Marktforschung

Banken-Image: Genossen "kumpelhaft", Deutsche Bank "elitär"

Welche Werte der Kunde mit seiner Bank verbindet, ist heute
entscheidend für den Erfolg der Kreditinstitute, die zunehmend zu
Marken werden. Nicht die Leistung allein, sondern vor allem das Bild
im Kopf des Verbrauchers ist entscheidend für die Wahl seiner Bank.
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Sinkende Markenloyalität, erhöhte Bereitschaft zum Wechsel, steigender
Kostendruck, unzureichende Effizienz im Retailgeschäft und immer
anspruchsvollere Kunden waren der Anlass für BBDO Consulting, sich den
Markt der klassischen Banken einmal aus Sicht des Verbrauchers
anzuschauen.
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Die im September 1999 durchgeführte Brand Perception Audit Studie
untersucht das Image einzelner Anbieter. Mit Hilfe von Face-to-face
Interviews, Clusterbildung und Skalierungsverfahren wurde
herausgearbeitet, welches Leistungs-, Werte- und Verwenderimage
eindeutig mit jeder Bank verbunden wird. Befragt wurden 80 Personen
mit einer Hauptkontoverbindung bei verschiedenen Großbanken im Alter
zwischen 30 und 50 Jahren, 30 Prozent Frauen, 70 Prozent Männer mit
einem Haushaltsnettoeinkommen von über 3000 DM. Die Probanden wurden
zunächst nach Bekanntheit und Verwendung der Marken befragt und
sollten dann die verschiedenen Stimuli zu den bekannten Marken
zuordnen. Anschließend wurden die Stimuli auf den Skalen Wichtigkeit
und Sympathie beurteilt.
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Im Ranking der wichtigsten Attribute, die einer Bank zugeordnet
werden, steht an erster Stelle: der Kunde will vor allem ernst
genommen werden ­ auch heute noch sieht sich der Kunde als klein und
unbedeutend gegenüber der großen, mächtigen Bank, ein Bittsteller, der
eigentlich nur möchte, dass seine Aufträge rasch und fehlerlos
ausgeführt werden. Ergebnisse aus der rein qualitativen Marktforschung
bestätigen dies: Ihm ist bewusst, dass seine Geldangelegenheiten
letzten Endes in seiner eigenen Verantwortung liegen und wünscht sich
deshalb umso mehr, dass ihn jemand tatkräftig und pro-aktiv
unterstützt. Es verwundert nicht, dass bei den Werten Ehrlichkeit,
Verlässlichkeit, Sicherheit und Vertrauen an oberster Stelle bei den
Kunden stehen.
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Deutsche Bank als Bank für Großverdiener
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Die Deutsche Bank hat von allen Banken das ausgeprägteste Image ­
gleichzeitig scheinen die ihr zugeordneten Werte wenig
kategorie-relevant zu sein.
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Sie wird vor allem als international agierend, machtvoll und elitär
empfunden.
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Das Verwender Image, also die Einschätzung der "typischen" Kunden, ist
­ genau wie in der Studie von 1993 ­ eher männlich, älter als 45
Jahre, sehr hoher Status und eher unsympathisch.
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Die Attribute-Zuordnung vermittelt keine Emotionalität und wenig Nähe
zum Verbraucher; es ist eine Bank für Großkunden und -verdiener,
gleichzeitig finden sich aber auch keine rationalen Attribute wie
Fachwissen oder Kompetenz.
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Dresdner Bank: sympathischer als 1993?
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Die Dresdner Bank gilt als seriöse, traditionsreiche Großbank und
vermittelt Sicherheit und kompetente Anlageberatung. Im Vergleich zur
Deutschen Bank steht Tradition stark im Vordergrund, während diese es
geschafft hat, dynamischer aufzutreten und mit der Zeit gegangen zu
sein scheint. Gegenüber der Studie von 1993 sind Werte wie "Erfahrung
mit Geldanlagen", "erste Adresse für Vermögensaufbau" und "ist eine
Beraterbank" hinzugekommen. Das Verwender Image ist seriös,
sympathischer als 1993 und breiter in Geschlecht und Alter geworden:
35 bis 55 Jahre, männlich und weiblich.
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Commerzbank als Geschäftskundenbank
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Die Dresdner Bank konnte sich vom Image her von der Deutschen Bank
differenzieren, das heißt sie ist weniger machtorientiert und
insgesamt etwas "weiblicher" geworden.
