"EINE KOMMUNIKATION AUF AUGENHÖHE IST DAS A UND O"

Über zwei Jahre sind seit Beginn der Corona-Pandemie vergangen. Welche Spuren hat sie in Ihrer Stadt (bislang) hinterlassen?

Die Stadt Würzburg ist wohl noch einmal mit einem blauen Auge durch die Corona-Pandemie gekommen. Generell lässt sich sagen, dass die von der Bundesregierung in die Wege geleiteten Maßnahmen für die Wirtschaft, trotz aller Kritik bei der Umsetzung, ihre positive Wirkung entfalten konnten. Instrumente wie zum Beispiel die Kurzarbeit haben geholfen, dass viele Gewerbetreibende durch diese schwere Zeit gekommen sind. Hinzu kamen noch weitere Unterstützungsangebote und speziell aufgelegte Förderprogramme, die wir hier in Würzburg teilweise aufgegriffen und in Anspruch genommen haben. Speziell für die Situation in Würzburg kommt der Mainmetropole ihre hohe zentralörtliche Bedeutung mit einer "robusten" Innenstadt zugute. Diese positiven Voraussetzungen sehen wir auch an der Tatsache, dass selbst in den Zeiten der Pandemie in Würzburg zahlreiche Neueröffnungen zu vermelden waren. Die Leerstandsquote ist leicht gestiegen auf einen mittleren einstelligen Prozentbetrag und somit noch weit niedriger als im Landes- oder Bundesdurchschnitt. Die nächsten großen Herausforderungen für unsere Wirtschaft stehen aber schon in der Tür: Lieferengpässe und Energie.

Sie sind eine von 14 Modellstädten des Projekts "Stadtlabore für Deutschland". Was waren die Beweggründe zur Teilnahme?

Jede Stadt ist individuell, hat ihre eigenen, spezifischen Voraussetzungen und Herausforderungen. Trotzdem begegnen wir alle immer den gleichen Themen. Das Thema Leerstandsund Ansiedlungsmanagement ist, sicherlich noch einmal forciert durch die Corona-Pandemie der vergangenen Monate, eine der Zukunftsherausforderungen unserer Städte. Das Projekt "Stadtlabore für Deutschland" bietet uns die Möglichkeit, sich intensiv mit anderen Städten auszutauschen und es bietet einen Platz zum Experimentieren und Ausprobieren. Unser Ziel ist es, neue Wege und Möglichkeiten für ein aktives Leerstands- und Ansiedlungsmanagement zu finden, auszuprobieren und schließlich auch zu etablieren.

Wie fällt diesbezüglich Ihr Zwischenfazit aus?

Es liegt noch viel Arbeit vor uns und einige Fragen haben sich erst im Laufe des Projektes ergeben. Wir sind aber guter Dinge, dass am Ende ein gutes Produkt herauskommt, das uns in der Arbeit der kommenden Jahre unterstützen und diese effizienter gestalten wird.

Wie mühsam waren die technischen Vorbereitungen zur Etablierung der Plattform?

Das Datensammeln und deren Aufbereitung stellten uns vor keine großen Herausforderungen. Hier kooperieren wir schon lange mit dem Geographischen Institut der Universität Würzburg und sind mit unserem für unsere Bürger nutzbaren digitalen Geostadtplan schon sehr weit. Die aktuelle Herausforderung besteht in der Sicherung der Datenaktualität.

Welche weiteren Digitalisierungsmaßnahmen verfolgt Ihre Stadt?

Würzburg hat sich mit dem Konzept "stadt. land.smart" erfolgreich um eine Förderung im Rahmen der Modellprojekte Smart Cities beworben. Unter dem Motto "Gemeinsam aus der Krise: Raum für die Zukunft", befinden wir uns gerade gemeinsam mit unserem Landkreis am Anfang eines fünfjährigen Prozesses. Alle Projekte von stadt.land.smart werden darauf abzielen, "menschlich aus der Krise" zu kommen, also den Dialog mit der Bürgerschaft aufrechtzuerhalten - gerade auch mit benachteiligten Bevölkerungsgruppen. Es gilt die soziale Resilienz zu stärken. Mit sowohl digitalen als auch analogen Angeboten soll sichergestellt werden, dass allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern der Zugang zu nutzerfreundlichen Angeboten ermöglicht wird. Von der Nachbarschaftshilfe bis zu Leihgeräten gibt es viele Ideen und Bausteine, die nun zu einem Konzept ausgearbeitet werden. Die Regionen um die Single-Hauptstadt Würzburg soll in fünf Jahren ein Spezialist in der Prävention von Vereinsamung werden.

Ein Ziel des Projekts besteht auch darin, den Dialog zwischen Kommunen und Immobilienwirtschaft zu fördern. Was kann/muss hier in Ihren Augen besser werden?

Hier müssen sich alle Parteien zukünftig verstärkt als Partner sehen. Eine Kommunikation auf Augenhöhe ist das A und O. Nur gemeinsam und im Dialog ist es möglich, unsere schöne Stadt nachhaltig und resilient in die Zukunft zu führen.

Wie stehen Sie mit Blick auf chronische Leerstände zu radikaleren Überlegungen mancher Kommunen, Immobilieneigentümer notfalls zu enteignen?

Enteignung darf immer nur das letzte mögliche Mittel sein. Eine Enteignung der Enteignung willen macht zudem ebenfalls keinen Sinn. Hier sollte man im Vorfeld schon einen Masterplan in der Tasche haben und wissen, wie und in welche Richtung eine Immobilie entwickelt werden kann. Im Vordergrund sollte immer die Kommunikation mit dem Eigentümer stehen. Nicht zuletzt muss eine Kommune sich den Kauf einer Immobilie auch leisten können.

Kurzinterview mit Christian Schuchardt, Oberbürgermeister von Würzburg

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