Im Gespräch

"Die Konsolidierung wird weiter voranschreiten"

Wolf Schumacher

Zehn Jahre steht Wolf Schumacher am 1. April dieses Jahres an der Spitze der Aareal Bank. Aus dem ehemaligen Sanierungsfall machte er eine klar positionierte, erfolgreiche Immobilienbank, bestens kapitalisiert, die aus der Position der Stärke heraus, die Konsolidierung in der deutschen Bankenlandschaft aktiv begleitet. Die Corealcredit ist bereits in den Wiesbadenern aufgegangen, die Ankündigung der Übernahme der Westimmo erfolgte nach dem Interview. Bei aller Freude über die eigenen Erfolge mischen sich aber durchaus auch kritische Töne in das Redaktionsgespräch. Es fehle an einer klaren Wachstumsstrategie für Europa. Die geopolitischen Risiken nähmen spürbar zu. Die Geldpolitik der EZB verzerre ohne Not ganze Märkte. Und die Regulierung zwänge zu einer Mindestgröße und schwäche den Bankkredit als Hauptfinanzierungsinstrument der Immobilienwirtschaft. Red.

I & F Herr Schumacher, die 26. Mipim steht vor der Tür, was erwarten Sie von Europas größtem Treffen der Immobilienwirtschaft?

Die Mipim ist genau wie die Expo Real im Herbst in München ein wichtiger Seismograf für die Immobilienbranche: Wo steht die Branche und welches sind die Trends für die kommenden Jahre? Diese Stimmungen gilt es aufzunehmen und mitzunehmen. Ein großer Vorteil der Messe ist, dass man an zwei oder drei Tagen eine Vielzahl von Terminen absolvieren kann, für die man im Normalfall Monate brauchen würde. Wünschen würde ich mir allerdings, dass sich die Mipim noch stärker in Richtung einer echten Arbeitsmesse entwickeln würde, das hielte ich für noch produktiver.

I & F Was werden in diesem Jahr Ihrer Meinung nach die Hauptthemen sein?

Es sind mehrere Themen, die die gewerbliche Immobilienwirtschaft im Jahr 2015 betreffen. Zunächst beschäftigen uns die elementaren Eingriffe der EZB in gesunde Märkte durch den Ankauf von Staatsanleihen und Pfandbriefen. Auf dem Pfandbriefmarkt sind schon deutliche Auswirkungen dieser Eingriffe zu spüren, auf dem Markt für Staatsanleihen wird das noch kommen. Die Märkte werden verzerrt, teils außer Kraft gesetzt. Das hätte nicht sein müssen. Der Rückgang bei den Preissteigerungsraten resultiert vor allem aus der Sonderkonjunktur bedingt durch das billige Öl. Gefahren einer Deflation sehe ich nicht.

Dann sorgt die historisch lange Niedrigzinsphase einerseits für einen enormen Liquiditätsschub, der investiert werden muss. Die Konsequenz sind steigende Preise, auch für Gewerbeimmobilien. Zusammen mit dem ersten Punkt - Verzerrungen auf den Märkten für Staatsanleihen und Pfandbriefe - macht es das für Investoren sehr schwer, vernünftige Renditen zu erwirtschaften. Die Zahl der Anlagealternativen hat sich drastisch verringert. Die Investition in Gebäude stellt da aus Sicht der Investoren einen der wenigen verbliebenen sicheren Häfen dar, mit einer immer noch annehmbaren Rendite und einer verlässlichen Langfristperspektive. Das ist natürlich per se nicht schlecht für die Immobilienwirtschaft. Es stellt sich aber die Frage, wie viel Liquidität der Markt verträgt und ab wann diese Entwicklung nicht mehr gesund ist.

