INTERNATIONALES IMMOBILIENGESCHÄFT

TRENDWENDE AM ASIATISCH-PAZIFISCHEN IMMOBILIENMARKT

David Fassbender, Foto: PGIM Real Estate

Schon seit vielen Jahren blickt der Westen beinahe neidisch auf die äußerst dynamischen Wachstumsraten in der Asien-Pazifik-Region. Die Corona-Krise scheint daran nichts zu ändern: Der Internationale Währungsfonds (IWF) etwa traut Asien in einer aktuellen Schätzung eine vergleichsweise kräftige Konjunkturerholung zu. Demnach dürfte das Wirtschaftswachstum in der Region in diesem Jahr bei 7,6 Prozent liegen, für 2022 wird ein Plus von 5,4 Prozent erwartet. Diese Entwicklung spiegelt sich nach Einschätzung des Autors nicht zuletzt in einer schnellen Erholung des Immobilienmarktes wider. Im vorliegenden Beitrag beleuchtet er die sich derzeit bietenden Chancen und Herausforderungen in den einzelnen Assetklassen und Ländern der Asien-Pazifik-Region. Red.

Die Corona-Pandemie hat das aus dem 19. Jahrhundert stammende neuseeländische Shanty "Soon may the Wellerman come" zu weltweiter Bekanntheit verholfen. Die Walfänger auf dem Pazifik sehnen sich darin nach dem Versorgungsschiff, das Zucker, Tee und Rum bringen soll. Es sieht so aus, als wenn das gerade der Fall ist: Die Zeit des Lockdowns scheint vorbei zu sein. Erholung im Markt ist in Sicht.

Hohes Diversifikationspotenzial

Die schlimmsten Auswirkungen der Pandemie scheinen überwunden zu sein und die Region lockt wieder mit Wachstumschancen. Besonders institutionelle Investoren wie Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerke zieht es weiterhin in die Asien-Pazifik-Region. Die Region bietet zum einen attraktive Renditechancen, ist aber insbesondere auch aus Diversifikationssicht hochinteressant.

Gerade die Corona-Pandemie hat nochmals deutlich gezeigt, wie wichtig eine gute Diversifikation des Portfolios ist. Während es global in vielen Länder erst jetzt erste Anzeichen gibt, dass die Pandemie unter Kontrolle gebracht werden kann, sind die meistens der wichtigsten Volkswirtschaften im asiatisch-pazifischen Raum schon deutlich weiter auf dem Weg zurück in die Normalität.

Deutsche Investoren sind breit aufgestellt

Diese Entwicklung spiegelt sich wiederum in einer schnellen Erholung des Immobilienmarktes wider. Während US-Investoren weiterhin vor allem großes Interesse an opportunistischen Strategien zeigen, sind deutsche Investoren oft viel breiter aufgestellt und investieren sowohl im Core, Core-Plus und Value-Add-Bereich, meist in überregional und sektoral diversifizierte Fonds.

Gerade im Core-Bereich hat das Interesse deutscher Investoren in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Der Hunger nach Immobilien in Asien-Pazifik trifft dabei alle wichtigen Sektoren, wobei es unter ihnen, wie in anderen Regionen auch, deutliche Unterschiede bei der Attraktivität gibt.

Region führt die weltweite Konjunkturerholung an

Die Anzeichen für eine wirtschaftliche Erholung auf dem asiatisch-pazifischen Markt sind bereits ermutigend, dennoch wird der globale Immobilienmarkt immer noch durch vereinzelte Unsicherheitsfaktoren, insbesondere die teilweise langsame Umsetzung nationaler Impfprogramme, belastet.

Der asiatisch-pazifische Raum, der als erste Region von der Pandemie betroffen war, verzeichnete im ersten Quartal einen gewaltigen Stimmungsaufschwung und dürfte im Jahresverlauf 2021 wieder starkes Wachstum verzeichnen.

Die Effektivität der nationalen Politik in Bezug auf die strengen Eindämmungsmaßnahmen zahlt sich nun in vielen Ländern aus, was dazu führen sollte, dass die asiatisch-pazifische Region die globale wirtschaftliche Erholung anführen wird.

