Unternehmensverkauf in Zeiten von niedrigen Zinsen und fehlenden Anlagealternativen

Britt Niggemann, Partnerin, Institut für Wirtschaftsberatung (IfW), Meinerzhagen

Quelle: privat

Britt Niggemann, Partnerin, Institut für Wirtschaftsberatung (IfW), Meinerzhagen, und Prof. Dr. Diethard B. Simmert, Studiengangsleiter Finance & Management, International School of Management (ISM), Dortmund, Frankfurt am Main - Seit vielen Jahren haben die Kreditinstitute im Firmenkundengeschäft neben Finanzierungsfragen auch die möglichen Auswirkungen einer Nachfolgeregelung und dabei gegebenenfalls auch einen Unternehmensverkauf im Blick. Angesichts fehlender Anlagealternativen am Kapitalmarkt verweisen die Autoren bei der Suche nach einem geeigneten Verkaufstermin auf veränderte Rahmenbedingungen. Am Kapitalmarkt, so ihre Einschätzung, ist eine Rendite, wie sie gut geführte Familienunternehmen erzielen, derzeit noch schwieriger zu erreichen als unter normalen Marktbedingungen. Die Unternehmerfamilie wie auch ihre Banken müssen abwägen, ob sie das Risiko eines Wertverfalls ihrer Firma durch nicht erwartete Entwicklungen eingehen wollen. (Red.)

Die Gründe für einen Unternehmensverkauf sind vielfältig. Familienunternehmer entscheiden sich häufig für einen Verkauf, wenn keine oder keine interessierten Nachfolger vorhanden sind. Auch strategische Überlegungen können einen Unternehmensverkauf sinnvoll erscheinen lassen. Digitalisierung und Internationalisierung können Investitionen erfordern, die ein Familienunternehmer nicht leisten kann oder will. Branchenentwicklungen sind oft Veranlassung, die strategische Positionierung und zukünftige Ausrichtung des Unternehmens zu analysieren.

Speziell bei unsicheren Zukunftsperspektiven stellt sich die Frage des Verkaufstermins. Marktveränderungen können sich in wenigen Jahren erheblich auf den Marktwert von Unternehmen auswirken. Nicht selten führen zurückgestellte Unternehmensverkäufe nicht nur zu Wertverlusten, sondern auch zur Vermögensvernichtung durch Insolvenzen.

Unternehmensrendite versus Kapitalmarktrendite

Unabhängig davon, ob ein Unternehmer die zukünftige Unternehmensentwicklung positiv oder eher negativ einschätzt, wird er sich die Frage stellen, wie der Erlös aus einem Unternehmensverkauf angelegt werden kann. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld werfen Tages- und Festgeldanlagen oder Anleihen erstklassiger Bonität keine nennenswerten Erträge ab. Für zehnjährige Bundesanleihen erhält der Anleger nur noch 0,3 Prozent Zinsen. Dagegen liegen die Unternehmensrenditen deutlich darüber: die Eigenkapitalrendite 2015 aller in der Bundesbankstatistik erfassten Unternehmen betrug 19,6 Prozent. Soll der Unternehmer den geplanten Unternehmensverkauf verschieben, bis am Kapitalmarkt wieder höhere Zinsen gezahlt werden? Der Vergleich der Unternehmensrenditen mit den Kapitalmarktrenditen führt bei manchen Familienunternehmern dazu, selbst dann noch an ihrer Firma festzuhalten, wenn der Unternehmensverkauf schon längst als Nachfolgelösung beschlossen war. Die Folgen eines "vertagten" Unternehmensverkaufs sind vielfältig:

- Studien zeigen, dass Unternehmer mit Verkaufsabsicht Investitionen und FuE-Maßnahmen reduzieren.1) In der Beratungspraxis ist oft der Satz zu hören "... diesen Markt würde ich noch erschließen, wenn ich zehn Jahre jünger wäre".

- Unterbleiben Investitionen, entwickelt sich das Unternehmen nicht weiter, während Wettbewerber neue Produkte herstellen und Marktanteile gewinnen.

