsstrukturen mit festen Arbeitsorten und starren Arbeitszeiten bieten.

Die Bürokonzepte der Zukunft müssen daher in der Lage sein, die Ansprüche der Arbeitnehmer an Ausstattung, Gestaltung sowie flexible Nutzung der Räumlichkeiten und darüber hinaus den Wunsch der Unternehmen nach Flächenoptimierungen und damit einhergehende Mietkosteneinsparungen zu erfüllen. "One-size-fits-all"-Ansätze sind dabei wenig hilfreich, vielmehr müssen künftige Büroflächen besonders multifunktional und flexibel sein.

Gratwanderung bei der Raumgestaltung

Die Zukunft liegt weder in einer Büroetage, die als langer Schlauch mit davon abgehenden Einzel- oder Zwei- bis Dreipersonenbüros konzipiert ist, noch in der Open-Space-Fläche in Reinkultur. Während Erstere zu viel Fläche verbraucht und vor allem weniger Kommunikation ermöglicht, leidet Letztere häufig unter der Akzeptanz vonseiten der Arbeitnehmer. Flexibel und kommunikativ sollen Büroflächen gestaltet sein, Raum für Austausch und Kooperation bieten und gleichzeitig Möglichkeiten für individuelles und stilles Arbeiten bereithalten.

Dementsprechend ist der Anteil der gemeinschaftlich genutzten Flächen wie Besprechungszimmer oder Meeting-Points in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Waren vor 20 Jahren noch etwa zehn Prozent aller Flächen Gemeinschafts- oder Begegnungsflächen, liegt deren Anteil mittlerweile bei rund 30 Prozent.

Derart konzipierte Büroflächen bieten neben verbesserter Kommunikation auch ein großes Flächeneinsparungspotenzial. Verstärkt wird dies durch die Auflösung "territorialer" Arbeitsweisen. In vielen Unternehmen sind Mitarbeiter nicht mehr an einen festen Schreibtisch im Büro gebunden oder sie teilen sich ihren Schreibtisch mit Kollegen ("Desk-Sharing"). Dieses non-territoriale Arbeiten könnte sich weiter fort- und durchsetzen, da es das wachsende Bedürfnis insbesondere der jungen Arbeitnehmergeneration nach mehr Flexibilität und Mobilität am Arbeitsplatz trifft. Flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit zur Telearbeit schaffen dann für das Unternehmen zusätzliche Möglichkeiten, für die gleiche Belegschaft weniger Schreibtische und damit auch weniger Quadratmeter Bürofläche vorzuhalten.

Das Konzept geht aber nur auf, wenn Ausstattung und Grundkonzept der neuen agilen Fläche so beschaffen sind, dass sich die Beschäftigten dort wohlfühlen. Dafür sind Investitionen erforderlich - etwa in die Qualität der Gemeinschaftsflächen oder in die Technik. Als Faustregel lässt sich sagen, dass bei einem Refurbishment, bei dem etwa 30 Prozent der bisherigen Büroflächen eingespart werden, die Hälfte davon an die Mitarbeiter zurückgegeben werden sollte. Etwa über die Einrichtung von Recreation Areas oder Think Tanks. Gleiches gilt im Hinblick auf die Mietkosten für die Flächen: Entstehen hier Einsparungen von 20 Prozent, sollte ein Anteil davon in verbesserte Grundrisse, die Akustik oder die technische Ausstattung reinvestiert werden. Denn ein noch so kommunikativ gestaltetes und auf den direkten und unkomplizierten Austausch ausgerichtetes Bürokonzept führt sich selbst ad absurdum, wenn die Beschäftigten dann mit Kopfhörern oder Ohrstöpseln arbeiten, um sich vom Umgebungslärm abzuschirmen.

Zukunftsfähigkeit einer Immobilie wird stärker geprüft

Die neuen Anforderungen an moderne Büroimmobilien sind nicht nur für Unternehmen wichtig. Insbesondere langfristig orientierte Investoren sollten diese unbedingt im Blick behalten. Denn die Zukunftsfähigkeit und damit Wertentwicklung einer Immobilie hängt davon ab, inwiefern sie den sich stets verändernden Nutzeranforderungen auch zukünftig gerecht wird. Für ältere Bestandsobjekte, deren Grundrisse teils nur schwer modernisiert werden können und somit auch den aktuellen Brandschutz- und Schallbestimmungen nicht mehr gerecht werden, wird es schwierig, sich auf dem Markt langfristig zu behaupten.

Und obwohl die Zahl der Bürobeschäftigten wächst, der Bedarf nach Gewerbeimmobilien groß ist und alle Top-7-Standorte Flächenverknappungen zu beklagen haben: In unmodernen Gebäuden werden die Leerstände steigen. Anleger müssen daher vor einem Investment noch genauer hinsehen und prüfen, ob und wie eine Büroimmobilie bestimmte Arbeitsformen und -strukturen darstellen kann. Nur dann kann die Immobilie auf lange Sicht erfolgreich genutzt und vermietet werden.

Wer "Büros der Zukunft" sehen will, findet in den Konzepten von Google oder Microsoft, oder beim Co-working-Anbieter WeWork prominente Beispiele. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in vielen Unternehmen und Branchen nach wie vor eher klassische Büros nachgefragt sind. Büroflächen müssen den Bedürfnissen der Menschen und der konkreten Arbeitswirklichkeit im Unternehmen entsprechen. Wer an vertraulichen Transaktionen arbeitet, wird das wohl kaum im Open Space tun. So werden beispielsweise von Banken und Kanzleien nach wie vor gerne Flächen mit überdurchschnittlich vielen Einzelbüros angemietet.

Doch da sich die Kommunikation unausweichlich und in einem beschleunigten Tempo ändert, werden sich die Räumlichkeiten zwangsläufig anpassen müssen - die oben genannten Ausnahmen bestätigen hier wohl eher die Regel. Es gilt daher, sich rechtzeitig und branchenübergreifend auf die neuen Anforderungen an Büroräume einzustellen - sowohl als Unternehmen wie auch als langfristig orientierter Investor oder Makler. Dann bieten moderne Bürokonzepte eine Reihe von Chancen für die Immobilienwirtschaft und das Büro als Ort der Kommunikation wird seine Relevanz auf jeden Fall beibehalten.

Der Autor Guido Nabben Sprecher, German Property Partners (GPP), Düsseldorf
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