Macht der Marke

Die Marke Sparkasse: sympathisch, aber doch zu teuer?

Kostenloses Girokonto, eine auf den ersten Blick hohe Verzinsung und vermeintlich niedrige Finanzierungszinsen, das Depot zum Nulltarif: Im Internet übertrumpfen sich Finanzdienstleister gegenseitig mit ihren Produkten. Allen voran die Distanz- oder Direktbanken, die ganz bewusst nicht den persönlichen Kontakt zu ihren Kunden suchen, sondern ihn auf Distanz halten. Bei ihnen gibt es mittlerweile schon Geld für die Kontoeröffnung. Das magische Dreieck - Anlagehorizont, Risiko und Rendite einer Anlage stehen in einem sich wechselseitig bedingenden Zusammenhang -, das jedem Banker in der Ausbildung als unverrückbare Gesetzmäßigkeit eingebläut wird, scheint zu platzen. Doch was auf den ersten Blick den Anschein eines Schnäppchens hat, kann sich im Nachgang oft als Enttäuschung herausstellen. Jede Menge unerwähnte Fußangeln lauern im Kleingedruckten und das angeblich perfekte Finanzpaket entpuppt sich als Geldanlage von der Stange. Für den Umgang mit dem hart erarbeiteten Geld aber ist Vertrauen notwendig - und an erster Stelle eine individuelle und persönliche Beratung. Ein Fragebogen im Internet ersetzt längst nicht die professionelle Einschätzung aller finanziellen Möglichkeiten durch einen Experten. Die Sparkassen haben dafür eine einfache aber wirksame Antwort: Der Mensch im Mittelpunkt der Kundenbeziehung.

Nähe ist nicht Kostenfaktor sondern Schlüssel zum Markt

Der Zahlungsverkehr wandelt sich seit Jahren, immer mehr läuft online vom PC zu Hause aus. Auch ist es fast überall möglich, bargeldlos mit Karte zu zahlen. Doch eine Frage bleibt: Wohin am Abend mit den Tageseinnahmen vom Blumengeschäft, von der Pizzeria oder dem Zeitungskiosk? Und wie ist es im umgekehrten Fall: Man braucht schnell etwas Bargeld?

Eine telefonische Nachfrage zeigt: Kaum noch eine ortsansässige Bank bietet den Nachttresor, nicht alle haben bereits auf Einzahlungsautomaten umgestellt. Und wer möchte für eine Einzahlung noch 20 Kilometer und mehr am Abend zu seiner Bank fahren? Da kommt es gerade zu Pass, dass in der kleinen Gemeinde mit nicht einmal 1 000 Einwohnern die örtliche Sparkasse eine Geschäftsstelle unterhält, bei der man rund um die Uhr Bargeld holen und abgeben kann.

Mit ihren 16 000 Geschäftsstellen und 24 300 Geldautomaten bieten die Sparkassen einen flächendeckenden Service bis in strukturschwache und dünn besiedelte Gegenden hinein - ein Service, der gern genutzt und beschrieben wird, der die Sparkassen aber auch Geld kostet. Und trotzdem wählen die Sparkassen diesen Draht zu ihrem Kunden ganz bewusst. Die örtliche Nähe ist für sie ein Baustein einer intensiven Kundenbetreuung und gleichzeitig der signifikanteste Unterschied zu anderen Banken.

Jeder Besuch des Kunden in der Geschäftstelle bietet ihm die Chance, das komplette Leistungsangebot der Sparkasse in Anspruch zu nehmen. Hierbei sind ihm die Mitarbeiter bei der Lösung seiner finanziellen Fragen behilflich. Zudem muss dem Kunden, der in die Sparkasse kommt, nicht hinterher telefoniert werden. In dünn besiedelten Gegenden nutzen Sparkassen die Möglichkeit, ihre Kunden mit dem Sparkassenbus zu erreichen. Hauptsache, der Kunde hat vis a vis einen Ansprechpartner. Über die große Anzahl an Kunden verdienen die Sparkassen hierbei in der Konsequenz auch Geld.

Die Erreichbarkeit spricht für sich: Die Hauptstellen sind in der Regel auch über Mittag geöffnet, was viele Kunden zum Aufsuchen der Sparkasse während ihrer Mittagspause nutzen. Zum Teil sind Geschäftsstellen, die in großen Einzelhandelsmärkten untergebracht sind, auch an Samstagen offen.