- Eine ungeklärte Nachfolgefrage kann auch Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten verunsichern und sogar zum Abgang wichtiger Mitarbeiter führen, die in einem anderen Unternehmen für sich eine bessere Zukunft sehen.

Erhebliche Schwankungsbreite in der Vergangenheit

Der Vergleich der mit dem Unternehmen erzielbaren Rendite mit einer risikolosen Anlage am Kapitalmarkt hinkt. Zum einen ist die unternehmerische Tätigkeit nicht risikolos, zum anderen kann mit einer breit gestreuten Kapitalanlage, die auch Aktien umfasst, eine attraktive Rendite erwirtschaftet werden. Der Vergleich der Eigenkapitalrenditen deutscher Unternehmen mit den am Kapitalmarkt erzielten Renditen (gewichtete Rendite aus MSCI World [in Euro] und Bloomberg Barclays Global Aggregate Bond Index [in Euro]) der Jahre 2003 bis 2016 zeigt die Differenz im Zeitverlauf (siehe Abbildung 1).

Die Differenz zwischen Eigenkapitalrenditen und den am Kapitalmarkt erzielbaren Renditen schwankte in der Vergangenheit zwischen 0,9 Prozent und 29,4 Prozent. Da die Eigenkapitalrenditen für 2016 noch nicht von der Bundesbank veröffentlicht sind, kann die Differenz für 2016 nur geschätzt werden. Nimmt man an, dass für 2016 die Eigenkapitalrendite 20 Prozent betrug, liegt die Differenz zur Kapitalmarktrendite bei 12,5 Prozent. Es ist nicht feststellbar, dass sich trotz Niedrigzinsphase die Differenz erhöht hätte. Im Gegenteil: Die Eigenkapitalrendite ist bis 2007 gestiegen und seitdem gesunken. Die Kapitalmarktrenditen schwanken naturgemäß stärker, tendenziell hat sich aber die Differenz zwischen Eigenkapitalrendite und Kapitalmarktrendite reduziert. Deswegen mussten auch schon in der Vergangenheit Unternehmer abwägen, ob sie die mit ihrer Firma erzielbaren Renditen gegen Kapitalmarktrenditen tauschen.

Aus Unternehmersicht ergeben sich folgende Vorteile von liquiden Kapitalmarktanlagen im Vergleich zu illiquiden Unternehmensbeteiligungen:

- Risikostreuung durch Kapitalmarktanlagen versus "Klumpenrisiko" Einzelunternehmen,

- Hohe Fungibilität der Kapitalmarktanlagen zu täglich ermittelten Marktpreisen,

- Keine Branchen- oder Personenabhängigkeit durch breite Streuung der Kapitalmarktanlagen,

- Leichtere Vermögensnachfolge, da sich liquides Vermögen gerechter auf mehrere Erben aufteilen lässt als eine Unternehmensbeteiligung.

Unternehmenswertermittlung und Verkaufspreiserwartung

Im Vorfeld eines Unternehmensverkaufs ist es ratsam, durch Gespräche mit M& A-Experten eine Einschätzung des aktuellen Marktes für Unternehmensverkäufe und erzielbare Verkaufspreise zu erhalten. Aktuell ist ein "Verkäufermarkt" vorhanden: Sowohl strategische Käufer als auch Finanzinvestoren verfügen über hohe Liquidität. Darüber hinaus ist auch das Finanzierungsumfeld aufgrund der niedrigen Zinsen attraktiv, sodass sich Käufer zu günstigen Konditionen Fremdkapital beschaffen können.

Unternehmenswertermittlung: Derzeit werden für gut aufgestellte Unternehmen hohe Kaufpreise gezahlt, die teilweise deutlich über dem zehnfachen EBIT liegen. Eine Auswertung der in der Datenbank Zephyr veröffentlichten Transaktionsmultiplikatoren für Deutschland zeigt, dass 2016 die Median-EBITDA und EBIT-Multiplikatoren deutlich gestiegen sind. Während bei M& A-Transaktionen 2010 deutsche Unternehmen noch mit dem 8,9-fachen EBIT bewertet wurden, stieg der Wert 2016 auf 14,7x. Auch bei den EBITDA-Multiplikatoren, die nicht durch die unterschiedliche Anlagenintensität und Abschreibungspolitik von Unternehmen beeinflusst sind, stieg der Multiplikator 2010 von 6,4x auf 9,1x im Jahr 2016.

