Marktanteile um jeden Preis?

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sb - Dürfen Banken und Sparkassen ein Entgelt dafür verlangen, dass Kunden über ihr eigenes Guthaben verfügen? So allgemein formuliert, ist die Frage zu verneinen. Und haben Kreditinstitute das Recht, ihre Produkte zu profitablen Preisen anzubieten? Diese Frage wird selbst von Verbraucherschützern bejaht. Beides zusammen wird aktuell immer schwieriger, hier liegt der Teufel im Detail. In der aktuellen Diskussion um Kontoführungsgebühren allgemein und GAA-Entgelte im Besondern greift es deshalb sicher zu kurz, einfach nur ein Festhalten an der Kostenloskultur zu verlangen. Schließlich sind Sparkassen und Volksbanken nicht ohne Weiteres mit Groß- und Direktbanken zu vergleichen. Insbesondere bei den Sparkassen spielen Faktoren eine Rolle, um die sich andere Institute nicht scheren müssen (Stichwort öffentlicher Auftrag). Dass sich Lokalpolitiker in die Preisgestaltung einmischen, wie es durchaus schon vorkam, ist ein solches Spezifikum.

Die Zeiten, in denen auch gebührenfreie Girokonten per se profitabel waren, sind erst einmal vorbei. Der "Bodensatz" an Einlagen, die viele Kunden immer auf ihrem Konto vorhalten, kann nicht mehr länger als günstige Refinanzierungsquelle dienen. Schlimmer noch: Im Negativzinsumfeld wird er zur Belastung. Gleichzeitig sind die Erträge aus dem bargeldlosen Zahlungsverkehr im Sinkflug, außerdem müssen technische Innovationen mit entsprechendem Investitionsaufwand vorangetrieben werden. Dass einige Kreditinstitute auf den Gedanken verfallen sind, die kostenlose Bargeldversorgung auch an den eigenen Automaten für die Nutzung kostengünstiger Kontomodelle einzuschränken, ist deshalb nachvollziehbar. Schließlich stellt das Geldautomatennetz einen beträchtlichen Kostenblock dar. Solche Entgelte widersprechen auch nicht grundsätzlich dem Gedanken, dass Kunden eine Möglichkeit haben müssen, über ihr Geld zu verfügen, ohne dafür zu zahlen. Denn dazu gibt es inzwischen auch jenseits des Bankautomaten eine Reihe von Möglichkeiten. Die Bargeldversorgung im Einzelhandel oder an der Ladenkasse ist aber noch kein "gelerntes" Verhalten. Und so kam es zum öffentlichen Aufschrei, dessen Ausmaß die Institute im Vorfeld offenbar unterschätzt hatten. Etliche haben deshalb mittlerweile den Rückwärtsgang eingelegt und die umstrittenen Entgelte wieder abgeschafft. Ein allzu großer Ertragsbringer dürften die GAA-Gebühren für eigene Kunden ohnehin nicht sein, vor allem dann, wenn das Preismodell eine gewisse Anzahl von Gratisabhebungen pro Monat vorsieht. Um die Kosten des GAA-Netzes wirklich nach dem Verursacherprinzip auf die Kunden umzulegen, hätten die Konditionenanpassungen vermutlich sehr viel drastischer ausfallen müssen. Das wäre jedoch im Markt kaum durchsetzbar - und hätte zumindest bei Sparkassen vermutlich sogar die Lokalpolitik auf den Plan gerufen.

Überhaupt ist das Girokonto für Banken wie Kunden gleichermaßen ein heikles. Aus Bankensicht ist es unverändert das "Ankerprodukt" für die Kundenbeziehung. Nur deshalb bietet etwa MLP überhaupt ein Konto an. Gleichzeitig reagieren die Kunden bei einem solchen "Alltagsprodukt" besonders preissensibel. Und mit den neuen technischen Möglichkeiten, die den Kontowechsel viel einfacher machen, steigt auch die Wechselbereitschaft. Doch es gibt auch Beispiele für erfolgreiche Durchsetzung von Preisanhebungen und die Einführung neuer Kontomodelle. Manchmal ist es jedoch vielleicht ratsam, preissensible Kunden ziehen zu lassen. Profitabel wird das Konto schließlich vor allem dann, wenn der Kontoinhaber möglichst viele weitere Produkte vom gleichen Kreditinstitut in Anspruch nimmt. Bei den reinen "Schnäppchenjägern" dürfte das aber häufig nicht der Fall sein. Manche Volksbank oder Sparkasse fährt deshalb möglicherweise besser, wenn sie zwar etwas weniger Kunden hat, dafür aber solche, die dem Institut Loyalität entgegenbringen und das Gesamtpaket aus digitalen und persönlichen Services und Beratung, regionaler Verwurzelung und Engagement für die Region sowie Verantwortungsbewusstsein auch gegenüber den Mitarbeitern zu schätzen wissen. Zugegeben: Dieser "Sympathiebonus" ist begrenzt. Deshalb bleibt Fingerspitzengefühl gefragt, auch um "Shitstorms" zu vermeiden.

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