Geschäftsentwicklung der 972 Kreditgenossenschaften im Berichtsjahr 2016

Quelle: BVR

49 Fusionen im Berichtsjahr - kontinuierlicher Rückgang der Bankstellen - Erweiterung der digitalen Funktionen der Banking-App - Einlagenüberhang von rund 100 Mrd. Euro - minus 3,5% beim Zinsüberschuss - Provisionsüberschuss konstant - Kostenbelastung durch regulatorische Vorgaben - Bewertungsergebnis im Kreditgeschäft immer noch vergleichsweise niedrig - Kernkapitalquote bei 14,5% -Wachstumsraten im Kreditgeschäft von 4,5% und bei den Einlagen von 4,8% - deutliche Steigerung der Marktanteile seit der Finanzkrise.

Dass die Zahl der Volks- und Raiffeisenbanken im Berichtsjahr 2016 deutlich zurückgehen und unter der Marke von 1000 Instituten liegen würde, hatte der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) mit Blick auf laufende Sondierungsgespräche zwischen Mitgliedsinstituten im Verlauf des vergangenen Jahres gleich mehrfach angedeutet. Zum Stichtag zählte der Spitzenverband dann 972 Primärinstitute nach 1 021 im Vorjahr. Im längerfristigen Rückblick fällt 2016 mit einem Minus von 49 Instituten damit allerdings keineswegs aus dem Rahmen. Nach der deutschen Wiedervereinigung in den Jahren 1990 bis 2004 beispielsweise waren die Fusionsaktivitäten über weit mehr als ein Jahrzehnt permanent stärker. Und auch in den zwei Jahrzehnten zuvor lag die Zahl der Zusammenschlüsse in der alten Bundesrepublik in schöner Regelmäßigkeit oft weit über 100 und teils auch schon mal über 200 Fällen. Insofern war das Berichtsjahr 2016 für die Ortsbanken der deutschen Genossenschaftsorganisation zumindest an der reinen Zahl der Fusionen gemessen nicht außergewöhnlich prägend.

Mit der mittlerweile in den dreistelligen Bereich gerückten Anzahl an Kreditgenossenschaften fühlt man sich gleichwohl ein wenig in die Zeiten der Diskussion um die optimale Institutsgröße zurückversetzt, die vor einigen Jahrzehnten beide großen Verbundorganisationen bewegte. War es im Sparkassensektor eine Bilanzsumme von mindestens 3 Millionen DM, die seinerzeit als überlebenswichtig angesehen wurde, gab im Genossenschaftssektor die Überlegung "ein Markt - eine Bank" die Diskussionsrichtung vor. 880 Volks- und Raiffeisenbanken war damals eine Zahl, die zur flächendeckenden Abdeckung Deutschlands als realistisch angesehen wurde. Unter dem Eindruck der Digitalisierung und damit nach schnellerem Wandel der Kundenbedürfnisse kommen die heutigen Dimensionen diesen Vorstellungen nahe. Sowohl die Zahl der Volksbanken als auch deren Bankstellen können im Zeitalter des Internet dank technischer Fortentwicklungen zurückgeführt werden, ohne den Kunden einen Verzicht auf Service und Beratung abverlangen zu müssen. So ist die Zahl der genossenschaftlichen Bankstellen von 20 822 im Jahr 1991 auf 11 787 zum Stichtag 2016 ganz kontinuierlich rückläufig.

Die Volumina indes konnten in diesen 25 Jahren ebenso wie die Zahl der Mitglieder enorm gesteigert werden. Lag die Bilanzsumme der seinerzeit 3 145 genossenschaftlichen Primärinstituten laut Verbandsstatistik im Jahr 1991 noch bei 321,939 Mrd. Euro, stehen per Dezember 2016 rund 851,211 Mrd. Euro zu Buche, ein Plus von gut 164%. Mit Blick auf die Bilanzstruktur verzeichnen die genossenschaftlichen Ortsbanken traditionell einen Einlagenüberhang. Zum Stichtag 2016 werden 637,177 Mrd. Euro an Kundeneinlagen ausgewiesen und 527,807 Mrd. Euro an Kundenkrediten. Daraus errechnet sich ein Anteil der Kundeneinlagen in Prozent der Kundenkredite von 120,72%. Zum Vergleich: im Jahre 1991 betrug dieser Quotient 138,39% und zum Stichtag 2004 waren es 118,66%. Absolut kontinuierlich konnte seit dem Jahr 1970 auch eine Steigerung der Mitgliederzahlen erreicht werden, von 6,19 Millionen auf 11,717 Millionen nach der Wiedervereinigung im Jahr 1990 bis hin zu den 18,44 Millionen Ende 2016.

