Der Gesetzentwurf zu einem neuen Geldwäschegesetz - ein erneuter Vorstoß zur Bargeldbeschränkung

Prof. Dr. Dirk Meyer, Institut für Volkswirtschaftslehre,
Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg
Foto: HSU (Schröder)

Prof. Dr. Dirk Meyer, Institut für Volkswirtschaftslehre, Lehrstuhl für Ordnungsökonomik, Helmut-Schmidt-Universität, Universität der Bundeswehr Hamburg - Ob in Deutschland von der bis Mitte dieses Jahres anstehenden Umsetzung der vierten EU-Geldwäscherichtlinie die erhofften Wirkungen ausgehen, zieht der Autor zumindest mit Blick auf die absehbare Beschränkung der Bargeldnutzung in Zweifel. Anhand der Auswertung des im Februar vorgelegten Gesetzesentwurfs der Bundesregierung erwartet er für die Finanzbranche eine erhebliche Ausweitung der Regulierungsanforderungen und eine De-facto-Beschränkung des Bargeldverkehrs. Vonseiten der Täter befürchtet er eine Verlagerung auf elektronische Varianten der Geldwäsche, die wiederum Gegenreaktionen der Finanzbranche erfordern. Insbesondere den Kreditinstituten, aber auch bargeldintensiven Dienstleistern und Händlern legt er nahe, rechtzeitig besonderes IT-Wissen sowie Know-how in Recht und buchhalterischen Abläufen aufzubauen. (Red.)

Bargeld hat in Deutschland trotz verschiedener elektronischer Zahlungsmedien (Kredit-/Geldkarte) immer noch eine bedeutende Funktion. 78 Prozent aller Einkäufe, entsprechend etwa 50 Prozent des Umsatzes, werden über Barzahlungen abgewickelt. Die jederzeit (noch) einsetzbare Liquidität macht flexibel, gibt sofortige Übersicht und Kontrolle der ausgegebenen (und nicht ausgegebenen) Euro, sichert die Anonymität des Zahlungsvorganges und erspart neuerdings auch den vereinzelt erhobenen Negativzins auf Geldkonten. Zudem sind "auf Euro lautende Banknoten ... das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel" (§ 14 Abs. 1 Bundesbankgesetz).

Umsetzung der vierten EU-Geldwäscherichtlinie

Doch mit den Argumenten Steuerhinterziehung (Schattenarbeit, Ohne-Rechnung-Geschäfte), Drogenhandel, Hehlerei, Terrorismusfinanzierung, Korruption und Falschgeld behindern staatliche Bargeldbeschränkungen in unterschiedlicher Form dessen Verwendung. Die Abschaffung der 500-Euro-Banknote ist beschlossen. Aus dem Bundesfinanzministerium (BMF) dringt der Vorstoß, Bargeldzahlungen in Deutschland auf 5 000 Euro zu begrenzen. In Frankreich (1 000 Euro), Italien (3 000 Euro), Österreich (de facto 500 Euro bei Bauleistungen), Portugal, Griechenland, Spanien und Belgien gibt es bereits nationale Beschränkungen. Weitere Restriktionen gebietet das Geldwäschegesetz (GwG).1)

In der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt blieben die Vierte EU-Geldwäscherichtlinie (Richtlinie (EU) 2015/849) und die EU-Verordnung über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers (Verordnung (EU) 2015/847) vom 20. Mai 2015. Deren Umsetzungen in deutsches Recht wird in einem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 22. Februar 2017 vorbereitet und muss bis zum 26. Juni 2017 erfolgt sein.2) Während eine EU-Verordnung den Mitgliedsstaaten keinerlei Spielräume bei der Umsetzung lässt, weist eine EU-Richtlinie lediglich Mindestnormen auf, die in den national-gesetzlichen Regelungen Abweichungen ermöglichen. Anlass einer Novellierung war der Umstand, dass die europäischen Regelungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung an die auf OECD-Ebene überarbeiteten Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF) aus dem Jahr 2012 angepasst werden mussten. Die Aufnahme darüber hinausgehender Regulierungen sowie Übernahmen aus dem Kreditwesengesetz werden zu einer völligen Neufassung des GwG führen. Schon der Umfang von 59 gegenüber den derzeit 17 Paragraphen lässt die erweiterten Regulierungsanstrengungen erahnen. Was sind die Änderungen im Einzelnen?

