Property Management

Wachstum durch Modernisierung

Martin Thiel, Finanzvorstand, TAG Immobilien AG, Hamburg

Angesichts steigender Wohnimmobilienpreise in vielen Städten und Regionen Deutschlands stellen sich immer mehr Bestandshalter in der Branche die Frage, ob sich Ankäufe dort überhaupt noch lohnen. Eine Alternative können Investitionen in den Bestand sein. Über das Potenzial dieser Strategie berichtet der Autor des folgenden Beitrags. Seiner Ansicht nach liegen die durch Modernisierungsinvestitionen (englisch: "capital expenditure", CAPEX) erzielbaren Renditen nicht nur höher als bei Ankäufen in teuren Lagen. Zusätzlich könnten Bestandsinvestitionen eine positive Wirkung auf die regionalen Wohnungsmärkte entfalten und den Unternehmenswert nachhaltig steigern. Red.

2016 sind Wohnungen und Häuser in Deutschland um durchschnittlich 6,6 Prozent teurer geworden - der stärkste Anstieg seit mindestens zehn Jahren. Das ist das Ergebnis des Immobilienpreisindex, für den der Verband Deutscher Pfandbriefbanken (vdp) jährlich Kaufverträge auswertet. Die steigenden Preise auf dem Immobilienmarkt bekommen aber nicht nur Mieter und Häuslebauer zu spüren. Auch für die Unternehmen der Branche, die gemeinhin als Profiteure dieser Entwicklung gelten, erweist sich das hohe Preisniveau zunehmend als Investitionshemmnis.

Moderate Investitionen mit großem Effekt

Denn je höher die Investitionssumme liegt, desto geringer fällt die erzielbare Rendite, also die Relation der zu erwartenden Miet- und Kaufpreissteigerungen zum Einkaufspreis, aus. In Städten wie Frankfurt, München oder Düsseldorf haben die Kaufpreise bereits ein Niveau erreicht, das eine langfristig orientierte Bewirtschaftung nicht mehr attraktiv macht. Wohin aber sollen Wohnungsunternehmen ausweichen, ohne zu große Risiken einzugehen?

Eine Alternative zu teuren Ankäufen bieten Investitionen in die Bestandsmodernisierung. Diese Ausgaben, auch CAPEX genannt, sind ein wirkungsvolles Mittel, um auch ohne große Ausgabenprogramme hohe Renditen zu erwirtschaften. Sie steigern den Wert des Immobilienportfolios und damit den des Unternehmens nachhaltig. Allerdings sollten Bestandshalter vor der Investitionsentscheidung den jeweiligen Bestand und regionalen Wohnungsmarkt genau analysieren.

Denn CAPEX-Maßnahmen müssen zum Standort passen, um erfolgreich zu sein. Die TAG Immobilien AG bewirtschaftet rund 83 000 Wohnungen im Großraum Hamburg und Berlin, in der Region Salzgitter sowie in Thüringen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen. Insgesamt rund 71,5 Millionen Euro investierte die TAG im Jahr 2016 in Modernisierung und Instandhaltung ihres Portfolios - 15,41 Euro pro Quadratmeter - und realisierte damit auf Basis des vergleichbaren Portfolios (like-for-like) ein Mietwachstum von 3,7 Prozent.

Amortisation innerhalb von zwei Jahren möglich

Der Anteil für die Modernisierung bezifferte sich auf rund 46,5 Millionen Euro beziehungsweise rund zehn Euro pro Quadratmeter (siehe Abbildung). Mit diesen CAPEX wurden etwa je zur Hälfte größere Wohnanlagen (20,3 Millionen Euro) oder zuvor leer stehende Wohnungen (17 Millionen Euro) sowie zu einem geringeren Teil Wohnungen bei Mieterwechsel (9,2 Millionen Euro) modernisiert. Bei der Modernisierung des Leerstands konnte eine Anfangsrendite von durchschnittlich knapp 50 Prozent der Investitionskosten realisiert werden.

Das heißt: Die Refinanzierung der Investition ist nach einfacher Rechnung innerhalb von zwei Jahren möglich. Im Vergleich dazu beträgt die durchschnittliche Anfangsrendite bei Ankäufen derzeit rund acht Prozent. Aber auch Modernisierungen im bewohnten Zustand und bei Mieterwechsel erzielten mit durchschnittlich acht bis zehn Prozent eine vergleichsweise hohe Anfangsrendite - trotz der Beschränkungen, die aufgrund von Mietrecht, Kappungsgrenzen und ortsüblichen Marktmieten bestehen.

Der Beitrag von CAPEX zur Wertschöpfung zeigt sich auch beim Blick auf einige Kennzahlen des Unternehmens: 2016 hatten die CAPEX-Maßnahmen mit rund sieben Millionen Euro zum operativen Jahresergebnis (FFO I) in Höhe von 97 Millionen Euro beigetragen. Den weitaus größten Anteil daran hatte die Modernisierung der Leerstandswohnungen. Die CAPEX-Maßnahmen erwirtschafteten insgesamt ein zusätzliches Mietergebnis von 10,4 Millionen Euro, das etwa vier Prozent der gesamten Mieteinnahmen im Jahr 2016 entspricht.

