Regulatorik

Sind Immobilienfonds Schattenbanken?

Ulrich Keunecke

Schattenbanken haben eine entscheidende Rolle in der 2007 geplatzten US-Immobilienkrise gespielt. Um künftige Fehlentwicklungen bei der Kreditvergabe zu vermeiden, hat die europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA im Juni dieses Jahres entsprechende Leitlinien veröffentlicht: Ab dem 1. Januar 2017 sind bei Anlagen in Schattenbanken besondere Bestimmungen zu berücksichtigen. Dies betrifft nicht zuletzt auch ausgewählte Investmentfonds und Verbriefungsvehikel. Der Autor erläutert die wichtigsten absehbaren Veränderungen und insbesondere die Implikationen für Akteure der Immobilienbranche. Red.

Der Begriff der Immobilienfonds wird nicht ohne Weiteres mit Schattenbanken in Verbindung gebracht. Indes geht es um die Finanzierung von Immobilien etwa über als Fonds ausgestaltete Kapitalsammelstellen und Verbriefungsvehikel. Dies führt früher oder später zu der Frage, ob solche Strukturen als Schattenbanken einzustufen sind, für die künftig besondere Bestimmungen zu beachten sind.

Banken, noch die Folgen der Finanzkrise spürend und strengeren Kapitalregeln ausgesetzt, sind in der Darlehensvergabe zurückhaltender geworden. Die Lücke wird von unregulierten Vermögensverwaltern, privaten Kreditfonds und Crowdfunding-Unternehmen gefüllt. Zugleich wächst unter Branchenkennern die Sorge, dass eine Zunahme unregulierter Kreditvergaben in eine erneute Krise führen könnte.

Das Schattenbankensystem hatte einen wesentlichen Anteil an der US-Immobilienblase, die 2007 platzte und die weltweite Finanzkrise auslöste. Jahrelang wurden günstige Hypothekendarlehen vergeben, dann in Anleihen verpackt und sodann an Banken und andere institutionelle Investoren verkauft. Als die Blase platzte, standen nicht zuletzt die Banken selbst im Mittelpunkt der Krise.

Lehren aus der Subprimekrise

Die europäische Bankenaufsichtsbehörde ("European Banking Authority" - EBA) hat daher im Juni 2016 die "Leitlinien über Obergrenzen für Risikopositionen gegenüber Schattenbankunternehmen" veröffentlicht. Die zuständigen nationalen Behörden und Finanzinstitute müssen nach EU-Recht die erforderlichen Schritte unternehmen, um diesen Leitlinien nachzukommen.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wird dies durch ein Rundschreiben umsetzen, das im Juni 2016 zur Konsultation gestellt wurde. Die Regelungen sind sodann ab dem 1. Januar 2017 ohne Übergangszeitraum von den betroffenen Marktteilnehmern zu berücksichtigen.

Im Wesentlichen übernimmt das Rundschreiben den Inhalt der EBA-Leitlinie. Der Anwendungsbereich des BaFin-Rundschreibens wird aus verwaltungstechnischen Gründen leicht angepasst.

Zweistufige Definition von Schattenbanken

Nach der EBA-Definition sind Schattenbanken alle Akteure und Aktivitäten auf den Finanzmärkten, die bankähnliche Funktionen im Kreditvergabeprozess wahrnehmen und keine Banken sind und dabei nicht der Regulierung für Kreditinstitute unterliegen. Wesentlicher Fokus liegt dabei im Ergebnis auf Alternativen Investmentfonds (AIF) und Verbriefungs vehikeln.

Die EBA stellt keinen abschließenden Katalog der relevanten Unternehmen oder Rechtsformen zur Verfügung, sondern sieht eine zweistufige Ermittlung von Schattenbanken vor. Zunächst werden bestimmte Bankgeschäfte wie etwa das Einlage- und Kreditgeschäft oder Bürgschaften genannt. Sodann werden Ausnahmen aufgezählt, die nicht als Schattenbanken qualifizieren.

