Blickpunkte

Versicherungen - Kein Schlussstrich für die Ergo?

Mit ihrer Kampagne "Versichern heißt Verstehen" war die Ergo Versicherung im vergangenen Jahr beim Marketingpreis Effie, mit dem die wirksamsten Kampagnen ausgezeichnet werden, immerhin bis ins Finale gekommen. Um die Botschaft, die die Adressaten der Werbung offenbar überzeugte, mit Leben zu füllen, hat der Versicherer nun seine Pläne zu einem Umbau der Vertriebe konkretisiert. Um den Beratungs- und Betreuungsansatz zu vereinheitlichen und dadurch die Beratungsqualität zu verbessern, sollen die heute noch fünf Vertriebsorganisationen der Ergo unter dem Dach einer Ergo Vertriebsgesellschaft zu zwei homogenen Organisationen zusammengeführt werden. Die Produkt marken bleiben davon unberührt: Rechtsschutzversicherungsprodukte werden weiterhin unter der Marke D.A.S vertrieben, Krankenversicherungsprodukte unter DKV. Hier sollen auch künftig "einzelne ausgewählte Spezialisten" mit Agenturen der Marke DKV im Markt vertreten sein.

Das Ganze dient natürlich nicht nur der besseren Kontrolle des Vertriebs, sondern auch der Kostensenkung. Insgesamt sollen ab Anfang 2014 bis zu 700 Stellen im angestellten Außendienst und bis zu 650 Stellen im Innendienst abgebaut werden Die Reduktion auf bundesweit 120 Regionaldirektionen und eine Neuausrichtung der vertrieblichen Zentralbereiche sollen jährlich Einsparungen von rund 164 Millionen Euro ermöglichen.

Diese Ende Juli verbreitete Nachricht fand freilich nur mäßiges Presseecho. Von einer Handelsblatt-Veröffentlichung, wonach die eigenen Ermittler des Versicherungskonzerns weitere Lustreisen aufgedeckt hätten, lässt sich das wiederum nicht behaupten. "Sex sells" galt auch hier wieder - und das Wiederaufwärmen einer Thematik, die man (zumindest nach außen hin) abgehakt glaubte, war dem Unternehmen sichtlich unangenehm. Nur so lässt sich erklären, dass der Versicherer der Zeitung mit Hinweis auf die Verletzung des Urheberrechts die Veröffentlichung eines entsprechenden Berichts der eigenen Konzernrevision auf ihrer Homepage per Einstweiliger Verfügung untersagte. Ob eine solche Maßnahme dazu beiträgt, die Wogen wieder zu glätten, ist eine andere Frage. Nicht immer sind solche rechtlichen Schritte im Rückblick die richtigen gewesen.

Ein Trost bleibt der Ergo immerhin: In den Zahlen für 2011 scheint sich die Aufregung um den Sex-Skandal im letzten Jahr kaum niedergeschlagen zu haben. Im Detail berechnen lassen wird sich deren Auswirkung zwar kaum, jegliche Aussage zum Thema "was wäre gewesen, wenn nicht ..." wäre Kaffeesatzleserei. Immerhin sind die Gesamtbeiträge im Heimatmarkt um 1,0 Prozent gewachsen, in einzelnen Sparten auch deutlich mehr, während die Einmalbeiträge in der Lebensversicherung (dem Markttrend folgend) sanken. Ein überdeutliches Misstrauensvotum der Kundschaft ist das sicher nicht. Sind also die Verbraucher eher geneigt, auch einmal einen Schlussstrich zu ziehen, als es die Medien sind? sb

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