Blickpunkte

Finanzvertrieb OVB braucht Berater

Dass die AWD Holding, Hannover, ihre Bilanzpressekonferenz in diesem Jahr am gleichen Tag ansetzte wie die OVB Holding AG, Köln, wird bei der OVB keineswegs als Zufall gewertet. Eine gewisse Häme mit Blick auf die Wettbewerber in Hannover konnte sich der Vorstandsvorsitzende Michael Frahnert deshalb nicht verkneifen.

Überrascht habe man zur Kenntnis genommen, dass die Unabhängigkeit eines Finanzvertriebs mit dem Aktienanteil des Hauptaktionärs steige. In diesem Punkt falle man hinter den von AWD gesetzten Standard von 86,2 Prozent (Swiss Life) gerne zurück. Bei OVB kommen die drei größten Aktionäre zusammen (Deutscher Ring, Volksfürsorge und Iduna Leben) auf eine Quote von 71,5 Prozent.

Mit dem Jahr 2007 ist OVB durchaus zufrieden. Das profitable Wachstum mit einem um 15,4 Prozent auf 246,2 Millionen Euro gestiegenen Gesamtumsatz und einem Ebit-Anstieg um 20 Prozent auf 29,0 Millionen Euro geht freilich vor allem auf die Wachstumsregion Mittel- und Osteuropa zurück. Hier sind 57 Prozent aller Berater und 63 Prozent der Kunden zuhause. Und hier wurden 43 Prozent des Umsatzes und 72 Prozent des Ergebnisses erzielt.

Insgesamt betreute OVB im vergangenen Jahr 2,61 Millionen Kunden, sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Von dem Zuwachs um netto 170 000 Kunden entfallen 130 000 auf Mittel- und Osteuropa (plus 8,7 Prozent), 24 100 auf Süd- und Westeuropa (plus 9,0 Prozent) und 16 200 auf Deutschland, was einem vergleichsweise bescheidenen Wachstum um 2,4 Prozent entspricht.

In Deutschland habe man damit unter schwierigen Marktbedingungen die Position behauptet. Zu den schwierigen Bedingungen zählt Frahnert die EU-Vermittlerrichtlinie, die den Marktzugang vieler Nebenberufler erschwert habe. Ihre Zahl ist in Deutschland von 1 683 im Jahr 2006 um 317 auf 1 366 gesunken. Wenn die Zertifizierungen der Nebenberufler bis zum Jahresende abgeschlossen seien, soll sich im laufenden Jahr die 2007 nur in Deutschland zu beobachtende "faktische Stagnation" bei den Berater-Zahlen wieder auflösen und die Vertriebskraft wieder anziehen. Gleichwohl sieht Frahnert hier noch Verbesserungsbedarf, dem man durch die Suche nach neuen Beratern begegnen will. Denn die Bestandsbearbeitungsquote, die bereits 30 bis 35 Prozent des Geschäfts ausmacht, werde sich nicht beliebig steigern lassen. Im Neugeschäft schließt jeder Kunde im Schnitt 3,5 Verträge ab.

In der zweiten Jahreshälfte will auch OVB in Sachen Abgeltungssteuer aktiv werden. Das Vertriebspotenzial wird aber eher zurückhaltend eingestuft. Einen "Ausverkauf" für Fonds werde es eher nicht geben. Somit sei es fraglich, ob die entsprechenden Kampagnen letztlich den Effekt haben werden, den die Branche sich davon erhofft.

Als "Beschaffungsprogramm für Papierfabriken" kritisiert Frahnert zudem die VVG-Reform, die dem Kunden zwölfseitige Informationsschriften selbst bei einfachen Versicherungspolicen beschere. Eine lange Lebenszeit gibt er dem Gesetz in der heutigen Form nicht. In absehbarer Zeit - in Deutschland seien das drei bis fünf Jahre

- erwartet Frahnert hier eine Änderung. Einstweilen hat der Anpassungsaufwand in den ersten Monaten des Jahres zu einem leichten Minus bei den Provisionseinnahmen geführt, was sich aber ab April stabilisieren und somit ohne Auswirkungen auf das prognostizierte Ergebnis

bleiben soll. Dass die Kunden auf die Papierflut mit einem gewissen Unverständnis reagieren, versucht man auf technische Weise zu lösen: Die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen werden ihnen auf CD-Rom überreicht. Das mag zwar in den Ordnern daheim Platz sparen. Zur Kenntnis genommen wird die Informationsflut auf diese Weise vermutlich noch weniger. sb

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