Eine weitere wichtige Frage: Warum kommt die enorme Liquidität, die im Markt vorhanden ist, nicht bei den Unternehmen an? Europa hat kein Liquiditätsproblem, sondern ein Kreditnachfrageproblem. Unternehmen investieren derzeit nicht in dem Maße wie es wirtschafts- und konjunkturpolitisch wünschenswert wäre. Zum anderen können Banken aufgrund stetig steigender regulatorischer Anforderungen immer weniger Geld ausleihen, weil sie die Mittel zur Erfüllung der strengeren Kapitalvorgaben brauchen.

I & F Ist die gegenwärtige Lage nicht ein wenig widersprüchlich: Einerseits wird unglaublich viel Geld in den Markt gepumpt, was dem Immobiliensektor, Stichwort Betongold und solide Anlage zu Gute kommt, andererseits wird die Immobilienfinanzierung durch Basel III und Solvency II erschwert?

Das ist in meinen Augen in der Tat ein Problem. Das passt nicht zusammen. Es besteht die Gefahr, dass einer der wesentlichen Stützen der volkswirtschaftlichen Entwicklung vor allem in Deutschland, aber auch in Europa, nämlich die langfristige Finanzierung mit einer hohen Kalkulationssicherheit und der stabilen und risikoarmen Refinanzierung über den Pfandbrief oder Covered Bond, Schaden nimmt. Denn die Tendenzen der aufsichtsrechtlichen Vorgaben befördern die Kurzfristigkeit und gehen aufgrund von Harmonisierungsbestrebungen, beispielsweise bei den Covered Bond Loans in Europa, zulasten der Qualität. Der kleinste gemeinsame Nenner ist selten der richtige. Die Immobilienfinanzierung fußt in Europa, anders als im angelsächsischen Raum, stark auf dem Bankkredit. Dieser wird durch die Regulierung geschwächt, wenn nicht gar auf lange Sicht gefährdet. Dessen müssen sich die Politiker bewusst sein.

I & F Was bedeutet die Geldschwemme der EZB konkret für Ihr tägliches Geschäft?

Die hohe Liquidität und die im historischen Vergleich extrem niedrigen Zinsen haben Auswirkungen auf beide Seiten der Bilanz. Zum einen ist das Zinsniveau, auch vor dem Hintergrund mangelnder Anlagealternativen, ein enormer Investitionsanreiz, da Immobilienkunden sehr günstig finanzieren können. Mit Blick auf die Wohnungsmärkte warne ich jedoch vor möglichen künftigen Risiken, auch wenn die Aareal Bank dieses Geschäft nicht betreibt. Die günstigen Zinsen verleiten zu eventuell zu hohen Investitionen durch die Häuslebauer und zu Tilgungsraten, die nicht hoch genug sind. In zehn Jahren wird die Zinslandschaft definitiv eine andere sein, eine steigende Anzahl von Privatinsolvenzen könnte die Folge sein. Das muss heute bei den Finanzierungen berücksichtigt werden. Auch die vorzeitige Ablösung von Krediten, die auch wir in der jüngeren Vergangenheit in verstärktem Maße gesehen haben, ist eine Folge der überreichlich vorhandenen Liquidität.

Eine weitere Konsequenz hatte ich schon erwähnt: Die Liquidität führt sowohl auf den Wohnungs- als auch den Gewerbeimmobilienmärkten zu steigenden Preisen. Den Transaktionsvolumina tut das keinen Abbruch. Im Gegenteil. Sie steigen weiter. Im Gewerbebereich wurden Marktschätzungen zufolge weltweit im vergangenen Jahr etwa 700 Milliarden Euro umgesetzt. Solche Zahlen gab es zuletzt 2006. Die größten Anstiege des Volumens gab es dabei in Europa und Nordamerika. Für international ausgerichtete Immobilienfinanzierer wie die Aareal Bank bringt dies natürlich eine Fülle potenzieller Geschäftschancen mit sich - um die allerdings wieder wesentlich mehr Anbieter konkurrieren als das noch vor ein paar Jahren der Fall gewesen ist.

