MIPIM Special

Energieeffiziente Logistikzentren - die sieben zentralen Punkte

Andreas Fleischer, Business Unit Director Northern Europe, SEGRO Germany GmbH, Düsseldorf

Immer schneller und schneller. Die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung macht auch vor der Logistik- und Versandbranche nicht halt. Das führe laut Autor bis hin zu "Same-Hour-Delivery"-Angeboten. Es finde ein umfassender Strukturwandel mit völlig neuen Anforderungen an Logistikimmobilien statt. Problem: Viele scheuten den finanziellen Mehraufwand beim Bauen solcher Immobilien. Da dies kurzsichtig sei, führt der Autor mehrere Möglichkeiten auf, um das Thema nachhaltiger anzugehen. Je länger man das Gebäude nutzen wolle, desto mehr lohne sich eine Planung, die verstärkt auf Energieeffizienz ausgerichtet sei. Sinnvoll sei darüber hinaus auch, in ständigem Kontakt mit seinen Mietern zu stehen und dabei beispielsweise eine laufende Beobachtung der Verbrauchswerte vorzunehmen. Red.

"Lieferung in zwei bis drei Werktagen" - was noch vor wenigen Jahren als schnell galt, wird heute eher als schlechter Service angesehen. Heute bieten zahlreiche Onlinehändler einen Versand per "Same-Day-Delivery" an, egal ob es sich um Bücher, Möbel oder frische Lebensmittel handelt.

Einigen Unternehmen ist das noch nicht genug: Der Trend zur "Same-Hour-Delivery" zeichnet sich ab, einer garantierten Lieferung innerhalb von 60 Minuten. Waren werden zukünftig auch nicht nur schneller geliefert, sondern auf Abruf produziert. Durch die aktuellen Errungenschaften im 3D-Druck können immer mehr Produkte on demand gefertigt und speziell auf die Wünsche der Kunden zugeschnitten werden.

Für die Logistik, das Rückgrat des Einzelhandels, bedeutet das einen umfassenden Strukturwandel mit völlig neuen Anforderungen an Logistikimmobilien. Die sogenannten KEP-Dienstleister (Kurier-, Express- und Paketdienste) ziehen aus den Randlagen in die Innenstädte, um effiziente Versorgungsstrukturen zu gewährleisten. Zusätzlich zu den großflächigen Komplexen in der Nähe von Autobahnausfahrten entstehen kleinteilige City-Logistik-Einheiten mit flexiblem Flächenzuschnitt. Immer öfter werden zudem Lagerräume direkt in die Produktionsstätten integriert, um hohe Transportkosten zu vermeiden.

Entscheidend sind nicht nur die kurzen Wege, die Energieeffizienz der Logistikzentren ist wichtiger denn je - nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Relevanz von gekühlt zu lagernden Frischwaren am Onlinehandel. Das durch E-Commerce in weiten Bereichen zunehmende Handelsvolumen erfordert eine stetige Optimierung der in Logistikzentren eingesetzten Ressourcen.

Kostendruck mindert Investitionen

Die Diskussionen um Energieverordnungen, Klimaziele und Sanierungen werden im Wohnungsbau geradezu leidenschaftlich geführt. Im Bürobereich legen aktuellen Umfragen zufolge immer mehr Mitarbeiter Wert auf Emissionseinsparungen. Die Bauträger von Logistikzentren hingegen schenken diesem Thema zu wenig Beachtung. Oft steht der Kostendruck in Konflikt mit geplanten Investitionen in energiesparende Konzepte. Dabei lohnen sich diese: Wer bereits bei der Planung bereit ist, etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen, erhält langfristig eine attraktivere Immobilie. Die Einsparungsmaßnahmen reduzieren die Nebenkosten des Mieters erheblich - das Resultat ist häufig eine größere Standorttreue. Das wiederum sorgt beim Eigentümer für ein stabileres Renditepotenzial.

Doch wie lässt sich die Forderung nach Energieeffizienz im Logistikbereich verwirklichen? Mit der Nachrüstung von Solarzellen auf dem Dach ist es nicht getan. Ein umfassendes Konzept setzt bereits lange vor dem ersten Spatenstich an und umfasst den gesamten Lebenszyklus der Immobilie. Sieben Punkte sind dafür von zentraler Bedeutung.