Stärkere Regulierung von Bargeschäften: Die offensichtlichste Änderung besteht in einer Absenkung der Meldepflicht für Bargeschäfte (Art. 1 § 10 Abs. 6 GwG-Entw.). Barzahlungen im Geschäftsverkehr ab 10 000 Euro (bisher 15 000 Euro) werden künftig gesondert erfasst. Der Gebrauchtwagenkauf, die Handwerksrechnung können nur bis zu dieser Höhe in bar ohne Erfassung geleistet werden. Eine Stückelung der Zahlung entbindet nicht von den Pflichten. Kredit-/Finanzinstitute, Güterhändler und andere Dienstleister müssen besondere' geldwäscherechtliche Sorgfaltspflichten erfüllen. Parallel hierzu wird die Anzeigepflicht für die grenzüberschreitende Verbringung von Barmitteln auf 10 000 Euro angepasst. Eine mündliche Anzeige soll zukünftig nicht mehr genügen.

Erweiterung des Verpflichtetenkreises

Außerdem wird der Verpflichtetenkreis (Art. 1 § 2 GwG-Entw.) erweitert. Neu hinzu kommen Spielbanken, Online-Glücksspielanbieter sowie Spielhallen und Sportwettenanbieter in Spielstätten. Ausnahmen soll es für staatliche Lotterien geben. Aus dem Nichtfinanzsektor werden Notare, Rechtsanwälte und Immobilienmakler gesondert erwähnt. Eine wichtige Änderung besteht in dem erweiterten zu kontrollierenden Personenkreis. Zahlungsdienstleister müssen nicht nur den Auftraggeber erfassen, sondern auch Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten des Transfers (Art. 1 § 8 GwG-Entw.) machen und diese Angaben dem Transfer beifügen.3) Auch zwischengeschaltete Zahlungsdienstleister müssen zukünftig prüfen, ob entsprechende Angaben fehlen oder unvollständig sind. Generell soll diese Neuregelung verhindern, dass sich natürliche Personen hinter sogenannten Briefkastenfirmen verstecken können.

Bislang war die Identifizierung der Zahler anhand von Ausweisdokumenten bei physischer Anwesenheit notwendig. Der Entwurf schafft die Rechtsgrundlage für die Nutzung elektronischer Identifizierungsverfahren (Art. 1 § 13 ff. GwG-Entw.). Sie können anstelle des bisherigen Verfahrens eingesetzt werden, soweit sie ein gleichwertiges Sicherheitsniveau bieten. Um im grenzüberschreitenden Geldverkehr eingesetzt zu werden, müsste eine EU-weite Anerkennung des jeweils in einem Mitgliedsstaat angewandten Verfahrens gelten. Einerseits erleichtern elektronische Identifizierungsmittel den Vorgang und die kostengünstige Auswertung. Andererseits wird damit die Grundlage für die Ausweitung von Datenerfassungen und deren Zusammenführung geliefert.

Verschärfung der Sanktionen

Problematisch könnte die Vorgabe sein, den "Vertragspartner, gegebenenfalls für diese auftretende Personen und wirtschaftlich Berechtigte vor Begründung der Geschäftsbeziehung oder vor Durchführung der Transaktion zu identifizieren" (Art. 1 § 11 Abs. 1 GwG-Entw.). Dies betrifft insbesondere Maklerverträge, wo bei Immobiliengeschäften häufig eine Vielzahl von Interessenten einen (impliziten) Maklervertrag schließt, ohne dass es zum Hauptgeschäft kommt. Hierfür wurde im Entwurf eine Ausnahme ermöglicht. Allerdings wurde das "ernsthafte[s] Interesse an der Durchführung des Immobilienkaufvertrages" (Art. 1 § 11 Abs. 2 GwG-Entw.) nicht näher definiert, sodass eine gewisse Rechtsunsicherheit bleibt.4)