Der Blick auf die Ertragsrechnung der genossenschaftlichen Ortsbanken zeigt angesichts der negativen Effekte der weltweit vorherrschenden Niedrigzinspolitik der Notenbanken einschließlich der EZB - wie schon in den vorangegangenen Jahren - einen Druck auf das Zinsergebnis. Bisher ist es den Volks- und Raiffeisenbanken allerdings vergleichsweise gut gelungen, diese Belastungen durch Volumensausweitungen im Kundengeschäft zu kompensieren. Im Jahre 2016, so räumt der BVR ein, gilt das für den Zinsüberschuss nur noch teilweise. So sanken die Zinserträge trotz kräftigen Kreditwachstums um knapp 1,6 Milliarden Euro, während die Zinsaufwendungen um rund 1 Mrd. Euro rückläufig waren. Der Zinsüberschuss fiel mit 16,471 (17,077) Mrd. Euro rund 3,5% niedriger aus als im Vorjahr, stand damit aber durchaus im Einklang mit den Planungsrechnungen der Institute.

Der Provisionsüberschuss als weitere Erlösquelle blieb in absoluten Zahlen mit 4,575 (4,563) Mrd. Euro nahezu konstant. Die Provisionserlöse speisen sich vor allem aus dem Zahlungsverkehr mit 1,98 Mrd. Euro und dem Vermittlungsgeschäft mit den Unternehmen der genossenschaftlichen Finanzgruppe mit 1,9 Mrd. Euro, wovon die Hälfte der Erträge aus dem Wertpapier- und Fondsgeschäft stammen. Auch wenn der Provisionsüberschuss in den vergangenen Jahren tendenziell gestiegen ist, kann er damit die Rückgänge beim Zinsüberschuss nicht annähernd kompensieren. Am Rohertrag, also der Summe aus Zins- und Provisionsüberschuss, gemessen beträgt der Anteil des Zinsüberschusses aller Volks- und Raiffeisenbanken gut 78,26% und der Anteil des Provisionsüberschusses folglich knapp 21,74%.

Im Berichtsjahr reduzierten die Kreditgenossenschaften ihre allgemeinen Verwaltungsaufwendungen um 0,8% auf 14,392 (14,505) Mrd. Euro. Dass dabei die Personalaufwendungen um rund 1,1% auf 8,652 (8,752) Mrd. Euro zurückgeführt werden konnten, führt der BVR insbesondere auf die seit 2016 geltende Neuregelung bei der Berechnung der Pensionsrückstellungen zurück. Die anderen Verwaltungsaufwendungen konnten 2016 leicht gesenkt werden und belaufen sich auf 5,74 (5,753) Mrd. Euro. Mit der Arbeit der Ortsbanken an Effizienzsteigerungen zeigt sich der Verband dabei zufrieden.

Erschwert sieht er freilich einen deutlichen Abbau der Sachkosten durch viele regulatorische Anforderungen und Abgaben, die zu steigenden Kosten in den Banken geführt haben. Allein die europäische Bankenabgabe, so der Hinweis an dieser Stelle, schlägt mit rund 73 Mill. Euro zu Buche, die hierzulande steuersystematisch - sehr zum Leidwesen aller Bankengruppen - weiterhin keine Betriebsausgabe darstellt.

Das Betriebsergebnis vor Bewertung sank um 3,9% auf 6,987 (7,273) Mrd. Euro. Das Betriebsergebnis nach Bewertung, in dem bereits eine Zuführung zu den Vorsorgereserven nach § 340 f HGB in Höhe von 85 Mill. Euro verarbeitet ist, reduzierte sich ebenfalls, und zwar um 4,8% auf insgesamt rund 6,5 Mrd. Euro. Der Saldo der anderen und der außerordentlichen Erträge und Aufwendungen lag bei 300 Mill. Euro. Der vorläufige Jahresüberschuss vor Steuern steigt damit um 2,2% auf 6,816 (6,671) Mrd. Euro. Die gezahlten Steuern vom Einkommen und vom Ertrag werden vom BVR auf 2,163 (2,105) Mrd. Euro beziffert. Dem Fonds für allgemeine Bankrisiken haben die Banken voraussichtlich knapp 3 Mrd. Euro zugeführt (nach 3,212 Mrd. Euro im Vorjahr). Nach Steuern verbleibt damit ein Jahresüberschuss von 1,658 (1,354) Mrd. Euro. Das der Vorjahresüberschuss deutlich geringer ausgewiesen wird als es ursprünglich bei der Vorlage der Zahlen im März 2016 veröffentlicht wurde, liegt an der Aufstockung des Fonds für allgemeine Bankrisiken. Letzterem flossen damit fast 1 Mrd. Euro mehr zu als zunächst prognostiziert worden war.

