Finanzdienstleister und Demografie

Die alternde Gesellschaft bietet Potenziale für das Wertpapiergeschäft

Die Bevölkerungszahl in Deutschland sinkt. Dabei werden die Menschen jedoch immer älter und die Anzahl der Rentner wächst aufgrund der steigenden Lebenserwartung erheblich. Der jüngste Demografiebericht der Bundesregierung prognostiziert, dass im Jahr 2060 jeder dritte Deutsche 65 Jahre oder älter sein wird.

Obwohl das Renteneintrittsalter bereits auf 67 angehoben wurde, werden sich immer mehr Deutsche mit dem Thema Altersvorsorge beschäftigen müssen. Denn mit dem Eintritt in das Rentenalter reduziert sich das Einkommen erheblich. Rentnern, die sich ausschließlich auf die gesetzliche Altersvorsorge verlassen, fehlen im Vergleich zum Berufsverdienst durchschnittlich 806 Euro pro Monat. Mehr als die Hälfte der Betroffenen erhält im Ruhestand demnach weniger als 55 Prozent des letzten Bruttoeinkommens. Diese Zahlen stammen aus dem aktuellen Vorsorgeatlas, der kürzlich vom Forschungszentrum Generationenverträge der Universität Freiburg erstellt wurde.

Hohe Renditeerwartung erfordert Alternative zu Tages- oder Festgeld

Jeder will im Ruhestand gut leben, und die meisten Deutschen sind sich bewusst, dass sie finanziell vorsorgen müssen. Dabei bedarf es der richtigen und langfristigen Strategie, um den gewünschten Lebensstandard im Alter zu sichern. Anspruch und Wirklichkeit gehen hier oft weit auseinander. Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov unter 2 000 Deutschen im Alter zwischen 25 und 75 Jahren ergab, dass die Befragten ein jährliches Einkommen von rund 30 000 Euro im Ruhestand erwarten. Aktuell erhält ein alleinstehender deutscher Rentner aber nur knapp 19 000 Euro, wie der Alterssicherungsbericht der Bundesregierung zeigt.

Interessant ist also die Frage, ob sich aus der verstärkten Notwendigkeit zur Altersvorsorge Chancen für das Wertpapiergeschäft ergeben oder ob der Trend, mit zunehmendem Alter das Risiko bei der Geldanlage zurückzufahren, hier negative Effekte hat. Welche Auswirkungen hat das Altern der Gesellschaft für den Wertpapierhandel in Deutschland?

Auf der einen Seite wollen die Deutschen ihren gewohnten Lebensstandard nach dem Eintritt in den Ruhestand aufrechterhalten und erwarten somit eine hohe Rendite von den Finanzprodukten ihrer Altersvorsorge. Auf der anderen Seite spielt gerade für Anleger in fortgeschrittenem Alter das Thema Sicherheit bei der Geldanlage eine große Rolle. Viele vertrauen nach wie vor auf Tages- oder Festgeldkonten bei der Altersvorsorge. Durch regelmäßige Einzahlungen und sichere Zinserträge wächst das Geld nominal gesehen stetig an, und das Konto ist durch die gesetzliche Einlagensicherung sowie freiwillige Einlagensicherungsfonds gedeckt.

Sein Geld nur in diese scheinbar sicheren Anlageprodukte zu investieren birgt jedoch auch Risiken. Es gibt immer noch Anleger, die Inflationseffekte nicht berücksichtigen und somit einen realen Geldwertverlust in Kauf nehmen. Die Inflationsrate war in den vergangenen Jahren häufig höher als die Zinsen bei Tages- oder Festgeldkonten. Ein einfaches Beispiel soll dies veranschaulichen: Ein Sparer legt 1 000 Euro auf einem Festgeldkonto an und erhält dafür 1,0 Prozent Zinsen nach Steuern. Bei einer jährlichen Inflationsrate von drei Prozent beträgt der Realwert seines Investments nach zehn Jahren nur noch rund 815 Euro. Effektiv erleidet er also einen Verlust von 185 Euro beziehungsweise ein Minus von 18,5 Prozent in diesem Zeitraum. Anlagen in cash oder Festgeld sind demnach nicht risikolos, vielmehr ist der Wertverlust sogar sicher.