Auf der Passivseite ist die offensichtlich positive Auswirkung der allgemeinen Zinsentwicklung, dass die Refinanzierung in den vergangenen Jahren tendenziell immer günstiger geworden ist. Doch ungetrübt ist die Freude darüber keineswegs: Die Eingriffe der EZB in den Pfandbriefmarkt sorgen nun für stark fallende Spreads - was der Attraktivität der Emissionen aus Investorensicht nicht gut tut.

Eine weitere Konsequenz bleibt bisher weitgehend unbeachtet: Insgesamt muss man feststellen, dass die Immobilienmärkte und die Immobilieninvestments zurzeit kaum noch von Fundamentaldaten abhängen. Das kann auf Dauer so nicht bleiben.

I & F Ist die Wettbewerbsintensität in der Immobilienfinanzierung höher als früher?

Auf jeden Fall. Die Anzahl der Anbieter hat spürbar zugenommen und es sind nicht nur Banken, die den Wettbewerb anheizen. Vor allem angelsächsische und asiatische Staatsfonds, aber auch Debtfonds und Versicherer investieren mit wachsendem Appetit in Immobilien. Gerade Versicherungsunternehmen können die Langfristigkeit gut darstellen, denn auch Lebensversicherungsverträge, über die die Einnahmen ins Haus kommen, sind mit langen Laufzeiten ausgestattet.

Mit Blick auf den deutschen Markt ist zudem festzustellen, dass sich viele unserer klassischen Wettbewerber von ihrem internationalen Geschäft verabschiedet haben und sich nur noch auf Deutschland konzentrieren. Auch Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken widmen sich verstärkt der Immobilienfinanzierung in Deutschland, um ihre Liquidität unterzubringen. Die Folge: Kaum ein Markt ist so umkämpft wie der heimische und die Margen sinken - weswegen wir hier eher zurückhaltend unterwegs sind.

I & F Sind die neuen Spieler wie Versicherungen oder Debtfonds Wettbewerber, Partner oder beides?

Beides. Oft sind sie ein wirklich ernst zu nehmender Konkurrent. Daneben kann eine Immobilienbank mit diesen neuen Spielern großvolumige Finanzierungen in Form von Syndizierungen oder Clubdeals zur Verfügung stellen. So kann das Risiko auf mehrere Schultern verteilt werden.

I & F Steigende Preise, höherer Wettbewerb - steigen dadurch nicht auch die Risiken, drohen Blasen?

Die von diesen Investoren gesuchten Core-Immobilien in Großstädten gibt es nur in überschaubarer Anzahl. Wollen trotzdem viele Anbieter gleichzeitig ihr Geschäft ausweiten, heißt das zwangsläufig, dass die Risikoneigung zunimmt. Das zeigt sich zum einen an den Kaufpreisen, die selbst dann noch bereitwillig bezahlt - und finanziert - werden, wenn sie sich in einzelnen Fällen bereits erkennbar von den Fundamentaldaten abgekoppelt haben. Zum anderen nehmen Investitionen in Randlagen der Ballungszentren und in B-Städten ebenso zu wie Projektentwicklungen. En vogue sind derzeit auch wieder Immobilieninvestments in Spanien und Italien. Ob diese Entwicklungen noch gesund sind, darf durchaus hinterfragt werden.

I & F Wie beurteilen Sie die steigenden Beleihungsausläufe?

Erstens sehe ich hier kein branchenweites Phänomen. Zweitens gibt es noch keinen Grund zur Sorge, da die Kunden bei vielen Transaktionen daran interessiert sind, angesichts des allgemeinen Anlagenotstands einen hohen Eigenkapitalanteil mitzubringen.

I & F Haben klassische Immobilienbanken wie die Aareal Bank unter solchen Rahmenbedingungen noch eine Zukunft? Oder müssen sich Geschäftsmodelle ändern?

