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LOGISTIKIMMOBILIEN: KOOPERATION GEGEN DIE KOMPRESSION

Philipp Middendorp, Foto: Hansinvest

Die Logistikimmobilie hat sich in den vergangenen Jahren zu Investors Liebling entwickelt. Insbesondere der boomende Onlinehandel hat dem einstigen Nischensegment zu einem ungeahnten Höhenflug, der sich vor allem in Form stark gesunkener Ankaufsrenditen zeigt, verholfen. Doch den Begehrlichkeiten sind gerade hierzulande enge Grenzen gesetzt, da im Vergleich zu Büro- und Einzelhandelsobjekten ein wesentlich höherer Anteil der Logistikimmobilien im Bestand der Entwickler verbleibt und somit nicht auf den Investmentmarkt gelangt. Welche alternativen Marktzugänge den Investoren offenstehen, erläutert der Autor des folgenden Beitrags. Im Detail geht er dabei auf die Chancen und Herausforderungen von Joint Ventures zwischen institutionellen Investoren und lokalen Entwicklern ein. Red.

Volkswirte und Immobilienexperten sind sich einig: Der Umsatz im E-Commerce wird europaweit im kommenden Jahrzehnt weiter wachsen, was wiederum mit einer stetig steigenden Nachfrage nach geeigneten Lagerflächen verbunden ist. Logistikimmobilien eignen sich dadurch für institutionelle Investoren mit langfristigem Anlagehorizont. Sie bieten einen stabilen Cashflow und zahlreiche Möglichkeiten, die Mieteinnahmen bei Neuvermietungen infolge steigender Preisniveaus zu optimieren und somit letztlich auch den Immobilienwert zu steigern.

Projektentwicklungen oft für den eigenen Bestand

Natürlich ist das alles schon seit Längerem kein Geheimnis mehr unter den deutschen Institutionellen, entsprechend hart wird der Wettbewerb um die attraktiven Objekte ausgefochten. Das hat dafür gesorgt, dass vor allem im Core-Segment eine spürbare Renditekompression eingesetzt hat. Im Unterschied zu Büro- und Einzelhandelsobjekten gibt es bei Logistikimmobilien zudem wesentlich mehr Entwickler, die die Areale anschließend im eigenen Bestand halten, genauso wie der Anteil an Entwicklungen, die im Auftrag eines späteren Eigennutzers durchgeführt werden. Ein signifikanter Teil der in Deutschland realisierten Projekte gelangt somit gar nicht erst auf den Investmentmarkt.

Die Frage, wie vor diesem Hintergrund der richtige Markteintritt gelingen kann, ist für den Erfolg eines Investments entscheidender denn je. Ähnlich wie in den anderen gewerblichen Immobilienklassen weichen immer mehr Akteure darauf aus, Forward Fundings mit dem jeweiligen Entwickler abzuschließen, um günstigere Ankaufskonditionen zu erhalten. Investoren sollten allerdings noch eine zusätzliche Möglichkeit erwägen, um eine Rendite oberhalb des Core-Segments zu erzielen: Sie können sich in Form eines Joint Ventures mit einem lokalen Entwickler zusammenschließen, um gemeinsam vielversprechende Projekte zu realisieren und diese anschließend langfristig in ihr Portfolio aufzunehmen.

Anleger investieren außer Konkurrenz

Anleger mit Erfahrung im Logistikimmobiliensegment, aber ohne ausgewiesenen Schwerpunkt im Baubereich, erhalten auf diese Weise Zugang zu Projekten, ohne sich auf einen Bieterkampf mit anderen Investoren einlassen zu müssen, wie das bei vermakelten Core-Produkten oft der Fall ist. Die Zusammenschlüsse finden gewissermaßen "off-Market" statt. Darüber hinaus teilen sie das Entwicklungsrisiko mit dem Kooperationspartner, weshalb sie einen deutlichen Renditevorteil im Vergleich zu Forward Fundings erhalten, bei denen die Immobilie lediglich schlüsselfertig übergeben wird.

