PRIVATKUNDENGESCHÄFT

Das Ende der Hausbank?

Philipp Otto

Foto: Fritz Knapp Verlag

Wird Corona zum Sargnagel der Hausbank-Beziehung im Privatkundengeschäft? Bei zwangsweise geschlossenen Filialen während der Lockdowns haben sich viele Menschen dem Onlinebanking zugewandt, die das so vermutlich ohne Corona nicht getan hätten. Inzwischen nutzen rund 86 Prozent der Deutschen die Onlinebanking-Angebote ihrer Banken. Das ist zumindest das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung des Marktforschers Youggov. Männer nutzen Onlinebanking demnach ein bisschen öfter als Frauen, digitalaffine häufiger als traditionelle Bankkunden und jüngere öfter als andere.

Die Banken und Sparkassen sehen diese Entwicklung und fördern sie sogar. Schließlich lässt sich mit einem verminderten Angebot von Serviceleistungen am GAA oder den Schaltern dem Ertragsdruck im Kerngeschäft wenigstens mit ein bisschen mehr Effizienz entgegenwirken, indem die "lästigen" Alltagsaufgaben in die digitale Welt verlagert werden. Mit Erfolg: Laut Yougov nutzen 82 Prozent der Bankkunden Onlinebanking für Überweisungen, immerhin noch 48 Prozent verwalten damit ihre Daueraufträge. Doch nur 23 Prozent der technikaffinen Kunden kaufen damit Wertpapiere, bei den vorsichtigeren Verbrauchern sind es sogar nur 2 Prozent.

Nein, die Hausbank ist noch nicht tot - sehr zum Leidwesen aller digitalen Finanzliebhaber, Tech-Affinen, Plattformökonomen oder Fintech-Befürwortern. Aber sie muss sich permanent neu erfinden. Das hat sie früher getan und das tut sie auch heute. Und sie hat gar keine so schlechten Chancen. Banking am Computer oder über die App spart lästige Wege, geht schnell, ist sicherlich nicht immer für jeden einfach zu verstehen, und es wird sich natürlich weiter durchsetzen. Darum geht es auch gar nicht, es geht nicht um Onlinebanking oder stationäres Geschäft, sondern um das richtige Miteinander. All die digitalen Angebote sind super, solange sie reibungslos funktionieren - und da soll das ganze Thema Cybercrime einmal ganz unberücksichtigt bleiben.

Doch manchmal kann selbst der ganz normale "Banking-Alltag" echt anstrengend werden. Nachdem der Kunde schon seit geraumer Zeit erfolgreich und zufrieden die App seiner Direktbank oder Digitalbank genutzt hat, möchte er an diesem Angebot etwas ändern. Die Eingabe des extrem langen, extra zugesandten PIN-Codes hat noch geklappt, doch dann will der Computer plötzlich die TAN-Nr. 32. Wie TAN? Ich mache doch Banking über die App. Anruf bei der Hotline. "Zum Ändern der Aufträge brauchen Sie die TAN." "Ja, aber die Liste haben ich doch weggeschmissen, als ich mit dem App-Banking angefangen habe." "Wir senden Ihnen eine neue zu." Hier werden Sie geholfen. Immerhin.

Drei Tage später: Mit dem neuen TAN-Block geht es weiter. Doch plötzlich will der Computer zur Bestätigung der Änderungen und sicherlich auch zur Gewissheit, dass wirklich der Kontoinhaber vor dem Bildschirm sitzt, die Super-PIN? Hmmm, auch weggeschmissen. Mist. Wieder die Hotline: "Die dürfen Sie doch nicht wegwerfen. Aber wir senden Ihnen eine neue zu." Gesagt, getan. Nach gut einer Woche sind alle Änderungen erfolgreich vollzogen und die App funktioniert wieder, sprich, man kann wieder überweisen und andere Bankgeschäfte tätigen. Inzwischen hat der Kunde auch ein neues Konto bei der ortsansässigen Raiffeisenbank, die natürlich auch die Sparkasse sein könnte. Das ging relativ einfach und schnell, auch wenn natürlich nicht mit einem Klick. Aber da war jemand, der geholfen hat, mit dem man sprechen konnte - direkt, nett und persönlich. Und Corona hat doch auch gezeigt, wie schön es ist, mal wieder unter Leute zu kommen. Und deswegen ist die Hausbank noch lange nicht tot. P.O.

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