Teil der Unternehmensstrategie

Entscheidend für den positiven Effekt von CAPEX ist die Portfoliostrategie: So werden Investitionen auf die A-Lagen der B-Städte beziehungsweise die B-Lagen der A-Städte konzentriert. Mit dieser sogenannten "ABBA-Strategie" wurde frühzeitig in Märkte investiert, die vor einem Jahrzehnt noch in der Anfangsphase ihrer Entwicklung standen. So wurde das Portfolio in den Jahren 2010 bis 2012 von etwa 4 000 auf nahezu 70 000 Wohnungen ausgebaut. Schwerpunkt dieses Wachstums waren Standorte in Ostdeutschland, die Investitionen in sehr guten Mikrolagen zu aus heutiger Sicht hoch attraktiven Kaufpreisen ermöglichten.

Heute profitieren von der wachsenden Wohnraumnachfrage zunehmend auch die kleineren und mittelgroßen Städte. In Chemnitz, Halle an der Saale oder Salzgitter ist der Bevölkerungsrückgang passé, die Städte wachsen wieder. Durch die steigende Nachfrage sind die Kaufpreise in vielen ostdeutschen Mittelstädten in den vergangenen fünf Jahren um bis zu 30 Prozent angestiegen und auch die Mieten stiegen vielerorts um bis zu zweistellige Prozentbeträge.

Modernisierung begünstigt Leerstandsabbau

Gleichzeitig verfügen diese Städte noch über vergleichsweise hohe Leerstände, bei denen es sich häufig um ältere, nicht vermietbare Flächen handelt. Genau hier setzen die gezielten Modernisierungsmaßnahmen an, um die Wohnungen attraktiver zu machen und so den Leerstand wirksam zu reduzieren. Innerhalb des vergangenen Jahres ist es durch ein aktives Vermietungsmanagement und gestützt auf die CAPEX-Maßnahmen gelungen, die Leerstandsquote bei Wohnungen von 7,7 auf 6,1 Prozent zu reduzieren.

Besonders erfolgreich war der Leerstandsabbau in der Region Salzgitter. Hier verringerte sich die Zahl leer stehender Wohnungen im Unternehmensbestand innerhalb von nur zwölf Monaten von 12,1 auf 7,5 Prozent. Das Wachstum der regionalen Wirtschaft und der verstärkte Zuzug in die Stadt bildeten günstige Voraussetzungen für diesen Rückgang. Mit gezielten Investitionen in die Modernisierung gelang es, die Leerstandswohnungen wieder attraktiv zu machen und dem wachsenden Wohnungsmarkt in Salzgitter zur Verfügung zu stellen. 2016 investierte die TAG in der Region Salzgitter 7,8 Millionen Euro in CAPEX-Maßnahmen. Dieser Wert wurde im Gesamtportfolio nur noch von der Region Chemnitz mit 8,1 Millionen Euro übertroffen.

Nahaufnahme: ein Beispiel aus Sachsen

Ein anderes Beispiel aus dem sächsischen Freiberg zeigt in der Nahbetrachtung, welche Wirkung Bestandsmaßnahmen entfalten können. Die 40 000 Einwohner zählende Universitätsstadt im Erzgebirge gehört zu den aufstrebenden Mittelstädten in Ostdeutschland. 2014 erwarb die TAG dort die Wohnanlage "Am Mühlteich" mit insgesamt 128 Wohnungen. Im Rahmen einer Innensanierung wurden sieben Wohnungen vollständig modernisiert. Sie erhielten neue Sanitärobjekte, Fußböden, Zimmertüren, Anstrich und Tapeten. Die Investitionssumme belief sich auf 9600 Euro pro Wohnung und damit auf insgesamt 67200 Euro. Alle Wohnungen konnten unmittelbar nach Abschluss der Sanierung, die pro Wohnung nur etwa vier Wochen dauerte, vermietet werden. Damit ging die Rechnung auch auf der Ertragsseite auf: Den investierten 67000 Euro standen aufs Jahr gerechnet Einnahmen in Höhe von rund 33000 Euro entgegen. Die erzielte Rendite belief sich somit auf nahezu 50 Prozent der Investitionssumme.

Investitionen müssen durchdacht sein

Die Maßnahmen trugen wesentlich dazu bei, dass der Leerstand in der gesamten Wohnanlage von anfänglich mehr als zehn Prozent zum Zeitpunkt des Ankaufs auf aktuell 2,3 Prozent zurückging. Die Mieten sind dafür in den vergangenen drei Jahren nur moderat gestiegen - insgesamt um durchschnittlich 32 Cent pro Quadratmeter auf aktuell 4,82 Euro pro Quadratmeter nettokalt. Dies entspricht einem jährlichen Mietenanstieg von etwas mehr als zwei Prozent.

Vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Preisanstiegs in vielen Regionen stellen CAPEX eine interessante Alternative zu Ankäufen und Neubau dar. Strategisch und gezielt eingesetzt ist internes Wachstum auch ohne große Investitionsprogramme möglich. Hier gilt die Regel: Viel investieren bringt nicht immer viel. Denn Investitionen in Bestände mit hohem Leerstand lohnen sich nur dann, wenn die einzelne Maßnahme zum jeweiligen Standort passt.

Eine solche Investitionsstrategie hat zudem den Effekt, dass die steigende Nachfrage nach Wohnraum bedient und Leerstände abgebaut werden. Das revitalisiert die Quartiere und stabilisiert die regionalen Wohnungsmärkte. Rund 1000 vormals leerstehende Wohnungen für eine breite Bevölkerungsschicht führt die TAG derzeit jährlich dem Markt zu. Hier gehen wirtschaftlicher Erfolg und gesellschaftliche Verantwortung Hand in Hand.

Der Autor Martin Thiel, Finanzvorstand, TAG Immobilien AG, Hamburg

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X