Der Projektentwickler hingegen erhält durch das Joint Venture zusätzliche Optionen, seine Projektpipeline zu füllen. Vor allem die kleineren, regional aktiven Entwickler sind auf der Suche nach Co-Investoren, um die Gunst der Stunde zu nutzen und möglichst viele Neubauten zu realisieren. Dafür benötigen sie wiederum ausreichend Kapital, das sie oftmals nicht allein aufbringen können. Zudem erhalten sie - genau wie bei einem Forward-Deal - die Garantie, das Objekt nach Fertigstellung an den Investor verkaufen zu können, der sich anschließend um das Management der Liegenschaft kümmert.

Bei lokalen Entwicklern entscheidet der Track Record

Natürlich gilt es für Investoren zahlreiche Aspekte bei der Auswahl des Projektentwicklers und bei der Strukturierung des Joint Ventures zu beachten. Insbesondere an den deutschen Sekundärstandorten sind oftmals regionale Entwickler aktiv, die nicht das Entwicklungsvolumen der großen Akteure aufbringen können. Ein ausreichend langer und positiver Track Record im Logistikimmobiliensegment ist dennoch eine Grundvoraussetzung dafür, eine solche Kooperation einzugehen.

In vielen Fällen ist ein Joint-Venture-Modell passend, bei dem beide Partner je die Hälfte der Anteile halten. Auf diese Weise kann der Projektentwickler aktiv an der Entscheidungsfindung partizipieren, trägt aber auch das Entwicklungsrisiko in ausreichendem Maße mit. Mit einem geringeren Anteil sollte sich der Investor hingegen nicht zufriedengeben, da er erstens ausreichend Kapital allokieren und zweitens ebenfalls die Möglichkeit zur Einflussnahme behalten muss. Bei kleineren Projektentwicklern wäre hingegen ein Modell denkbar, an dem der Investor zu mehr als 50 Prozent beteiligt ist. Dennoch muss er sicherstellen, dass die fristgerechte Fertigstellung der Immobilie für den Entwickler eine starke Motivation darstellt.

Schlüsselfaktor Drittverwendungsfähigkeit

Bei der Bewertung des Projekts selbst steht an erster Stelle eine gute Drittverwendungsfähigkeit. Für Investoren, die ihre Immobilie langfristig im Bestand halten wollen, ist es ratsam, dass der Grundriss und die spätere Nutzungsweise nicht zu speziell sind. Daher sollte bei einem Joint Venture der Fokus auf konventionellen Lagerhäusern sowie Distributionsimmobilien liegen. Build-to-Suit-Lösungen, die zu stark an die Nutzungspräferenzen eines einzelnen Mieters angepasst sind, eignen sich hingegen nur begrenzt. Vor allem hochtechnisierte Objekte - beispielsweise Kühlhäuser für den wachsenden Lebensmittel-Onlinehandel, oder Hallen, die für ein Hochregalsystem ausgerüstet werden müssen - sind viel zu spezifisch für ein solches Vorhaben.

Insofern sind auch zu 100 Prozent spekulativ entwickelte Objekte in vielen Fällen eine bessere Wahl als allzu komplexe Immobilien, die infolge einer Entwicklerausschreibung durch einen bestimmten Nutzer errichtet werden. Entscheidend ist nicht, ob eine Immobilie zu Beginn des Joint Ventures bereits vorvermietet ist, sondern ob sie die wichtigen Standards im Hinblick auf Deckenhöhe, Traglasten und Flächentiefen erfüllt, die von Nutzern unterschiedlicher Branchen gefordert werden.

