MIPIM-SPECIAL

SPANIEN ANFANG 2019: BOOMENDE WIRTSCHAFTSZENTREN UND KONTROVERSE GERICHTSENTSCHEIDUNGEN

Daniel Cano Theis, Foto: Monereo Meyer Abogados

Allen politischen Unsicherheiten zum Trotz stehen die Chancen gut, dass der Aufschwung auf dem spanischen Immobilienmarkt auch 2019 eine Fortsetzung erfährt, insbesondere an den beiden größten Standorten des Landes Madrid und Barcelona. Denn wie die Ausführungen des Autors zeigen, ist dort der Appetit institutioneller Investoren aus dem In- und Ausland ungebrochen groß. Neben den anhaltend soliden ökonomischen Fundamentaldaten spricht dafür auch die Tatsache, dass bei den Mietpreisen noch längst nicht wieder das Vorkrisenniveau erreicht worden ist. Darüber hinaus berichtet er über den juristischen Zick-Zack-Kurs am spanischen Hypothekenmarkt, der letztlich doch ein Ende zu Ungunsten der Finanzinstitute genommen hat. Red.

Die spanische Wirtschaft ist im vierten Quartal 2018 im Vergleich zum selben Vorjahreszeitraum um 2,4 Prozent gewachsen, wie die Zahlen des spanischen statistischen Amtes (Instituto Nacional de Estadística) belegen. Diese positive Entwicklung, wenn auch in leicht abgeschwächter Form, wird in den nächsten Jahren anhalten und ein jährliches Wachstum von zirka zwei Prozent mit sich bringen, so die Voraussagen von Marktanalysten.

Coworker steigern Marktanteile in Madrid

Als mögliche Gründe für das moderatere Wirtschaftswachstum werden die parlamentarische Zersplitterung und die damit zusammenhängende Frage nach der Ausrichtung der Wirtschaftspolitik sowie die nur zögerlichen Fortschritte in der Rückzahlung der öffentlichen Verschuldung genannt. Auch die Arbeitslosenquote wird bis 2022 auf 12 Prozent sinken. Motor für die genannte Entwicklung des Marktes, nach dem Ende der einschneidenden Wirtschafts- beziehungsweise Immobilienkrise, sind erneut die beiden großen Zentren des Landes, Barcelona und Madrid, die als Hauptgeschäftsplätze des Landes verantwortliche Akteure hierfür sind.1)

Obwohl der Büroflächenmarkt Madrids sein Geschäftsabschlussvolumen (gemessen in Quadratmetern) um vier Prozent in den ersten drei Quartalen 2018 steigern konnte, sank die Transaktionenzahl. Ungeachtet dessen stieg die mittlere Größe neuangemieteter Büroflächen auf 950 Quadratmeter an. Dabei hatte der Sektor der freien Berufe mit insgesamt 36 Prozent der neuangemieteten Quadratmeter einen großen Anteil am Markt.

Innerhalb dieses Sektors nehmen die sogenannten Coworking-Zentren - als Weiterentwicklung der traditionellen Businesscenter - mit bereits 40 000 Quadratmeter einen immer größeren Anteil an. Insgesamt stehen in Madrid aber noch 1,26 Millionen Quadratmeter Büroflächen zur Verfügung (aktuelle Leerstandsquote von 9,6 Prozent), wobei die Prime Zone eine Quote von knapp mehr als 2,5 Prozent verzeichnet.

Steigende Mieten bei Büro und Logistik

Die durchschnittliche Miete pro Quadratmeter in Madrid belief sich 2018 auf zirka 17 Euro. Bei größeren Flächen liegt diese auch schon einmal bei zirka 13 Euro, während im Central Business District (CBD) bei kleineren Flächen bis zu 1 000 Quadrat metern sogar wieder Mieten von bis zu 30 Euro aufgerufen werden. Die durchschnittliche Miete verzeichnete im Vergleich zum Jahr 2017 einen Anstieg um elf Prozent. Der Ausblick für 2019 fällt positiv aus, zumal der Mietmarkt weiterhin Wachstumsmöglichkeiten bietet, da das Preisniveau vor der Wirtschaftskrise noch nicht erreicht ist.2)

Einen Blick auf den Logistikmarkt in Madrid bestätigt im Jahr 2018 ebenfalls einen Anstieg der Neuanmietungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Mietpreise schwanken hier zwischen 5,00 bis 5,50 Euro pro Quadratmeter.

Immobilienmarkt Barcelona trotzt politischen Querelen

Die Stimmung auf dem Immobilienmarkt in Barcelona ist gut, denn er hat, trotz der separatistischen Tendenzen Kataloniens, ein überraschend gutes Jahr 2018 hinter sich. Natürlich ist es ein vielschichtiger Markt mit unterschiedlichen Segmenten, aber allein schon das Investitionsvolumen sicherte nach Auffassung der Analysten das gute Ergebnis.3) Insbesondere für den Büroflächenmarkt war 2018 mit einem Flächenumsatz von 400 000 Quadratmetern ein herausragendes Jahr.