1. Eine langfristige Objektstrategie

Der Ausgangspunkt für ein effizientes Logistikzentrum liegt bereits in der Unternehmensausrichtung des Bauträgers. Das mag auf den ersten Blick abwegig klingen, doch wer sich unterschiedliche Vorgehensweisen vor Augen führt, erkennt: Ein Unternehmen, das die Immobilie nach dem Bau sofort wieder veräußern möchte, hat weniger Anreiz, energiesparend zu bauen als ein langfristig orientierter Bestandshalter.

Keine Scheu vor Hochwertigkeit

Wenn die Mieterbetreuung nicht zum Unternehmenskonzept des Bauträgers gehört, wird er Investitionskosten für hochwertige Materialien scheuen, deren Einbau sich erst im laufenden Betrieb rechnen. Baut er jedoch mit dem Ziel, das Gebäude über Jahrzehnte hinweg im Bestand zu halten, erreicht er durch energiesparende Konzepte ein größeres Wertschöpfungspotenzial.

2. Die Arbeitsweise des Mieters frühzeitig einplanen

Nichts spart mehr Energie und Ressourcen als kurze Wege. Für das Logistikzentrum bedeutet das, dass sich die Immobilie an die Bedürfnisse des späteren Kundenunternehmens anpassen muss. Wird die Lage der Arbeitsplätze auf die Arbeitsschritte abgestimmt, schafft das produktive und energieeffiziente Lagerflächen. Ein Beispiel: Arbeitet das Unternehmen in Nachtschichten und müssen die Tore wiederholt geöffnet sowie geschlossen werden? Dann könnte sich der Einbau einer Torschleuse langfristig rechnen, um Wärmeverlust zu reduzieren. Handelt es sich um einen Onlinehändler, der viel Frischware lagern muss? Die Abwärme der Kühlsysteme könnte umgeleitet und für die Fußbodenheizung in nicht gekühlten Gebäudeteilen herangezogen werden.

3. Umfangreiche Gebäudesimulationen

Was vor einigen Jahren undenkbar war, gehört inzwischen bei vielen Neubauprojekten im Gewerbebereich zum Standardverfahren: Dynamische Gebäudesimulationen, die Flächennutzung und Energieverbrauch am Computer analysieren.

Damit lässt sich lange vor Baubeginn feststellen, welche Flächengestaltung effizient und wo noch Optimierungspotenzial vorhanden ist. In der Logistikbranche wird diese Technik nach wie vor zu selten eingesetzt. Dabei eignet sie sich hervorragend, um auch bei hohem Kostendruck die Vorteile energieeffizienter Logistikgebäude zu verdeutlichen und Nutzern große Energieeinsparpotenziale aufzuzeigen.

4. Hochwertiger Materialeinsatz beim Bau

Wussten Sie, dass beinahe die Hälfte des Gesamtstromverbrauchs im Logistikzentrum von der Beleuchtung verursacht wird? Wenn der Bauträger bereit ist, mehr Geld in die Hand zu nehmen, kann der Verbrauch im laufenden Betrieb stark gesenkt werden. Oft summieren sich einzelne kleinere Maßnahmen zu einem beachtlichen Ergebnis. Beispielsweise kann der Einsatz von LED-Leuchten den Energieverbrauch im Vergleich zu konventionellen Systemen um bis zu 30 Prozent verringern.

Auf jeweiliges Nutzerverhalten abstimmen

Dennoch gibt es nur in den seltensten Fällen die perfekte Universallösung - was tatsächlich Energie einspart, hängt vom späteren Mieter ab. Dieser sollte im Idealfall bei der Auswahl der Bauteile und der technischen Ausstattung involviert sein, damit die Materialien auf sein Nutzungsverhalten abgestimmt werden können.

5. Umweltschutz und Anwohnerfreundlichkeit

In puncto Energieeffizienz ist die Nebenkostenabrechnung nicht alles - der CO2-Ausstoß und der ökologische Fußabdruck des Gebäudes sind genauso wichtig. Wer beim Bau auf umweltfreundliche Materialen aus nachhaltigen Ressourcen setzt, spart nicht nur Emissionen ein, er erhöht gleichzeitig die Akzeptanz der umliegenden Anwohner.

