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WOHNNEBENKOSTEN - EINE WICHTIGE STELLSCHRAUBE FÜR ALLE STAKEHOLDER

Frank Wojtalewicz, Foto: d.i.i

Die Höhe der Wohnkosten ist ein sozialpolitischer Dauerbrenner. Den Wohnnebenkosten kommt dabei oft allerdings nur eine Nebenrolle zu. Zu Unrecht, wie der Autor des folgenden Beitrags meint. Denn sie seien nicht nur ein wesentlicher Teil der realen Warmmiete, sondern auch ein wirksamer Hebel zur Nutzung von Einsparpotenzialen und damit zur Entlastung von Mietern. Das belege auch das brandaktuelle IW-Gutachten "Wohnnebenkosten in Deutschland". Red.

In dieser Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) wird die Entwicklung der Wohnnebenkosten unter die Lupe genommen, differenziert nach Regionen und erstmals in diesem Jahr auch nach Vermietergruppen. Die Daten für den Report, den die d.i.i. Deutsche Invest Immobilien AG jedes Jahr in Auftrag gibt, stammen aus verschiedenen amtlichen und nicht-amtlichen Quellen wie zum Beispiel dem Verbraucherpreisindex und dem vom Deutschen Mieterbund veröffentlichten Betriebskostenspiegel.

Optimierung lohnt sich - auch im sozialpolitischen Sinne

Die Ergebnisse der Studie bestätigen einmal mehr: Nebenkosten sind nicht nur für Mietinteressenten ein wichtiges Entscheidungskriterium. Sie bergen auch erhebliche Einsparpotenziale für Vermieter und damit die Chance auf höhere Renditen. Gleichzeitig sichern sie Mietern bezahlbaren Wohnraum. Daraus ergibt sich eine Winwin-Situation für alle Beteiligten, die für Vermieter mit einem konsequenten Nebenkostenmanagement und vor allem mit zielgerichteten Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen realisierbar ist.

Die Studie zeigt in der Summe zunächst die Relevanz des Themas: Die Wohnnebenkosten entwickelten sich im Zeitraum von 2010 bis 2020 mit nominal 11,9 Prozent unterproportional zum gesamten Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts (13,52 Prozent). Zwar verzeichneten die Nettokaltmieten im selben Zeitraum mit nominal 14,3 Prozent ein noch höheres Wachstum, doch verweist dies vor allem darauf, wie wichtig Optimierungen bei den Nebenkosten auch im sozialpolitischen Sinne sind. Trotz der großen regionalen Unterschiede, die sich durch lokale Besonderheiten, wie etwa das regionale Klima oder besondere Voraussetzungen bei den kommunalen Versorgern im Vergleich der Standorte offenbaren, sind starke Preissteigerungen bei einzelnen Nebenkostenpositionen offensichtlich.

Berechtigte Wahrnehmung als "zweite Miete"

Das IW-Gutachten zeigt zudem, welche Hebelwirkung Wohnnebenkosten sowohl zur Entlastung der Mieter als auch zur Renditeoptimierung für Vermieter haben können. In Regionen mit einem geringen Grundmietenniveau steigern sie die mietbezogene Gesamtbelastung in der Regel um ein Drittel, bisweilen sogar um bis zu 50 Prozent. In Großstädten mit einem ohnehin hohen Grundmietenniveau können die zusätzlichen Wohnnebenkosten Mieter durchaus an ihre finanzielle Belastungsgrenze bringen. Kein Wunder also, dass sie auf Mietinteressenten wie auch Mieter als "zweite Miete" wirken.

Ausschlaggebend dabei ist, welche Beträge Mieter insgesamt für die Nebenkosten, also sowohl für kalte als auch für warme Betriebskosten einkalkulieren müssen. Basierend auf einer Datenerhebung der Value AG sind hier große regionale Unterschiede festzustellen (siehe Abbildung 1). Frankfurt am Main und München zählen zu den teuersten Landkreisen. Auch die anderen Top-7-Städte sind im oberen Fünftel zu finden. Ebenso gehört der dicht besiedelte Raum im Rheinland und Ruhrgebiet zu den Regionen, in denen die Wohnnebenkosten für Mieter mit am höchsten sind.