Diesen Service können andere Filialbanken wegen ihrer geringen Anzahl und der damit einhergehenden fehlenden Kapazitäten vor Ort gar nicht bewerkstelligen. Auch außerhalb der Schalterzeiten erreichen die Kunden ihre Sparkasse telefonisch über Servicecenter. Die Mitarbeiter gehen so auf die zeitlichen Wünsche der Kunden ein, indem sie selbstverständlich Termine für Beratungsgespräche auch über die üblichen Öffnungszeiten hinaus vereinbaren.

Direktbanken verlieren viele Bestandskunden

Was mittlerweile eine Vielzahl verärgerter Rückkehrer von Distanzbanken übereinstimmend erklärt: Tritt ein Problem auf, das nicht per E-Mail zu klären ist, muss der Kunde meist sehr teure Rufnummern wählen. Bei jedem Telefonat ist eine andere Person im Call-Center Ansprechpartner - die Lösung des Problems ist oft langwierig, nervenaufreibend und kostenintensiv.

Die steigenden Kontenzahlen bei den Distanzbanken sind trügerisch: Schon lange ist es kein Geheimnis mehr, dass sie bei der Akquisition von Neukunden erfolgreich sind - das Problem ist eher, dass Bestandskunden, mit denen erstmals kostendeckend gearbeitet wird, von dannen ziehen, da ihnen Ansprechpartner fehlen. Der Grund hierfür ist ganz alt und einfach: Wem man sein Geld anvertraut, den möchte man auch kennen. Distanzbanken haben eine Adresse, aber kein Gesicht.

Als strategischen Vorteil sehen die Sparkassen ihren kommunalen Bezug. Was für die einen als Klein-Klein belächelt wird, ist für die Sparkassen der Vorteil schlechthin - die örtlich begrenzte Ausrichtung versetzt die Sparkasse ist eine Lage, die andere Kreditinstitute blass aussehen lässt: Vom Kundenbetreuer bis zum Vorstand sind die Mitarbeiter örtlich verwurzelt, kennen in der jeweiligen Sparte den lokalen Markt wie kein anderer und können daher Chancen und Risiken realitätsnäher beurteilen als vom Schreibtisch einer Großbankzentrale. Das bedeutet indes nicht, dass die Blickrichtung nur auf kurze Distanz ausgerichtet ist. Vielmehr beobachten die Mitarbeiter den Gesamtmarkt ebenso für ihre Kunden wie es die großen Mitbewerber auch tun. Den lokalen Markt aber kennen die Mitarbeiter von der örtlichen Sparkasse wie ihre Westentasche und können insbesondere bei Kreditentscheidungen auf Erfahrungen und Vergleichswerte zurückgreifen, die anderen Banken nicht zur Verfügung stehen. Und in Fragen, die über die jeweilige Region hinausgehen oder in denen die kleineren Sparkassen wegen ihrer Größe keine Spezialisten vorhalten können, greifen sie auf ihre schwergewichtigen Verbundpartner zurück. Der Lohn hierfür ist die unumstrittene Marktführerschaft. Die Sparkassen setzen sehr stark ihr Engagement auf die Weiterentwicklung der Region und handeln nach dem Leitsatz: Geht es der Region gut, geht es auch der Sparkasse gut.

Sparkassen betreiben "Retailbanking" seit ihrer Gründung

Für die Sparkassen war es in ihrer über 150-jährigen Geschichte stets eine Selbstverständlichkeit, Ansprechpartner für jedermann zu sein. Eine Zahl belegt dies sehr deutlich: Rund 80 Prozent aller Empfänger von staatlichen Transferleistungen unterhalten ein Konto bei einer Sparkasse.

Auch mit kleinen Sparraten ist es möglich, über Jahre einen Grundstock für das Alter aufzubauen. Was für die Sparkassen ein ungeschriebenes Gesetz ist, musste die Konkurrenz erst wiederentdecken - allerdings neumodisch verpackt unter dem englischen Schlagwort "Retailbanking". Jetzt erst wird bemerkt, dass sich in dieser Sparte auch Geld verdienen lässt. In dem Verhalten der Sparkassen über Jahrzehnte hinweg ist genau deren Vorzug zu erkennen: Die Betreuung aller Kundensegmente.