Um Doppelprüfungen und damit Kosten zu vermeiden, wäre ein Datenaustausch zwischen mehreren Verpflichteten sinnvoll. Dies sieht der Entwurf - möglicherweise aufgrund von Datenschutzbestimmungen - nicht vor. Auch wäre die Zulassung von externen, auf Geldwäsche spezialisierten Diensten überlegenswert, die gerade für kleinere Unternehmen eine Expertise und gegebenenfalls Kostenentlastung bieten würden, die so nicht gegeben ist. Eine staatliche Zulassung wäre vorauszusetzen, um die notwendige Qualifizierung nachzuweisen.

Zudem ist eine Verschärfung der Sanktionen (Art. 1 § 56 GwG-Entw.) vorgesehen, um die Einhaltung der Vorgaben zu gewährleisten. Bisher konnte die Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von höchstens Hunderttausend Euro belegt werden. Geplant ist eine Anhebung bis zu einer Million Euro oder das Zweifache des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils, für Kredit- und Finanzinstitute bis zu fünf Millionen Euro beziehungsweise zehn Prozent des Gesamtumsatzes.

Stärkung des risikobasierten Ansatzes des Geldwäscherechts: Während diese Verschärfungen an bereits bestehende Regelungen anknüpfen, kommen strukturelle Erweiterungen hinzu. Hierzu zählt eine Stärkung des risikobasierten Ansatzes des Geldwäscherechts (Art. 1 §§ 10 ff. GwG-Entw.). Bislang war eine Liste vordefinierter Situationen mit niedrigem oder erhöhtem Geldwäscherisiko ausreichend, nach denen relativ einfach eine Fallklassifikation mit abschließender Bewertung vorzunehmen war. So sind in dem derzeit geltenden § 5 f. GwG vereinfachte beziehungsweise verstärkte Sorgfaltspflichten bezüglich konkreter Fallbeschreibungen abschließend aufgezählt.5) Zukünftig muss jede Geschäftsbeziehung und Transaktion individuell auf das jeweilige Risiko in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung hin geprüft werden. Relevante Risikofaktoren werden in den Anhängen 1 und 2 zum neu gefassten GwG beispielhaft und nicht abschließend aufgelistet.6) Sie werden unterschieden in Faktoren bezüglich des Kundenrisikos, des Produkt-, Dienstleistungs-, Transaktions- oder Vertriebskanalrisikos und des geografischen Risikos.

Bewertung erst nach einer Gesamtbetrachtung

Eine Bewertung wird zukünftig jedoch erst nach einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Risikofaktoren möglich, was für die Kreditinstitute und Güterhandler mit erhöhtem Aufwand und dem Risiko einer bußgeldbelegten Fehlentscheidung verknüpft ist. Eindeutig werden nur einige Hochrisikosituationen definiert, so ein länderübergreifender Zahlungsverkehr und Kunden aus bestimmten Hochrisikoländern sowie politisch exponierte Personen (PePs). Bei den PePs geht es um die Verhinderung von Korruption. Zukünftig wird nicht mehr zwischen inländischen und ausländischen PePs unterschieden, sodass die inländischen PePs zukünftig ebenfalls automatisch verstärkte Sorgfaltspflichten auslösen.

Organisatorisch-institutionelle Neuerungen: Geplant ist die Einrichtung eines öffentlich zugänglichen, zentralen elektronischen Transparenzregisters (Art. 1 §§ 18 ff. GwG-Entw.). Hier sollen Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen des Privatrechts, eingetragenen Personengesellschaften, Trusts (treuhänderisches Vermögen) und trustähnlichen Rechtsgestaltungen erhoben werden. Hintergrund des Registers sind die "Panama Papers", mit denen vor etwa einem Jahr zahlreiche Finanzgeschäfte in Steueroasen und Briefkastenfirmen der Öffentlichkeit gegenüber aufgedeckt wurden. Solche Konstrukte, die häufig zum Zwecke der Steuerhinterziehung gewählt werden, sollen damit aus der Anonymität geholt werden. So heißt es in der Begründung zum Entwurf: "Diese Erhöhung der Transparenz soll dazu beitragen, den Missbrauch der genannten Vereinigungen und Rechtsgestaltungen vor allem zum Zweck der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verhindern."

Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen

Es soll als Portal dienen, von dem aus Dokumente aus anderen öffentlich zugänglichen elektronischen Registern abrufbar sein sollen. Der Zugang zu bestimmten Angaben aus dem Register ist je nach "berechtigtem Interesse"7) gestaffelt: (a) die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen und andere Behörden; (b) Unternehmen, die zum Verpflichtetenkreis zählen und entsprechende Sorgfaltspflichten einhalten müssen; (c) gegebenenfalls auch Personen und Organisationen wie Nichtregierungsorganisationen und Fachjournalisten. Im Rahmen der G20-Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer sowie in der OECD wird aktuell an einem einheitlichen Standard gearbeitet, um die nationalen Transparenzregister zukünftig auch international zu vernetzen.

Außerdem wird die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) (Art. 1 §§ 27 ff. GwG-Entw.) neu konzipiert und erweitert. Sie war bisher polizeilich ausgerichtet und dem Bundeskriminalamt im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern angegliedert. Fortan soll sie in die Generalzolldirektion als Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen überführt werden. Hier wird sie Filterfunktionen zur Entlastung der Strafverfolgungsbehörden wahrnehmen und als Informationssammel- sowie Koordinierungsstelle gegenüber anderen zuständigen inländischen Behörden bereitstehen. Ziel ist eine schnellere und punktgenauere Reaktion auf Verdachtsfälle. Zugleich soll die Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden der Länder verbessert werden. Hinzu kommt eine Koordination mit den europäischen Institutionen, speziell mit dem Geldwäschekomitee AMLC (Anti-Money Laundering Committee).

Führen strengere Regulierungen des Geldverkehrs zu weniger Kriminalität? So lautet eine der zentralen Fragen der GwG-Reform. Letztere wird mit dem Ziel einer Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung begründet. Gesellschaftliche Bestrebungen nach Sicherheit, Drogenbekämpfung, der Einhaltung von Steuergesetzen, Korruptionsbekämpfung und Verbrechensprävention stehen dabei im Vordergrund. Auf der anderen Seite werden damit Individualrechte wie Eingriffe in die Freiheitsrechte, die Privatautonomie und die Vertragsfreiheit tangiert.

Die Freiheit der Wahl des Zahlungsmediums und das Recht auf informelle Selbstbestimmung, das das Bundesverfassungsgericht in verschiedenen Entscheidungen zu einem Art Datenschutz-Grundrecht erklärt hat, würden weiter eingeschränkt. Beschränkungen der Bargeldzahlungen könnten demnach gegen den Grundsatz "geeignet, erforderlich, verhältnismäßig" verstoßen und deshalb sogar verfassungswidrig sein.8) Deshalb ist zentral die Frage zu stellen, inwiefern Einschränkungen der Bargeldnutzung zur Senkung der Kriminalität beitragen können.

Unterschiedliche Ergebnisse in Studien

In einer Studie der Deutschen Bank werden ganz unterschiedliche Ergebnisse aufgezeigt.9) So ist beispielsweise entgegen mancher Vermutung der Anteil von Barzahlungen kein verlässlicher Indikator für die Größe der Schattenwirtschaft. Während der Anteil der Wertschöpfung des Schattensektors in Deutschland (12 Prozent) und Österreich (8 Prozent) relativ niedrig ist, wird in beiden Ländern zu etwa 80 Prozent mit Bargeld bezahlt.10) Demgegenüber ist in Schweden sowohl der Anteil an Barzahlungen (14 Prozent) wie auch des Schattensektors (14 Prozent) gering. Spanien, Italien und Griechenland weisen neben einer hohen Bargeldnutzung (85 bis 95 Prozent) ebenfalls eine hohe Schattenwertschöpfung (18 bis 25 Prozent) auf. Intervenierende Einflussfaktoren scheinen demnach eher die Höhe und Art der Besteuerung, die Qualität öffentlicher Institutionen, die Steuermoral und die Höhe des Pro-Kopf-Einkommens zu sein. Deshalb würde der Schattensektor auch bei einer vollständigen Abschaffung des Bargeldes lediglich um geschätzt 2 bis 3 Prozent sinken.11)