Abbildung 1: Wohnnebenkosten bei Neuvermietung (vom Vermieter angegebene Abschlagszahlungen, in Euro je m2 Wohnfläche, 2020) Quelle: Value AG, Institut der deutschen Wirtschaft

Hier besteht zweifelsohne Optimierungsbedarf. Idealerweise reduzieren Vermieter in solchen Fällen die Nebenkosten. Gehen sie dabei strategisch klug vor, lässt sich bei gleicher Gesamt-Mietbelastung sogar die eigene Rendite erhöhen. Welche Ansatzpunkte sich dafür bieten, zeigt ein genauerer Blick auf die einzelnen Nebenkostenpositionen.

Kalte Nebenkosten: Versorger- und Dienstleistungsverträge im Fokus

Während kalte Nebenkosten in den frühen 2000er-Jahren stagnierten oder sogar geringer ausfielen, stiegen sie in den Jahren 2018 und 2019 mit etwa 3 Prozent relativ stark. Mittlerweile haben sie im Mittel den Wert von einem Euro pro Quadratmeter überschritten. Das zeigen die Datenreihen des Sozio-oekonomischen Panel (SOEP), einer seit 1984 jährlich durchgeführten bundesweiten Haushaltsbefragung.

Primär obliegt es den Vermietern auf der einen, sowie den Versorgern und Dienstleistern auf der anderen Seite, die Weichen für Einsparpotenziale zu stellen, denn auf die kalten Nebenkosten haben Mieter wenig bis gar keinen Einfluss. Zu dieser Position zählen die Grundsteuer, Müll- und Abwassergebühren und die Kosten für den Betrieb des Gebäudes, zum Beispiel für Gartenpflege, Hauswart, Aufzug und Gebäudereinigung. Auch die Wartungskosten von Etagenheizungen und der Warmwasserversorgungsanlage sowie die Kosten für den Betrieb einer gemeinsamen Antennenanlage gehören dazu.

Kosten sparen Vermieter hier vor allem, indem sie die entsprechenden Versorger- und Dienstleistungsverträge optimieren. Dabei lohnt es sich, die beauftragten Leistungsinhalte, so zum Beispiel zur Gebäudereinigung und Gartenpflege, kritisch zu hinterfragen, um ineffiziente oder nicht notwendige Leistungspositionen zu identifizieren und zu eliminieren. Weitere Einsparpotenziale lassen sich häufig auch mit der neuerlichen Ausschreibung dieser Arbeiten erzielen.

Der Standort entscheidet

Der IW-Wohnnebenkostenreport zeigt große regionale Unterschiede bei den kalten Betriebskosten auf. Am höchsten sind sie nach den Daten des SOEP in Großstädten ab 500 000 Einwohnern, am niedrigsten in kleinen Gemeinden unter 5 000 Einwohnern. Diese Unterschiede haben ihre Gründe unter anderem in einem Stadt-Land-Gefälle beim Lohn- und Preisniveau. Doch auch die verschiedenen Gebäudetypen in urbanen und ländlichen Gegenden haben Einfluss: Im für Großstädte typischen Mehrparteien-Geschosswohnungsbau fallen höhere kalte Betriebskosten an, zum Beispiel durch zusätzliche Positionen wie Aufzugskosten.

Allerdings sind damit die Kostendifferenzen zwischen gleichgroßen Ballungszentren nicht erklärt. Mitverantwortung tragen an dieser Stelle auch die Kommunen, die unterschiedlich effektiv haushalten und die Abgaben und Steuern im Rahmen ihres Gestaltungsspielraums auch als Refinanzierungsquelle nutzen. Eine im Rahmen der Untersuchung durchgeführte intensive Auswertung des Zahlenmaterials der Value AG stützt diese Erkenntnis. Die Top-7-Städte stehen demnach zwar weit oben im regionalen Vergleich. Spitzenreiter bei den kalten Betriebskosten in der Neuvermietung sind allerdings Leverkusen und Memmingen. Am unteren Ende des Spektrums befinden sich weite Teile Ostbayerns entlang der tschechischen Grenze (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Kalte Betriebskosten bei Neuvermietung (vom Vermieter angegebene Abschlagszahlungen, in Euro je m2 Wohnfläche, 2020) Quelle: Value AG, Institut der deutschen Wirtschaft

