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Garantiezinsdiskussion befeuert Produktdebatte

Angesichts der unveränderten Niedrigzinsphase im Euroraum hat sich die Deutsche Aktuarvereinigung für eine Senkung des Höchstrechnungszinssatzes für Lebensversicherungen zum 1. Januar 2015 um 0,5 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent ausgesprochen. Diese Empfehlung spiegelt die zunehmende Besorgnis der Versicherungsmathematiker wider: 2011 hatten sie mit ihrer Empfehlung von 2,0 Prozent ab 2012 um 0,25 Prozentpunkte über dem Satz gelegen, den das Bundesfinanzministerium letztlich festlegte. 2012 und 2013 empfahlen sie eine Beibehaltung dieses Satzes.

Der Assekuranz kommt ein solcher Vorstoß denkbar ungelegen. Denn eine neuerliche Garantiezinsdiskussion kann die Debatte um die Sicherheit von Lebens- beziehungsweise Rentenversicherungen und ihre Eignung für die Altersvorsorge nur befeuern. Für die Abschlussbereitschaft der Verbraucher wäre das fatal. So warnt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV), Berlin, denn auch vor einer Absenkung des Höchstrechnungszinssatzes - zumal die Deutsche Aktuarvereinigung sich so sicher nicht zu sein scheint: Die weiteren ökonomischen Entwicklungen im Euroraum seien derzeit nur schwer abzuschätzen, deshalb müsse die weitere Zinsentwicklung genau beobachtet werden und darauf basierend die jetzige Empfehlung im Lauf des Jahres 2014 noch einmal überprüft und gegebenenfalls revidiert werden, so die DAV. Eine vorschnelle Absenkung des Höchstrechnungszinssatzes, so der GDV, verringere den Anreiz, zusätzlich privat vorzusorgen. Dies könne sozialpolitisch nicht gewollt sein.

Erstmals Bestandskunden betroffen?

Dem schloss sich auch der Bund der Versicherten e.V. (BdV), Berlin, an und begründet dies damit, dass selbst die finanzschwächeren Unternehmen heute noch mehr als die derzeit gültigen 1,75 Prozent erwirtschafteten. Der BdV hat indessen auch noch einen ganz anderen Grund für seine Skepsis. Denn obwohl eine Senkung des Höchstrechnungszinses bei klassischen Verträgen immer nur für neue Policen gilt, wären diesmal erstmals auch Bestandskunden betroffen: diejenigen nämlich, die das neue Produkt "Perspektive" der Allianz abgeschlossen haben. Hier schlägt vertragsgemäß jede Änderung des Garantiezinses auch auf bestehende Verträge durch. Und bei einer neuerlichen Absenkung des Höchstrechnungszinses hält es der BdV für wahrscheinlich, dass Versicherungsunternehmen verstärkt versuchen werden, neuartige Produkte wie Hybridprodukte oder Variable Annuities auf den Markt zu bringen, die ohne die bisherigen Garantien auskommen und für den Verbraucher deshalb wenig berechenbar sind.

Noch sind solche Tarife in der Minderheit und eher ein Angebot für solche Kunden, die auch bei Lebens- beziehungsweise Rentenversicherungen höhere Renditechancen wünschen. Sicherheitsbewusste Kunden - und das ist in Deutschland nach wie vor der Großteil der Versicherten - setzen nach wie vor auf die klassischen Verträge. Den anderen muss der Vertrieb bewusst machen, dass auch bei Versicherungspolicen Rendite nicht ohne Risiko zu haben ist, wie es der Kunde von Schadensversicherungen mit Selbstbehalt seit jeher kennt: Dort wird die niedrigere Prämie durch das Risiko erkauft, im Schadensfall einen gewissen Anteil selbst tragen zu müssen. Bei der Rentenversicherung kostet die Hoffnung auf mehr Rendite die Garantie.

Welche Produkte sich am Markt letztlich durchsetzen, wird sich vermutlich erst dann weisen, wenn deutlich wird, welchen Preis die Flexibilität neuer Produktgenerationen haben kann, beispielsweise wenn eine Garantiezinssenkung auf Bestandskunden durchschlägt. Dann wird sich auch zeigen, ob Berater ihre Aufgabe gut erfüllt haben, sprich, ob sie ihre Kunden auf die Risiken solcher Verträge aufmerksam gemacht haben. Sollte es in diesem Kontext zu Fehlberatungsklagen kommen, droht der Assekuranz beziehungsweise ihren Vermittlern eine neue Regulierungswelle.

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