Auch Staatsanleihen, die jahrelang als gute Basis für die Altersvorsorge galten, können mittlerweile die Verluste durch Inflation nicht mehr ausgleichen. Europäische Staatsanleihen mit dem höchsten Bonitätsrating erzielen momentan etwa eine Rendite von 1,5 Prozent vor Steuern. Damit lässt sich langfristig kein Vermögen mehr aufbauen.

Börsenzyklen beachten

Um solche Inflationsverluste zu vermeiden, müssen Anleger Alternativen mit Chancen auf höhere Renditen berücksichtigen. Zum Vergleich: Hätten Anleger über die letzten zehn Jahre auf den Dax gesetzt, hätten sie ihr Investment nahezu exakt verdoppelt - nach Abzug der Inflationsrate. Das Beispiel zeigt, dass Aktien eine unumgängliche Komponente im Depot eines Anlegers sind. Sie bieten weitaus bessere Chancen, das Kapital gegenüber der Inflation zu erhalten beziehungsweise zu vermehren.

Doch auch hier kommt es auf die richtige Strategie und das richtige Timing an. Wer etwa im Jahr 2000 schon in Aktien inves tierte und diese bis heute gehalten hat, erzielte so gut wie keine Kursgewinne. Anleger sollten durchaus Börsenzyklen beachten und zu bestimmten Zeitpunkten ihr Portfolio umstrukturieren und Gewinne mitnehmen. Kaufen und Liegenlassen nach der bekannten Buy-and-Hold-Strategie von Börsenlegenden wie André Kostolany oder Warren Buffet zahlt sich nicht immer aus. Dies sollten auch Anleger älterer Generationen beachten.

Konservative Altersvorsorgeprodukte nicht mehr attraktiv genug

Aktien sind für die Altersvorsorge auch deshalb interessant, weil konservative Vorsorgemöglichkeiten seit der Jahrtausendwende immer weniger Rendite versprechen. Dazu beigetragen hat das Alters einkünftegesetz, mit dem der Gesetzgeber die Besteuerung der Lebens- und Rentenversicherungen seit 2005 neu regelt. Seither sind alle gesetzlichen Renten einer Versteuerung unterworfen. Ziel ist eine Veranlagung von 100 Prozent im Jahr 2040, die bis dahin in jährlichen Etappen erhöht wird.

Noch gravierender war der Einschnitt bei den Kapital-Lebensversicherungen. Mit der gesetzlichen Neuregelung sind alle ab 2005 abgeschlossene Verträge bei Auszahlung vollumfänglich zu versteuern. Für die Deutschen, zu deren Lieblingsprodukten die Lebensversicherung in Sachen Altersvorsorge zählt, ist dies mit erheblichen Rendite einbußen verbunden. Vor allem der Zinseszinseffekt fällt nach der Bereinigung wesentlich geringer aus. An Attraktivität verloren haben Lebens- und Rentenversicherungen auch deshalb, weil die Versicherungskonzerne den Garantiezinssatz sukzessive von vier Prozent im Jahr 1994 auf aktuell 1,75 Prozent senkten.

Die sowohl in der Vergangenheit als auch gegenwärtig beliebteste Altersvorsorge ist das Wohnen in den eigenen vier Wänden. Allerdings hat der Staat auch hier eingegriffen und die Eigenheimzulage im Jahr 2004 komplett gestrichen. Bis dahin waren Wohnungsbauten mit einer Grundförderung von 1 250 Euro zuzüglich einer Kinderzulage je Kind von 800 Euro subventioniert worden.

