Blickpunkte

Auskunfteien - Immer in der Defensive

Wer etwa geglaubt hatte, nach dem BGH-Urteil in Sachen Score-Formel würde bei der anhaltenden Kritik an der Schufa endlich Ruhe einkehren, der hat sich getäuscht. Wieder einmal hat Deutschlands größte Auskunftei ohne eigenes Zutun Schlagzeilen gemacht, nachdem der NDR am 10. April eine "Geheime Liste" veröffentlichte, die Auskunft darüber geben soll, worauf das Unternehmen bei der Errechung des Score-Wertes am meisten achtet.

Am wichtigsten sei demnach das Alter einer Information, also etwa die Angabe darüber, wie lange eine Bankverbindung bereits besteht oder wie lange jemand bereits an seiner derzeitigen Adresse wohnt. Negativinformationen wie nicht bezahlte

Rechnungen oder Privatinsolvenzen tauchen dem Bericht zufolge erst an fünfter Stelle der Rangliste auf und hätten somit einen weniger starken Einfluss auf das Scoring als bisher vermutet. Auch die Anzahl aufgenommener Kredite rangieren in der Liste relativ spät unten - was jedoch nicht heiße, dass sie nicht großen oder sogar den größten Einfluss auf die Bonitätsnote haben könnten. Damit ist nun alles klar, oder?

Warum der NDR diese "geheime Liste", die nach Angaben des Senders bereits im Juli 2010 im Vorfeld eines Treffens von Schufa-Vertretern mit Datenschutzbehörden der Länder erstellt wurde, gerade jetzt veröffentlicht, bleibt ebenfalls im Dunkeln. Dass das Unternehmen sich durchaus rechtskonform und mittlerweile mit höchstrichterlichem Segen betätigt, wird nur am Rande erwähnt und geradezu zum Skandalon stilisiert. Vielmehr erweckt der Bericht den Eindruck, als sei nun der hessische Datenschutzbeauftragte Prof. Michael Ronellenfitsch als zuständige Aufsichtsbehörde am Zug, neue Auflagen zu machen.

Eben dieser hatte jedoch am 30. Januar dieses Jahres das Urteil des BGH vom 28. Januar ausdrücklich begrüßt und festgehalten, dass das Scoringverfahren der Schufa seiner Auffassung nach "ausreichend transparent" sei. Zwar hatte der hessische Datenschutzbeauftragte eingeräumt, dass eine noch größere Transparenz der Bedeutung einzelner Merkmale für den Scorewert weitere Unsicherheiten im Ungang mit Scoringverfahren reduzieren könne. Die höchstrichterliche Reduzierung der Transparenz sei jedoch gerechtfertigt, weil es eben vielfältige Faktoren gebe, die das Scoring beeinflussen. Auf diese Verlautbarung der zuständigen Datenschutzbehörde geht der NDR freilich nicht ein. Dies überlässt er der Schufa selbst.

Der Fall zeigt wieder einmal, dass sich die Öffentlichkeit am Scoring überhaupt reibt. Dass manche ihre Kredite leichter oder zu günstigeren Konditionen bekommen als andere wird als ungerecht empfunden. Egal welche Änderungen hier vorgenommen werden - die Unzufriedenheit wird immer bleiben. Und die Schufa als größte Wirtschaftsauskunftei des Landes steht dabei naturgemäß im Rampenlicht - und immer in der Defensive. Für die Öffentlichkeit des Unternehmens ist das eine denkbar ungünstige Voraussetzung. Red.

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