Mobiler Vertrieb

Die zwei Seiten des mobilen Vertriebs

Die Risiken in der Anlageberatung sind durch die Regulierung enorm gestiegen. Daher haben viele Banken den mobilen Vertrieb bereits eingestellt. Aber es gibt hier einen Ausweg: Denn wer die richtigen Weichen stellt, schafft für alle Beteiligten eine zufriedenstellende Lösung.

Ein Blick auf die jüngst veröffentlichten Konjunkturdaten zeigt eines ganz deutlich: Die schlimmste Rezession der Nachkriegsgeschichte hat das Tal der Tränen durchschritten. Das Gros der Anleger aber hat die Auswirkungen der Krise jedoch noch längst nicht verdaut. Die Depots zahlreicher Investoren weisen immer noch kräftige Verluste auf - auch, weil vielen Anlegern vor dem Ausbruch der Krise Wertpapiere empfohlen wurden, die im Zuge der Turbulenzen drastische Verluste verzeichneten. Daher ist die Qualität der Anlageberatung der Banken noch stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Vor allem in Deutschland wurden aufgrund der Lehman-Insolvenz und den damit einhergehenden Verlusten hitzige Diskussionen über die Bankberatung insgesamt geführt.

Haftungsrisiken schweben wie ein Damoklesschwert über den Banken

Die Konsequenzen dieses Debakels haben wir ja bereits durch eine schärfere Regulierung der Bankberatung zu spüren bekommen. Seit Januar dieses Jahres muss etwa jedes Beratungsgespräch schriftlich protokolliert werden. Die strengeren Protokollpflichten sind jedoch erst der Anfang hin zu einer stärkeren Regulierung. Die Anforderungen und Aufwendungen im Bereich der Bankberatung werden in den kommenden Monaten und Jahren weiter ansteigen - und parallel dazu die Risiken für die Haftungsdächer.

Auf diese Entwicklungen haben wir frühzeitig reagiert. Bereits im August hatte Cortal Consors angekündigt, sich aus der persönlichen Beratung vor Ort zurückzuziehen und das eigene Haftungsdach aufzulösen. Denn die Risiken in der Beratung sind durch volatile Märkte, Produktvielfalt und die Auflagen, die uns im Compliance-Bereich aufgebürdet worden sind, exorbitant angestiegen.

Die größte Gefahr besteht darin, dass die Haftungs- und Reputationsrisiken einer Falschberatung nahezu unüberschaubar und nur mit sehr großem Aufwand kontrollierbar geworden sind.

Einerseits verlangt die MiFID, dass Berater ihre Kunden umfassend informieren und nur Produkte verkaufen, die zum jeweiligen Anlagetypus passen. Die MiFID und die Durchführungsrichtlinie verknüpfen mit diesen Pflichten den sogenannten Suitability- oder Appropriateness-Test, der eine verpflichtende Beurteilung der Eignung beziehungsweise Angemessenheit des empfohlenen oder vermittelten Finanzinstruments bei jedem Beratungs- oder Vermittlungsgeschäft erfordert. Für Anlageberater bedeutet dies, dass sie genauestens beurteilen müssen, ob die konkrete Empfehlung den Anlagezielen des jeweiligen Kunden entspricht. Darüber hinaus muss geprüft werden, ob die hieraus erwachsenden Anlagerisiken für den Kunden seinen Anlagezielen entsprechend finanziell zumutbar sind und der Kunde mit seinen Kenntnissen die Risiken richtig einschätzen kann.

Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass der Kunde trotz einer ursprünglichen Zusage möglicherweise mit seiner Entscheidung nicht zufrieden ist - da er mit seinem Investment beispielsweise statt der erhofften zehn Prozent Rendite ein Minus von zwei Prozent erwirtschaftet. Anschließend besteht dann das unkalkulierbare Risiko, dass über einen Anwalt versucht wird, das Ganze wieder gerade zu biegen.

Kurzum: Die Risiken sind stark gestiegen und werden weiter massiv zunehmen, weil die Regulierung eben auch viele Möglichkeiten der nachträglichen Spekulation eröffnet.

Kritische Masse nicht erreicht

Nicht nur die Haftungs- und Reputationsrisiken haben uns veranlasst, den mobilen Vertrieb einzustellen. Auch die Tatsache, dass wir die "kritische Masse", die für solch einen Bereich notwendig ist, noch nicht erreicht hatten, war ein Grund für den Ausstieg aus dem Geschäft. Wir waren zwar auf einem guten Weg, aber wir hatten wie zahlreiche andere Institute nicht die nötige Berater- und Kundenzahl gewonnen.