Damit zählen alle übrigen Unternehmen, die eine der in dem vorgegeben Handlungskatalog genannten Aktivitäten verfolgen, als Schattenbank. Dies gilt etwa für alle Zweckgesellschaften, die nicht in die bankaufsichtsrechtliche Überwachung auf konsolidierter Ebene einbezogen sind sowie für Alternative Investmentfonds (AIF) in der Form von Debt Funds sowie wenn sie in beträchtlichem Maße Leverage aufnehmen oder Darlehen erwerben oder ausreichen können.

Immobilienfonds von Regularien betroffen?

"European Long Term Investment Funds" (ELTIF) und "European Venture Capital Funds" (EuVeCa) etwa sind ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich ausgenommen, da diesen Vehikeln aufgrund der entsprechenden EU-Regulierungen nicht die schattenbankspezifischen Risiken innewohnen. Dass darüber hinaus auch regulierte Investmentfonds in den Schattenbankenbegriff einbezogen sind, ist mit der in der EBA-Leitlinie ausgedrückten Allgemeinheit nicht in ihrem eigenen Sinne.

Die EU-Kommission beabsichtigt laut Grünbuch aus dem März 2012 vor allem solche Vehikel zu regulieren, die über ihre Assets Fristen transformieren, wobei langlaufende Darlehen als Vermögensanlage über einen offenen Fonds mit kurzfristigen Anteilsrückgabefristen zu Kurzläufern werden, und die durch die Aufnahme von Krediten gehebelt sind oder bei massiven Rückgaben die Stabilität des Finanzsystems gefährden. Dies betrifft aber allenfalls Investmentfonds, die für verstärkte Rückgaben der Anleger anfällig erscheinen und bei denen es keine angemessene Liquiditätssteuerung gibt. Dies ist bei europäischen regulierten offenen und bei geschlossenen AIF typischerweise nicht der Fall.

Allerdings ist in der EBA-Leitlinie bezüglich der Anwendbarkeit etwa auf Immobilien-, Infrastruktur- und Private-Equity-AIF insoweit ein wichtiger Schritt vorgegeben, da diese typischerweise nicht im Sinne der Leitlinie "beträchtlichen" Leverage aufnehmen und damit ebenso wie ELTIFs nicht als Schattenbank gelten sollten.

Die Leitlinie der EBA

Häufig nutzen diese Fonds in der sogenannten Innenfinanzierung Gesellschafterdarlehen. Reicht ein Fonds etwa zur Verbesserung der Finanzierungsstruktur und zur Renditeoptimierung Gesellschafterdarlehen an die von ihm gehaltenen (Zwischen-)Gesellschaften aus, stellt sich die Frage, ob auch solche Gestaltungen ohne Außenwirkung außerhalb des jeweiligen Fonds, einen AIF zur Schattenbank werden lassen.

Dem Wortlaut der EBA-Leitlinie nach wäre dies zu bejahen, denn Schattenbanken sind insoweit alle Unternehmen, die "gemäß den betreffenden Vertragsbedingungen des Fonds oder der Satzung Kredite bereitstellen dürfen oder Finanzierungen Dritter erwerben dürfen, die in der Bilanz des Unternehmens ausgewiesen werden".

Diese Sichtweise passt indes nicht zum Ziel der EBA-Leitlinie, die darauf ausgerichtet ist, systemische Finanzmarktrisiken zu kontrollieren, sodass sich näheres Hinschauen lohnt: Als Schattenbanken gelten laut EBA-Leitlinie unter anderem solche Unternehmen, die "Finanzierungen Dritter erwerben dürfen". Hier wird klar auf eine Außenwirkung abgezielt. Damit ist auch bei der Darlehensvergabe durch einen AIF maßgeblich, ob das Darlehen aus Sicht des Fonds einem Dritten gewährt wird, oder ob es sich nur um eine fondsinterne Finanzierungsstruktur handelt, ohne systemische Risiken gegenüber dem Markt.

