Immobilien an der Börse

Erfolgsgeschichten am Aktienmarkt - das Beispiel Westgrund

Arndt Krienen

Immobilienaktien profitieren derzeit von den aktuellen Rahmenbedingungen. Dennoch bedarf es auch hier besonderer Faktoren, um aus der Masse herauszustechen. Neben einer klaren Strategie und einer nachhaltigen Ausrichtung des Geschäftsmodells sieht der Autor hier durchaus auch den Faktor Größe und damit Wahrnehmung. Denn wie er sagt, das beste Geschäftsmodell, die besten Renditen, die besten Zukunftsaussichten nutzen nichts, wenn die Wahrnehmungsgrenze nicht erreicht wird. Von daher hat die Westgrund ihr Portfoliovolumen in 2014 schon verdoppelt und will es mittelfristig noch einmal verdoppeln. Red.

2014 war ein sehr gutes Jahr für deutsche Immobilienaktien: Der Prime-Real- Estate-Index der Deutschen Börse verzeichnete ein Plus von 30 Prozent, während der Dax nur knapp drei Prozent schaffte. Auch die Aktie der Westgrund AG konnte der positiven Entwicklung des Immobiliensektors folgen und schnitt mit einem Plus von mehr als 40 Prozent sogar besser ab als der Branchenindex.

Dass Aktien von Unternehmen aus dem Immobiliensektor 2014 stark nachgefragt waren - und auch 2015 noch weiter im Fokus vieler Anleger stehen -, liegt zu einem guten Teil an einem für Aktien insgesamt positiven Umfeld: Die unverändert niedrigen Zinsen machen viele Anlageklassen unattraktiv, eine Anlage in Aktien, insbesondere in Immobilienwerte, aber attraktiv. Dennoch muss auch jedes einzelne Unternehmen potenzielle Aktionäre mit einer Strategie überzeugen, die im Idealfall fokussiert, einfach und leicht nachzuvollziehen ist. Die Westgrund AG hat eine solche Strategie.

Das Unternehmen bietet Wohnimmobilien ausschließlich im deutschen Markt an, legt dabei den Fokus auf Mehrfamilienhäuser und Wohnanlagen für Haushalte mit mittlerem bis niedrigem Einkommen.

Verdoppelung des Portfolios geplant

Der größere Teil der Immobilienbestände liegt im Norden und im Osten der Bundesrepublik. In Berlin und Umgebung ist die Westgrund AG gut vertreten, ansonsten aber finden die Investments in mittelgroßen Städten mit einem stabilen wirtschaftlichen Umfeld statt. In den sogenannten A-Städten ist das Unternehmen, außer in Berlin, nicht vertreten. Zudem wächst die Westgrund AG seit Jahren kontinuierlich und kann darauf verweisen, erworbene Portfolios stets so entwickelt zu haben, dass die Wohnqualität mit vergleichsweise geringen Investitionen verbessert, die vorhandenen Leerstände abgebaut und die Mieten moderat Schritt für Schritt angehoben werden konnten.

2014 hat es den bisher größten Wachstumssprung gegeben, der zu einer Verdoppelung der Zahl der Wohneinheiten auf knapp 20 000 Einheiten geführt hat. Und das Wachstum ist noch nicht zu Ende. Ziel ist, das Portfolio mittelfristig weiter auf gut 40 000 Einheiten auszubauen und dadurch in der Rangliste der privaten Anbieter von Wohnimmobilien in Deutschland weiter nach oben zu klettern.

Da die Menge allein nie entscheidend ist, kam es bei vergangenen - und kommt es bei zukünftigen - Akquisitionen auf zwei Aspekte ganz besonders an, die für den Ankauf neuer Portfolios entscheidend sind: Der positive Cashflow und die Lage der Objekte. Westgrund investiert nur in solche Immobilien, die von Anfang an einen positiven Cashflow generieren. Durch kleinere Sanierungsmaßnahmen wird dann die Qualität der Objekte verbessert mit dem Ziel, dadurch auch den möglichen Mietertrag pro Wohneinheit zu erhöhen. Gleichzeitig reduziert die Westgrund AG den Leerstand durch ein aktives Vermietungsmanagement.