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Der Verbraucher sieht die Commerzbank als sympathische, kultivierte
und zielorientierte Bank für Geschäftskunden und vermögende
Privatkunden. Im Vergleich zu ihren engsten Mitbewerbern ist sie
allerdings relativ profilschwach. Sie kann dem Verbraucher in ihrer
Kommunikation keine wichtigen Produktleistungen vermitteln, ist aber
in der Lage, mit zugeordneten Werten wie Kultiviertheit,
Zielstrebigkeit und Intelligenz das Image als Geschäftskundenbank zu
untermauern. Diese Werte finden sich im Verwender Image wieder:
sympathisch, recht jung (35 bis 50 Jahre) und überwiegend weiblich.
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Der Hypovereinsbank ist es gelungen, sich vom traditionellen,
altmodischen Image der beiden Vorgängerbanken zu lösen, Vertrauen
beizubehalten und heute mit Modernität und Individualität verbunden zu
werden.
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Hypovereinsbank gilt als moderne Bank
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1993 wurden die Hypo-Bank und die Vereinsbank hauptsächlich mit Werten
wie Tradition, Gehorsam und Tugend sowie sehr alten, überwiegend
männlichen Verwendern in Verbindung gebracht. Auch die projektive
Verwenderschaft ist deutlich sympathischer geworden, vom Alter her
allgemein jünger und breiter gestreut, was Attraktivität und
Gelassenheit vermuten lässt. Allerdings sind die heute bei der
Hypovereinsbank wahrgenommenen Werte und Attribute überwiegend weniger
wichtig innerhalb der Kategorie (Top 10 der wichtigsten Werte und
Attribute), mit einer Ausnahme: ihr wird Vertrauen geschenkt.
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Jugendmarketing der Sparkassen erfolgreich
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Den Sparkassen hängt weiterhin ein sehr mütterliches Image an.
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Die Sparkasse ist die Familien Bank mit sehr hoher lokaler Präsenz für
kleine Leute (eher Frauen), was für ihre emotionale Nähe spricht.
Gegenüber 1993 ist ihr Bild weitestgehend unverändert und sehr
eindeutig.
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Ein wichtiges Kriterium ist nach wie vor die dominante Präsenz der
Sparkassen ­ viele Geldautomaten, viele Filialen.
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Zusätzlich werden "Angebote für Jugendliche" mit der Sparkasse
verbunden ­ ein Indiz für erfolgreiche Kommunikation. Diese Tendenz
zeigt sich auch im Verwender Image. Es ist jünger und sympathischer
geworden und bietet Zugang für jeden. Die zugeordneten Werte sind sehr
weiblich und familienorientiert ­ Familie, Sparsamkeit, Beliebtheit,
Geborgenheit und Vertrautheit.
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Genossen nur für "kleine Leute"?
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Das Image der Volks- und Raiffeisenbanken ist nach wie vor altmodisch
und "kumpelhaft". Sie besetzen heute aber zusätzlich wichtigere
Eigenschaften wie Kundennähe und Altersvorsorge und werden mit
positiven Werten wie Freundlichkeit, Partnerschaftlichkeit und
Ehrlichkeit verbunden. Das Verwenderimage ist relativ unverändert
gegenüber 1993: unsympathisch, von niederem Status (Arbeitermilieu),
40 bis 55 Jahre alt und männlich.
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Postbank-Image verschlechtert
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Die Postbank ist eine Bank für den preisbewussten Normalverbraucher,
ein Image, das durch die zugeordneten rationalen Benefits unterstützt
wird.
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Im Verlaufe der vergangenen Jahre scheint die Wahrnehmung eher
traditioneller und noch älter geworden zu sein, was sich sowohl im
Verwender Image als auch bei den zugeordneten Werten wie Pünktlichkeit
und Ordnung zeigt.
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Nicht mehr zugeordnet werden Bequemlichkeit, Unabhängigkeit und
Freiheit.
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BfG Bank: gutes Preis-Leistungsverhältnis
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Die BfG Bank positioniert sich aus Sicht der Verbraucher erfolgreich
als Bank für den cleveren Privatkunden, der sich an rationalen
Benefits orientiert und auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
achtet.
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Von ihrem Image als Gewerkschaftsbank mit den Werten Solidarität und
Gerechtigkeit konnte sie sich lösen, denn Bankkunden sehen die BfG
Bank heute als Beraterbank mit niedrigen Kontoführungsgebühren und
günstigen Kreditzinsen. Relevante emotionale Stützen wie Intelligenz,
Kreativität und Aufgeschlossenheit helfen, das Image der cleveren Bank
zu untermauern.
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Die Citibank hat ein sehr jugendliches, aufgeschlossenes Image,
welches von rationalen, heute zentralen Attributen im Servicebereich
und seiner projektiven sympathischen Kundschaft erfolgreich
unterstützt wird. Sie steht für Service-Orientiertheit, Flexibilität,
Aufgeschlossenheit und sogar Kreativität.