Das Beispiel 1 zeigt, dass die Beurteilung, ob ein Unternehmensverkauf jetzt oder erst in einigen Jahren erfolgen soll, vor allem von der zukünftigen Unternehmens- und Konjunkturentwicklung abhängt. Handelt es sich nicht um ein Unternehmen mit einem langfristig gesicherten Auftragsbestand, ist die Unternehmensentwicklung in den kommenden Jahren mit Unsicherheit behaftet. Beispiele, auch aus der Beratungspraxis zeigen, dass Unternehmen, die aktuell noch hoch bewertet werden, in wenigen Jahren in die Insolvenz gleiten können.

Neben der Multiplikatormethode findet bei der Unternehmensbewertung regelmäßig auch die Discounted-Cashflow-Methode Anwendung. Hierbei werden die in der Zukunft erwarteten Cashflows mit den gewichteten Kapitalkosten (WACC) diskontiert, um den Unternehmenswert zu ermitteln. Die Kapitalkostenstudie 2016 von KPMG2) zeigt auf, dass die Kapitalkosten seit 2010 in weit geringerem Umfang gesunken sind als der risikolose Basiszinssatz; und zwar von 7,9 Prozent auf 7,1 Prozent (2016). Der Basiszinssatz sank im gleichen Zeitraum von 3,5 Prozent auf 1,5 Prozent. In dieser Zeit stieg die Marktrisikoprämie von 5,0 Prozent auf 6,4 Prozent. Somit hat die steigende Marktrisikoprämie den Rückgang des risikolosen Basiszinssatzes teilweise kompensiert.

Unternehmensbewertung abhängig von der Bewertungsmethode

Dies bedeutet, dass das Niedrigzinsumfeld die Unternehmensbewertung nach der DCF-Methode weniger stark beeinflusst hat als die Bewertung nach der Multiplikatormethode.

Verkaufspreiserwartung: Die Praxis zeigt, dass der theoretisch ermittelte Unternehmenswert häufig wenig mit dem tatsächlich erzielten Kaufpreis gemein hat. Der Käufer bezieht in seine Kaufpreisüberlegungen nicht nur das ein, was der Verkäufer aus dem Unternehmen gemacht hat und wie er es in der bisherigen Konzeption fortführen würde, sondern wird Synergieeffekte, aber auch Risiken berücksichtigen. Ein Käufer wird bei seiner Kaufpreisermittlung auf die zukünftige Entwicklung des Unternehmens abstellen und seine Erwartungen an die Branchen- und Unternehmensentwicklung in die Bewertung einfließen lassen. Er wird Risikoabschläge vornehmen, zum Beispiel für mögliche Kunden- oder Auftragsverluste. Ferner wird er sich eine Meinung bilden, wie weit der Erfolg des Unternehmens vom bisherigen geschäftsführenden Gesellschafter abhängig ist und welche Risiken mit seinem Ausscheiden aus der Firma entstehen könnten.

Ein guter Berater wird die bei anderen M&A-Transaktionen gezahlten Multiplikatoren analysieren und darlegen, ob sie auch für das zu verkaufende Unternehmen angewendet werden können beziehungsweise ob der nach der DCF-Methode ermittelte Unternehmenswert am Markt tatsächlich erzielbar sein wird.

Erfahrungsgemäß sind Transaktionsmultiplikatoren von Unternehmensverkäufen unter der Beteiligung strategischer Käufer höher, da der Käufer Prämien zum Beispiel für Markteintritt, Know-how-Zuwachs oder Synergien entrichtet. Auch der Vergleich mit (vermeintlich) vergleichbaren börsennotierten Unternehmen kann zu hohen Bewertungserwartungen führen. Die in der Zeitschrift "Finance" veröffentlichten Branchen-Multiplikatoren weisen für börsennotierte Unternehmen größtenteils zweistellige Multiplikatoren aus. Die entsprechenden EBIT-Multiplikatoren für kleine Unternehmen (bis 50 Millionen Euro Umsatz) liegen dagegen im einstelligen Bereich (aktuell: 5,7x bis 9,9x). Dies gilt übrigens auch für die in Abbildung 2 dargestellten EBIT-Multiplikatoren. Zieht man nur die Transaktionen mit einem Volumen bis zu 50 Millionenn Euro heran, betrug 2016 der EBIT-Multiplikator nur 11,8x, 2015 nur 7,0x.