Natürlich kann die Übernahme eines Portfolios von Wohneinheiten nur dann auf Dauer wirtschaftlich erfolgreich sein, wenn die Lage der Immobilien ein entsprechendes Wertsteigerungspotenzial aufweist. Ein stabiles wirtschaftliches Umfeld, eine ausgebaute Infrastruktur, eine gute demografische Perspektive - die Fundamentaldaten müssen überzeugen. Hinzu kommt, dass die Westgrund AG ihre Aktivitäten auf wenige Kernregionen innerhalb Deutschlands konzentriert. Denn die lokale Konzentration bietet einen entscheidenden Vorteil: Sie gewährleistet ein effizientes Asset Management und eine produktive Zusammenarbeit mit dem Property Management vor Ort.

Berlin und B-Städte mit gutem Risiko-Rendite-Profil

Etwa ein Drittel des Bestandes der Westgrund befindet sich in Berlin oder im unmittelbaren Umland von Berlin. Dort konzentriert sich Westgrund ebenso wenig wie anderswo auf die "Szeneviertel", in denen die Kaufpreise bereits ein hohes Niveau erreicht haben und wo auch das Mietsteigerungspotenzial inzwischen weitgehend ausgeschöpft sein dürfte.

Stattdessen kommen für Investitionen vor allem solche Lagen in Berlin und im Berliner Umland infrage, die vom zunehmenden Nachfragedruck am Berliner Wohnungsmarkt voraussichtlich profitieren werden. Denn die zunehmende Sogwirkung der deutschen Hauptstadt bringt einen Bevölkerungszuwachs und einen Anstieg der Haushaltszahlen mit sich, die in einem krassen Missverhältnis zum Wohnungsneubau in der Stadt stehen. Deshalb wird sich der Nachfragedruck voraussichtlich zunehmend auch auf jene Bestände verlagern, die bislang noch nicht so stark im Fokus standen wie die zentralen Lagen. Daraus resultieren Investitionschancen, die Westgrund nutzt.

Zum größeren Teil investiert die Westgrund allerdings in B-Städte. Denn in diesen meist weniger im Blickfeld stehenden regionalen Wohnungsmärkten sind in den letzten Jahren die Mieten deutlich stärker gestiegen als die Kaufpreise. Dort ergeben sich deshalb attraktive Investitionsmöglichkeiten, auf die sich die Strategie von Westgrund fokussiert. Bei gleichem oder sogar niedrigerem Risiko lassen sich dort höhere Renditen erzielen als in den Top-Städten.

"Großstadt light"

Abhängig von der Stärke der jeweiligen lokalen Wirtschaft erleben viele mittelgroße Städte in Deutschland mittlerweile einen deutlichen Bevölkerungszuwachs. Können sie gute Perspektiven für Arbeitsplätze vermitteln - ob in Industrie, Dienstleistungsgewerbe, Forschung und Lehre oder Kultur -, dann verbuchen sie meist auch einen hohen Zuzug einkommensstarker Arbeitnehmer für sich. Mit entsprechenden Auswirkungen auf die Nachfrage nach Wohnraum.

Aber die guten Jobperspektiven sind nicht der einzige Grund für die Beliebtheit von B-Städten. Denn B-Städte bieten im besten Fall "Großstadt light": urbaner Charakter plus Nähe zur Natur, städtischer Flair ohne die negativen Aspekte großer Ballungsgebiete. Das können Metropolen ihren Einwohnern häufig nicht bieten.

Vor allem im Osten der Bundesrepublik weisen mittelgroße Städte seit Jahren ein bemerkenswertes Zuwanderungsplus auf. Dresden und Leipzig sind dafür die besten Beispiele. Diese Städte sind vor allem für junge Menschen und Berufseinsteiger oft attraktiver als die Top-7-Städte, weil die Lebenshaltungskosten dort nur bei etwa 80 Prozent des Westniveaus liegen und dies voraussichtlich auch noch einige Zeit so bleiben wird. Gleichzeitig finden sich hier gute Universitäten und eine lebendige Kulturszene. Für Investoren kommt hinzu: Der gesamte Raum von Halle über Leipzig bis Dresden weist eine differenzierte Wirtschaftsstruktur auf, die Wachstumspotenzial bietet und nicht von Investitionsentscheidungen weniger Einzelunternehmen abhängig ist.

Garant für effiziente Kostenstruktur

Wer als Immobilienunternehmen an der Börse überzeugen will, muss aber nicht nur dokumentieren können, dass die Portfolios gut aufgestellt sind. Es geht auch darum, sie auf Dauer gut und kosteneffizient zu managen. Die Westgrund AG hat sich deshalb eine äußerst schlanke Organisationsstruktur gegeben. In der Zentrale sind lediglich 14 Mitarbeiter beschäftigt, die mit dem Asset Management, dem Ankauf von Immobilien und ihrer Finanzierung und dem Controlling und Rechnungswesen beschäftigt sind.