Im Jahr 2016 wiesen die Genossenschaftsbanken nach vorläufigen Zahlen des BVR ein Bewertungsergebnis von insgesamt minus 504 (466) Mill. Euro aus. Ein Blick auf Einzelpositionen zeigt im Wertpapierbereich eine Risikovorsorge von rund minus 166 Mill. Euro und damit deutlich weniger als im Vorjahr (minus 699 Mill. Euro). In den letzten Jahren, so die Erläuterung des BVR, hatten Kreditgenossenschaften vor dem Hintergrund der Niedrigzinsphase verstärkt höher verzinste Wertpapiere über dem Nennwert gekauft, von denen ein Großteil 2015 abgeschrieben wurde. Aufgrund des massiven Anleihekaufprogramms der Europäischen Zentralbank sind für die Institute solche Papiere inzwischen jedoch kaum noch am Markt verfügbar. Mit dem geringeren Umfang dieser Geschäfte ging der Abschreibungsbedarf beziehungsweise die Abschreibungsmöglichkeit 2016 zurück.

Das Bewertungsergebnis im Kreditgeschäft erhöhte sich 2016 auf minus 253 Mill. Euro. Es liegt damit an den langfristigen Zahlen gemessen immer noch niedrig und spiegelt die günstige konjunkturelle Lage bei guter Beschäftigungssituation wider. Die deutlichen Zuschreibungen im Jahr 2015 in Höhe von 220 Mill. Euro resultierten laut BVR daraus, dass in Vorjahren gebildete Wertberichtigungen aufgrund nicht eingetretener Risiken aufgelöst wurden. Ihre konservative Bilanzierungspraxis führten die Kreditgenossenschaften 2016 fort und bildeten unter anderem Vorsorgereserven nach § 340f HGB in Höhe von knapp 85 Mill. Euro.

Den BVR-Zahlen nach ist es den Kreditgenossenschaften im Jahresverlauf 2016 gelungen, das bilanzielle Eigenkapital um 4,5% auf 48,4 Mill. Euro zu erhöhen. Dabei stiegen die Rücklagen um 4,5% auf 36,7 Mrd. Euro. Die eingezahlten Geschäftsguthaben (gezeichnetes Kapital) nahmen um 4,3% auf 11,7 Mrd. Euro zu. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Eigenkapitalquote, berechnet als bilanzielles Eigenkapital im Verhältnis zur Bilanzsumme, auf 5,7% leicht an.

Der Blick auf die regulatorische Eigenkapitalausstattung liefert ein ähnliches Bild: Die Volks- und Raiffeisenbanken erhöhten 2016 ihr Kernkapital um 4,5 Mrd. Euro auf 67,4 Mrd. Euro. Gleichzeitig reduzierte sich das Ergänzungskapital durch die Übergangsregelungen gemäß der Capital Requirements Regulation (CRR) um 1,0 Mrd. Euro auf 14,8 Mrd. Euro. Die Kernkapitalquote stieg um 0,4 Prozentpunkte auf 14,5%. Die Gesamtkennziffer gemäß CRR beträgt nun 17,7%.

Schließt man bei Betrachtung des Kernkapitals die (stillen) § 340f-HGB-Reserven mit ein, liegt das Kernkapital der Kreditgenossenschaften rund 13 Mrd. Euro höher. Die harte Kernkapitalquote inklusive der § 340f-HGB-Reserven lag bei den Primärbanken den BVR-Angaben zufolge bei 17,3% und damit 0,3 Prozentpunkte über dem Vorjahreswert. Besonders betont wird vonseiten des Verbandes, dass die Genossenschaftsbanken allein in den letzten fünf Jahren aus eigener Kraft 22,5 Mrd. Euro an Eigenkapital aufgebaut haben.