Imagegewinn durch ansprechende Optik

Denn Logistikimmobilien genießen bei Bürgern und Kommunen nicht unbedingt den besten Ruf. Passt sich dagegen das Logistikzentrum optisch sowie architektonisch in die Umgebung ein und ist es zudem umweltzertifiziert, können Logistikimmobilien langfristig von einem Imagegewinn profitieren. Schließlich sollen Lagerflächen eines Tages ganz selbstverständlich in multifunktionale Gebäudekomplexe aus Gewerbe-, Wohn-, und Logistikbereichen integriert werden können.

6. Konsequentes Monitoring im Betrieb

Nach Beendigung des Neubaus kann sich der Eigentümer nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. Um die Entwicklung der Betriebskosten nicht aus den Augen zu verlieren, sollte der Bestandshalter - beispielsweise in Form eines digitalen Monitoring-Portals - in ständigem Kontakt mit seinen Mietern stehen und eine laufende Beobachtung der Verbrauchswerte ermöglichen. Stichwort: Mieterbindung.

Schließlich zeigen sich einige Einsparungspotenziale erst während des Betriebs, selbst wenn bereits während der Strategieentwicklung, der Bauplanung und der Bauphase hohe Standards gelten. Wenn die Zusammenarbeit gut funktioniert, kann sogar eine Obergrenze für die Nebenkosten garantiert werden. Dadurch entsteht ein Mehrwert für beide Parteien: Kostensicherheit für den Mieter und häufig eine größere Standorttreue für den Vermieter.

7. Für die Zukunft planen

Alle bisher genannten Punkte haben einen weiteren wichtigen Vorteil: Multi-User-Kompatibilität. Sprich: eine gute Nachvermietungsfähigkeit. Die Produktions- und Lagerbedingungen der Mieter unterliegen einem ständigen Wandel. Manchmal muss ein Unternehmen seinen Standort wechseln oder seine Geschäftszweige verlagern. Letztlich sind die Gründe zweitrangig: Wenn ein Mieter auszieht, können energieeffizientere Logistikeinheiten einfacher neuvermietet werden. Damit auch zukünftig keine Nachteile in puncto Kompatibilität entstehen, müssen die wichtigsten anstehenden Entwicklungen der Logistikbranche antizipiert werden - und in den Gebäudekonzepten Berücksichtigung finden.

Genügend Ladesäulen installieren

Beispiel E-Mobilität: Schon heute sollten beim Neubau genügend Ladesäulen integriert werden, um darauf vorbereitet zu sein, dass viele Logistikunternehmer ihren Fuhrpark mittelfristig auf Fahrzeuge mit Elektroantrieb umstellen werden. Um ein problemloses Aufladen mehrerer Batterien gleichzeitig zu ermöglichen, ist eine komplexere Elektroinfrastruktur nötig. Wer diesen Trend beim Neubau nicht berücksichtigt, muss später teuer nachrüsten - oder er läuft Gefahr, seinen Mieter zu verlieren.

Die Logistikunternehmen - und damit auch die entsprechenden Logistikzentren - müssen heute mehr Ansprüche denn je erfüllen. Energieeffizienz ist nur einer von zahlreichen wichtigen Aspekten, deren Konzeption und Umsetzung eine umfassende Planung benötigt.

Trotzdem liegt in diesem Mehraufwand großes Potenzial: Wer genug Zeit und Arbeit in das Projekt steckt, erhält ein Logistikzentrum mit wichtigen Alleinstellungsmerkmalen, das sich von der Konkurrenz abhebt. Das wirkt sich letztlich auf die Objektrendite aus. Denn die geringeren Nebenkosten könnten selbst eine höhere Nettokaltmiete für den Mieter überkompensieren, sodass der Vermieter - selbst bei hohem Kostendruck - das bessere Angebot liefert.

Der Autor Andreas Fleischer Business Unit Director Northern Europe, SEGRO Germany GmbH, Düsseldorf
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