Für 2019 sagen die Analysten voraus, dass die Nachfrage an Büroflächen in Barcelona besonders seitens internationaler Firmen weiter ansteigen wird. Gemäß dem 2018 veröffentlichten Bericht der Decoding Global Talent von "The Boston Consulting Group" rangiert Barcelona auf Platz vier unter den weltweit attraktivsten Städten, um im Ausland zu arbeiten und hebt den hohen Grad an Spezialisierung in digitalen Kenntnissen hervor, weshalb rund zwei Dutzend multinationale Konzerne in den vergangenen Jahren Niederlassungen oder Technologiezentren in Barcelona eröffnet haben. Die hohe Nachfrage und der Mangel an Immobilien am Markt werden sich auf die Preise niederschlagen und auch im Jahr 2019 weiterhin für einen Anstieg der Mieten sorgen. Dies betrifft vor allem die Gegenden des Zentrums, Zona Prime und Distrito 22@.4)

Trotz des genannten Preisanstieges bleibt Barcelona im Vergleich zu anderen potenziellen internationalen Mitbewerbern wie zum Beispiel Amsterdam, Dublin und Wien weiterhin attraktiv und hat, was die Preisentwicklung angeht, nach oben noch einiges an Spielraum. Auch für Firmen bleibt Barcelona interessant, bietet ein qualitativ gutes Produkt, attraktive Preise und eine gute Infrastruktur. Die Nachfrage am Markt spiegelt im Übrigen die Dynamik der vergangenen Quartale wieder. Allein im dritten Quartal 2018 überstieg das Volumen an neuen Mietverträgen die Grenze von 100 000 Quadratmetern, eine Verdoppelung im Vergleich zum dritten Quartal 2017. Die durchschnittliche Größe der neu angemieteten Büroflächen betrug im dritten Quartal um die 1 000 Quadratmeter.

Der Leerstand an Büroflächen liegt in Barcelona bei nur sechs Prozent - mit fallender Tendenz. Das bedeutete für das dritte Quartal 2018 Leerstände mit einer Fläche von insgesamt 360 000 Quadratmetern. In Gegenden wie Prime Zone und dem CBD liegt die Leerstandquote gar bei 1,2 Prozent. Lediglich in den Außenbereichen ist ein Leerstand von mehr als zehn Prozent zu verzeichnen.5)

Überschaubare Projektpipeline

Das dritte Quartal 2018 schloss mit einer durchschnittlichen Miete von leicht über 15 Euro pro Quadratmeter ab. In Gegenden wie Prime und CBD pendelte sich die Miete sogar bei 25 Euro pro Quadratmeter ein. Der Ausblick für 2019 ist ebenfalls positiv, so verschiedene Marktanalysten.5) Die Preise für Büroflächen florieren in Barcelona aufgrund der anhaltenden Nachfrage bei nur mäßigen Neuentwicklungen. Zu beachten ist, dass viele dieser Büroflächen bereits während der Bauphase durch Abschluss von Mietverträgen vorzeitig von Interessenten gesichert werden.

Ein interessantes Jahr 2018 hatte auch der Logistikmarkt in Barcelona: Die Neuanmietungen betrugen 665 000 Quadratmeter, was zeigt, dass Barcelona sich mehr und mehr als Logistik-Hub für den Süden Europas entwickelt. Hierbei sind zwei Tendenzen zu beobachten, die der technologischen beziehungsweise digitalen Entwicklung geschuldet sind.

Zum einen werden immer größere Hallen zur Lagerung für Waren mit geringem Umlauf gebaut. Auf der anderen Seite besteht eine Nachfrage für kleinere bis mittlere Lagerhallen in unmittelbarer Entfernung zum Stadtzentrum, um den Geschäften die sofortige Übergabe von Produkten in Läden zu ermöglichen, die deren Kunden vorab im Internet bestellt hatten.6) Die durchschnittliche Miete am Markt liegt pro Quadratmeter zwischen 6,25 bis 6,75 Euro.

Darüber hinaus sorgte das Jahr 2018 überraschenderweise in den Monaten Oktober und November kurzzeitig für ein steuerrechtliches Hin- und Her auf dem spanischen Hypothekenmarkt. Zum Hintergrund: Im Rahmen der Beurkundung eines hypothekarisch gesicherten Darlehens wird in Spanien die sogenannte Stempelsteuer, die ihre rechtliche Grundlage in dem königlichen Gesetzesdekret 1/1993 vom 24. September 1993 findet, erhoben.

Der Hypothekenmarkt - Neuerung bei der Stempelsteuer

Wirtschaftlich-sozial betrachtet ist sie deshalb von so großer Bedeutung, da in Spanien mehr als 80 Prozent der Familien im Eigenheim leben und mehr als 30 Prozent der Haushalte eine entsprechende Hypothekenfinanzierung haben. Gemäß dem quartalsweisen Bericht der spanischen Zentralbank (Banco de España) zur Kreditvergabe an private Haushalte belief sich zum Juni 2018 das Volumen aller Hypothekendarlehen zwecks Finanzierung des Eigenheimerwerbs auf 495 141 Millionen Euro, was rund 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2017 entsprach.