Betrachtet man ganze Bundesländer und die Stadtstaaten, müssen die Berliner am tiefsten für kalte Betriebskosten in die Tasche greifen, gefolgt von den Bremern und den Einwohnern Nordrhein-Westfalens. Deutlich günstiger ist es in den ostdeutschen Bundesländern (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Kalte Betriebskosten bei Neuvermietung (nach Bundesländern, vom Vermieter angegebene Abschlagszahlungen, in Euro je m2 Wohnfläche, 2020) Quelle: Value AG, Institut der deutschen Wirtschaft

Warme Nebenkosten: wirksame Optimierungshebel

Die warmen Nebenkosten hingegen machen gut die Hälfte der gesamten Nebenkosten aus und haben daher starken Einfluss auf die gesamten Wohnkosten. Ihre Höhe ist abhängig vom individuellen Energieverbrauch des Mieters. Dieser wiederum wird bestimmt durch die Art der Energieerzeugung, die Dämmung des Gebäudes und die Energiekosten selbst. Entscheidend ist also auch die Preisentwicklung bei Öl und Gas - Brennstoffen, mit denen in Deutschland noch immer vornehmlich geheizt wird. Zudem spielt das Klima in der jeweiligen Region eine Rolle. Das Klima und die Energiepolitik lassen sich durch Vermieter natürlich nicht ändern. Andere Faktoren dagegen schon, nämlich durch Investitionen in Anlagentechnik und Gebäudehülle.

Für vorausdenkende Vermieter bergen energetische Sanierungen und Modernisierungen daher erhebliche Chancen. So vor allem, wenn sie dabei die vielfältigen Fördertöpfe von Bund, Bundesland und Kommune nutzen und die Möglichkeiten zur partiellen Umlegung der Investitionskosten auf die Mieter ausschöpfen. Dann sind sogar warmmietenneutrale Sanierungen möglich.

Dass es höchste Zeit ist, sich über energetische Modernisierung Gedanken zu machen, zeigt ein Blick auf die Heizkostenentwicklung. Absolut gesehen stagnieren die Heizkosten derzeit zwar noch, allerdings auf bereits hohem Niveau. In den Jahren 2018 und 2019 bezahlten Mieter in Deutschland im Mittel 1,09 Euro je Quadratmeter Wohnfläche und Monat dafür. Das kann sich aber schnell ändern, wie ein Blick zurück in die 2000er-Ära zeigt. Innerhalb weniger Jahre waren die Heizkosten damals um mehr als ein Fünftel gestiegen. Ihren bisherigen Höhepunkt erreichten sie zu Beginn der 2010er Jahre. Eine vergleichbare Dynamik zeichnet sich heute bereits ab: Im Verlauf des Jahres 2021 haben die Gas- und Ölpreise rapide angezogen.

Auch die Abgaben für den Treibhausgasausstoß, die sogenannte CO2-Steuer, werden sich durch die zunehmende politische Regulierung in den kommenden Jahren sukzessive erhöhen. Die gute Nachricht: Modernere Heizungsanlagen und effektivere Wärmedämmungen können die Heizkosten deutlich reduzieren. Das belegen auch die in der Studie betrachteten Daten zu Neubau- und Bestandswohnungen. Die angegebenen Heizkosten sind bei Neubauwohnungen ab dem Baujahr 2001 durchschnittlich um 8,9 Prozent gesunken.

Eigentümer haben es selbst in der Hand

Das IW-Gutachten bestätigt einen Trend, der sich seit Jahren immer mehr abzeichnet: Wohnnebenkosten haben ein zunehmendes Gewicht im Mietwohnungsmarkt. Eigentümer haben es selbst in der Hand: Mittels aktiven Managements lassen sich die kalten Betriebskosten deutlich reduzieren. Die richtigen Investitionen in das Gebäude steigern nicht nur dessen Wert, sondern bedingen niedrigere warme Nebenkosten. In Summe entsteht so ein Korridor für die Anhebung der Kaltmieten und damit eine Erhöhung der Rendite des Objektes - bei wirksamem Sozialausgleich aufgrund der gleichbleibenden Belastung für die Mieter.

Frank Wojtalewicz , Vorsitzender des Vorstands , d.i.i. Deutsche Invest Immobilien AG, Wiesbaden

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