Märkte

Konsumentenkredite fördern die Binnennachfrage

57 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts waren 2011 Verbraucherausgaben. Im vergangenen Jahr war das der mit Abstand größte Teil des Bruttoinlandsprodukts. Diese Zahl belegt, wie wichtig private Konsumausgaben für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland sind. Denn sie führen zu einem Anstieg des Wirtschaftswachstums; wenn sie ausbleiben, verringert sich auch das Wirtschaftswachstum. Insgesamt gesehen betrug der Anteil der Konsumentenkredite am deutschen Bruttoinlandsprodukt letztes Jahr annährend neun Prozent. Dieser Anteil ist damit größer als beispielsweise der des gesamten Bausektors (knapp acht Prozent). Somit sind auch Konsumentenkredite ein unverzichtbarer Teil der deutschen Volkswirtschaft.

Privatverschuldung in Deutschland gering

In erster Linie verwenden Verbraucher Konsumentenkredite für Anschaffungen, für die ihnen sonst die finanziellen Mittel fehlen würden. Über die Hälfte aller Befragten (55 Prozent) einer Grundlagenstudie zur Konsum- und Kfz-Finanzierung des Marktforschungsunternehmens GfK gab an, einen Kredit abgeschlossen zu haben, weil sie das Produkt dringend gebraucht hätten, ihnen aber das Geld dafür fehlte. 51 Prozent gaben zudem an, dass sie das Produkt ohne Finanzierung nicht gekauft hätten. Interessant ist auch die Aussage von rund 28 Prozent der Befragten, die sagten, sie hätten den Kredit aufgenommen, um die günstigen Finanzierungskonditionen zu nutzen - ihr Geld würden sie zwischenzeitlich anderweitig anlegen.

Bei der Kreditaufnahme und der Ratenrückzahlung beweisen die Deutschen Augenmaß und Verantwortung, wie der Schufa- Kredit-Kompass 2011 belegt: 2010 wurden 97,5 Prozent der Ratenkredite ordnungsgemäß zurückgezahlt. 91,3 Prozent der Personen im Schufa-Datenbestand weisen eine positive Kreditbiografie auf. Damit ist das Kreditverhalten der Deutschen im internationalen Vergleich hervorragend.

Der deutsche Privatverschuldungsindex ist seit Jahren auf einem beständig niedrigen Niveau. Auch für die Zukunft wird eine konstante Entwicklung prognostiziert. Vor der Kreditaufnahme holen sich die Deutschen mehrere Angebote ein, ehe sie sich für einen Anbieter entscheiden. Das lässt sich anhand der steigenden Schufa-Anfragen an Banken ablesen. Wurden 2001 noch rund 1,5 Anfragen je Kredit gestellt, waren es im Jahr 2011 bereits 1,8. Dabei tendieren junge Menschen in den Altersklassen von 18 bis 29 Jahren zu mehr Anfragen (durchschnittlich rund zwei im Jahr 2011). Im mittleren Alterssegment von 30 bis 49 Jahren waren es 2011 rund 1,9 Anfragen pro Kredit. Zwischen 50 und 69 Jahren waren es immerhin noch 1,6 Anfragen.

Höhere Volumina, kürzere Laufzeiten

Der Trend in den letzten Jahren ging zu höheren Kreditvolumina: 2011 hatten 28,4 Prozent aller neu abgeschlossenen Kreditverträge ein Volumen von mehr als 10 000 Euro; 27,2 Prozent aller Neuverträge bewegten sich zwischen 3 000 und 10 000 Euro. Die durchschnittliche Kredithöhe stieg 2011 gegenüber dem Vorjahr um 8,6 Prozent auf 7 712 Euro. Tendenziell steigt die Höhe der neu aufgenommenen Kredite mit zunehmendem Alter der Nachfrager an: Personen im Alter zwischen 55 und 59 Jahren nahmen im Jahr 2011 mit einem Durchschnittsbetrag von 9 079 Euro (2010: 8 327 Euro) die höchsten Kredite auf.

Weiterhin zeichnet sich ein Trend zu kurzfristigen Krediten ab. Die durchschnittliche Laufzeit neuer Kredite ist in den vergangenen zehn Jahren von 44,1 Monaten (2001) auf 42,3 Monate (2011) zurückgegangen. Insbesondere unter den jungen Konsumenten lässt sich dieser Trend zu kürzeren Verbindlichkeiten feststellen.