Zunächst kippte der spanische Oberste Gerichtshof (Tribunal Supremo) in einer bahnbrechenden Entscheidung vom 16. Oktober 2018 die jahrzehntelang gefestigte Rechtsprechung und urteilte, dass das jeweilige Kreditinstitut, das den Erwerb der Immobilie finanziert, Steuerpflichtiger (sujeto pasivo) der Stempelsteuer sei und diese an den Fiskus abzuführen habe. Alleine das Bank- beziehungsweise Finanzinstitut als Darlehensgeber, und nicht der Kreditnehmer, sei an der Erhebung des Hypothekendarlehens zu einer öffentlichen Urkunde und einer späteren Eintragung im Eigentumsregister interessiert.

Es folgte ein medialer und gesellschaftlicher Aufschrei sowie große Unsicherheit in den darauffolgenden Tagen. Auf der einen Seite von denjenigen, die sich empörten, möglicherweise zu Unrecht eine Steuer bezahlt zu haben. Auf der anderen Seite von Bank- und Finanzinstituten sowie den spanischen Finanzämtern, die sich im schlimmsten Falle Rückzahlungsansprüchen in Milliardenhöhe ausgesetzt sahen. Denn auch die Frage der "Rückwirkung", die in der spanischen Verfassung nicht eindeutig verboten ist, stand im Raume. Daraufhin kam am 5. November 2018 das große Plenum des Dritten Senats zusammen um festzulegen, welche Kriterien künftig gelten sollen. Schlussendlich, nach zwei Tagen intensiver Beratung und in einer denkbar knappen Grundsatzentscheidung, revidierte das Gericht am 6. November 2018 seine Rechtsprechung. Als Zünglein an der Waage hatte das Votum des Kammerpräsidenten den Ausschlag für die Mehrheit gegeben, zur althergebrachten, bankenfreundlichen Auslegung der gesetzlichen Regelung zurückzukehren.

Die im Bankensektor und bei Finanzierungsdienstleistern mit Erleichterung aufgenommene Entscheidung hielt jedoch nur wenige Tage, denn mittels Eilerlass 17/2018 (Real Decreto-Ley), der am 10. November 2018 in Kraft trat, änderte die sozialistische Minderheitsregierung die fragliche Vorschrift im Gesetz über die Stempel steuer. Nunmehr ist das finanzierende Kreditinstitut in seiner Eigenschaft als Darlehensgeber, im Falle einer Urkunde über ein Hypothekendarlehen, per gesetzlicher Definition Steuerpflichtiger der Stempelsteuer.

Dabei schoss der Gesetzgeber über sein eigentliches Ziel den Verbraucher zu schützen hinaus, denn die Vorschrift gilt gerade auch für nicht Verbraucherangelegenheiten. Mit den Stimmen unter anderem der liberal-konservativen Partei Ciudadanos, der linken Protestpartei Unidos Podemos und unter Enthaltung der konservativen Oppositionspartei Partido Popular bestätigte das spanische Parlament am 22. November die Gesetzesänderung.

Vorgezogene Neuwahlen

Mit leicht moderaterem Wirtschaftswachstum um die 2,0 Prozent verspricht auch 2019 ein interessantes und erfolgversprechendes Jahr zu werden. Das gilt sowohl für den Büroflächenmarkt als auch für den Logistikmarkt in den beiden Wirtschaftszentren des Landes, Madrid und Barcelona. Ein wichtiges politisches Ereignis werden die vorgezogenen Neuwahlen sein, die am 28. April 2019 stattfinden, und das Parlament an die aktuelle Stimmung in der Bevölkerung anpassen.

Folgt man den derzeitigen Prognosen, wird eine konservative Regierung wieder wahrscheinlich. Es bleibt daher abzuwarten, ob das Gesetz zur Umsetzung der europäischen Richtlinie 2014/17 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher7), das sich schon seit geraumer Zeit im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren in Spanien befindet, noch vor den Neuwahlen verabschiedet wird.

Fußnoten

1) Savills Aguirre Newman, Market in Minutes, Oficinas Madrid, 3T 2018.

2) Vgl. hierzu Immobilien & Finanzierung, Heft 8-2018, "Comeback Stories: Spanien und die Niederlande setzen zum Überholen an", S. 40.

3) CBRE, Tendencias '19, S. 63f.

4) CBRE, Tendencias '19, S. 67.

5) Savills Aguirre Newman, Market in Minutes, Oficinas Barcelona, 3T 2018; CBRE, Tendencias '19, S. 73f.

6) CBRE, Tendencias '19, S. 73.

7) Vgl. hierzu Immobilien & Finanzierung, Heft 19-2017, "Spanien im Fokus der internationalen Anleger: ein stabiles Investitionsumfeld", S. 33.

DER AUTOR DANIEL CANO THEIS Rechtsanwalt und Senior Associate, Monereo Meyer Abogados, Palma de Mallorca
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