Bandbreite für einen realistischen Verkaufspreis

Die Multiplikatoren für börsennotierte Unternehmen (aktuell: zwischen 8,8x für die Textilbranche und 16,1x für Maschinen- und Anlagenbauer) oder bei strategischen Akquisitionen verleiten manchen Unternehmer dazu, den Wert seines Unternehmens zu überschätzen.

Eine realistische Verkaufspreiserwartung beugt beim Unternehmer Enttäuschungen vor und vermeidet einen möglichen Verhandlungsabbruch, wenn der erwartete Verkaufspreis nicht erzielt werden kann. Ein guter Berater wird dem Verkäufer eine Bandbreite für einen realistischen Verkaufspreis aufzeigen. Er wird auch darauf hinweisen, dass bei einer Eintrübung des gesamtwirtschaftlichen Umfeldes die Preise für Unternehmen sinken:

- Da die Bewertung von Unternehmen auf den Zukunftsaussichten beruht, werden letztere bei Konjunkturrückgängen pessimistischer eingeschätzt.

- Die Käufer werden bei einem negativen Konjunkturumfeld höhere Risikoabschläge vornehmen beziehungsweise geringere Kaufpreis-Multiplikatoren kalkulieren.

Hat der Verkäufer das Ziel der Verkaufspreismaximierung, wird es Aufgabe des M&A-Beraters sein, einen Käufer zu finden, der aufgrund von strategischen Überlegungen eine attraktive Prämie zahlt. Ebenso wichtig wie ein hoher Verkaufspreis sind aber auch die sonstigen Verkaufskonditionen. Mancher Verkäufer akzeptiert einen etwas niedrigeren Verkaufspreis, wenn er dafür zum Beispiel weniger Garantien geben muss oder attraktivere Zahlungskonditionen erhält.

Wahl des Käufers: strategischer Investor oder Finanzinvestor?

Der Verkäufer steht grundsätzlich vor der Wahl, das Unternehmen an einen strategischen oder an einen Finanzinvestor zu veräußern. Bei einem strategischen Investor handelt es sich um einen in- oder ausländischen Wettbewerber, einen Kunden oder Lieferanten, der sein eigenes Geschäftsmodell über einen Unternehmenskauf stärken bzw. Zugang zu neuen Märkten erlangen will. Strategische Investoren können aber auch Käufer aus verwandten Branchen sein, die neue Geschäftsfelder erschließen möchten, um zum Beispiel Schwankungen oder Rückgänge in ihrem Kerngeschäft auszugleichen. Strategische Käufer achten bei dem Kauf vor allem auf Kompetenzen und Synergieeffekte. Diese liegen etwa in dem Erwerb von Know-how, der regionalen Geschäftsausweitung, Skalen- und Verbundeffekten, Zugang zu neuen Kundengruppen oder Sicherung der Rohstoffversorgung.

Lässt sich der Verkäufer auf Verhandlungen mit Wettbewerbern ein, sollte er sich bewusst sein, dass die Gefahr der Ausforschung besteht.

Aus Verkäufersicht hat ein strategischer Käufer folgende Vorteile:

- Entwicklungsperspektiven für das Unternehmen, wenn durch die Kombination mit einem strategischen Investor eine positive Weiterentwicklung des Unternehmens erwartet werden kann.

- Höherer Kaufpreis und/oder geringere Garantien und Gewährleistungen durch den Verkäufer, da ein strategischer Käufer Synergien bei der Kaufpreisermittlung berücksichtigen kann und den Markt besser kennt.

- Ein strategischer Käufer ist daran interessiert, das Unternehmen langfristig weiterzuentwickeln und nicht nach wenigen Jahren wieder zu verkaufen.