Mit den Riester-Verträgen im Jahr 2002 schuf die Politik eine Möglichkeit der privaten Rentenvorsorge, die von einer staatlichen Zulage gefördert wird. Heute, elf Jahre danach, interessieren sich jedoch immer weniger Menschen für diese Produkte. Während 2007 noch 2,7 Millionen Riester-Verträge abgeschlossen wurden, waren es im gesamten Jahr 2012 gerade einmal 350 000. Eine mögliche Erklärung hierfür könnten die geringen Auszahlbeträge bei Renteneintritt sein. Auch undurchsichtige Regelungen und geringe Flexibilität führten zu einem Vertrauensverlust in die von den Medien kontrovers diskutierte Möglichkeit der Altersvorsorge.

Sparpläne verhindern das Risiko des falschen Einstiegszeitpunkts

Im Wertpapierbereich eignen sich besonders Sparpläne für die Altersvorsorge. Anleger investieren regelmäßig - meistens monatlich - eine feste Summe in einen Investmentfonds, einen ETF oder eine Aktie. Wenn der Kurs des Wertpapiers niedrig ist, erwirbt er entsprechend mehr Anteile als in einer Hausse. Über die Jahre hinweg profitiert der Anleger so von einem Kostendurchschnittseffekt. Das Risiko des falschen Einstiegszeitpunkts fällt somit weg. Außerdem fallen für Sparpläne mit zahlreichen Wertpapieren bei der DAB Bank und anderen Direktbanken keine Gebühren an.

Sparpläne sind vollkommen flexibel und transparent. Die Sparer können die Einzahlung zeitweise aussetzen oder die Sparsumme je nach Lebenssituation flexibel senken oder erhöhen. Außerdem können sie jederzeit nachverfolgen, wie hoch die angesparte Summe bereits ist. Diese kann man sich dann auch in Raten auszahlen lassen - im Rahmen eines Auszahlplans. Das restliche Kapital kann dann im Depot weiter für den Anleger arbeiten und eine Rendite erzielen.

Dividendenpapiere besonders attraktiv

Konservative Anlageprodukte bieten nur eine geringe Rendite. Allerdings spielt das Thema Sicherheit bei der Geldanlage im Alter eine große Rolle. Viele Rentner meiden deshalb nach wie vor Aktien wegen den Kursschwankungen an den Börsen. Allerdings gibt es durchaus Produkte, die einen Puffer gegen das Auf und Ab an den Märkten bilden. Besonders geeignet sind beispielsweise Aktien, die über Jahre hinweg hohe Dividenden ausschütten. Dabei handelt es sich meist um Papiere von Unternehmen mit gesunden Bilanzen und nachhaltigen Geschäftsmodellen, die langfristiges Wachstum versprechen.

Ein eindeutiger Vorteil ist die regelmäßige Ausschüttung des Dividendenbetrages, der wie eine zusätzliche Rente betrachtet werden kann. Dividendenpapiere ähneln also Anleihen, nur dass die ausgeschütteten Erträge jährlich neu festgelegt werden. Zudem bieten sie die Chance auf zusätzlichen Wertzuwachs und eine höhere Rendite, wenn der Kurs des Unternehmens steigt.

Dividendenpapiere vereinen also die Vorteile von Aktien und Anleihen und sollten ein Baustein jeder Altersvorsorge sein. Die Charts der letzten Jahre sprechen für sich: Wenn es an den Börsen abwärts ging, haben Aktien mit einer hohen Dividendenausschüttung im Durchschnitt wesentlich weniger an Wert verloren als solche, die keine zusätzliche Auszahlung vornehmen.

Immer mehr Anleger nutzen Online-Quellen

Personen, die sich bereits mit dem Thema Geldanlage beschäftigen, sind sehr offen für Aktien und andere Wertpapiere. Die Universität Leipzig veröffentlichte 2012 eine Anlegerstudie, die das Investmentverhalten und die Informationsgewohnheiten von insgesamt 530 erfahrenen Privatanlegern untersucht hat. 98 Prozent handeln demnach mit Aktien, 59 Prozent mit Investmentfonds und 46 Prozent investieren ihr Geld in Unternehmensanleihen. Das Durchschnittsalter der Befragten liegt bei rund 56 Jahren.