Ungebrochenes Interesse an Immobilieninvestments

Die positiven wirtschaftlichen Aussichten spiegeln sich deutlich im ungebrochenen Interesse an Immobilieninvestitionen im asiatisch-pazifischen Raum wider. So erreichte das Immobilientransaktionsvolumen im vierten Quartal 2020 einen neuen Rekord von 54 Milliarden US-Dollar.

Gerade auch deutsche Investoren zeigen weiterhin großes Interesse am asiatisch-pazifischen Raum; trotz Pandemie wurde im Jahr 2020 laut Real Estate Capital Analytics nur ein Rückgang um 5 Prozent an Investitionen von deutschen Investoren verzeichnet.

Angeführt wird die wirtschaftliche Erholung der Region dabei von China, das aufgrund seiner effektiven Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie nicht nur in diesem Jahr mit voraussichtlich 8,7 Prozent wachsen wird, sondern auch 2020 laut Consensus Economics mit einem positiven Wirtschaftswachstum von 2,3 Prozent abschließen konnte.

Aber auch für die anderen bedeuteten Volkswirtschaften in der Region zahlen sich die konsequenten Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie aus. So wird sowohl für Australien (4,3 Prozent laut Consensus Economics), als auch für Singapur (6,4 Prozent), beides Länder, die erfolgreich bei der Eindämmung der Pandemie sind, deutliches Wachstum in 2021 erwartet.

Logistik-Boom dank E-Commerce

Auch wenn die Musik rund um die chinesische Belt-and-Road-Initiative ("Neue Seidenstraße") mittlerweile etwas leiser geworden ist, sind chinesische Logistikimmobilien gefragt wie nie. Zu verdanken ist das dem weiter wachsenden E-Commerce-Sektor, der in der Pandemie nochmals einen neuen Auftrieb erfahren hat.

Die zunehmende Etablierung des Onlinehandels geht mit einer neuen Nachfrage nach Lagerhallen einher. Laut der Bank of America (BofA) ist die asiatisch-pazifische Region mit einem Marktvolumen von insgesamt zwei Billionen US-Dollar schon jetzt der weltweit größte Umschlagsplatz für den Internethandel. Schätzungen gehen davon aus, dass sich dieser Trend auch in den kommenden Jahren weiter fortsetzt.

Die voraussichtliche Wachstumsrate im E-Commerce-Sektor liegt mit Blick auf das Jahr 2023 und nach Einschätzung der BofA bei 100 Prozent, was einem Marktvolumen von circa 3,9 Billionen US-Dollar entspricht. Während viele asiatische Einzelhändler bereits jetzt ausgefeilte Logistikplattformen entwickelt haben, ist davon auszugehen, dass in den nächsten Monaten und Jahren noch viele weitere Nachzügler dazukommen werden, um auf das angepasste Kaufverhalten der Kunden einzugehen.

Freihandelsabkommen stärkt klassischen Handel

Hinzu kommt, dass viele Hersteller aufgrund der im Zuge der Pandemie aufgetretenen Unterbrechungen nunmehr wesentlich mehr Wert auf die Belastbarkeit ihrer Zulieferketten legen. Dies impliziert, dass die Nachfrage nach Logistikflächen, gerade in sehr zentralen Lagen, weiter steigen dürfte.

Neben neuen Impulsen aus dem E-Commerce-Bereich ist auch damit zu rechnen, dass sich der klassische Handel im Zuge einer Normalisierung der Weltwirtschaft weiter erholen wird. Dessen ungeachtet könnte die jüngste Unterzeichnung des Vertrags zur Regional Comprehensive Economic Partnership innerhalb der asiatisch-pazifischen Region neue regionale Handelsaktivitäten hervorbringen.

Trotz der positiven Rahmenbedingungen ist eine sorgfältige Selektion unabdingbar, da in vielen Märkten das Preisniveau für Logistikimmobilien signifikant angezogen hat. Dies gilt insbesondere für Märkte wie Japan und Südkorea. Innerhalb des Logistiksektors sind klimakontrollierte Logistikimmobilien besonders attraktiv, da diese auf der einen Seite vom großen Wachstum im Food-Delivery-Segment profitieren und andererseits in vielen Märkten noch nicht ausreichend vorhanden sind.

