Wettbewerb im Retailbanking

Bankassekuranz mal anders - das Beispiel Bankhaus Schilling

Bank- und Versicherungsprodukte können artverwandte Produkte sein. Sie können unter Vertriebsaspekten manchmal zusammenpassen - sie müssen aber nicht zwangsläufig zusammenpassen. Die Geschichte Bankprodukte und Versicherungsprodukte zusammen an den Mann zu bringen, den Kunden von zwei Seiten anzugreifen, ist in der Vergangenheit und sicherlich auch in der Zukunft von Höhen und Tiefen gekennzeichnet.

Der Versuch, diese Produkte zusammenzubringen, wurde öfters unternommen manchmal ist er fehlgeschlagen - es gibt jedoch auch Erfolgsstories.

In der Theorie ist dies sehr einfach. Der Kunde vertraut dem Versicherungspartner oder Bankpartner und bezieht einerseits Bankprodukte andererseits Versicherungsprodukte von diesem. Man kann dadurch Kosten sparen und den Ertrag am einzelnen Kunden entsprechend erhöhen.

Dieser Kampf um den Kunden jedoch ist nicht stehen geblieben - er ist in der Vergangenheit sowohl von Versichererseite wie auch von Bankenseite immer intensiver geworden. Zu den klassischen Vertriebsmodellen der Bank, des Ein-Mann-Versicherungsvertreters, des Versicherungsmaklers haben sich die Strukturvertriebe entsprechend hinzugesellt. Sie sind ergänzt worden durch Online-Vertriebsgesellschaften und die Vertriebswege haben sich entsprechend angepasst.

Heute kann kein Versicherungsunternehmen mehr ohne Bankprodukte insbesondere im Renten- und Lebensbereich seinen Ertrag finden - Banken können ohne Lebens- und Rentenversicherungen nicht leben. Der Vertrieb von Bausparprodukten und sonstigen Bank- und Versicherungsartverwandten Produkten wird ebenso vorgenommen. Der Prototyp der Finanzdienstleistung, der vor Jahren noch eine abzugrenzende Unterscheidung zwischen Versicherung und Bank hatte, hat sich in der Zwischenzeit durch Zusatzprodukte immer mehr verwischt.

Vertriebsmitarbeiter in kulturellen Heckenkämpfen

Dennoch unterscheiden sich Banken und Vertriebsprodukte unter zwei Gesichtspunkten. Einmal sind Versicherungsprodukte "Ausfallprodukte". Man erkauft eine Sicherheit, die im Schadensfall gezogen werden kann - das Produkt ist nicht sehbar, nicht fühlbar und nicht greifbar. Bankprodukte sind jedoch in der Regel Dienstleistungsprodukte, Produkte mit einem messbaren Erfolg.

Durch diese Unterschiedlichkeit des Produktes hat sich auch in der Vergangenheit und sicherlich auch in der Zukunft der Vertriebsweg unterschiedlich aufgebaut. Der Versuch, den Vertrieb von diesen beiden Unterschieden auf eine Vertriebsperson zu konzentrieren, bringt die Vertriebsperson zwangsläufig in kulturelle Heckenkämpfe.

Welchen Weg ist die Bank Schilling gegangen? Die Bank Schilling ist ein klassisches Privatbankhaus. Die Inhaberfamilie war sowohl im Bereich des Versicherungsmaklervertriebes und der Versicherungsmaklerbetreuung, wie aber auch im Bankenbereich zuhause. Heute sind unter dem Dach der Bank Schilling 350 Mitarbeiter im Bereich Bank, Versicherung und Leasing vertriebstechnisch unterwegs. Diese Form der Mehrfinanz wird seit 1966 konsequent betrieben.

Auch im Hause der Bank Schilling gab es über Jahre hinweg den Versuch, Produktgruppen auf Vertriebspersonen zu bündeln, um so den Vertrieb am Kunden, den Nutzen des einzelnen Kunden entsprechend zu erhöhen. Aber auch im Hause der Bank Schilling musste man einsehen, dass dieser Versuch über Dauer hinweg nicht mit Erfolg gekrönt war.

Die Bank, eine der großen mittelständischen völlig unabhängigen Privatbanken, konzentriert sich heute auf das Vermögens-, Verwaltungs- und Anlagengeschäft, auf den Handel mit festverzinslichen Wertpapieren mit institutionellen Partnern sowie auf ein eingeschränktes Zinsgeschäft. Der klassische Ansatzpunkt des Firmenkunden, der vor 20 Jahren noch große Bedeutung hatte, wurde durch das Privatkundengeschäft überlagert, Firmenkunden insbesondere auch im debitorischen Bereich stellen die Ausnahme dar.

Versicherungsmakler betreut vornehmlich Firmenkunden

Der Versicherungsmakler hat sich konträr entwickelt. Angefangen mit Eckpunkten im klassischen Privatkundengeschäft, quasi als Mehrfachagentur, sind heute mittelständische und große Industriekunden aus Dienstleistung, Produktion und Handel das umworbene Klientel. Heute werden zirka 3 000 mittelständische Kunden, die in der Regel ein Prämienvolumen über 50 000 Euro haben, ausschließlich von Versicherungsspezialisten im Versicherungsbereich maklertechnisch sowohl im In- und Ausland betreut. In der Bank wer den in der Regel von Spezialisten private Kunden sowohl im In- und Ausland vermögenstechnisch entsprechend betreut.

Der Bereich Leasing, der sich ebenso auf das Firmenkundengeschäft versteht, ist eher im kleineren mittelständischen Segment unterwegs. Hier ist das Kfz-Geschäft des mittelständischen Firmeninhabers, das medizintechnische Geschäft des Mediziners um die Ecke sowie weitere klassische mittelständische Finanzierungsformen im Vordergrund.

Die Bank Schilling Gruppe kann heute auf keines der Standbeine verzichten. Jedes der Standbeine hat sich jedoch in der Zwischenzeit verselbstständigt und geht seinen eigenen Weg. Die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Vertriebsbereichen ist einerseits erwünscht, aber vielfach, auch im Sinne des Einzelvertriebs nicht gewünscht.

Heute, nach 30 Jahren Erfahrung im Vertrieb sind gegenseitige Empfehlungen erwünscht, sie bilden jedoch nicht die Regel. In der Vergangenheit hat dieses Vertriebssystem immer zu einem guten Ertrag der Gesamtbank geführt.

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag des Autors beim Privatkundenforum 2009.

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