Kommunikation

Banken entdecken das Mitmach-Netz

63 Prozent der deutschen Bankmanager wollen die Beliebtheit des Web 2.0 nutzen und bieten verstärkt Community-Banking im Internet an. Sie reagieren damit auf die steigende Nutzung sozialer Netzwerke wie Facebook und Xing: 26 Millionen Deutsche waren im dritten Quartal 2009 auf Xing und Co. aktiv. Das sind 3,6 Millionen mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres, ermittelte der ITK-Branchenverband Bitkom. Die Gemeinde des Microblogging-Dienstes Twitter wächst derzeit am stärksten. Binnen zwölf Monaten sprang die Zahl der Nutzer von 72000 auf 1,8 Millionen.

Das Engagement der Banken in den sozialen Netzwerken ist unterschiedlich. Die Mehrheit beschränkt sich vorerst auf die reine Kommunikation mit Kunden und Nichtkunden. Beim Bereitstellen echter Banking-Dienstleistungen, wie die Möglichkeit zur Kontoabfrage, zögern viele Geldinstitute dagegen. Das ist das Ergebnis der Studie "Branchenkompass Kreditinstitute", die von Steria Mummert Consulting und dem F. A. Z.-Institut erstellt wurde.

Das Internet als Vertriebskanal hat für die Banken schon seit Jahren eine enorme Relevanz. 74 Prozent der Branchenentscheider sind überzeugt, dass das Web nach dem Bankschalter der wichtigste Ort ist, um mit Kunden zu kommunizieren und Informationen anzubieten. Webseiten mit Produkt- und Serviceangeboten, Kontaktmöglichkeiten sowie Onlinebanking sind inzwischen selbstverständlich.

Social Media für viele Institute Neuland

Neuland ist für viele Institute der Einsatz von Social-Media-Angeboten. Erst allmählich entdecken sie Plattformen wie Xing, Facebook und Twitter für Vertriebszwecke. Treiber sind die großen Besucherströme in den sozialen Netzwerken. Studi-VZ (14,6 Millionen), Wer-kennt-wen (6,2 Millionen), Facebook (5,6 Millionen), My-Space (5,1 Millionen) verzeichnen derzeit die meisten Nutzer. Der Kurznachrichtendienst Twitter bringt es aktuell auf rund zwei Millionen Mitglieder.

Mit dem Auftritt auf Social-Media-Plattformen versprechen sich die Banken vor allem ein direktes Kundenfeedback. Gleichzeitig wollen sie so zeitnah auf Anregungen und Kritiken reagieren.

Neben den sozialen Netzwerken bieten weitere Web-2.0-Dienste Ansätze für die Kundenkommunikation. Das Einrichten von Blogs und Foren fördert zudem den Austausch der Kunden untereinander. Per RSS-Feeds können die Institute ihre Kunden über Webseiten-Aktualisierungen auf dem Laufenden halten. Per Social Bookmarks lassen sie die Kunden die für sie relevanten Informationen weiterempfehlen und verbreiten. Darüber hinaus sind die Banken durch Audio- und Videocasts in der Lage, Beratung im Internet anzubieten und komplexe Anlagethemen verständlich zu vermitteln.

Vorreiter sind Nischenanbieter ...

Die Nutzung sozialer Netzwerke und des Web 2.0 fällt je nach Bank noch sehr unterschiedlich aus. Vorreiter sind kleinere Institute und neue Anbieter.

Die GLS Bank aus Bochum war beispielsweise eines der ersten Institute mit einer Online-Präsenz bei Facebook. Mittlerweile bedient das Geldinstititut alle relevanten Web-2.0-Kanäle, wie Twitter, Youtube und das Bildernetzwerk Flickr.

Die Noa Bank, genauso wie die GLS ein Spezialanbieter für nachhaltige Investments, geht in Sachen Social Media ähnliche Wege. Die Bank nutzt die offene Kommunikation der sozialen Netzwerke, um ihre Philosophie einer verantwortungsbewussten Geldanlage voranzutreiben. Mit der Community www.anderebank.de grenzt sich das Institut zudem von etablierten Banken ab.