Wohnimmobilien liefern weiterhin stabile Erträge

Für institutionelle Investoren ist der Wohnimmobilienmarkt aufgrund seiner stabilen Erträge, die weniger stark mit der Wirtschaftskonjunktur korrelieren, hoch interessant. Gerade auch für deutsche Investoren kann eine Diversifizierung ihres Wohnimmobilienportfolios durch Beimischung asiatischer Immobilien attraktiv sein.

Allerdings ist zu beachten, dass der Wohnimmobilienmarkt in Asien-Pazifik im Vergleich zu den USA und Europa aktuell noch weitestgehend unterentwickelt ist. Mit Ausnahme von Japan werden Wohnungen fast ausschließlich zum individuellen Verkauf entwickelt. Somit fehlt es, mit Ausnahme von Japan, an Wohnanlagen zur Vermietung, die sich für institutionelle Portfolios eignen würden.

Aufgrund seiner Charakteristika ist der Sektor Wohnen gerade jetzt für Investoren interessant. Hinzu kommt, dass in Asien-Pazifik wie auch in anderen Regionen die Preise für Wohnimmobilien zum Kauf aufgrund des niedrigen Zinsniveaus weiter gestiegen sind.

Chinesische Regierung fördert Ausbau des Mietsegments

Infolgedessen ist die Bezahlbarkeit von Wohneigentum weiter zurückgegangen und das Nachfragepotenzial für Wohnungen zur Vermietung weiter gestiegen.

Außer Japan sollten zukünftig auch die Wohnungsmärkte China (Tier 1 Cities), Südkorea und Australien interessant für Investoren sein. Insbesondere in China fördert die Regierung aktiv den Ausbau dieses Segments. In diesen Märkten muss sich allerdings erst einmal ein institutioneller Markt für Wohnimmobilien entwickeln.

Dafür bedarf es nicht nur des Baus von reinen Wohnimmobilien zur Vermietung, sondern auch des Aufbaus des notwendigen Netzwerks an erfahrenen Servicedienstleistern zur Verwaltung der Immobilien. Der Markt für Wohnimmobilien in Asien-Pazifik bleibt also mittelfristig ein hochinteressanter Sektor.

Die Pandemie hat unterdessen sicherlich viele Fragen über die Zukunft des Bürosektors aufgeworfen. Zwar ist es grundsätzlich noch zu früh, um abschließend zu bewerten, ob die Pandemie zu einer nachhaltigen Veränderung der Büronachfrage in allen Kategorien führen wird, ein klarer Trend zu mehr Flexibilität ist jedoch zu erwarten.

Unsicherheit im Bürosektor geht zurück

Was sich aktuell beobachten lässt, ist eine Erholung der Nachfrage in den meisten Märkten. Singapur ist hier ein gutes Beispiel, wo Technologieunternehmen, insbesondere schnell wachsende chinesische Firmen, in den vergangenen Quartalen deutlich expandiert haben.

Dies ist ein Trend, der sich auch in einigen anderen Märkten beobachten lässt und dazu geführt hat, dass der Rückgang der Flächennachfrage insgesamt niedriger ausgefallen ist als zu Beginn der Krise erwartet wurde. Verstärkt wird diese auch dadurch, dass in vielen Märkten die Rückkehr ins Büro schon weit fortgeschritten (Australien und Singapur) oder bereits weitestgehend abgeschlossen ist (China).

Ein weiterer Trend, der genau zu beobachten ist, ist die steigende Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Flächen in guten Lagen. Hier ist zu vermuten, dass Unternehmen verstärkt bereit sind, insgesamt weniger, dafür allerdings qualitativ hochwertigere Flächen in besseren Lagen zu mieten, auch um den neuen Anforderungen ihrer Mitarbeiter gerecht zu werden.

