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INTELLIGENTE GEBÄUDE: WERTE SCHAFFEN IN DER "NEUEN NORMALITÄT"

Kai-Otto Landwehr, Foto: Siemens Financial Services

Gut ein Jahr nach Ausbruch der Covid-19-Pandemie öffnen Gebäude weltweit so langsam wieder ihre Türen. Doch dabei gilt es, neue und teils sehr strenge Vorschriften zu be achten, die die Sicherheit der Gebäudenutzer gewährleisten sollen. Wie können Gebäudeeigentümer diesen gestiegenen Anforderungen Rechnung tragen? Der Autor ist der Ansicht, dass "Smart Building" die einzig überzeugende Antwort darauf ist. Im vorliegenden Beitrag skizziert er am Beispiel der Büroimmobilie, wie im Hinblick auf die Schlüsselfaktoren Hygiene, Sicherheit und Energieeffizienz Fortschritte erzielt werden können. Ganz besondere Bedeutung räumt er dabei der Finanzierung ein: Im Idealfall subventioniere oder bezahle eine smarte Finanzierungslösung den Umbau hin zu einem intelligenten Gebäude. Red.

Covid-19 ist eine Krise für Gebäudeeigentümer und Vermieter - sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich. Gleichzeitig werden bestehende Arbeitsmuster und der öffentliche Dienst infolge der Krise und ihrer Nachwirkungen eindeutig verändert. Somit hat sich auch die Art und Weise, mit der wir öffentliche und kommerzielle Innenräume nutzen, stark angepasst.

Hygiene, Sicherheit und Energieeffizienz - mehr denn je im Fokus

Die Notwendigkeit optimaler Hygiene, Sicherheit und Energieeffizienz von Gebäuden steht mehr im Fokus denn je. Vieles deutet darauf hin, dass Großunternehmen erwägen, flexible Arbeitszeiten zur Norm für ihre Belegschaften zu machen - ein bereits bestehender Trend, der durch die positiven Erfahrungen mit der Fernarbeit während der Pandemie erheblich beschleunigt wurde. Die Umrüstung auf intelligentere Gebäude ermöglicht Flexibilität, sei es im Hinblick auf Hot-Desking, agile Nutzungsänderungen, Sicherheit und Schutz oder eine verbesserte Anpassungsfähigkeit an immer neue Umstände.

Tatsächlich kommen mehrere Faktoren zusammen, die Veränderungen vorantreiben und Gebäude "intelligenter" machen. Zunächst ist da der wirtschaftliche Druck, der von der Pandemie ausgeht. Er lenkt den Blick auf Möglichkeiten, Kosteneinsparungen im Gebäudemanagement zu erzielen (insbesondere durch Energieeffizienz).1) Gleichzeitig wurden wegen Covid-19 neue Regeln und Arbeitsweisen eingeführt, um Hygiene, Infektionskontrolle und Sicherheit in Gebäuden zu gewährleisten.2)

Dazu kommen bestehende und neue behördliche Anforderungen, die eine Verbesserung der Brandschutz- und Sicherheitsvorkehrungen zwingend erforderlich machen.3) Auch setzt die Politik weltweit Ziele für höhere Umweltstandards in Gebäuden.

Vom Kostenfaktor zum Teammitglied

Durch den Einsatz von Automatisierung und Digitalisierung ermöglichen intelligente Gebäude eine effizientere und effektivere Gebäudeverwaltung. Die von IoT-Sensoren generierten Daten liefern Echtzeitinformationen für schnelles Reagieren. Bei der Führung eines privaten oder öffentlichen Unternehmens und der Bewältigung der "neuen Normalität" kann intelligente Technologie ein Gebäude von einer Kostenbelastung in einen aktiv mitwirkenden Partner - ein neues Teammitglied - verwandeln.

Diese völlig neue Perspektive führt dazu, dass Gebäudeeigentümer und -betreiber die zugrunde liegende betriebliche Kostenbasis ihrer Anlagen neu betrachten. Der Mehrwert intelligenter Gebäude ist in der Fachwelt bereits weithin anerkannt. Laut dem Bericht der Europäischen Kommission über makroökonomische und andere Vorteile der Energieeffizienz4) kann ein intelligentes, leistungsfähigeres Gebäude vorsichtig geschätzt bis zu 11,8 Prozent mehr Mietwert einbringen und letztlich 5 bis 35 Prozent höhere Verkaufswerte erzielen.

Bürobelegung steht derzeit auf dem Prüfstand

Die Zukunft der Bürobelegung steht derzeit auf dem Prüfstand, da viele Unternehmen ihren Immobilienbedarf im Licht der Erfahrungen während der Pandemie neu bewerten. Es hat sich gezeigt, dass intelligente Gebäude durch digitale, berührungslose und ferngesteuerte Funktionen wichtige Vorteile in Bezug auf die Sicherheit der Bewohner und des Personals bieten. Gleichermaßen stehen auch die Betriebskosten im Rampenlicht und die Möglichkeit, Energiekosten zu sparen, ohne Kapital einsetzen zu müssen, wird immer attraktiver.

Zwar besteht ein breiter Konsens darüber, dass Gebäude intelligenter werden müssen, doch muss eine solche Umrüstung für alle Länder und Sektoren finanziell nachhaltig sein. Wie lässt sich das erreichen? Ausgangspunkt ist der Einsatz intelligenter Technologie zur Senkung des Energieverbrauchs von Gebäuden.