Im gesamten Property Management hingegen arbeitet die Westgrund AG mit externen Partnern zusammen. Aus unterschiedlichen Gründen. Zunächst bieten professionelle Partner, die in der Regel umfangreiche Wohnungsbestände mit langjährigem Know-how bewirtschaften, einen stabilen und hohen Qualitätsstandard. Das ist wichtig, denn letztlich ist die Zufriedenheit der Mieter für jedes Wohnungsunternehmen ein entscheidender Faktor. Die Vergütungen der externen Partner sind erfolgsabhängig und üblicherweise als Prozentsatz des Mietvolumens eines Objektes vereinbart.

Dadurch bieten sie dem externen Partner einen finanziellen Anreiz, sich um die Belange der Mieter zu kümmern und die Leerstände gering zu halten. Wenn die Vergütungen prozentual von den Mieteinnahmen berechnet werden, hat das den zusätzlichen Vorteil, dass der Eigentümer, in diesem Fall die Westgrund AG, eine klare Kalkulationsbasis für die Kosten hat. Und letztlich erhält die Kooperation mit externen Partnern ein hohes Maß an Flexibilität, wenn Bestände veräußert oder erworben werden. In diesen Fällen werden lediglich die Verträge mit den Dienstleistern geändert, Personalmaßnahmen wie Einstellungen oder Entlassungen sind hingegen nicht nötig.

Eine schlanke Organisation mit externen Partnern für das Property Management liefert also eine Kostenstruktur, die effizient und leicht nachvollziehbar ist. In der Regel mögen Aktionäre diese Art von Überschaubarkeit. Schließlich bedeutet das auch, dass sich relativ leicht abschätzen lässt, welchen Einfluss eine zusätzliche Akquisition auf die Gewinn- und Verlustrechnung haben wird. Es ergibt sich also dadurch eine vergleichsweise hohe Transparenz. Und die wird von Aktionären geschätzt.

Der Erfolg an der Börse hängt von einem weiteren Faktor ab, der zunächst mit dem Geschäftsmodell eines Unternehmens nichts zu tun hat: der Wahrnehmung. Die Westgrund-Aktie hat sich lange unter dem Radar der institutionellen Investoren bewegt, weil sie noch keine nennenswerte Marktkapitalisierung erreicht hatte und der Streubesitz zu gering war. Mit der Kapitalerhöhung von 140 Millionen Euro, die der Finanzierung der bisher größten Akquisition in der Unternehmensgeschichte diente, hat sie aber im letzten Jahr einen entscheidenden Schritt über die Wahrnehmungsschwelle gemacht.

Wahrnehmbare Größe am Kapitalmarkt

Dadurch hat das Unternehmen erstmals eine Größenordnung erreicht, die am Kapitalmarkt von vielen potenziellen Anlegern wahrgenommen wird - auch weil im Rahmen der Kapitalerhöhung der Anteil von Aktien, der in den Händen von Großaktionären oder strategischen Investoren liegt, deutlich zurückgegangen ist und der sogenannte Free Float, also der Anteil der Aktien, die nicht auf Dauer mit einer strategischen Absicht gehalten werden, von weniger als 20 Prozent auf mehr als 50 Prozent gestiegen ist. Zudem liegen seitdem die täglichen Aktienumsätze auf einem wesentlich höheren Niveau und die Westgrund AG ist für viele potenzielle Anleger erstmals zu einer ernsthaften Alternative für ihre Anlageentscheidungen geworden. Dass der Kurs heute auf gut 4,50 Euro liegt und damit etwa 1,50 Euro höher als vor einem Jahr, hat eben auch damit zu tun, dass die Kapitalmarktteilnehmer die Westgrund AG inzwischen als attraktives deutsches Immobilienunternehmen kennengelernt haben.

Wahrnehmung ist eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg eines jeden börsennotierten Unternehmens. Das beste Geschäftsmodell, die beste Rendite oder die besten Zukunftsaussichten nutzen nichts, wenn die Wahrnehmungsschwelle nicht erreicht ist. Auch in dieser Beziehung hat also die Westgrund AG 2014 die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, in Zukunft in der Peer Group deutscher Immobilienunternehmen als attraktive Anlagemöglichkeit eine bedeutendere Rolle zu spielen.

Der Autor Arndt Krienen Vorsitzender des Vorstands, Westgrund AG, Berlin
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