Family Offices und Privatinvestoren als Partner

Bei klassischen Finanzinvestoren ist die mögliche Wertsteigerung des zu kaufenden Unternehmens von zentraler Bedeutung. Deshalb wird der Finanzinvestor vor dem Kauf prüfen, mit welchen Maßnahmen das Unternehmenswachstum gefördert werden kann. Beteiligungsgesellschaften, die aus einem mit einem festen Kapital ausgestatteten Fonds heraus investieren, müssen während der Fondslaufzeit von üblicherweise zehn Jahren das Unternehmen kaufen, weiterentwickeln und mit einer Wertsteigerung verkaufen. Deshalb überlegen sie bereits beim Kauf eines Unternehmens, wann und wie die Beteiligung wieder veräußert werden kann.

Weniger "Exit-orientiert" sind sogenannte Evergreen Fonds, Industrieholdings, Family Offices oder Privatinvestoren, die ihre Beteiligungen meist über eine längere Zeit halten. Aufgrund ihrer Renditeanforderungen sind aber auch sie an einer kontinuierlichen Steigerung des Unternehmenswertes interessiert. Family Offices und Privatinvestoren unterscheiden sich von den Beteiligungsgesellschaften in der Regel durch einen langfristigeren Investmenthorizont. Hier steht nicht die Renditemaximierung im Vordergrund, sondern die Vermögensdiversifizierung und der langfristige Vermögenserhalt.

Deswegen können Family Offices und Privatinvestoren geeignete Partner sein, wenn der Gesellschafterkreis dauerhaft stabil bleiben soll. Für viele Familienunternehmer haben die Erhaltung von Arbeitsplätzen, Standorten und gegebenenfalls des Firmennamens einen hohen Stellenwert. Dies ist bei strategischen Partnern oftmals nicht gesichert, da Synergien durch das Zusammenlegen von Funktionen wirken. Dies führt zum Arbeitsplatzabbau - häufig bei den übernommenen Unternehmen.

Aus Verkäufersicht sind die Vorteile eines Finanzinvestors:

- Sicherung der Unternehmenskontinuität, da das Unternehmen in der Regel auch nach dem Eigentümerwechsel als selbstständiges Unternehmen mit den bestehenden Strukturen fortgeführt wird.

- Keine Gefahr des Ausspionierens.

- Beteiligung der derzeitigen Geschäftsführung und/oder Rückbeteiligung des Unternehmers an der Käufergesellschaft möglich.

- Strukturierte und zügige Abwicklung der Transaktion, da Finanzinvestoren erfahrene Unternehmenskäufer mit standardisierten Entscheidungswegen sind.

- Investoren können Kontakte, Ideen und Fähigkeiten einbringen, um das Unternehmen weiterzuentwickeln und zum Beispiel bei der Internationalisierung unterstützen.

- Teilweise langfristiger Investmenthorizont, Beteiligungsgesellschaften, die ihre Beteiligungen in einem Zeitraum von vier bis sieben Jahren wieder veräußern, können dann interessant sein, wenn der Gesellschafter noch einige Jahre das Unternehmen führen und am Unternehmen beteiligt bleiben möchte.

Teilverkauf

Die Motivation von Unternehmern, einen Mitgesellschafter vier bis sieben Jahre vor dem beabsichtigten Unternehmensverkauf aufzunehmen, kann dem Wunsch entsprechen, das Unternehmen und deren Marktbedeutung zu stärken und gleichzeitig die Voraussetzungen für eine Maximierung des Verkaufspreises zu schaffen.

Viele Unternehmer haben ausgezeichnete Ideen, wie Unternehmen weiterentwickelt werden können - allerdings fehlen die finanziellen Mittel, diese Maßnahmen solide zu finanzieren. Diese finanziellen Mittel können von einem geeigneten Partner zur Verfügung gestellt werden, der gegebenenfalls das Unternehmen zu einem späteren Termin vollständig übernehmen kann und darüber hinaus den Unternehmer unterstützt, die strategischen Ziele umzusetzen. An der damit angestrebten Wertsteigerung des Unternehmens kann der Unternehmer partizipieren - gleichwohl realisiert er bereits in einem ersten Schritt teilweise den Firmenwert. Dies versetzt ihn in die Lage, sein Vermögen zu diversifizieren und eine solide Vermögensposition neben dem Vermögen "Unternehmen" zu bilden.