Die Generation 60 plus ist die Altersgruppe mit der stärksten Kaufkraft. Bereits heute verfügen sie über eine um zirka 40 Prozent höhere Kaufkraft als die Altersgruppe der bis 49-Jährigen. Da sie häufig auch im bereits abbezahlten Wohnraum leben, steigt ihre Kaufkraft zusätzlich. Aufgrund ihres geringen Ausfallrisikos sind ältere Menschen daher für Kreditinstitute eine höchst attraktive Zielgruppe. Ratenkredite verwenden die über 60-Jährigen zu 53 Prozent für einen Neuwagen. Bei den unter 49-Jährigen beträgt dieser Anteil nur 29 Prozent.

Automobilbranche: Markt Nummer eins für Finanzierungen

Damit rangieren Kraftfahrzeuge auf Platz eins der Konsumfinanzierung. 44 Prozent aller Kredite wurden 2011 dafür verwendet, einen Gebraucht- oder Neuwagen zu finanzieren. Einen fast gleich hohen Wert (42 Prozent) stellen Barkredite. Danach folgen Einrichtungsgegenstände wie Möbel, Küchen oder Haushaltsgeräte (acht Prozent).

2010 wurden etwa 80 Prozent der Neuwagen und 30 Prozent der Gebrauchtwagen mit Hilfe von Finanzierungsmodellen erworben. Zwar stellen eigene Mittel, das heißt Ersparnisse, Geschenke und Zuschüsse, den größten Anteil der Finanzierungssumme: 63 Prozent bei Neuwagen und 76 Prozent bei Gebrauchten. Konsumentenkredite sind aber oft von entscheidender Bedeutung, dass der Kauf überhaupt getätigt wird. Denn in den letzten Jahren ist der Preis für Neuwagen stetig gestiegen. Seit 2001 erhöhten sich die Preise um 29 Prozent. Fast folgerichtig ist, dass auch der Finanzierungsanteil um 43 Prozent zugenommen hat. Der durchschnittliche Kaufpreis lag 2011 bei 27 390 Euro und damit bei einem Höchstwert.

Im Gebrauchtwagensektor stellt sich die Situation ein wenig anders dar: Der Marktumsatz war in den letzten Jahrzehnten annähernd konstant (im letzten Jahr lag er bei 66,23 Milliarden Euro). Dies ergibt sich durch zwei entgegengesetzt verlaufende Trends: steigende Durchschnittspreise bei sinkenden Stückzahlen. 2011 war jedoch auch bezüglich der Stückzahlen ein deutlich positiverer Trend zu erkennen.

Über die Hälfte der Gebrauchtwagen wurde zu einem Preis von mehr als 7 500 Euro verkauft. Die durchschnittliche Kredithöhe der finanzierten Gebrauchtwagen betrug 10 700 Euro. Hinsichtlich der Finanzierungshöhe ist im Gebrauchtwagensektor im letzten Jahrzehnt ein moderates Wachstum zu verzeichnen (zwölf Prozent).

In beiden Segmenten sind Ratenkredite die eindeutig bevorzugte Finanzierungsform (72 Prozent bei den Neuwagen und 85 Prozent bei den Gebrauchten). Daneben spielen das Leasing (16 Prozent Neuwagen, sechs Prozent Gebrauchtwagen) und die Drei-Wege-Finanzierung (14 Prozent neu, neun Prozent gebraucht) eine Rolle.

Steigende Finanzierungsquote bei Elektrogeräten

Smartphones und Tablets sind aus den deutschen Haushalten nicht mehr wegzudenken. Schon seit Jahren wachsen die Ausgaben privater Konsumenten für Consumer Electronics. Selbst die Eurokrise konnte diesen Aufwärtstrend nicht stoppen, im Gegenteil: 2010 und 2011 stellten mit 25,8 Milliarden Euro beziehungsweise 27,2 Milliarden Euro Umsatz jeweils die erfolgreichsten Jahre der Branche dar.

2011 wurden elf Prozent aller Käufe von Consumer Electronics mit Hilfe eines Kredits finanziert; schon jetzt lässt sich prognostizieren, dass der Anteil 2012 bei rund 15 Prozent liegen wird. Weil Anschaffungs- und Finanzierungsplanung deutlich steigen werden, rechnen Experten auch 2012 mit einer starken Zunahme des Neukreditvolumens.

Am beliebtesten sind mit 44 Prozent des Gesamtumsatzes Geräte aus dem Bereich der Unterhaltungselektronik. Allerdings machen sich die technischen Innovationen im Smartphone-Segment bemerkbar: In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Umsatz in der Telekommunikationsin dustrie mehr als verdreifacht und beträgt mittlerweile mehr als 6,3 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anteil von 23 Prozent am Gesamtumsatz der Consumer-Electronics-Branche.