Daraus ergeben sich finanzielle Einsparungen, die - durch intelligente Finanzierungslösungen - genutzt werden können, um den gesamten Umbau intelligenter Gebäude zu subventionieren oder sogar ganz zu bezahlen. Dies kann auf Unternehmensebene oder in kleinen, nachweislich rentablen Einzelschritten erfolgen.

Zwei Arten der Finanzierung

Es gibt im Wesentlichen zwei Arten von intelligenten Finanzierungsmethoden für die Umrüstung auf energieeffiziente Gebäude. Zum einen gibt es ganze Gebäudekomplexe, bei denen Energieeinsparungen genutzt werden, um die Kosten für eine komplette Nachrüstung zu finanzieren. Bei einem ein oder mehrere Gebäude umfassenden Bauvorhaben bieten spezialisierte Finanzierer budgetneutrale Produkte für die Umstellung. Diese sind zunehmend als "Building Efficiency as a Service" (BEaaS)-Vereinbarungen bekannt.

Die Anbieter integrierter Lösungen führen Technologien und Systeme für die Schaffung intelligenter Gebäude ein, die ein vorhersehbares Maß an Energieeinsparungen ermöglichen. Mit den eingesparten Energiekosten werden die Kosten der Umstellung effektiv finanziert.

Auch wenn die Energieeinsparung je nach Außenklima, Energiekosten und anderen Faktoren unterschiedlich hoch ausfällt, spiegeln sich in den meisten Fällen die Einsparungen zuverlässig in einer Finanzierungsstruktur wider, die eine selbstfinanzierende Modernisierung intelligenter Gebäude überall auf der Welt ermöglicht.

Der Gebäudeeigentümer muss während der ganzen Zeit kein Kapital binden und bewahrt seine eigenen Mittel für strategisch wichtige Entwicklungsaktivitäten - sei es gewerbliches Wachstum oder eine Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen.

Examples of the "new normal" in smart buildings Quelle: Siemens Financial Services

Zuschnitt auf das Cashflow-Profil der Eigentümer

In anderen Fällen wollen Gebäudeeigentümer und -verwalter die Umstellung auf Energieeffizienz und intelligente Technologien jedoch in kleineren Einzelschritten und ohne kapitalneutralen BEaaS-Ansatz vollziehen. Hier besteht ein enormer betrieblicher Vorteil darin, dass die Umrüstungskosten über einen Finanzierungszeitraum verteilt und die Cashflows durch Anpassung der Ausgaben an die Energieeinsparungen besser gesteuert werden können.

Die gebäudetechnischen Produkte für Energieeffizienz und intelligente Fähigkeiten werden von Händlern, Wertschöpfungspartnern (Value-Added Partners, VAPs), Lösungsherstellern und Unternehmen aus dem Bereich Planung, Beschaffung und Bauausführung (EPC) auf dem Markt angeboten. Wenn sich der Lösungsanbieter mit einem sachkundigen Finanzierer zusammengetan hat (der die Technologie, ihre Anwendungen und ihre Vorteile kennt), können die Finanzierungslösungen - oft auf der Grundlage von Leasing-Strukturen - auf das genaue Cashflow-Profil des Gebäudeeigentümers/-betreibers zugeschnitten werden, um die Kosten an die Höhe der Vorteile und/oder Einsparungen anzupassen.

Daher sind Finanzierungsmethoden, die den Cashflow erleichtern und die Kapitalbelastung bei der Umstellung verteilen, gleichermaßen wichtig - Finanzierungen, die für große ebenso wie kleine Gebäudeeigentümer und -betreiber, Technologieanbieter, Vertriebshändler, Wiederverkäufer, Lösungsanbieter und Bauunternehmen zur Verfügung stehen.

Ein aktuelles Paper von Siemens Financial Services (SFS) zeigt die Triebkräfte und Dringlichkeit der Umrüstung auf intelligente, energieeffiziente Gebäude und den Mehrwert, der daraus entstehen kann. In einer Zeit, in der Gebäudeeigentümer und -betreiber in Maßnahmen investieren müssen, die ihre Gebäude sicher und nutzbar machen und in der auch die Belegungsdichte beschränkt ist, spricht einiges dafür, dass nur intelligente Gebäude für potenzielle Mieter und Nutzer ein ausreichend attraktives Angebot darstellen.

Energieeinsparungen sind der ideale Ausgangspunkt

Angesichts knapper Budgets erscheinen Energieeinsparungen zunehmend als idealer Ausgangspunkt für die Umrüstung auf intelligente Gebäude (als Einzelinvestition oder schrittweise in Projekten). Dabei spielen intelligente Finanzierungsmethoden eine wichtige Rolle, um mit den zukünftigen Einsparungen die Kosten der Umrüstung finanzieren zu können.

Fußnoten

1) Bloomberg NEF, Liebreich: Energy Efficiency Key to Covid Recovery, 26. Juni 2020

2) Architectural Digest, How the Covid-19 Pandemic Will Change the Built Environment, 18. März 2020

3) Modern Building Alliance, EU-Pilotprojekt zu Brandschutz, 27. Mai 2020

4) https://ec.europa.eu/energy/sites/ener/files/documents/final_report_v4_final.pdf, S. 63 - 66.

Kai-Otto Landwehr , Leiter des Commercial-Finance-Geschäfts der Siemens Financial Services GmbH, München, und Vorsitzender der Geschäftsführung der Siemens Finance & Leasing GmbH

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