Hinzu kamen Ressourcenkonflikte beispielsweise um IT-Entwickler, die einen Ausbau dieses mobilen Segments zusätzlich erschwerten. Und schließlich wären zukünftige Erträge durch die aufwendige Umsetzung der gesetzgeberischen Anforderungen drastisch geschmälert worden.

Wie andere Institute auch, standen wir vor der Frage, wie wir mit diesem Thema künftig umgehen wollen. Unsere Berater von heute auf morgen zu kündigen, war für uns keine Option. Wir wollten eine Situation schaffen, die für alle Beteiligten sinnvoll und tragbar ist. Zuerst aus Sicht der Kunden und der Berater - aber natür lich auch aus der des Unternehmens. Besonders großen Wert haben wir darauf gelegt, dass unsere Kunden langfristig von einem guten Berater begleitet werden. Ein Punkt, der bekanntermaßen nicht zu unterschätzen ist. Denn was ist für einen Anleger unangenehmer, als seine finanzielle Situation einem fremden Menschen anzuvertrauen?

Daher haben wir uns dazu entschlossen, die ehemaligen Cortal-Consors-Select-Vermögensberater bei der Suche nach einem neuen Haftungsdach zu unterstützen und darüber hinaus die Weiterbetreuung der Kunden angeboten. Diese Vorgehensweise hat sich als die richtige Strategie erwiesen. Immerhin haben 90 der zuletzt 110 Berater dieses Angebot angenommen und sich dem B2B-Geschäftsbereich "Professional Partners" angeschlossen.

Nachdem wir im Juli 2009 angekündigt hatten, dass der eigene mobile Vertrieb eingestellt wird, haben wir eine Roadmap erarbeitet, die eine Übergangsfrist von bis zu einem halben Jahr vorsah. Somit hatte jeder Berater ausreichend Zeit, die von uns vermittelten Kontakte zu bereits an Professional Partners angeschlossene Haftungsdächer und Pools zu nutzen und sich mit potenziellen Partnern vertraut zu machen.

Assets im Haus geblieben

Rückblickend bleibt festzuhalten, dass dieser Prozess völlig reibungslos verlief.

So gründeten etwa 50 ehemalige Berater unter dem Haftungsdach von eFonds die neue "Vermögensberatung Select",

während rund 35 Berater unter anderem bei BN & Partners oder NFS Netfonds Financial Service ein neues Haftungsdach gefunden haben.

Zudem haben sich einige Berater Vertriebsorganisationen oder Pools wie Fondsnet angeschlossen.

Zwar sind die Margen der Bank heute geringer als mit dem eigenen mobilen Vertrieb. Insgesamt rechnet sich der eingeschlagene Weg dennoch, da Cortal Consors schon seit über zehn Jahren im Geschäftsbereich "Professional Partners" mit Vermögensverwaltern und freien Vermittlern zusammenarbeitet - und daher bereits die komplette Struktur, das Team und die Ressourcen im Haus hatte. Hinzu kommt, dass die Assets, die der jeweilige Berater bei einem kompletten Wechsel möglicherweise zu anderen Banken übertragen hätte, im Haus geblieben sind.

Vorteile überwiegen

Auch die Kunden, die zeitnah über die Änderungen informiert wurden, haben das Angebot sehr positiv angenommen. Bisher hat kein einziger Kunde den Wunsch geäußert, nicht mehr von einem der ehemaligen Berater der Bank begleitet zu werden. Die positive Resonanz kommt nicht von ungefähr. Denn für die Anleger entstand durch den Wechsel kein Mehraufwand. Die Depots und Konten werden weiterhin bei Cortal Consors geführt, ein Depotwechsel oder die Vergabe neuer Kontonummern wurden vermieden.

Mittlerweile ist die Migration des mobilen Vertriebs seit rund sechs Monaten abgeschlossen. Trotz geringerer Margen zeigt sich, dass wir den richtigen Weg gewählt haben - sowohl für die ehemaligen Berater als auch für die Kunden. Die Haftungsdächer zählen ebenfalls zu den Gewinnern, da sich für sie durch den Beraterwechsel neue Wachstums- und Ertragschancen eröffnet haben. Letztendlich profitiert auch der Bereich "Professional Partners" von der Migration des mobilen Vertriebs, für den sich durch die Erweiterung des Geschäftsmodells auf die Haftungsdächer, Pools und Vertriebsorganisationen ebenfalls neue Wachstumsperspektiven erschließen. Werden nun alle Vor- und Nachteile gegenübergestellt, so war die Migration des mobilen Vertriebs die richtige Entscheidung.

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