Allein zwischen 2010 und 2011 stieg der Umsatz von Tablet-PCs um 174 Prozent auf 720 Millionen Euro Umsatz; der Umsatz von Smartphones stieg im gleichen Zeitraum um beachtliche 90 Prozent auf 5,14 Milliarden Euro. Der Gipfelpunkt ist damit aber noch nicht erreicht, wie Experten vermuten: Mit weiteren Innovationen werden auch die Absatzzahlen weiter steigen.

Die deutschen Verbraucher zeigen sich umweltbewusst: In den letzten Jahren haben sie verstärkt in energiesparende und höherpreisige Haushaltsgeräte investiert. Gingen die Ausgaben bis Mitte des vergangenen Jahrzehnts noch zurück, steigen sie seit 2006 kontinuierlich. Dabei handelt es sich überwiegend um Ersatzinvestitionen, da die deutschen Haushalte bereits gut versorgt sind. 2011 haben die Deutschen gut 7,5 Milliarden Euro in neue elektronische Geräte für den Haushalt investiert. Rund 16 Prozent der Käufe waren kreditfinanziert.

Rund 30 Milliarden Euro geben die deutschen Verbraucher jährlich für Möbel aus. Damit ist Deutschland die wichtigste Absatznation Europas. Den größten Teil der Möbel mit einem Umsatzanteil von rund 28 Prozent kaufen die Deutschen für ihre Küche. Knapp 13 Prozent aller 2011 gekauften Möbel wurden finanziert; 2010 waren es noch rund acht Prozent. Für 2012 gehen Experten von einer Steigerung auf 16 Prozent aus.

Bildungsfinanzierung: Bankkredite (noch) wenig genutzt

Seit 2000 sind die Ausgaben der privaten Haushalte für Bildung von acht Milliarden Euro auf mehr als zwölf Milliarden Euro gestiegen. Damit wird das Gut Bildung immer wichtiger. Allerdings decken nur die wenigsten Studierenden ihren finanziellen Bedarf mit Bankkrediten. Wenn sie das allerdings tun, ist der Beitrag mit mehr als 400 Euro monatlich recht hoch. 90 Prozent aller Studierenden nutzen die finanzielle Unterstützung ihrer Eltern, 60 Prozent verdienen sich selbst etwas hinzu und rund 29 Prozent erhalten BAföG.

Lediglich 1,5 Prozent nehmen einen Bildungskredit auf und 0,8 Prozent decken ihren finanziellen Bedarf mit Hilfe eines Bankkredits. Nach dem BAföG (rund 80 Prozent Bekanntheit) sind Kredite privater Finanzinstitute die zweitbekannteste Form der Studienfinanzierung (rund 61 Prozent Bekanntheit).

Kreditvergabe zu 58 Prozent am PoS

Bei der Vergabe von Krediten an Privatpersonen spielen private Regional- und sonstige Kreditbanken mit 43 Prozent des Marktanteils die größte Rolle. Dahinter folgen die Sparkassen mit 27 Prozent sowie Genossenschaftsbanken mit 18 Prozent. War der Markt früher häufig regional geprägt, hat sich das heutzutage durch bundesweit tätige Dienstleister und ihre Geschäftsmodelle fast überall grundlegend geändert.

Der wichtigste Vertriebskanal für Konsumentenkredite ist mit 58 Prozent der Point of Sale. 2011 vergaben die Anbieter auf diesem Weg Kredite in Höhe von 20 Milliarden Euro. Grund hierfür ist auch das weit verzweigte Netz der Händlerkooperationen. Mittlerweile verfügt die Branche über mehr als 100 000 Allianzen mit Autooder Möbelhäusern. Danach werden Filialen (34 Prozent) und das Internet (acht Prozent) für den Abschluss genutzt. Gerade in den letzten Jahren hat der Vertrieb über das Internet zugenommen.

Fast zwei Drittel aller Kredite sind Ratenkredite

Die deutschen Bürger haben insgesamt einen Bestand an Privatkrediten in Höhe von über einer Billion Euro. Den größten Anteil stellen Wohnungsbaukredite mit mehr als 75 Prozent. Damit ist die Finanzierung einer Wohnung oder eines Hauses die gängigste Form der Kreditaufnahme. In den letzten Jahren ist allerdings ein kontinuierliches Wachstum der Konsumentenkredite wie der Wohnungsbaukredite festzustellen. War das Wachstum der Wohnungsbaukredite in den neunziger Jahren noch deutlich stärker, ist in den letzten Jahren eine annährend parallele Entwicklung bei beiden Kreditformen festzustellen.