Keine kurzfristige Gewinnorientierung

Sparkassen müssen sich wie ihre Mitbewerber am Markt dem zunehmenden internationalen Wettbewerb stellen. Zum Leitbild der Sparkassen gehört es unter anderem, Geschäftsbeziehungen auf lange Sicht auszubauen und eine kurzfristige Gewinnorientierung einem nachhaltigen Wachstum unterzuordnen. Bei natürlichen Personen geht es übertragen gesprochen um eine Betreuung von der Wiege bis zur Bahre.

Fairness bedeutet auch, niemanden vom Bankgeschäft auszuschließen. So bekommt jede Privatperson die Chance, ihren Zahlungsverkehr über ein Konto bei der Sparkasse abzuwickeln. Nicht selten ist die Sparkasse vor Ort der Rettungsanker von Kunden anderer Kreditinstitute, wenn diese eine Existenzgründungsfinanzierung ablehnen. Verstärkt sieht die Sparkasse in solchen Fällen ihre Verantwortung für den Mittelstand, der sich dann mit Kundentreue oft über Jahrzehnte bedankt.

Neben attraktiven Produkten bieten Sparkassen noch mehr: Sie engagieren sich mit finanzieller Unterstützung im sozialen, künstlerischen und sportlichen Bereich. Mit einem Fördervolumen von weit über 400 Millionen Euro pro Jahr werden vor Ort Projekte mitgetragen, für die anderenfalls kein Geld bereit stünde. Die Sparkassen helfen mit kleineren Summen auch da, wo keine Imagesteigerung als Resultat hervortritt. So könnten Ortschroniken nicht fortgeführt, Heimatkalender nicht herausgebracht werden und Laientheatervorführungen nicht stattfinden.

Auch als Berufsausbilder tun sich die Sparkassen besonders hervor: Mit einer Ausbildungsquote von über acht Prozent geben sie jungen Menschen eine lukrative Chance, im Berufsleben Fuß zu fassen. Anders als im Geschäftsbankenbereich haben es die Sparkassen in der Vergangenheit weitestgehend vermieden, notwendigen Beschäftigungsabbau durch betriebsbedingte Kündigungen zu erreichen. Bezeichnend ist die Teilzeitquote von mehr als 25 Prozent, die zeigt, dass Sparkassen zu den Vorreitern gehören, Arbeitsplätze den veränderten Bedürfnissen der Menschen anzupassen.

Kostenvorteil der Sparkassen: flache Hierarchien und niedrige Stückkosten

Im Filialbanksektor hat eine weitgehende Zentralisierung von Unternehmensaufgaben stattgefunden, Kreditentscheidungen und Sicherheitenbewertungen werden von Kreditentscheidern über Distanzen von oft mehr als 200 Kilometern vorgenommen. Die Qualität solcher Entscheidungen nach Aktenlage mag dahin gestellt bleiben. Dem Kunden geht jedenfalls ein für ihn wichtiges Kriterium verloren - eine Person mit Gesicht zu sein.

Und Mitarbeiter von Filialbanken selbst klagen über eine steigende Anonymisierung im eigenen Unternehmen. Die Entscheidungswege der Sparkassen sind vergleichsweise kurz; die Entscheidungsträger sitzen vor Ort. Als ein weiterer Vorteil dieser dezentralen Struktur ist zu verzeichnen, dass die Spezialisten zeitnah greifbar sind.

Dies alles ist nicht zum Nulltarif zu haben. Aber wirkt sich das Engagement der Sparkassen, das sich eher am Stakeholder-Ansatz und nicht an einem Shareholder- Value-Ansatz orientiert, auch auf die Preise der angebotenen Produkte aus? Unumstritten ist, dass die finanzielle Belastung eines kleinen örtlichen Kreditinstituts, das alle Voraussetzungen nach dem Kreditwesengesetz ebenso zu erfüllen hat wie eine Großbank, von Natur aus zunächst höher ist, da es jeden Bereich vorhalten muss.

Allerdings korrespondiert mit der kleinen Größe auch ein nicht unbeachtlicher Kostenvorteil: Während Großbanken zum Teil zehn Hierarchieebenen und mehr bis zum Geschäftsleiter verzeichnen, ist die Hierarchie in Sparkassen vergleichsweise relativ flach. Das verkürzt Entscheidungswege und spart Personalkosten. Durch andere Gehaltsstrukturen und ein anderes Kun-den-Mitarbeiter-Verhältnis ergeben sich auch bei Standardprodukten vergleichsweise niedrigere Stückkosten.