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Welche Implikationen kann man nun daraus ableiten? Was bedeuten diese
Ergebnisse für die einzelnen Banken?
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Es ist interessant, dass die Attraktivität der Deutschen Bank
weiterhin sehr groß ist, obwohl ihr relativ unwichtige Attribute und
Werte (siehe Top 10) zugeordnet werden. Wenn es gelingt, das Image der
Deutschen Bank mit Hilfe des Zusammenschlusses mit der Bank 24 durch
die "Injektion" neuer Werte, wie Frische, Jugendlichkeit, Modernität
und Convenience zu verändern, wird sich die Deutsche Bank 24 dem Image
der Hypovereinsbank annähern. Die Launch-Werbekampagne schien dies zu
bezwecken, birgt allerdings auch die Gefahr der Undifferenziertheit in
sich.
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Dresdner ohne klares Profil
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Der Dresdner Bank wird die Eigenschaft "ist Beraterbank" zwar häufig
zugeordnet. Sie kann diese Position aber nicht als einziges der
Kreditinstitue besetzen, ähnlich hohe Zuordnung erfahren die anderen
Banken im Cluster. Des Weiteren ist es fraglich, ob Internationalität
und Größe der Dresdner Bank im Umfeld ihres Segmentes durch den
Verbraucher wahrgenommen werden. Letztendlich unterscheidet sie sich
in ihrer Positionierung nicht klar genug von ihrem großen Nebenbuhler,
der Deutschen Bank ­ ein Gedanke, der eine Fusion unter anderem
sinnvoll erscheinen ließ.
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Commerzbank als Bank für Intellektuelle?
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Die Commerzbank hat es geschafft, ein sehr sympathisches und
attraktives Image aufzubauen. Es könnte ihr gelingen, eine
Nischenposition als "intellektuelle" Bank für gebildete Vermögende zu
besetzen.
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Die Hypovereinsbank hat in nur einem Jahr nach der Fusion ein komplett
neues Image annehmen können. Es besteht allerdings das Risiko, dass
aufgebaute Werte und Attribute nicht "gelebt" werden und damit in
ihrer Wirkung verpuffen.
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Sparkassen-Marketing stärker auf Kompetenz konzentrieren
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Die starke sachliche und emotionale Nähe und Verbindung mit weiblichen
Werten der Sparkassen ist ein Asset, steht aber nicht gerade für
Kompetenz. Deshalb sollten die Sparkassen vor allem im Hinblick auf
wachsende Vermögensbestände und das steigende Interesse an
Anlagemöglichkeiten vieler Bürger Fachwissen und Kompetenz bei
Problemlösungen kommunizieren.
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Das "harmlose, kumpelhafte" Image (Freundlichkeit, Geduld,
Rücksichtnahme) kann den Volks- und Raiffeisenbanken schnell zum
Nachteil gereichen und sie in eine Abseitsposition bringen. Das Image
sollte jünger und sympathischer werden, Fachwissen und Respekt wären
hilfreiche Stützen.
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Die Postbank bedarf dringend der Unterstützung durch emotionale Werte
und Eigenschaften. Eine Bank, die schlicht "nützlich" ist, hat wenig
Chancen auf einem von wachsendem Konkurrenzdruck gekennzeichneten
Markt.
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BfG von den Genossen differenzieren
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Die BfG-Bank ist vom Profil her den Volks- und Raiffeisenbanken am
ähnlichsten. Eine eindeutige und stärker differenzierende Position
wäre ratsam.
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Auf den ersten Blick erscheint die Charakteristik der Citibank als
nicht relevant; ihr jugendliches Image eröffnet ihr jedoch letztlich
alle Möglichkeiten, sich als Bank der Zukunft zu positionieren und
nachrückende Kundschaft anzuziehen.
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Zu wenig Marken-Werbung
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Die Bedeutung der Marke wird im Bankgeschäft immer noch unterschätzt;
für viele Institute steht Produktwerbung im Vordergrund, wobei die
Marke fast immer sträflich vernachlässigt wird. Mit gezielten
Imagekampagnen wäre es möglich, mehr Menschlichkeit und Wärme zu
transportieren und Partnerschaftlichkeit erkennen zu lassen. Last but
not least darf nicht vergessen werden, dass Werte und Attribute nicht
nur durch klassische Kommunikation beziehungsweise Werbung vermittelt
werden ­ das Gesamtbild ist auch abhängig von Faktoren wie dem
Service, dem Auftreten und der Professionalität des Personals, der
Produktpalette, dem Einsatz von Kundenbindungsinstrumenten sowie heute
den Kommunikationsmöglichkeiten über das Internet. W

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