Verbände als Dienstleister

Neugründung als Fusion auf Augenhöhe

Die Mitglieder des Badischen und des Württembergischen Genossenschaftsverbandes haben am 23. Oktober 2008 die Verschmelzung der beiden Verbände auf der Grundlage der Jahresabschlüsse zum 31. Dezember 2008 beschlossen. Diese Jahresabschlüsse sind von den letzten Verbandstagen der beiden Verbände Anfang März 2009 beschlossen worden, sodass der Antrag auf Eintragung der Fusion beim Vereinsregister gestellt werden konnte. Der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband ist seit 23. Oktober 2008 ein Verein in Gründung, erst mit der Eintragung ins Vereinsregister wird er eine eigenständige Rechtspersönlichkeit und die beiden Altverbände erlöschen.

Damit werden zwei traditionsreiche Verbände verschmolzen, deren Wurzeln in die sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts zurückreichen. Die letzte strukturelle Veränderung der beiden Altverbände datiert aus den Jahren 1970 beziehungsweise 1971. Damals sind nach rund 90 Jahren getrennter Arbeit die Verbände der Volksbanken- und der Raiffeisenbanken-Organisationen zusammengegangen. Im Jahr 2009 ging es um einen regionalen Vorgang: Nach 56 Jahren im Bundesland Baden-Württemberg haben die beiden Genossenschaftsverbände im Land ihre Verschmelzung beschlossen.

Die Strukturentwicklung in der Primärstufe in dieser Zeit, die ja nicht ohne Einfluss auf die Verbändestrukturen bleiben kann, war enorm. 3769 Genossenschaften gab es im Jahr 1973 in Baden-Württemberg - in den Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband sind wir mit 850 Mitgliedern gegangen.

Diese Lagebeschreibung ist für das Verständnis des Organisationskonzeptes wesentlich. Der Zusammenschluss der beiden Regionalverbände wird als Antwort auf die Strukturveränderungen bei den Mitgliedern, den Genossenschaften in Baden-Württemberg, verstanden. Der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband ist ein von seinen Mitgliedern getragener, unabhängiger Verband, der sich konsequent an den Bedürfnissen und Wünschen seiner Mitglieder ausrichtet, die gleichzeitig seine Kunden sind. Damit wird er dem genossenschaftlichen Prinzip des dezentralen Unternehmertums gerecht und sichert Arbeitsplätze in Baden-Württemberg. Der Schritt der Verschmelzung ist ein klares Ja zu dezentralen Strukturen in der Genossenschaftsorganisation.

Standort- und Führungskonzept als Herzstück der Fusion

Eine nachhaltigere und noch wirksamere Interessenvertretung der Mitglieder innerhalb des genossenschaftlichen Verbundes und in der Öffentlichkeit, die zukunftsfähige Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter der Genossenschaften, ein offener und fairer Willensbildungsprozess unter den Mitgliedern, die Sicherung der Mitgliedernähe und die Erhöhung der Leistungsfähigkeit bei gleichzeitiger Kostenminimierung des Verbandes sind die Ziele der Verschmelzung.

Die Mitgliedernähe des BWGV sowie die aus der Verschmelzung zu erwartenden Synergieeffekte spielen für die Mitglieder des Verbandes die zentrale Rolle. Das Standort- und Führungskonzept ist deshalb das Herzstück der Fusion. Es muss sowohl Mitgliedernähe organisieren als auch dem Anspruch der Verschmelzung gerecht werden, zwei Partner auf Augenhöhe zusammenzuführen, die sich in Respekt vor der bisher geleisteten Arbeit begegnen.

Der BWGV hat deshalb zwei Hauptstellen in Karlsruhe und Stuttgart, juristischer Sitz ist Karlsruhe. Beide Standorte werden in den neuen Strukturen respektiert und gelebt. Dies drückt sich auch in der Geschäftsverteilung innerhalb des Vorstandes aus. Alle drei Vorstandsmitglieder tragen Führungsverantwortung für Abteilungen sowohl in Karlsruhe als auch in Stuttgart und sind deshalb an beiden Standorten präsent.

Prüfungsdienstleitung in Stuttgart, Beratungsabteilungen in Karlsruhe

Der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband ist eine unternehmerisch denkende und handelnde Organisation. Er legt Wert auf solide wirtschaftliche Strukturen und effiziente Prozesse. In allen Dienstleistungen orientiert er sich am Wettbewerb. Dies wird durch ergebnis- und eigenverantwortlich handelnde Geschäftsfelder gesichert. Die gewollten und von den Mitgliedern erwarteten Synergieeffekte sind nur zu heben, wenn sich der Verband funktional organisiert. Es geht um die einheitliche unternehmerische Ausrichtung des Verbandes, es geht um eine rasche Integration der beiden Altverbände und es geht nicht zuletzt darum, eine neue, gemeinsame Unternehmenskultur zu schaffen. Das Standortkonzept sieht deshalb vor, die verschiedenen Abteilungen auf jeweils einen Standort zu konzentrieren. Dadurch müssen rund 100 Mitarbeiter des Innendienstes ihren Arbeitsplatz verlegen - von Karlsruhe nach Stuttgart oder von Stuttgart nach Karlsruhe.