Es bleibt zu wünschen, dass auch die BaFin dieser Betrachtung folgt. Dafür spräche neben den dargelegten Überlegungen, dass es sich - zumindest in Deutschland - insoweit um klar regulierte Vehikel handelt und auch die EBA-Leitlinie prinzipiell regulierte Vehikel wie etwa den auf EU-Ebene geregelten ELTIF ausnehmen will.

Begrenzte Anlagemöglichkeiten

Die EBA-Leitlinie verlangt eine intensive Befassung der Institute, die in Schattenbanken investieren, mit der Identifizierung, Steuerung und Überwachung von Engagements gegenüber Schattenbanken. Es werden qualitative Anforderungen an die internen Prozesse und erforderlichen Kontrollmechanismen gestellt. Zudem muss das Management aktiv eingebunden sein.

Insbesondere werden die Anlagemöglichkeiten in Schattenbankvehikel begrenzt. Nach dem Principal Approach sollen Institute neben einem Gesamtlimit gegenüber sämtlichen Schattenbanken auch individuelle Einzellimite festlegen. Ausgewählte Informationen zur einzelnen Schattenbank sollen die Höhe des jeweiligen Einzellimits bestimmen, darunter der Beaufsichtigungsgrad der Schattenbank, Finanzinformationen, Finanzsituation, Portfolio sowie die Anfälligkeit bezüglich Asset Price- und Kreditvolatität.

Damit diese Einzellimite ermittelt und festgelegt werden können, ist eine entsprechende Informationstransparenz zwischen Schattenbank und Investor herzustellen, so dass die Schattenbank ein hinreichendes Reporting aufbauen und zur Verfügung stellen muss. Sofern der Principal Approach nicht auf alle Forderungen anwendbar ist, etwa weil die nötigen Informationen nicht vorliegen, kann auf den Fallback Approach zurückgegriffen werden.

Wenn bei dem Institut die grundsätzlichen Anforderungen an die internen Prozesse erfüllt werden, sind alle intransparenten Schattenbank-Exposures einem fiktiven Sammel-Kreditnehmer mit einem festgelegten Gesamtlimit der anrechenbaren Eigenmittel zuzuordnen. Der Fallback Approach wirkt sich damit im Ergebnis gegenüber dem Principal Approach tendenziell nachteilig auf die Gesamtinvestments in Schattenbanken-Exposures aus. Schattenbanken sind daher aufgefordert, ihre Transparenz zu erhöhen.

Schattenbanken sollen Transparenz erhöhen

Bei Anlagen in Fonds ist zu prüfen, ob sie als Schattenbank qualifizieren. Nutzt ein Fonds für die fondsinterne Gestaltung der Geldströme Gesellschafterdarlehen, sprechen gute Gründe dafür, dass es sich hierbei nicht um die Vergabe von Darlehen im Sinne der EBA-Leitlinie handelt und es sich daher insoweit nicht um eine Schattenbank handelt. Der Anwendungsbereich der EBA-Leitlinie sollte auf diejenigen Vehikel beschränkt werden, die die von ihr zu Recht angemerkten Risiken beinhalten. Fondsinterne Finanzierungsstrukturen etwa bei Immobilienfonds sollten dementsprechend außer Acht bleiben.

Bei Beteiligungen an Investments, die die Merkmale einer Schattenbank erfüllen, sind die organisatorischen Anforderungen der EBA-Leitlinien zu erfüllen. Um Nachteile zu vermeiden, sind seitens des betroffenen Schattenbankvehikels die aus der EBA-Leitline resultierenden Reportinganforderungen zu erfüllen.

Der Autor

Dr. Ulrich Keunecke Rechtsanwalt und Partner, KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Leipzig

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