Vertriebswegemix in der Personenversicherung: Klassische Kanäle behaupten sich

Vertriebswege in der Lebensversicherung 2012 bis 2015 (Marktanteile in Prozent) Quelle: Willis Towers Watson

Nach einigen Jahren mit eher düsteren Prognosen hat der im November veröffentlichte Vertriebswege Survey von Willis Towers Watson wie schon im vergangenen Jahr wieder Positives für Banken und Sparkassen zu vermelden.

Nicht rosig ist die Ausgangslage. Denn das Geschäft mit Lebensversicherungen, bei dem der Bankvertrieb traditionell am stärksten aufgestellt ist, war im Jahr 2015 generell rückläufig. Rund sechs Prozent weniger Neugeschäft haben die Lebensversicherer in Deutschland gezeichnet. Konkret sank das Neugeschäftsvolumen nach APE (der Summe aus laufenden Prämien plus 10 Prozent der Einmalprämien) in der Lebensversicherung 2015 um 6,4 Prozent (nachdem es noch 2014 um 8,8 Prozent gewachsen war). Dabei gab das Geschäft gegen laufende Beiträge (minus 4,4 Prozent) weniger stark nach als das Geschäft gegen laufenden Beitrag (minus 9,0 Prozent).

Bankvertrieb baut Marktanteile in der Lebensversicherung aus

Doch in diesem schrumpfenden Markt konnte der Bankvertrieb sich als führender Vertriebsweg für Lebensversicherungsprodukte behaupten und liegt mit einem Marktanteil von 30,4 Prozent (im Vorjahr 29,4 Prozent) im Vertriebswegemix unverändert unangefochten an der Spitze. Und mehr noch: Zum dritten Mal in Folge konnten Banken und Sparkassen ihre Position im Vertriebswegemix der Asse kuranz weiter ausbauen. Damit rangiert der Bankvertrieb seit 2013 nicht nur vor den Ausschließlichkeitsorganisationen als zweitwichtigster Vertriebsweg für Lebensversicherungen. Sondern sie konnten ihren 2013 noch sehr knappen Vorsprung von damals nur 0,4 Prozentpunkten auf 2,9 Prozentpunkte im Jahr 2015 aus bauen. Dabei geht der Marktanteilsgewinn der Banken tatsächlich im Wesentlichen zulasten des Ausschließlichkeitsvertriebs (27,5 Prozent an den APE). Denn während die Banken 2015 einen Prozentpunkt hinzugewonnen haben, verloren die Ausschließlichkeitsorganisationen 1,2 Prozentpunkte. Der Anteil der unabhängigen Vermittler blieb mit einem Anteil von 26,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr stabil.

Als Ursache für den Marktanteilsverlust des Ausschließlichkeitsvertriebs macht die Studie primär den starken Rückgang des Einmalbeitragsgeschäfts aus, den andere Vertriebswege - darunter auch der Bankvertrieb, der lange Zeit in starkem Maße auf Einmalbeiträge gesetzt hatte - offenbar besser kompensieren konnten. Die Ausschließlichkeit schrumpfte im Bereich Einmalbeiträge - relativ gesehen - mehr als doppelt so stark wie der Markt.

Auswirkungen des LVRG noch wenig zu spüren

Dass die Versicherer den Ausschließlichkeitsvertrieb mit einem reduzierten Angebot an Einmalbeitrags-Produkten ausgebremst haben, hat der Studie zufolge die eigentlich erwarteten Effekte aus dem Lebensversicherungsreformgesetz völlig überlagert. Dessen vollständige Wirkung sei bisher noch nicht erkennbar.

Weitere Änderungen bei den Vergütungssystemen der Lebensversicherer sind jedoch zu erwarten. Viele Versicherer, so Willis Towers Watson, werden vermutlich noch weiter an ihren Vergütungssystemen arbeiten, da Provisionen und Courtagen weiter unter Druck geraten und insbesondere eine noch stärkere Verteilung über die Laufzeit eines Vertrages erfolgen wird.

Bedeutung des Bankvertriebs weniger optimistisch eingeschätzt

Einen Wermutstropfen beinhaltet die Studie beim Blick auf das Stimmungsbild in der Assekuranz hinsichtlich der Erwartungen, wie sich die Bedeutung der einzelnen Vertriebskanäle entwickeln wird. Hier ist die Einschätzung mit Blick auf den Bankvertrieb längst nicht mehr so positiv wie noch im vergangenen Jahr. Zwar gehen immer noch 28 Prozent der Befragten von einer steigenden Bedeutung des Bankvertriebs aus. Das sind jedoch 12 Prozentpunkte weniger als 2015. Gleichzeitig ist der Anteil derjenigen Versicherer, die für den Bankvertrieb überhaupt keine Bedeutung sehen, wieder von 23 auf 25 Prozent gestiegen. Damit nähert sich die Prognose erneut der aus früheren Jahren an.

Den größten Bedeutungszuwachs sehen die Studienteilnehmer - zumindest für ihr eigenes Unternehmen - eindeutig bei Vergleichsportalen und im Direktvertrieb: 97 beziehungsweise 94 Prozent der Teilnehmer erwarten hier eine steigende oder zumindest gleichbleibende Bedeutung. Dagegen sinkt die erwartete Bedeutung der unabhängigen Vermittler seit einigen Jahren stetig: 2012 sahen noch 91 Prozent Wachstumschancen für die Makler, 2015 waren es lediglich 77 Prozent.

PKV: keine Fortschritte des Bankvertriebs

In der privaten Krankenversicherung hat sich das Neugeschäftsvolumen 2015 auf dem niedrigen Niveau von 2014 stabilisiert. Damit konnte zwar der negative Trend seit 2012 erstmals gestoppt werden. Das Gesamtvolumen in der PKV liegt jedoch noch um 40 Prozent unter dem Höchstwert von 2011. Der Bankvertrieb kann von dieser Stabilisierung des Marktes jedoch nicht profitieren. Mit einem Marktanteil von lediglich 5,4 Prozent bewegt sich seine Bedeutung auf dem Niveau der Vorjahre.

Weiterhin machen Ausschließlichkeitsorganisationen mit 48,1 Prozent und unabhängige Vermittler mit 33,5 Prozent den Markt größtenteils unter sich aus. In der Vollversicherung liegt der Anteil des Ausschließlichkeitsvertriebs mit 54,7 Prozent noch deutlich höher (unabhängige Vermittler: 36,8 Prozent). In der Zusatzversicherung allerdings konnten Direktvertrieb und Internet-Portale (11,2 Prozent) einen vergleichsweise deutlichen Zuwachs verzeichnen. Klassische Vertriebswege sind aktuell nicht in der Lage, mehr Zusatzversicherungen zu vermitteln.

Die Digitalisierung schätzen Krankenversicherer als größten Treiber für Veränderungen in der Vertriebswegelandschaft ein. Der Trend in Richtung Direkt- und Internetvertrieb wird nach Einschätzung der Studienteilnehmer wegen der Digitalisierung, einem veränderten Kundenverhalten sowie strategischen Anpassungen auch künftig anhalten. Unter den Vertriebswegen dürfte davon vor allem der Internetvertrieb profitieren, dem 60 Prozent der Befragten eine Bedeutungszunahme prognostizieren, weitere 20 Prozent sogar eine starke.

Für den Bankvertrieb ist die Prognose dagegen deutlich zurückhaltender. Einen starken Bedeutungszuwachs mag dem Vertriebsweg Bank niemand voraussagen. Jeder fünfte Studienteilnehmer sieht hierfür immerhin etwas mehr Gewicht als bisher.

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