Ich bin fest davon überzeugt, dass das Bankensystem in Europa auch künftig noch sehr vielschichtig sein wird. Gute Chancen sehe ich einerseits für die breit aufgestellte, aber klar auf ihre jeweiligen Stärken fokussierte Universalbank, andererseits für Spezialanbieter wie uns. Es wird Sie nicht verwundern, dass ich für die Zukunft der Immobilienbanken sehr optimistisch bin. Solange es Menschen auf der Erde gibt, so lange braucht es Gebäude, in denen diese Menschen wohnen, arbeiten, einkaufen oder Dinge einlagern. Das ändert sich nicht. Zudem sind die Megatrends auf unserer Seite: Nachhaltigkeit, Mobilität, E-Commerce, Globalisierung. Auf die eine oder andere Weise treibt jeder von ihnen die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien.

Hinsichtlich Standorten, Design oder technischer Ausstattung der Gebäude werden indes immer wieder Anpassungen notwendig sein. Das verändert auch den Aufgabenbereich von Immobilienbanken: weg vom reinen Finanzierer hin zum ganzheitlichen Problemlöser über die gesamte Wertschöpfungskette des Immobilienkunden hinweg. Jeder unserer Mitarbeiter im Kundengeschäft muss mehr und mehr die ganzheitliche Perspektive einnehmen. Neben dem unerlässlichen lokalen Markt-Know-how zählen dazu volkswirtschaftliches Know-how, Kapitalmarkt-Know-how, immobilienspezifisches Know-how wie auch politische und regulatorische Fragestellungen. Das heißt zwangsläufig auch, dass die Stabsstellen, in denen dieses Wissen gebündelt ist, in den meisten Banken heute eine deutliche größere Bedeutung haben als früher.

I & F Gilt die beschriebene höhere Wettbewerbsintensität generell oder nur in bestimmten Ländern?

Hier muss man differenzieren. Eine sehr große Wettbewerbsintensität spüren wir in Deutschland, dem sicheren Hafen Europas. Und wie erwähnt nimmt der Wettbewerb auch in Spanien und Italien wieder zu. Dafür ist eine tendenzielle Zurückhaltung in der Türkei und in Osteuropa zu beobachten, aus nahe liegenden Gründen vor allem in der Ukraine und in Russland.

I & F Bislang haben sich die Immobilienmärkte von den geopolitischen Spannungen weitgehend abgekoppelt. Schlägt das jetzt um? Spielen geopolitische Risiken eine stärkere Rolle auch in der Immobilienfinanzierung?

Die geopolitischen Risiken haben seit der Mipim vor einem Jahr spürbar zugenommen, die Spannungen sind größer geworden. Der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland ist hier natürlich ein Thema. Vor einigen Jahren haben Sie auf der Mipim sehr viel Russisch gehört. Das ist heute nicht mehr so. Der russische Markt ist erst einmal weggebrochen. Der gesamte Nahe Osten ist ebenfalls schwierig. Und im Falle der Türkei ist schwer einzuschätzen, wohin das Land steuert. Insgesamt sind diese zunehmenden Risiken schon spürbar, wenn auch noch nicht in Preisen und Renditen, aber in Form von wegbrechenden Märkten.

Grundsätzlich hängt die gewerbliche Immobilienfinanzierung sehr stark von den Erwartungen an die Entwicklung der individuellen Volkswirtschaft ab. Bei einer prosperierenden Entwicklung braucht es beispielsweise mehr Büroraum, höhere Einkommen beflügeln das Kaufverhalten und damit den Handel. Wenn die geopolitischen Risiken auf die Konjunktur der direkt und indirekt betroffenen Länder durchschlagen, hat das direkte Auswirkungen auf die Immobilienfinanzierung.

I & F Gilt das auch für die Kernmärkte in Europa?