Günstiger als eine Rückbeteiligung

In dieser Konstellation kann eine klassische Beteiligungsgesellschaft ein geeigneter Partner sein, da sie in einem Zeitraum von vier bis sieben Jahren den Wiederverkauf des Unternehmens anstrebt. In dieser Zeit kann der Unternehmer gemeinsam mit dem Finanzinvestor das Unternehmen so ausrichten, dass eine Unternehmenswertsteigerung und damit ein höherer Verkaufspreis erwartet werden kann. Durch den Verkauf seiner restlichen Anteile kann der Unternehmer die Wertsteigerung realisieren.

Der nur teilweise Verkauf der Unternehmensanteile durch den Altgesellschafter hat eine Signalfunktion für den Käufer: Der Verkäufer glaubt an die positive Entwicklung der Firma und möchte sie mitgestalten. Aus Käufersicht reduziert der teilweise Einstieg den Kapitalbedarf für die Transaktion und stellt sicher, dass der Altgesellschafter an der Weiterentwicklung des Unternehmens auch zukünftig mitarbeitet. Hierdurch wird die Interessengleichheit zwischen Verkäufer und Finanzinvestor hergestellt. Der Finanzinvestor kann in dieser Konstellation seine Risikoabschläge reduzieren, der Unternehmer partizipiert an den künftigen Wertsteigerungen des Unternehmens, die er gemeinsam mit dem Finanzinvestor erzielt.

In dem im Beispiel 1 aufgezeigten Szenario wird das Unternehmen mit 11 Millionen Euro bewertet. Möchte der Unternehmer noch an der weiteren Unternehmensentwicklung teilhaben und zum Beispiel mit 30 Prozent beteiligt bleiben, kann er einen Teil seiner Geschäftsanteile in die Käufergesellschaft als Sacheinlage einbringen. Unter steuerlichen Aspekten ist dieser Weg in der Regel günstiger als eine Rückbeteiligung, welche aus versteuertem Einkommen erfolgt. Alternativ ist auch denkbar, dass der Verkäufer zunächst alle Anteile am Unternehmen in eine Käufergesellschaft einbringt und anschließend die Beteiligungsgesellschaft Anteile an der Käufergesellschaft erwirbt. Die unter rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Aspekten günstigste Struktur ist vom Einzelfall abhängig und individuell zu prüfen.

Der Unternehmer erhält in diesem Beispiel 2017 einen Verkaufserlös von 9200000 Euro für einen Teilverkauf. Durch den Verkauf seiner restlichen Anteile 2019 fließt ihm ein weiterer Erlös von 3195 000 Eurozu. In Summe entspricht dies einem Erlös von 12395 000 Euro vor Steuern. Bezogen auf sein nach dem Teilverkauf 2017 im Unternehmen belassenes Kapital von 1800 000 Euro (= Bewertung seiner eingebrachten Anteile in die Käufergesellschaft), errechnet sich nach dem Verkauf 2019 eine Rendite auf das eingesetzte Kapital von 77,5 Prozent beziehungsweise 25,8 Prozent p.a.

Diese Rendite kann die Rendite des Gesamtvermögens, das heißt einschließlich des bereits 2017 erhaltenen und risikoarm angelegten Verkaufserlöses, erheblich steigern.