Nimmt man diesen statistischen Mittelwert, so investiert gerade diejenige Altersgruppe in Aktien, die über das meiste Geld verfügt. 89 Prozent geben an, dass ihr Anlageziel ein langfristiger Vermögensaufbau und -erhalt ist. Dies lässt den Schluss zu, dass die an der Umfrage beteiligten Anleger, rund zehn Jahre vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter, Aktien, Fonds und Anleihen für ihre Altersvorsorge nutzen.

Interessant ist zudem, woher die Aktionäre die Informationen für ihre Entscheidungen beziehen. Die Studie ermittelte, dass, wie beim Börsenhandel selbst, auch die Informationsbeschaffung größtenteils über das Internet abgewickelt wird. Über 96 Prozent der Befragten geben an, dass sie bei der Recherche zu Anlageinformationen auf Online-Medien zurückgreifen. Die wichtigste Informationsquelle für alle Anleger sind die Online-Dienste der Wirtschaftsmedien. Angebote der Unternehmenswebsites mit ihren Investor-Relations-Bereichen, werden ebenfalls gerne zur Informationsgewinnung genutzt.

Für die Gruppe der über 69-jährigen sind die online verfügbaren Geschäfts- und Quartalsberichte sogar noch relevanter. Dass die Gruppe der über 69-jährigen Hauptversammlungen von Unternehmen am häufigsten besucht, spricht zudem für das große Interesse von Rentnern für Aktien. Die Offenheit für den regelmäßigen Umgang mit Online-Medien könnte zudem den Handel mit Wertpapieren zukünftig positiv beeinflussen.

Demografischer Wandel bietet Chancen für Handel mit Wertpapieren

Der demografische Wandel muss sich nicht unbedingt rückläufig auf den Handel von Wertpapieren auswirken. Vielmehr bietet er signifikante Chancen. Laut Angaben des Deutschen Aktieninstituts hat sich die Zahl der Aktien- oder Fondsbesitzer im Jahr 2012 um 2,3 Prozent auf 8,8 Millionen erhöht. Hier ist weiterhin Luft nach oben.

Besonders ältere Generationen verfügen über mehr Geld, das sie im Laufe des Lebens angespart haben. Dieses kann und sollte spätestens im Renteneintrittsalter sinnvoll investiert werden.

Zudem steigt die Affinität der älteren Generation, sich mit alternativen Anlagemärkten und Online-Handel zu beschäftigen. Früher war der Gang zur Bank oder Versicherung bei der Geldanlage die einfachste Lösung. Heute kann jeder eigenständig Investitionen über Online-Banken tätigen. Kommende Generationen sind darüber hinaus noch stärker im Umgang mit Computer und Internet vertraut.

Wichtig ist jedoch, dass Anleger über die Chancen von Wertpapieren und Risiken einer schleichenden Inflation aufgeklärt werden. Wirtschafts- und Finanzmedien haben hier eine hohe Bedeutung als Vermittler und Meinungsbildner.

Alte Faustregeln für die Depotstruktur gelten immer weniger

Obwohl das Thema Sicherheit bei der Altersvorsorge eine große Rolle spielt, müssen Renditechancen konsequent berücksichtigt werden. Und genau hier sind Aktien und andere Wertpapiere den konventionellen Anlagemethoden vorzuziehen.

Einhergehend mit der Individualisierung der Lebenswürfe gelten auch allgemeine Faustregeln immer weniger. Früher galt als Richtwert für den prozentualen Anteil der Aktien innerhalb eines Depots: 80 minus Lebensalter. In einer immer älter werdenden Gesellschaft sollte diese Regel aber in jedem Fall entsprechend angepasst werden; 100 minus Lebensalter könnte etwa die zukünftige Richtlinie für die Aktienquote eines Portfolios sein. Denn letztlich ist vor allem die sinnvolle Zusammensetzung des Portfolios der Garant für einen sorgenfreien Lebensabend.

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