In Teilen sicherlich ja, aber in Europa liegt das eigentliche Problem woanders. Mir fehlt eine klare Wachstumsstrategie für Europa. Das Wachstum ist viel zu niedrig und zwischen den Ländern auch noch höchst unterschiedlich. Der demografischen Herausforderung, der vor allem in einigen südeuropäischen Ländern unerträglich hohen Arbeitslosigkeit und vor allem die Perspektivlosigkeit der jüngeren Generation, die damit einhergeht, ist so nicht beizukommen. Die Zeit drängt, denn wo Visionen und Perspektiven fehlen, da ist ein guter Nährboden für Radikalisierung und antieuropäische Stimmungen.

Bisher ist es den europäischen Regierungen nur gelungen, Zeit zu kaufen. Ein gleichermaßen attraktives wie realistisches Bild davon, wie Europa als Staatsgebilde künftig aussehen soll, hat aber noch niemand entworfen. Meiner Meinung nach führt an den Vereinigten Staaten von Europa kein Weg vorbei - schon allein, weil eine gemeinsame Währung mit nach wie vor nationaler Souveränität auf Dauer nicht zusammenpasst.

I & F Sie haben die Demografie angesprochen - gibt es hier Antworten?

Die demografische Entwicklung ist sicherlich eine der größten Herausforderungen, die vor uns liegen. Aus Sicht der Immobilienwirtschaft gibt es mehrere Aspekte zu berücksichtigen: Da ist zum einen die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, an der gearbeitet werden muss - in den Unternehmen selbst, aber auch in den gewerblichen Objekten, in denen die Menschen einen Großteil ihrer Lebenszeit verbringen. Hier werden wir neue Konzepte sehen. Zum anderen werden Städte, vor allem in den sich entwickelnden Volkswirtschaften, tendenziell immer größer. Trotzdem müssen die Attraktivität und die Lebensqualität hoch bleiben, es muss Raum zum Leben und Erholen vorhanden sein. Daran schließt sich unmittelbar die Modernisierung im Immobilienbestand an. Nicht nur die Objekte selbst, ganze Stadtteile müssen sich verändern und mit den Flächen muss anders umgegangen werden. Hierzu zählen auch die Versorgung mit Energie und eine funktionierende verkehrstechnische Infrastruktur. Drittes Thema ist die zunehmende Ausdifferenzierung der Standorte. Wo keine Arbeitsplätze vorhanden sind, veröden die Städte und Dörfer. Hier fehlt der politische Mut für einen klaren Abbauplan oder eben für Investitionsanreize, um neue Arbeitsplätze zu schaffen.

I & F Wie sehr belasten Sie die steigenden regulatorischen Vorgaben?

Seit November vergangenen Jahres sind die Banken in einer neuen Welt angekommen. Ich halte den Schritt einer einheitlichen europäischen Aufsicht und einer Bankenunion mit Blick auf ein vereintes Europa für notwendig und absolut richtig. Problematisch ist jedoch die enorm hohe Komplexität durch die Fülle an Vorschriften. Das führt jetzt schon zu steigenden Kosten in den betroffenen Häusern. Und in den kommenden Jahren müssen noch hohe Investitionen in die IT-Landschaft folgen, um die Anforderungen an das Dokumentations- und Meldewesen bewältigen zu können. Allein um die Anforderungen der SREP-Leitlinie, des neuen Überprüfungs- und Überwachungsprozesses, erfüllen zu können, müssen Banken künftig tagesaktuell melden können. Erschwerend kommt derzeit noch hinzu, dass die Schnittstellen zwischen der EZB, der EBA und den nationalen Aufsichtsbehörden - in Deutschland Bundesbank und BaFin - nach so kurzer Zeit natürlich noch nicht reibungslos funktionieren können.

I & F Wie halten Sie es bei der Kommunikation mit den europäischen Behörden - englisch oder deutsch?

Die schriftliche Kommunikation läuft bilingual, also auf Deutsch und Englisch. Meetings mit den Mitarbeitern der Aufsichtsbehörden finden dagegen auf Englisch statt.

