Weichenstellungen im Kartengeschäft

Innovative Bezahlmethoden kurz vor dem Durchbruch

Den Deutschen eilt der Ruf voraus, Bargeld im Vergleich zu Bezahlkarten wo immer möglich den Vorzug zu geben. Dies belegen auch die Zahlen des EHI Retail Instituts, die besagen, dass rund 58,5 Prozent des Umsatzes im Einzelhandel auf Bargeldzahlungen zurückzuführen sind. Doch neue Bezahlmethoden drängen auf den Markt - allen voran kontaktloses und mobiles Bezahlen. Diese innovativen Bezahllösungen werden zurzeit als die Zahlverfahren der Zukunft diskutiert.

Die aktuellsten Entwicklungen vor allem bei Kontaktlos-Zahlungen weisen tatsächlich darauf hin, dass sich die Innovationen gegenüber den üblichen Bezahlverfahren durchsetzen könnten. Die Sparkassen haben im Jahr 2011 damit begonnen, Kar ten mit kontaktloser Bezahlfunktion auszugeben. Auch der Handel kommt in Bewegung: So haben die Douglas-Gruppe und Esso angekündigt, kontaktloses Bezahlen in ihre Filialen einzuführen, und in einigen Geschäften und bei einzelnen Tankstellenketten kann man sogar schon heute schnell und einfach im Vorbeigehen bezahlen.

Durch die zunehmende Verbreitung von Smartphones verbessern sich auch die strukturellen Möglichkeiten für das mobile Bezahlen. Zusätzlich testen einflussreiche Global Player wie Google in einigen Märkten bereits Mobile-Payment-Technologien. Den neuen Bezahllösungen werden gute Chancen eingeräumt. Die langjährige Dominanz des Bargeldes scheint zu bröckeln - deutsche Konsumenten sind bereit für neue Bezahlmethoden. Dies ergab die aktuelle Studie "Der Mythos vom deutschen Bargeldfundamentalismus - Eine empirische Studie zur Akzeptanz innovativer Bezahltechnologien".1) Der Großteil der Verbraucher steht demnach kontaktlosem und mobilem Bezahlen offener gegenüber als bisher angenommen. Die befragten Verbraucher äußern sich grundsätzlich positiv zu beiden Bezahlinnovationen und erachten sie als praktisch und attraktiv.

Rund 68 Prozent der Studienteilnehmer befürworten kontaktloses Bezahlen,

beim mobilen Bezahlen sind es zirka 64 Prozent.

Die alltägliche Nutzung von Giro- und Debitkarten bereitet dem kontaktlosen Zahlen den Weg, das Handy als ständiger Begleiter und mittlerweile nahezu "Alleskönner" dem Mobile Payment. Beide Bezahlinnovationen haben das Potenzial, die vorherrschende Dominanz des Bargeldes bei deutschen Konsumenten zu brechen.

Mehr Vor- als Nachteile

Der Untersuchung zufolge stellen überraschenderweise die gängigen Befürchtungen der Branche kein Hindernis dar: Die befragten Verbraucher schätzen sowohl die Kosten als auch die Risiken der innovativen Bezahlverfahren als gering ein. Insgesamt überwiegt der Nutzen der innovativen Technologien aus Sicht der Konsumenten klar die wahrgenommenen Nachteile.

Damit die neuen Bezahlmethoden sich durchsetzen können, müssen einerseits Anbieter eine hohe Benutzerfreundlichkeit und Alltagstauglichkeit ihrer Lösungen gewährleisten.

So sollte der Bezahlvorgang vor allem leicht verständlich und gut kontrollierbar sein. Damit die Konsumenten die neuen Bezahltechnologien in ihrem Alltag einsetzen, muss andererseits eine flächendeckende Infrastruktur bereitgestellt werden - dies in Form von Kassenterminals und Akzeptanzstellen für kontaktlose und mobile Zahlungen. Und natürlich hängt die letztendliche Nutzung auch von der Verbreitung der entsprechenden Karten und NFC-fähigen Smartphones ab.

Kontaktoses Zahlen als Brückentechnologie

Kontaktloses und mobiles Bezahlen unterscheiden sich deutlich in ihrem Nutzenpotenzial. Das kontaktlose Bezahlen wird von den Befragten im Vergleich zu mobilem als praktischer und benutzerfreundlicher wahrgenommen, hier stehen der funktionale Nutzen und die Alltagstauglichkeit klar im Vordergrund. Das mobile Bezahlen wird jedoch als interessanter bewertet, hier überwiegt der hedonische Nutzen, also der "Spaßfaktor" für die Verbraucher.