Auch die Unterstellung eines engen Zusammenhanges zwischen der Korruption in einem Land und der Bargeldnutzung wird keinesfalls in allen untersuchten Staaten durch Daten belegt. Beispielsweise ist das wahrgenommene Korruptionsniveau staatlicher Behörden in der Schweiz, Deutschland und Österreich gering. Dies gilt auch für Schweden bei allerdings wesentlich niedriger Bargeldnutzung. Eindeutig ist ein Rückgang von Banküberfällen und Überfällen auf Geldtransporte bei Zunahme von elektronischen Zahlungen zu verzeichnen. Allerdings steigen im gleichen Zuge die Delikte mit Kartenbetrug.

Das organisierte Verbrechen hat seinen Schwerpunkt der Einnahmen beim Drogenhandel (50 Prozent) und bei der Produktpiraterie (38 Prozent). Hierbei spielt auch das Bargeld eine große Rolle. Drogengeschäfte werden zu 80 Prozent und Produktfälschungen zu 30 Prozent in bar abgewickelt. Bargeldbeschränkungen erhöhen tendenziell die Transaktionskosten in diesen Segmenten. Preiserhöhungen und ein gewisser Rückgang dürften deshalb wahrscheinlich sein. Wie auch die "Panama Papers" zeigen, sind der Finanz- und Steuerbetrug demgegenüber weitgehend unabhängig von Bargeldtransfers. Er macht schätzungsweise das Doppelte der Einkünfte aus dem internationalen organisierten Verbrechen aus. Lediglich die Schwarzarbeit nutzt vermehrt Barentlohnungen.

Finanzierung des Terrorismus kaum betroffen

Auch die Finanzierung des Terrorismus in Europa dürfte durch die beabsichtigten Regulierungen nicht betroffen sein. Die Analyse von 40 Terroranschlägen mit dschihadistischem Hintergrund zeigt, dass die hierfür notwendigen Finanzmittel zumeist selbst beschafft und aus eigenen Geldquellen der Täter stammen. Zudem benötigten 75 Prozent der Vorhaben Kosten von weniger als 10 000 US-Dollar. Selbst im elektronischen Zahlungsverkehr dürften diese Geldbeträge kaum auffallen oder gar zu Ermittlungen führen.

Geldwäsche erfolgt derzeit noch häufig in Verbindung mit Bargeldeinzahlungen, um die Rückverfolgung zur Deliktsquelle zu erschweren. Der Transport physischer Wertgegenstände (Prepaid-Instrumente, Edelmetalle), Überweisungsketten und Scheingeschäfte über Briefkastenfirmen, die Zwischenschaltung von Geldtransfer-Dienst leister (Western Union) oder das unregulierte Hawala-System sowie virtuelle Währungen könnten zukünftig deshalb an Bedeutung gewinnen. Schweden verzeichnete im Übrigen parallel zum Rückgang der Bargeldnutzung einen erheblichen Anstieg der Geldwäschedelikte.12) Die elektronischen Varianten der Geldwäsche erfordern jedoch zumeist besonderes IT-Wissen sowie Kenntnisse in Recht und buchhalterischen Abläufen. Deshalb dürfte auch der Ausbildungsstand der Täter mit der Nutzung alternativer Zahlungstechniken steigen.

Erhebliche Prüfauflagen für bargeldintensive Branchen

Die Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie in deutsches Recht wird zu einem stark veränderten GwG führen. Damit verbunden sind eine erhebliche Ausweitung der Regulierungen und eine Defacto-Beschränkung des Bargeldverkehrs. Insbesondere Kreditinstitute, aber auch bargeldintensive Dienstleister und Händler (Gebrauchtwagenhandel, Handwerk) werden zukünftig erhebliche Prüfauflagen erfüllen müssen. Es findet ein weiterer Schritt in die Richtung "gläserner Bürger" statt. Erhebliche Zweifel bestehen allerdings, ob die beabsichtigten Ziele der Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung damit erreicht werden. Eine Anpassung der kriminellen Zahlungsmethoden und -medien ist zu erwarten.

