Im Gespräch

Vertriebspolitik - Auch Digital Natives mögen die Filiale - noch!

Alle diejenigen, die schon immer auf die Zukunftsfähigkeit der Bankfiliale gesetzt haben, werden es gerne hören: Die Zukunft ist nicht nur digital. Selbst die 25- bis 35-Jährigen Digital Natives bevorzugen nicht einhellig Online-Banking-Angebote gegenüber Filialangeboten. Sie wünschen sich vielmehr eine Kombination aus beiden. So lautet das Fazit einer Studie von Prof. Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim gemeinsam mit der Unicredit Family Financing Bank, basierend auf einer Online-Umfrage unter 1 839 Bundesbürgern in Verbindung mit Fokusgruppen-Gesprächen zum Thema Bank der Zukunft.

Die Bank der Zukunft wird demnach auch für die Digital Natives eine Filialbank sein - aber in Kombination mit Online-Banking, mit dem sie vor allem eine gute Erreichbarkeit verbinden. Auch günstige Konditionen sehen sie eher beim Online-Banking (38 Prozent) als bei den Filialen (zehn Prozent). Einen Vorsprung haben Filialen dagegen bei den Themen Sicherheit (36 versus 13 Prozent) und Verständlichkeit (23 gegenüber 15 Prozent).

Derzeit nutzen die Befragten Online-Angebote vor allem für Routine-Angelegenheiten: 80 Prozent führen ihr Girokonto online, 50 Prozent verwalten ihre Kreditkarten im Internet. Auch bei kleineren Krediten hat der Online-Kanal die Nase vorn, wenn auch nur knapp.

Bei längerfristigen Geldanlagen wie Festgeld und Bausparen hat dagegen die Filiale einen kleinen Vorsprung, ebenso wie bei größeren Krediten oder Hypotheken. Ein Vorsprung des Offline-Kanals von nur vier Prozentpunkten gibt freilich keinen echten Anlass zum Jubel für Filialbanker. Überhaupt legen die Ergebnisse der Studie die Vermutung nahe, dass die Digital Natives in Zukunft bei der Nutzung ihrer Bankverbindungen stärker selektieren werden: günstiges Online-Banking bei der Filialbank, komplexere oder sensiblere Themen bei der Filialbank.

Die auf den ersten Blick so gute Nachricht könnte also bedeuten, dass Filialbanken mehr und mehr zu Zweitbanken werden. Wer aber als "Hausbank" an Bedeutung verliert, für den wird die Festigung und Ausschöpfung bestehender Kundenbeziehungen immer wichtiger, muss er sich doch beim übrigen Geschäft immer neu am Markt beweisen.

Und nicht einmal beim Thema Beratung liegt die Priorität so eindeutig auf der Filiale, wie man es vielleicht erwartet hätte: Sie kann auch durch einen persönlich bekannten Berater geleistet werden. Dies sollte möglichst immer der gleiche sein, egal ob in einer Filiale, per Video-Chat oder auch telefonisch. Diese grundsätzliche Offenheit für Beratungen über elektronische Kanäle kann ebenfalls zum Vorteil der Direktbanken werden - dann nämlich, wenn es ihnen gelingt, beispielsweise Videoberatung ohne die Anonymität stets wechselnder Ansprechpartner anzubieten.

Noch bedenklicher werden könnten die Ergebnisse, wenn man sich auf die Zielgruppe der 18- bis 24-Jährigen konzentriert, die in der Studie bewusst ausgelassen, weil Finanzkraft und Produktnutzung von Finanzdienstleistungen in dieser Altersgruppe noch nicht so ausgeprägt sind. Die Affinität zu elektronischen Kommunikationskanälen ist es dafür umso mehr. Der dünne Vorsprung für die Filialbanken könnte damit auch bei den bisherigen Filialthemen in naher Zukunft ganz dahinschwinden. Red.

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