Risiko und Vermögensdiversifizierung durch Unternehmensverkauf

Unabhängig von der Niedrigzinsphase, stellt die bei vielen Familienunternehmern vorhandene Vermögenskonzentration in der einen Unternehmensbeteiligung ein beachtliches Klumpenrisiko dar. Der Unternehmenserfolg ist von vielen Faktoren abhängig, die der Unternehmer nicht beeinflussen kann, wie zum Beispiel die Branchenkonjunktur. Dabei sind Familienunternehmen stärker insolvenzgefährdet als Nichtfamilienunternehmen, wie eine Studie der Stiftung Familienunternehmen3) aufdeckt. Hiernach ist die Quote der Firmen, die ihre Zahlungen im Zeitraum von 2005 bis 2015 eingestellt haben, unter Familienunternehmen höher als bei Nichtfamilienunternehmen. Keine Auswirkungen auf diesen Zusammenhang hat die Rechtsform oder die Branche. Gemäß der Studie haben 4,9 Prozent (2015) der Familienunternehmen eine ungenügende Bonität und sind damit stark ausfallgefährdet, während dies bei Nichtfamilienunternehmen nur 2,0 Prozent der Unternehmen betrifft. Die Fokussierung auf die Familie als mitunter alleinigen Kapitalgeber kann die Verbreiterung der Kapitalbasis behindern. Bei einem finanziellen Engpass können oder wollen die Familien das Kapital nicht aufstocken, Banken sind dann in der Regel auch nicht mehr bereit, Kredite zu gewähren.

Der Unternehmensverkauf gibt dem Unternehmer die Möglichkeit, sein Vermögen breiter zu streuen und damit das Risiko auf verschiedene Anlageklassen zu verteilen.

Die Niedrigzinsphase führt einerseits dazu, dass sichere Staatsanleihen oder Tagesbeziehungsweise Festgeld keine nennenswerten Erträge mehr abwerfen, lässt aber andererseits die Aktien- und Immobilienpreise steigen. Mit einer breit gestreuten Anlage des Verkaufserlöses kann der Unternehmer auch zukünftig Erträge erwirtschaften, die zwar nicht die Unternehmensrenditen erreichen, dafür aber mit weniger persönlichem Einsatz und Risiko erzielbar sind.

Die Entscheidung, sein über Jahrzehnte aufgebautes Unternehmen zu verkaufen, fällt dem Unternehmer nicht leicht. Hinzu kommt das aktuelle Niedrigzinsumfeld mit seinen augenscheinlich fehlenden Anlagealternativen. Am Kapitalmarkt ist eine Rendite, wie sie gut geführte Familienunternehmen erzielen, nicht zu erreichen. Dies gilt jedoch unabhängig von der aktuellen Niedrigzinsphase.

Risikoabwägung

Die Unternehmerfamilie muss abwägen, ob sie das Risiko eines Wertverfalls ihrer Firma durch nicht erwartete Entwicklungen eingeht. Viele Familien haben dafür in der Vergangenheit einen hohen Preis gezahlt. Aktuell liegt ein "Verkäufermarkt" vor. Die Situation ist für die Erreichung strategischer Unternehmenswerte sehr günstig. Der zu erwartende Verkaufspreis orientiert sich an Ergebnismultiplikatoren, die zurzeit relativ hoch sind. Trübt sich das gesamtwirtschaftliche Umfeld ein, werden auch die Preise für Unternehmen sinken.

Eine Nachfolgeregelung schafft Klarheit bei Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten und sichert die Zukunft des Unternehmens. Sind die Zukunftsperspektiven des Unternehmens fraglich, kann ein strategischer Käufer das gekaufte Unternehmen weiterentwickeln und ihm eine neue Perspektive bieten.

In der Privatbilanz des Unternehmers wird durch einen Unternehmensverkauf das Klumpenrisiko "Unternehmen" aufgelöst und die Möglichkeit geschaffen, das Vermögen breit gestreut anzulegen. Mit einer guten Vermögensdiversifizierung kann trotz Niedrigzinsphase eine attraktive Rendite erzielt werden. Auch unter dem Aspekt der Vermögensnachfolge kann ein Unternehmensverkauf sinnvoll sein, da sich liquides Vermögen sehr viel leichter unter mehreren Erben aufteilen lässt als eine Unternehmensbeteiligung.