Beispielsweise wird die gesamte Prüfungsdienstleitung, einschließlich Grundsatzabteilung und Qualitätssicherung, in Stuttgart zusammengefasst, die Beratungsabteilungen in Karlsruhe. In der Organisation der Bankenberatung war es uns wichtig, ein ganzheitliches Vorgehen sicherzustellen. Wir sind dem Drei-Säulen-Modell der Bank aus Markt/Vertrieb, Produktion und Steuerung gefolgt und haben diese drei Abteilungsbereiche unter einer Leitung zusammengefasst. Auch die Aus- und Weiterbildung für alle Mitarbeiter der Volksbanken und Raiffeisenbanken wird in einem Konzept, aus einem Guss, unter einer Leitung von den beiden Akademiestandorten in Karlsruhe-Rüppurr und Stuttgart-Hohenheim aus angeboten. Eine weitere wichtige Weichenstellung war es, das gesamte Veranstaltungsmanagement, das vorher auf verschiedene Abteilungen verteilt war, an einer Stelle zusammenzufassen, in der Abteilung Kommunikaton/Interessenvertretung/Veranstaltungsmanagement, die in Stuttgart angesiedelt ist.

Mit der Verschmelzung kann das Dienstleistungsangebot für die Volksbanken und Raiffeisenbanken weiter ausgebaut werden. Die Dienstleistungsangebote der beiden Altverbände in Baden und Württemberg ergänzen sich ideal. Das größere Geschäftsgebiet des BWGV führt zu einer quantitativ und qualitativ höheren Nachfrage nach Dienstleistungen. Dies bietet den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BWGV fachliche und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten. Ferner können Doppelarbeiten vermieden, Konzepte müssen künftig nur einmal erstellt werden. So lassen sich Synergien heben mit der Folge, dass Leistungen für die Verbandsmitglieder nachhaltig kostengünstiger auf hohem Qualitätsniveau erbracht werden.

Für die Genossenschaften in Baden-Württemberg werden ab 2010 Synergieeffekte aus der Fusion von vier Millionen Euro im Jahr geschöpft. Dies wird im Wesentlichen durch einen sozialverträglichen Personalrückgang geschehen, indem Stellen nicht mehr besetzt werden, die aufgrund von Ruhestandsregelungen oder durch die natürliche Fluktuation frei werden.

Im Januar 2009 hat die Zusammenführung der Verbände begonnen. Zum Jahresanfang hat sich der BWGV in seinen neuen Organisationseinheiten aufgestellt; alle Führungspositionen wurden besetzt. Aus rechtlichen Gründen laufen die Prüfungen unter den beiden Altverbänden weiter.

Auch mit dem Erscheinungsbild sind wir in die neue Welt eingetaucht. Mit der neu gestalteten, monatlich erscheinenden Verbandszeitschrift Geno Graph und dem Internetauftritt www.bwgv-info, dessen Relaunch in Kürze abgeschlossen wird, ist die Kommunikation bereits ganz in Baden-Württemberg "angekommen". Bis zur juristischen Eintragung werden natürlich noch die alten Briefbögen verwendet.

Einführung der IT-Plattform als abschließende Maßnahme

Der abschließende organisatorische Schritt wird die Einführung der gemeinsamen IT-Plattform für die beiden Hauptstellen in Karlsruhe und Stuttgart sowie die Akademiestandorte in Karlsruhe-Rüppurr und Stuttgart-Hohenheim sein und insbesondere die Zusammenführung der Mitarbeiter innerhalb ihrer Abteilungen. Dies soll schwerpunktmäßig im 2. Quartal 2009 geschehen.

Mit der Eintragung der Verschmelzung in die Vereinsregister wird der BWGV ein großer Verband mit rund 600 Mitarbeitern, die in den Geschäftsfeldern Prüfung, Beratung und Bildung arbeiten und die Interessen der Mitglieder vertreten. Die Volks- und Raiffeisenbanken, die Mitglieder des BWGV sind, vereinen eine Bilanzsumme von 121 Milliarden Euro auf sich, betreuen Kundengelder von zusammen 223 Milliarden Euro, die außerbilanziellen Kundengelder wie Wertpapieranlagen oder Bauspardarlehen eingeschlossen, und halten etwa 35 Prozent am Grundkapital der DZ Bank AG. Die Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften in Baden-Württemberg erwirtschaften einen Umsatz von über acht Milliarden Euro. Alle Genossenschaften zusammen haben rund 3,4 Millionen Mitglieder, das heißt, fast jeder Dritte in Baden-Württemberg ist Mitglied einer Kredit- oder Warengenossenschaft.

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