Aus Investorensicht könnte ein Fokus auf Grade-A-Büroobjekte in Innenstadtlage in den Schlüsselmetropolen in Asien-Pazifik also durchaus langfristig attraktiv sein.

Hinzu kommt die Möglichkeit, Grade-B- beziehungsweise C-Immobilien in guter Lage durch aktives Asset-Enhancement aufzuwerten und somit zusätzliche Werte zu schaffen.

Retail-Sektor muss sich neu erfinden

Einzelhandelsimmobilien, speziell regionale und überregionale Einkaufszentren, haben dagegen nach wie vor mit Problemen zu kämpfen. Die Pandemie war hier nur ein zusätzlicher Faktor zur bereits bestehenden Nachfrageverschiebung, die der zunehmende E-Commerce ausgelöst hat.

Die Aufgabe von Investoren und Projektentwicklern besteht darin, diese Entwicklung mitzugehen, und Immobilien entweder umzunutzen oder so zu positionieren, dass sie in diesem neuen Marktumfeld überleben können. Dies bedeutet auch eine enge Zusammenarbeit mit Einzelhändlern.

Trotz des schwierigen Marktumfeldes ist die Nachfrage nach Einzelhandelsimmobilien in Asien-Pazifik sehr stark zurückgekommen und hat bereits wieder das Vorjahresniveau erreicht.

Dies ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass die Pandemie im Retail-Sektor insgesamt zu einem deutlichen Preisrückgang geführt hat. Selektiv ist dieser Sektor durchaus interessant.

Die Covid-19-Pandemie hat im asiatisch-pazifischen Immobilienmarkt ihre Spuren hinterlassen, so leidet der Hotelsektor weiterhin enorm unter den bestehenden Reisebeschränkungen und der strukturelle Gegenwind für den Retail-Sektor ist ungebrochen.

Auch zwischen den einzelnen Segmenten im Immobilienmarkt gibt es sehr große Unterschiede. So ist es durchaus möglich, dass der Homeoffice-Trend auch den asiatisch-pazifischen Markt dauerhaft prägen könnte.

Im Gegensatz zu einigen Prognosen führte die Pandemie jedoch nicht zu allzu gravierenden Verwerfungen. Stattdessen entwickelten sich neue Wachstumssegmente, die enorme Opportunitäten für Investoren schaffen.

Wachsamkeit beim Thema Regulatorik

Ungeachtet dieser übergeordneten Trends bedarf es in den kommenden Wochen und Monaten einer sehr genauen Analyse der Bedürfnisse und Nutzungsgewohnheiten, vor allem im Bereich der Einzelhandels- und Büroflächen, um mögliche Veränderungen und Anpassungen frühestmöglich zu erkennen.

Ein hohes Maß an Wachsamkeit ist darüber hinaus beim Thema Regulatorik gefragt. China ist aufgrund seiner Größe zwar der mit Abstand wichtigste Markt in der Region; neue Verfügungen der Regierung könnten sich jedoch auch sehr schnell auf den breiten Immobilienmarkt auswirken. Die jüngste Ankündigung Chinas, bald auch heimische REIT-Gesellschaften an die Börse zu bringen, um internationalen Investoren den Markteintritt zu erleichtern, macht jedoch Hoffnung auf eine kapitalmarktfreundliche Politik.

Wie schon das Jahr 2020 wird auch 2021 von vielen Unsicherheitsfaktoren geprägt sein. Die Aussichten hellen sich jedoch auf, da die Impfprogramme anlaufen und eine allmähliche Rückkehr zur wirtschaftlichen Normalität stattfindet.

Schnellere Erholung dank besserer Kontrolle des Virus

Da der asiatisch-pazifische Raum das Covid-Virus besser unter Kontrolle gebracht hat beziehungsweise den Schaden für die Wirtschaft erfolgreicher begrenzte als viele europäische Länder oder die USA, dürfte sich diese Region nun auch wieder schneller erholen, was gerade für Immobilieninvestoren große Chancen mit sich bringt.

David Fassbender , Senior Portfolio Manager und Leiter Südostasien, PGIM Real Estate, Singapur
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