Die Konsumenten sind derzeit eher bereit, kontaktloses Zahlen zu testen und zu nutzen als Mobile Payment. Dies lässt sich insbesondere darauf zurückführen, dass Verbraucher mit Kartenzahlungen bereits vertraut sind, sodass die Vorteile von kartenbasierten Kontaktlos-Zahlungen wie Schnelligkeit und Bequemlichkeit unmittelbar ersichtlich sind. Zudem kann kontaktloses Zahlen bereits auf vereinzelten "Innovationsinseln" eingesetzt werden.

Mobile Payments scheinen für die Verbraucher aufgrund der momentan noch fehlenden Einsatzmöglichkeiten eher etwas abstrakt. Denkbar ist daher ein fließender Übergang: Kontaktloses Bezahlen könnte als Brückentechnologie dem mobilen Bezahlen den Weg bereiten.

Nicht nur für Kleinbeträge

Der Untersuchung zufolge unterscheidet sich die Bereitschaft und Akzeptanz von kontaktlosem und mobilem Bezahlen bei verschiedenen Konsumentengruppen signifikant. Verbraucher mit einer überdurchschnittlich hohen Nutzungsabsicht moderner Bezahlmethoden bilden das Segment der Trendsetter. Im Hinblick auf kontaktloses Bezahlen umfasst diese Gruppe 35 Prozent der Befragten. Ihre Girokarte setzen sie intensiv ein und sind stark zukunftsorientiert. Hinsichtlich Mobile Payment gehören 23 Prozent der Teilnehmer den Trendsettern an. Sie sind tendenziell jünger und nutzen mobile Dienste häufiger als der Durchschnitt. Für beide Trendsetter-Gruppen gilt, dass sie eher medienaffin sind. Im Gegensatz zu den Trendsettern steht die Gruppe der "Nachzügler" (sogenannte "Laggards") den neuen Bezahlmöglichkeiten eher abwartend und etwas reserviert gegenüber. Bezüglich kontaktloser Zahlungen umfasst diese Gruppe 15 Prozent, bei mobilen Zahlungen sind es 16 Prozent der Befragten.

Kurz vor dem Durchbruch

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass kontaktloses Bezahlen einen deutlich höheren monetären Spielraum hat als bisher praktiziert. Bis rund 50 Euro würden Befragte immer kontaktlos bezahlen, nicht wie bisher angenommen nur Low-Value-Beträge unter 25 Euro - denn in diesem Bereich liegt auch das Limit von kontaktlosen Zahlungen ohne PIN-Eingabe bei Mastercard Paypass und Visa Paywave. Diese Erkenntnis impliziert ein weitaus höheres Umsatzpotenzial für Händler.

Insgesamt scheinen die innovativen Bezahlmethoden bei Verbrauchern kurz vor dem Durchbruch zu stehen. Natürlich hängen die Akzeptanz und der Einsatz von vielen Faktoren ab, wie der flächendeckenden Infrastruktur und der weiteren Verbreitung von Kontaktlos-Karten sowie NFCfähigen Smartphones. Die deutschen Verbraucher zeigen sich jedoch grundsätzlich bereit für neue Bezahloptionen. Und womöglich können diese Innovationen ihren Teil dazu beitragen, den Anteil an Bargeldzahlungen im Handel weiter zu senken.

Anmerkung:

1 Über die Studie/Empirische Vorgehensweise: Die Studienreihe basiert auf einem zweistufigen Ansatz: Ausgehend von dem Vier-Parteien-Modell nahmen zunächst Vertreter aus den Bereichen Konsumenten (Karteninhaber), Handel (Kartenakzeptant), Banken (Kartenemittent) und Acquirer an 30-minütigen Tiefeninterviews zum Thema bargeldloses Bezahlen teil. Aufbauend auf den Erkenntnissen dieser qualitativen Befragungen wurde eine quantitative Onlinebefragung, die im März 2011 stattfand, konzipiert. Insgesamt konnten im Rahmen der Onlinebefragung 1 753 Konsumenten erreicht und befragt werden. Hiervon sind 1 004 Befragte dem Themenkomplex kontaktloses Bezahlen und 749 Befragte dem Themenkomplex Mobile Payment zuzuordnen. Die durchschnittliche Antwortdauer betrug elf Minuten für den Fragebogen zum kontaktlosen Bezahlen und zwölf Minuten für den Fragebogen zu Mobile Payment. Die Repräsentativität der Stichprobe wurde anhand statistischer Tests sichergestellt.

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