I & F Das Neugeschäft der Aareal Bank lag in den vergangenen Jahren bei rund 10 Milliarden Euro. Ist das unter diesen Rahmenbedingungen noch möglich?

Grundsätzlich ja - wenn man das Geschäft richtig betreibt, das heißt risikobewusst und nachhaltig. Die Aareal Bank ist mit ihrer Drei-Kontinente-Strategie und dem Fokus auf die attraktivsten Kategorien von Gewerbeimmobilien von allen direkten Wettbewerbern am besten und breitesten aufgestellt. Von dieser Diversifizierung nach Regionen, aber auch nach Objekten profitieren wir. So können unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklungen ausgeglichen werden. Im vergangenen Jahr lag der Investitionsschwerpunkt beispielsweise auf Frankreich, vor allem Paris, auf Großbritannien, den USA und Deutschland. In anderen Ländern haben wir uns dagegen stark zurückgehalten. Um heute erfolgreich zu sein, müssen Organisationen hochgradig flexibel sein, auch in der Portfoliosteuerung. Das ist die neue Normalität.

I & F Zählt zu dieser neuen Normalität auch das Thema "manage to core" - denn die Top-Objekte in den Top-Lagen zu guten Preisen sind rar, wie Sie erwähnt haben?

Die Finanzierung der Erweiterung eines gut gehenden Hotels oder das Refurbishment einer Büroimmobilie in einer attraktiven Stadt, an einem guten Standort mit einem positiven Immobilienzyklus sind sicherlich Dinge, über die man reden kann. Dabei bleiben wir aber immer bei unserer klaren Fokussierung. Weder wird die Aareal Bank wieder in das Bauträgergeschäft einsteigen, noch über das flache Land ziehen oder die breite Wohnimmobilienfinanzierung starten.

I & F Braucht die erfolgreiche Immobilienbank der Zukunft eine gewisse Mindestgröße?

Die regulatorischen Anforderungen führen zu hoher Komplexität und zu erheblichen Investitionen in Personal, die Verbesserung der Abläufe und der IT, die eine bestimmt kritische Größe erfordern. Das gilt nicht nur für Immobilienbanken, sondern für die ganze Kreditwirtschaft. Das wird zu Veränderungen in der Bankenlandschaft führen, die Konsolidierung wird weiter voranschreiten.

I & F 2015, das heißt auch 10 Jahre Wolf Schumacher an der Spitze der Aareal Bank. Sie haben die Bank zum 1. April 2005 als Restrukturierungsfall übernommen und sind heute einer der erfolgreichsten Immobilienfinanzierer. Wie stolz macht Sie das?

Wir können bei der Aareal Bank alle miteinander sehr stolz und sehr zufrieden damit sein, was wir in diesen zehn Jahren geleistet haben. Wir sind mit einem hervorragenden Team durch die verschiedensten Etappen der Unternehmensgeschichte gegangen - und haben sie allesamt erfolgreich bewältigt: Bei meinem Amtsantritt war die Aareal Bank ein Sanierungsfall mit rund 90 Millionen Euro Verlust. Wir haben dann die komplette Organisation neu ausgerichtet, mit der klaren Fokussierung auf zwei Standbeine. Als wir damit gerade durch waren, kam die Subprime- und Finanzkrise, die wir als eine der wenigen Banken gemeistert haben, ohne auch nur ein einziges Mal rote Zahlen zu schreiben. Heute ist die Aareal Bank ein kerngesundes Institut, nachhaltig profitabel, sehr solide kapitalisiert und bestens aufgestellt für die Herausforderungen der Zukunft. Das macht mich stolz, denn ich fühle mich mehr als Familienunternehmer denn als Manager und möchte einen Beitrag zum dauerhaften Erfolg dieses Hauses leisten.

I & F Sind Sie gerne Banker?

Ich bin gerne Unternehmer.

Zur Person Dr. Wolf Schumacher Vorsitzender des Vorstands, Aareal Bank AG, Wiesbaden
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