bank und markt aktuell

Generationenmanagement bei Schwäbisch Hall

Künftig benötigen Unternehmen, die erfolgreich am Markt agieren möchten, Strategien und Konzepte, um mit der schrumpfenden Zahl von Fachkräften und den zugleich älter sowie internationaler werdenden Belegschaften umzugehen. Über dieses Thema ist zurzeit in Deutschland eine lebhafte Diskussion entbrannt.

In dieser aktuellen Diskussion um den demografischen Wandel und den drohenden Fachkräftemangel wird jedoch oft übersehen: Viele mittelständische Betriebe müssen bereits seit Jahrzehnten aktiver um hoch qualifizierte Arbeitskräfte werben als mancher Konzern.

Dasselbe gilt für zahlreiche große Unternehmen, die ihren Sitz nicht in einem städtischen Ballungszentrum, sondern eher "in der Provinz" haben. Sie mussten auch in der Vergangenheit einen gewissen Mehraufwand betreiben, um insbesondere qualifizierte (Hoch-)Schulabgänger als Mitarbeiter zu gewinnen, da es die meisten jungen Männer und Frauen - vor der Familiengründungsphase - stärker in die städtischen Metropolen als in ländlich geprägte Regionen zieht.

Deshalb findet man gerade dort oft Unternehmen, die bereits vor Jahren innovative sowie ausgefeilte Konzepte zum Finden und Binden qualifizierter Mitarbeiter entwickelt haben - lange bevor das Entwickeln eines attraktiven Arbeits- und Lebensumfelds, um gut ausgebildete Fachkräfte zu gewinnen, vom Cross der Unternehmen als zentrales Personalthema entdeckt wurde. Das gilt auch für die Bausparkasse Schwäbisch Hall.

Demografiefestigkeit als Wettbewerbsvorteil

Bei Schwäbisch Hall steht das Sichern des Nachwuchses im Hinblick auf die demografische Entwicklung seit 2005 auf der personalpolitischen Agenda. Denn mit seinen rund 3300 Mitarbeitern in der Kreisstadt Schwäbisch Hall ist der Konzern mit seinen Tochterunternehmen einer der größten Arbeitgeber im Nordosten Baden-Württembergs. Um sich für die Zukunft zu wappnen, befasst sich bei Schwäbisch Hall seitdem ein Projekt mit dem "Generationenmanagement".

Im Blickfeld stehen dabei alle Phasen des Erwerbslebens vom Ausbildungsstart bis zum Eintritt in den Ruhestand. Im Rahmen dieses Projekts wurde unter anderem der Personalbestand analysiert sowie der mittel- und langfristige Bedarf an Nachwuchskräften ermittelt. Außerdem wurden die Instrumente im Personalmanagement daraufhin untersucht, ob sie als "demografiefest" gelten können.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Die ersten Ergebnisse der Bestandsaufnahme sind vielversprechend: Viele der heute gut funktionierenden Bausteine der Personalarbeit wurden bereits in den siebziger Jahren eingeführt.

Schon damals wollte das Unternehmen zum Beispiel gut ausgebildeten Bankkauffrauen die Möglichkeit geben, nach einer Babypause bald wieder zu arbeiten. Deshalb wurden die unterschiedlichsten Teilzeitmodelle eingeführt und eine Kindertagesstätte eingerichtet.

Jede vierte Führungskraft ist weiblich

Heute sind sechs von zehn Beschäftigten bei Schwäbisch Hall weiblich. Ein Drittel der Belegschaft arbeitet in Teilzeit, es gibt über 70 Arbeitszeitmodelle. Auch in den Führungsnachwuchsprogrammen stellen die Frauen bei Schwäbisch Hall die Mehrheit. Unter den Führungskräften - Vorstände bis Teamleiter - sind knapp ein Viertel weiblich.

Um die Vereinbarkeit von Arbeits- und Familienleben für Fach- und Führungskräfte zu erleichtern, geriet neben der Erziehungsphase bei Schwäbisch Hall schon früh ein zweiter Aspekt in den Blick: die Versorgung von pflegebedürftigen Angehörigen. Seit 1992 kann jeder Mitarbeiter bei Bedarf eine betriebliche Pflegepause einlegen, um bis zu zwei Jahre Angehörige zu pflegen oder zu betreuen, ohne seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Für die akute Kurzzeitpflege von Angehörigen aktiver Mitarbeiter und für ehemalige Mitarbeiter steht ein eigenes Seniorenstift der Bausparkasse zur Verfügung.

Bildungs-Infrastruktur ausbauen

Die erleichterte Vereinbarkeit von Familie und Beruf hilft Mitarbeitern, ihr Fachwissen stärker im Unternehmen einzubringen. Dennoch muss jedes Unternehmen die altersbedingten Abgänge adäquat durch neue Mitarbeiter ersetzen. Rund 100 junge Menschen starten jedes Jahr bei der Bausparkasse ins Berufsleben, die Mehrzahl als Bankkaufleute für den Innen- oder Außendienst.

Um jährlich ausreichend qualifizierte Bewerber zu finden, wurde in den vergangenen Jahren die Zusammenarbeit mit den Schulen der Region ausgebaut. Mit den kaufmännischen Schulen im Landkreis Schwäbisch Hall wurden Kooperationsverträge abgeschlossen, die allen kaufmännischen Klassen die Möglichkeit bieten, Bewerbungstrainings, Hospitationen und Projekte mitzumachen. Im Gegenzug halten Fachleute der Bauspar kasse Vorträge oder übernehmen Unterrichtseinheiten zu Fachthemen. Schülern mit einem Faible für Computertechnik und Programmierung bietet die Bausparkasse 30 freiwillige Praktikumsplätze in den Herbstferien.