Das Wachstum der Kreditbestände der Volks- und Raiffeisenbanken um 4,5% auf 527,81 Mrd. Euro, schreibt der BVR in hohem Maße einer robusten Konjunktur zu, die im Berichtsjahr besonders von einer kräftigen Binnennachfrage getragen wurde. Getrieben wurde das Wachstum nicht zuletzt von einer guten Entwicklung im Privatkundenbereich, insbesondere in der Immobilienfinanzierung. Entsprechend wuchs bei den Kreditgenossenschaften der Bestand an Privatkundenkrediten im Inland um 4,1% auf 274 Mrd. Euro, wobei Immobilienkredite rund vier Fünftel ausmachen. Der Marktanteil bei Privatkunden insgesamt verbesserte sich laut BVR leicht auf 23,9%. Im Firmenkundenbereich (inländische Kredite an nichtfinanzielle Unternehmen und Selbstständige) wuchsen die Kreditbestände um 4,7% auf 230 Mrd. Euro und der Marktanteil stieg um einen halben Prozentpunkt auf 19%. Überdurchschnittliche Zuwächse werden für den Berichtszeitraum insbesondere für die Kredite an Dienstleister gemeldet, die über die Hälfte der Firmenkundenkredite umfassen. Ihr Zuwachs wird auf 7% beziffert, die Ausrichtung des Geschäftsfeldes gilt als eher binnenwirtschaftlich.

Das Einlagengeschäft der Genossenschaftsbanken zeigt ebenfalls ein deutliches Wachstum um 4,8%. Im Umfeld der Niedrigzinsphase setzt sich dabei die Entwicklung zu kurzlaufenden und liquiden Einlagen verstärkt fort, während länger laufende, weniger liquide Einlagen stark rückläufig sind. So legten die Sichtguthaben (täglich fällige Verbindlichkeiten) den Zahlen des BVR nach im Berichtsjahr um 9,6% auf gut 395 Mrd. Euro deutlich zu. Termineinlagen (47,5 nach 50,9 Mrd. Euro), Spareinlagen (187,1 nach 187,5 Mrd. Euro) und Sparbriefe (7,2 nach 8 Mrd. Euro) waren hingegen weniger gefragt. Der Marktanteil im Einlagengeschäft verbesserte sich laut BVR auf 18%. Damit ist es den genossenschaftlichen Banken auch im Berichtsjahr 2016 gelungen, ihr vergleichsweise kräftiges Kreditwachstum durch eine Erhöhung der Kundeneinlagen vollständig zu refinanzieren. Und mit einem Einlagenüberhang von etwas mehr als 100 Milliarden Euro bleiben die Institute auch weitgehend unabhängig von der mittel- und langfristigen Refinanzierung am Geld- und Kapitalmarkt. Aber in Zeiten eines Zinsaufwandes für die kurzfristige Anlage von Geldern bei der EZB kann das auch eine Belastung darstellen.

Beim Rückblick auf die Entwicklung der Marktanteile seit Ausbruch der Finanzkrise sehen die Volks- und Raiffeisenbanken ihre Marktanteile in allen Kategorien des Kundengeschäfts stetig gestärkt, im Kreditgeschäft um insgesamt 3,6 Prozentpunkte auf besagte 19% und im Einlagengeschäft um insgesamt 2 Prozentpunkte auf besagte 18%. Parallel zum Wachstum des bilanziellen Geschäfts wird auch das Verbundgeschäft als ausgesprochen dynamisch eingestuft. Die ganz großen Zuwächse beim Provisionsgeschäft beschert diese Entwicklung freilich noch nicht.

In der in allen Bankengruppen geführten Diskussion über die richtige Ausrichtung der Vertriebsaktivitäten setzt die genossenschaftliche Bankengruppe vor Ort weiterhin auf den bereits eingeläuteten Umbau von der auf die Filiale ausgerichteten Genossenschaftsbank hin zu einer Omnikanalbank. Unter dieser Zielvorstellung soll die Filiale weiterhin der zentrale Standort für qualifizierte Beratung bleiben. Digitale Zugangswege - je nach Kundenpräferenz auch ausschließlich digitale - sollen aber gleichberechtigt daneben stehen. Dass die neuen technischen Möglichkeiten rasant das Kundenverhalten ändern können, was wiederum Anpassungen auf allen Ebenen der Bank notwendig macht will die Gruppe dabei im Auge behalten.

Schon heute kommen aktuellen Erhebungen nach ihre Kunden für einfache Dienstleistungen deutlich seltener als früher in die Filiale. Dennoch suchen diesen Zahlen nach zirka 80 Prozent der Kunden wenigstens einmal im Jahr ihre Bank auf. Etwa zwei Drittel der Filialbesucher haben sogar mindestens einmal pro Quartal einen persönlichen Kontakt zu einem Mitarbeiter in der Filiale. Gleichzeitig registiert der Verband bei den Kunden aber den Wunsch nach einem stärkeren Leistungsumfang bei den digitalen Zugangswegen. Eine Reaktion darauf ist unter anderem der Ausbau der Funktionalitäten der VR-Banking-App um Funktionen wie: "scan to bank", also "Rechnung scannen und Überweisung abschicken" oder "Geld senden und empfangen", von Smartphone zu Smartphone.

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