Fußnoten

1) Geldwäschegesetz vom 13. August 2008 (BGBl. I S. 1690), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 11. April 2016 (BGBl. I S. 720) geändert worden ist (GwG).

2) Siehe Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (GwG-Entw.) http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Gesetze/2017-02-22-eugeldwaescherichtlinie.pdf;jsessionid=D7052CB2CAB10CBEABB0790C3A5... (Abrufdatum 27.2.2017).

3) "Wirtschaftlich Berechtigter im Sinne dieses Gesetzes ist 1. die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspartner letztlich steht, oder 2. die natürliche Person, auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird." (§ 3 Abs. 1 GwG-Entw.)

4) Ein Kriterium könnten beispielsweise die Übersendung des Entwurfes des notariellen Kaufvertrages zwischen Verkäufer und potenziellen Käufern unter Kenntnis des Immobilienmaklers oder eine Reservierungsvereinbarung sein.

5) Beispielsweise fallen derzeit Zahlungen zugunsten von inländischen Behörden, einem börsennotierten Unternehmen sowie Sammelkonten von Notaren oder anderen selbstständigen Angehörigen von Rechtsberufen aus Mitgliedsstaaten oder Drittländern unter eine vereinfachte Prüfung (§ 5 Abs. 2 GwG).

6) Die Anhänge 1 und 2 GwG-Entw. entsprechen inhaltlich den Anhängen II und III der Vierten Geldwäscherichtlinie. Sie enthalten eine nicht erschöpfende Aufzählung von Faktoren und möglichen Anzeichen für ein potenziell geringeres beziehungsweise höheres Risiko.

7) In § 23 Abs. 1 lit. 3 GwG-Entw. heißt es hierzu: "jedem, der der registerführenden Stelle darlegt, dass er ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme hat". In dem Referentenentwurf vom 15. Dezember 2016 lautete es in § 20 Abs. 1 lit. 3 noch konkreter: "Ein berechtigtes Interesse kann insbesondere vorliegen, wenn sich eine Organisation in ihrer Satzung oder ihrem Mandat dem Einsatz gegen Geldwäsche, deren Vortaten und Terrorismusfinanzierung verschrieben hat oder wenn sonst Untersuchungen zur Verhinderung und Bekämpfung von Geldwäsche, deren Vortaten und Terrorismusfinanzierung durchgeführt werden und sich die Einsichtnahme auf damit in Zusammenhang stehende Rechtsgestaltungen nach § 19 bezieht." http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Gesetze/2016-12-15-geldwaescherichtlinie.pdf;jsessionid=E6DFECF8C9A8ACEA4662962D30DDA... (Abrufdatum 28.12.17).

8) Diese Auffassung vertritt Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, "Sind Bargeldbegrenzungen verfassungswidrig?", in: Frankfurter Allgemeinen Zeitung v. 9.2.2016, S. 15.

9) Vgl. Mai, Heike (2017), Bargeld, Freiheit und Verbrechen - Bargeld in der digitalen Welt, Deutsche Bank Research, 12.01.2017, https://www.dbresearch.de/PROD/DBR_INTERNET_DE-PROD/PROD0000000000430065/Bargeld,_Freiheit_und_Verbrechen%3A_Bargeld_in_der_d.pdf (Abrufdatum 1.2.2017).

10) Zur Abgrenzung des Schattensektors im Sinne von Steuer- und Sozialabgabenverkürzung, Drogenhandel und Produktpiraterie vgl. Mai (2017), S. 8 f. Die nachfolgenden Daten sind Circaangaben.

11) Vgl. Mai (2017), S. 9, die sich auf Untersuchungen des Linzer Ökonomen Schneider bezieht.

12) Vgl. Mai (2017), Seite 13.

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