Interessant ist auch die Beobachtung der Verhältnisse von Raten- zu Nichtratenkrediten (Festdarlehen): Fast zwei Drittel der Konsumentenkredite sind Ratenkredite. In den letzten zehn Jahren haben sich diese gegenläufig zur Entwicklung der Nichtratenkredite verhalten, denn sie sind von rund 109 Milliarden Euro im Jahr 2000 auf etwa 148 Milliarden Euro im Jahr 2011 gewachsen; wohingegen der Bestand an Nichtratenkrediten im letzten Jahrzehnt fast kontinuierlich abgenommen hat. Von 114 Milliarden Euro im Jahr 2000 fiel der Bestand auf zirka 81 Milliarden Euro im Jahr 2011.

Internationale Unterschiede im Konsumentenkreditmarkt

Mit Konsumentenkrediten in Höhe von 228 Milliarden Euro liegt Deutschland europaweit auf dem zweiten Platz. Spitzenreiter ist Großbritannien mit einem Kreditbestand in Höhe von 238 Milliarden Euro. Insgesamt beläuft sich der Konsumentenkreditmarkt in Europa auf 1 071 Milliarden Euro und macht damit rund ein Viertel des weltweiten Marktes aus. Interessanterweise zeigen sich im weltweiten Vergleich deutliche Unterschiede bei der Verwendung von Konsumentenkrediten. Besonders deutlich wird dies am Vergleich zwischen dem angelsächsischen Kulturraum und Deutschland. Das hat historische Gründe.

Während im Angelsächsischen Konsumentenkredite alltäglich und seit den zwanziger Jahren ein integraler Bestandteil der Konsumkultur sind, wurden in den meisten europäischen Ländern Kredite, die nicht zum Wohnungsbau oder -kauf gedacht waren, lange kritisch gesehen. In den angelsächsischen Ländern wachsen junge Menschen mit einem anderen Verständnis für Kredite auf: In den USA beträgt beispielsweise die durchschnittliche Gesamtverschuldung eines Graduierten um die 20 000 Euro, teilweise aber auch deutlich mehr. Konsumentenkredite dienen in den USA zu einem wesentlichen Teil auch dazu, Einkommenseinbußen auszugleichen, die infolge von Arbeitslosigkeit oder vorübergehender Tätigkeit im Niedriglohnsektor entstanden sind. Des Weiteren eröffnen sie in vielen Fällen überhaupt erst den Zugang zum Gesundheitsmarkt, da dieser dort nach wie vor bei Weitem nicht den europäischen Standard erreicht hat. In Deutschland und einigen weiteren Ländern Kontinentaleuropas und Skandinaviens verhinderte der Wohlfahrts- und Sozialstaatsgedanke ein solches Szenario. Allerdings werden private Haushalte auch hier, bedingt durch den Sparzwang der Staatshaushalte bei gleichzeitig steigenden Kosten, in Zukunft stärker auf Finanzdienstleistungen zurückgreifen müssen. Nur so können höhere Vorsorgeausgaben getätigt und Einkommenseinbußen ausgeglichen werden.

Quellen:

Bankenfachverband: Finanzierung - Jahresberichte 2009 bis 2011.

Bundesministerium für Bildung und Forschung: Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2006 (2007).

Commerz Finanz: Deutschland baut Spitzenstellung aus (2010).

Crédit Agricole Consumer Finance: Consumer Credit in Europe at end 2011 (2012).

Creditreform: Schuldner-Atlas Deutschland (2008).DAT: Report 2011 (2011).

DAT: Report 2012 (2012).

Deutsche Bundesbank.

GfK Custom Research: Grundlagenstudie zur Konsum- und Kfz-Finanzierung (2011).

GfK Custom Research: Konsumkredit-Index (1/2012). GfK Retail and Technology: CEMIX 2011 (2012). GfK Retail and Technology: Der Markt für Consumer Electronics (2005 bis 2011).

HIS-Institut für Hochschulforschung (2008). Marktagent: Mögliche Gründe für einen Kreditabschluss (2011).

Schufa: Finanzkulturen in Europa - Ähnlichkeiten und Unterschiede (2009).

Schufa Kredit-Kompass 2011 (2011). Schufa Kredit-Kompass 2012 (2012). Unicredit: Economics Research (1/2012). ZVEI Zahlenspiegel (2007 und 2011).

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