Fußnoten

1) André Pahnke, Rosemarie Kay und Susanne Schlepphorst: Unternehmerisches Verhalten im Zuge der Unternehmensnachfolge, IfM-Materialien Nr. 254, Bonn 2017

2) KPMG: Kapitalkostenstudie 2016

3) Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Familienunternehmen, Stiftung Familienunternehmen, München 2017

Beispiel 1: Richtiger Zeitpunkt für einen Unternehmensverkauf Ein Unternehmen hat folgende Überlegung: Bei einem EBIT-Faktor von 11x beträgt für 2016 der Unternehmenswert 11 Millionen Euro. Nimmt man an, dass die Summe aus nicht betriebsnotwendiger Liquidität und zinstragenden Verbindlichkeiten (net debt) Null ist, beträgt der Verkaufspreis 11 Millionen Euro. Verkauft der Unternehmer seine Firmenanteile nicht 2016, sondern hofft, dass sich das EBIT plangemäß entwickelt und auch 2019 noch ein EBIT-Multiplikator von 11x gezahlt wird, erhält er 2019 einen Verkaufspreis von 13,9 Millionen Euro. Darüber hinaus konnte er die Gewinne der Jahre 2017 bis 2019 vereinnahmen.Geht die Überlegung des Unternehmers jedoch nicht auf und der EBIT-Multiplikator sinkt 2019 auf 8x, erhält er nur einen Verkaufspreis von 10,1 Millionen Euro.Der Unternehmenswert wird sich ebenfalls reduzieren, wenn die geplante Umsatzsteigerung von 5 Prozent p. a. nicht erreicht wird, sondern zum Beispiel nur ein Umsatzwachstum von 1 Prozent p. a. erfolgt bei gleichzeitigem Anstieg der Materialkosten um 2 Prozent p. a. Selbst wenn in diesem Szenario noch der EBIT-Multiplikator von 11x bei einem Verkauf gezahlt wird, reduziert sich der Verkaufserlös 2019 auf 8,2 Millionen Euro (Annahme: net debt = 0).
Gründe für die aktuell hohen Kaufpreismultiplikatoren: - Hohe Liquidität sowohl bei strategischen Investoren als auch Finanzinvestoren,- Niedriges Zinsniveau erleichtert die Akquisitionsfinanzierung,- Fehlende Anlagealternativen führen dazu, dass auch Family Offices und Privatinvestoren zunehmend Direktbeteiligungen erwerben,- Aufgrund der guten gesamtwirtschaftlichen Perspektiven erzielen Unternehmen nicht nur aktuell gute Ergebnisse, sondern planen auf dieser Basis auch das weitere Wachstum.
Beispiel 2: Teilverkauf an eine Beteiligungsgesellschaft Nachfolgendes Beispiel geht davon aus, dass das Unternehmen U für 11 Millionen Euro durch eine Käufergesellschaft erworben wird, an der sich eine Beteiligungsgesellschaft zu 70 Prozent beteiligt. Neben dem Kaufpreis fallen bei der Käufergesellschaft noch Akquisitionskosten in Höhe von 500 000 an, sodass 11,5 Millionen Euro zu finanzieren sind. Für die Finanzierung wird ein Akquisitionsdarlehen von 5500 000 Euro aufgenommen. Die Beteiligungsgesellschaft stellt 4200 000 Euro (= 70 Prozent) Eigenkapital zur Verfügung, der Unternehmer bringt Geschäftsanteile im Gegenwert von 1800 000 (= 30 Prozent) als Sacheinlage in die Käufergesellschaft ein. Da das Unternehmen mit 11 Millionen Euro bewertet wird, entspricht der einzubringende Anteil 16,36 Prozent. Somit erhält der Unternehmer für die Einbringung von Unternehmensanteilen eine Beteiligung an der Käufergesellschaft in Höhe von 30 Prozent und einen Barverkaufspreis für die verbleibenden Anteile von 83,64 Prozent am Unternehmen U von 9,2 Millionen Euro vor Steuern.Erfüllt sich die "Base Case"-Planung des Unternehmers und das Unternehmen U wird 2019 wiederum mit einem EBIT-Multiplikator von 11x veräußert, beträgt der Unternehmenswert 13,9 Millionen Euro. Wird davon ausgegangen, dass bis zum Verkaufszeitpunkt 50 Prozent des Akquisitionsdarlehens getilgt wurde, ergibt sich folgender Verkaufserlös, der den Gesellschaftern vor Steuern zufließt:
Britt Niggemann , Partnerin, Institut für Wirtschaftsberatung Niggemann & Partner GmbH, Meinerzhagen
Prof. Dr. Diethard B. Simmert , Studiengangsleiter Finance & Management , International School of Management (ISM), Dortmund, Frankfurt am Main

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