Die Web-2.0-Idee des Mitwirkens nutzen die Pioniere in Sachen Community Banking, Fidor und Smava. Bei der Fidor Bank können die Nutzer Produkte und Konditionen mitgestalten und sich untereinander beraten. Das Kreditportal Smava nutzt und delegiert die Kreditvergabeentscheidung an die Einleger und macht damit klassische Banken als Vermittler von Darlehen überflüssig.

Ein Beispiel, wie Finanzdienstleister Social Media als Weg aus der Vertrauenskrise einsetzen, ist das Börsenportal Sharewise. Der Anbieter setzt bewusst auf eine Open-IR-Politik - eine neue, offene Kommunikation zwischen Unternehmen und Anlegern. Die Anleger geben sich untereinander Tipps und können so Risiken bestimmter Investments besser einschätzen.

... die Großen ziehen nach

Die etablierten Großbanken sind etwas träger, wenn es um die Umsetzung von Social-Media-Kommunikation geht. Allerdings befürchten sie zunehmend den Verlust von Marktanteilen durch die neuen Wettbewerber.

Die Deutsche Bank hat deshalb mittlerweile auf ihrem Firmenauftritt im Internet eine eigene Seite mit Social-Media-Diensten eingerichtet. Der Konzern bedient je nach Thema unterschiedliche Kanäle. Sie bietet fünf Auftritte bei Youtube, twittert auf acht verschiedenen Feeds und ist bei Facebook mit mehren Gruppen aktiv.

Die Commerzbank lässt sich dagegen mit Aktivitäten im sozialen Netz Zeit. Nur die Online-Tochter Comdirect twittert. Es sollen erst einmal Erfahrungen mit dem Nachrichtendienst gesammelt werden, bevor ein Facebook-Auftritt folgen wird.

Die Sparkassen, ausgestattet mit dem dichtesten Filialnetz der Branche, setzen auch online auf Kundennähe und ein breites Social-Media-Angebot. Beispielsweise ist die Sparkasse Bodensee im Social Web aktiv. Dank eines umfangreichen

Facebook-Auftritts mit Veranstaltungshinweisen, Fotos und einem Diskussionsbereich hat das Institut zahlreiche Anhänger. Die Hamburger Sparkasse bietet als Besonderheit ein Tool, das den Kunden per Smartphone zum nächsten Sparkassen-Bankautomaten oder zur Filiale führt.

Echte Bankingdienste scheitern noch an Sicherheitsbedenken

Noch erfüllen Facebook, Xing und Co. nicht die Sicherheitsstandards, die für die Einführung echter Bankdienste nötig sind, beispielsweise das Abwickeln von Überweisungen. Die Banken scheuen sich, sicherheitssensible Optionen anzubieten, solange das hohe Niveau des bisherigen Onlinebankings nicht gesichert ist. Der Zugriff auf das persönliche Konto und das Finanzmanagement wird deshalb in die Zukunft verschoben. Allerdings zeigen Pilotprojekte der Online-Bezahldienste Paypal und Clickandbuy mit ihren Face-book-Apps, dass auch Onlinebanking in sozialen Netzwerken künftig möglich sein wird.

Die großen Web-2.0-Unternehmen prüfen bereits ihre Systeme und entwickeln Lösungen, um die riesige Anzahl an Nutzern besser vor Identitätsdiebstahl, Viren-Attacken, Spam und Online-Betrügereien zu schützen.

Banken brauchen Web 2.0

Wenn sich der Trend zur intensiven Nutzung sozialer Netzwerke fortsetzt, werden immer weniger Banken diesen auf Dauer ignorieren können. Selbst Unternehmen, die noch nicht im Web 2.0 aktiv sind, müssen darauf achten, wie im Social Web über sie berichtet wird, und darauf reagieren.

Beim Kundendialog über Facebook und Co. sind Regelungen gefragt, die beispielsweise festlegen, welcher Mitarbeiter sich direkt an die Kunden wenden darf. Auf Managementebene ist zu bestimmen, wie auf Basis der bestehenden oder neuen Geschäftsmodelle die Möglichkeiten von Web 2.0 für Bankdienstleistungen genutzt werden sollen. Dazu gehört auch, dass die Geldinstitute klären, wie mit dem Verlust der Informationshoheit umzugehen ist und wie authentisch sie beim Einsatz von Social-Media-Kommunikation, beispielsweise über Blogs, bleiben können.

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