Kostendruck durch Auslagerung senken

An den Stellen, an denen es gesetzlich zugelassen ist, lagern Sparkassen auch Aktivitäten aus und generieren dabei Synergieeffekte. So wird die Sparkassenlandschaft im IT-Bereich zentral nur noch von zwei Rechenzentren aus gesteuert, die in absehbarer Zeit fusionieren. Der Zahlungsverkehr wird nicht mehr vor Ort erledigt, sondern durch Abwicklungseinheiten ausgeführt. Die Depotverwaltung übernehmen darauf spezialisierte Depotbanken. Das Ganze vollzieht sich im Hintergrund - der Kunde bekommt davon nichts mit.

Was aber nun ist teuer? Regelmäßig werden Vergleiche der Konditionen von Kreditinstituten angestellt, in denen die an dem Vergleich teilnehmenden Sparkassen auch auf oberen Plätzen zu finden sind. Eine einheitliche Betrachtung der über 400 eigenständigen Sparkassen ist ohnehin nicht möglich - jedenfalls ist kein Trend erkennbar, der besagt, dass Sparkassen per se teurer sind als der Marktdurchschnitt.

Wie aber kann ein stichhaltiger Vergleich gelingen? Ein reiner Preisvergleich ist nicht der richtige Weg. Das Girokonto zum Nulltarif einer Distanz- oder Filialbank kann ganz schnell teuer werden, wenn in der Nähe kein Geldautomat zu finden ist, an dem kostenfrei Bargeld gezogen werden kann.

Da kommen schnell Fahrtkosten oder Abhebegebühren von nicht selten 5,00 Euro bis 7,50 Euro bei fremden Kreditinstituten hinzu. Nicht zu vergessen ist der damit einhergehende Zeitaufwand. Im Vergleich mit den 2,00 Euro pro Monat für ein Standardkonto bei einer Sparkasse ist das auf den zweiten Blick kein Schnäppchen.

Angebote mit und ohne Beratung

Den Vergleich mit Distanzbanken brauchen die Sparkassen auch nicht zu scheuen: Wer auf Beratung bewusst verzichten möchte, kann sehr kostengünstig seine Order beim Sparkassen-Broker abwickeln. So kostet beispielsweise ein Kauf-/Verkaufsauftrag bis 2 500 Euro lediglich zehn Euro. Wer aber auf Beratung und Aufklärung weiterhin besteht, muss darauf nicht verzichten und ordert bei seinem persönlichen Kundenberater.

Junge Leute als Zielgruppe haben die Sparkassen schon lange entdeckt. Mit kostenlosem Girokonto und Kreditkarte bis zum Ausbildungsende ausgestattet steuern die jungen Leute über den Globus und sind dabei immer eng mit ihrem Kreditinstitut verbunden. Wie ein guter Gärtner pflegt die Sparkasse die jungen Pflanzen, bis auch sie Früchte abwerfen. Es ist nicht verwerflich sondern langfristig strategisch richtig, vor dem Nehmen erst zu geben.

Die Marke Sparkasse sympathisch und doch nicht teuer

Resümierend behaupten sich Sparkassen am Markt wie ihre Mitbewerber durch Dienstleistungen, mit denen sie Geld verdienen. Darunter befinden sich die sogenannten Cash-Cows, mit denen andere Produkte subventioniert werden. Als Dienstleister für jedermann mit einer sehr breiten Allfinanz-Angebotspalette stehen die Sparkassen preislich im Markt und bilden im Querschnitt dessen Durchschnitt ab. Mit ihrer auf kommunale Grenzen ausgerichteten Geschäftspolitik kennen sie ihr lokales Umfeld so genau wie kaum ein anderer Mitbewerber und lassen dieses Know-how bei Entscheidungen maßgeblich mit einfließen.

Das gesellschaftliche Engagement der Sparkassen ermöglicht auf örtlicher Ebene Vereinstätigkeiten, für die eigene Mittel nicht ausreichen. Mit der vielseitigen Unterstützung von Kinder- und Jugendangeboten nehmen Sparkassen auch ihre Verantwortung für die Zukunft unserer Gesellschaft wahr. All diese Aktivitäten gehen einher mit einer moderaten Preispolitik. Wer sich ganzheitlich von seiner örtlichen Sparkasse betreuen lässt und deren Produkte erwirbt, fährt insgesamt besser als der Bankenhopper, der vermeintlich günstige Angebote mit Wertstellungsverlusten und nervlichen Anstrengungen bezahlt.

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