Ein weiteres entscheidendes Kriterium ist die Flächenflexibilität, also die Möglichkeit, die jeweiligen Objekte zu teilen oder umzurüsten. Vor allem bei Immobilien mit zusätzlichen Flächentypen wie Büro- oder Servicearealen ist es wichtig, ob sich ein Multi-User-Konzept realisieren lässt und in welchen Kombinationen die einzelnen Einheiten anmietbar sind. Generell gilt jedoch, dass der Büroflächenanteil zehn Prozent der Nutzfläche nicht übersteigen sollte.

Diversifikation mit Core-Produkten und Revitalisierungsobjekten

Joint Ventures, die in besagter Form zustande kommen, eignen sich ideal als performanceorientierte Beimischung für Gewerbe- beziehungsweise Logistikimmobilien-Portfolios. Um einen höchstmöglichen Grad an Diversifikation zu erreichen, sollte der Investor daher ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Core-Produkten und Joint-Venture-Projekten finden und diese in einem Spezial-AIF zusammenfassen. Auf diese Weise stellt er sicher, dass der Cashflow auf Fondsebene auch dann stabil bleibt, wenn es zu einem Entwicklungsrückstand bei einem einzelnen Projekt kommt. Ein weiterer praktikabler Ansatz ist es, darüber hinaus noch Immobilien anzukaufen, die im Rahmen einer Revitalisierungskampagne wieder marktgängig gemacht werden und somit einen deutlichen Wertzuwachs erfahren.

Institutionelle Anleger mit größerem Investmentvolumen und einer entsprechenden Managementkompetenz sollten zudem erwägen, ihre Portfolios länderübergreifend zu diversifizieren. Bekannterweise gilt Deutschland mit seinen robusten wirtschaftlichen Fundamentaldaten und stabilen politischen Rahmenbedingungen zwar als Safe Haven für Investments in Logistikimmobilien. Dennoch fallen die Renditeaussichten in anderen europäischen Ländern nochmals deutlich attraktiver aus.

Opportunitäten in Spanien und Osteuropa

Beispiele hierfür finden sich in Spanien und in osteuropäischen Staaten wie Polen, wo der E-Commerce - prozentual gesehen - deutlich stärker wächst als hierzulande, was auch mit einem schneller wachsenden Nachfrageüberhang in Bezug auf Logistikflächen und größeren Möglichkeiten für Wertzuwächse einhergeht. Andererseits sind die jeweiligen Logistikimmobilienmärkte noch nicht so stark von institutionellen Investoren durchdrungen wie der deutsche. Die relativen Preisniveaus sind also geringer, weshalb die Konditionen beim Ankauf sowohl für das Bauland als auch für die Immobilie günstiger ausfallen können.

Für ein Joint Venture sowohl im europäischen Ausland als auch innerhalb Deutschlands sind jedoch zwei Aspekte absolut essenziell: Erstens muss der Investor die Marktvernetzung sowie die Managementkompetenz besitzen, ein lückenloses Monitoring der Baufortschritte zu bewerkstelligen. Dazu muss er nicht nur die externen Dienstleister mit internationaler Erfahrung im Baubereich steuern, sondern auch die Spezialisten, die sich mit den jeweils relevanten rechtlichen und steuerlichen Themen befassen.

Und zweitens sollte er den eventuellen Kooperationspartner und das Projektvorhaben unter noch schärferen Kriterien analysieren. Investmentstandorte außerhalb der jeweiligen Topsstädte kommen dafür aus Sicherheitsgründen ebenso wenig infrage wie Build-to-Suit-Lösungen, deren Wiedervermietbarkeit nicht gesichert ist. Drittverwendungsfähige Objekte in Core-Lagen hingegen ermöglichen eine Performancesteigerung auf Fondsebene, die auch einen renditeorientierten Institutionellen voll zufriedenstellen kann - ohne Abstriche in puncto Investmentsicherheit.

DER AUTOR PHILIPP MIDDENDORP Head of Logistics Acquisitions, HANSAINVEST Real Assets GmbH, Hamburg

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