Für Abiturienten hält das Unternehmen insgesamt 50 Studienplätze in vier Bache-lor-Studiengängen an den dualen Hochschulen in Baden-Württemberg bereit. Schwerpunkte sind betriebswirtschaftliche und informationstechnische Studiengänge. Im Wechsel von Hochschulausbildung und Praxisphasen werden die Studenten auf ihre spätere Tätigkeit im Management, im Vertrieb oder in der IT-Entwicklung vor bereitet. Zusätzlich bestehen mit mehreren Partner-Hochschulen im süddeutschen Raum Kooperationen. Ein 2008 neu aufgesetztes Traineeprogramm richtet sich an Studenten und Bachelor-Absolventen und rundet das Angebot für Berufseinsteiger ab.

Ein wesentlicher Standortnachteil ländlicher Regionen ist häufig die fehlende oder nur gering ausgeprägte Hochschullandschaft. In der Stadt Schwäbisch Hall gelang es der regionalen Wirtschaft, der lokalen Politik und Vertretern der Wissenschaft gemeinsam, eine Fachhochschule für Management und Vertrieb anzusiedeln. An der 2009 eröffneten Außenstelle der Hochschule Heilbronn studieren aktuell die ersten 280 von mittelfristig rund 1 000 Studenten in den neu eingerichteten betriebswirtschaftlichen Studiengängen "Vertrieb von Finanzdienstleistungen", "Inter nationaler Vertrieb" und "Vertrieb technischer Produkte". Die Bausparkasse Schwäbisch Hall hat das Gebäude gestiftet, in dem die Hochschule untergebracht ist und unterstützt den Lehrbetrieb wie andere Unternehmen aus der Region mit Stiftungsprofessuren und Dozenten. Die Wechselwirkung von Theorie und Praxis und die enge Bindung der Absolventen an die heimischen Unternehmen wird künftig für hoch qualifizierten Nachwuchs sorgen.

Systematische Führungskräfteentwicklung

Nachwuchskräfte mit Hochschulabschluss bereichern ein Unternehmen mit aktuellem branchenspezifischem Fachwissen. Um den sorgfältig ausgewählten Bewerbern langfristige Perspektiven zu bieten, muss ein Unternehmen zusätzlich deren Führungs- und Managementkompetenzen gezielt entwickeln. Ein wichtiger Baustein des Personalmanagements ist daher das systematische Fördern von Nachwuchs-Führungskräften und Potenzialträgern. Diese Förderung basiert bei Schwäbisch Hall auf transparenten Auswahlentscheidungen, gezielten Fördermaßnahmen und einer regelmäßigen Leistungseinschätzung. Das Entwicklungsprogramm reicht über vier Stufen vom Nachwuchs-Förderprogramm bis zum General-Management-Programm für das Top-Management.

Auch dank dieser Karriere-Bausteine beträgt die interne Besetzungsquote für Führungspositionen bei Schwäbisch Hall mittlerweile knapp 90 Prozent. Die für Unternehmen auf dem Land traditionell langen Suchzeiten für Fachleute in Führungspositionen halten sich so in einem vertretbaren Rahmen, Einarbeitungszeiten verkürzen sich dramatisch und die Ma-nagement-Sprache bleibt einheitlich. Die Vorteile einer systematischen, fordernden Führungskräfte-Entwicklung werden künftig noch stärker zum Tragen kommen und einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil bieten.

Wissenstransfer gewährleisten

Gerade die systematische und transparente Förderung von Potenzialträgern genießt bei den Mitarbeitern eine hohe Wertschätzung. Aber die Mitarbeiterschaft besteht nicht nur aus Potenzialträgern, die die nächst höhere Ebene anstreben.

Derzeit findet in der Unternehmenslandschaft ein radikales Umdenken statt: Statt über 50-Jährige kategorisch von Weiterbildungsmaßnahmen und Mitarbeitergesprächen freizustellen, muss das hier vorhandene Erfahrungswissen viel stärker genutzt werden.

Gerade erfahrene Mitarbeiter, die nicht mehr so häufig wie noch vor einigen Jahren in den vorgezogenen Ruhestand wechseln können oder wollen, sprechen sich verstärkt für eine individuelle Standortbestimmung und daraus abgeleiteten Weiterbildungsmöglichkeiten aus. Schwäbisch Hall hat aus diesem Grund Seminarreihen nur für erfahrene Spezialisten im Haus und für Führungskräfte mit langjähriger Leitungsfunktion aus der Taufe gehoben. Denn diese erfahrenen Mitarbeiter werden in Zukunft eine zentrale Bedeutung für den Unternehmenserfolg haben.

Ein erfolgskritischer Faktor ist dabei der Übergang des Fachwissens auf jüngere Kollegen. Hierfür hat Schwäbisch Hall unter anderem das Modell des "intergenerativen Wissenstransfers" entwickelt. Hierbei begleitet eine Nachwuchskraft einen Spezialisten in der letzten Phase vor dessen Ausscheiden. Der Spezialist überträgt in diesem Prozess mehr und mehr operative Aufgaben an die Nachwuchskraft und wird zu deren fachlichen Mentor und Berater. Unternehmen, die ein so aktives Generationenmanagement in ihrer Organisation etablieren, sind für den demografischen Wandel gerüstet.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X