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Kommentar Zahlen per Gesichtserkennung: Begrenztes Potenzial für die Paypal-Lösung

Der Online-Zahlungsanbieter Paypal gab kürzlich bekannt, eine innovative Variante im Bereich bargeldloser Bezahlung in Berlin zu testen - die Bezahlung mit Gesichtserkennung. Kunden melden sich in dem Geschäft, in dem sie sich gerade befinden, einfach über die Paypal-App an. Daraufhin erscheint deren Name und Foto im Shopsystem. Den Einkauf autorisiert der Kunde mit einem Klick. Der Mitarbeiter im Laden nutzt sein mobiles Endgerät, um die Transaktion zu autorisieren. Solche innovativen Zahlungsmethoden stehen vor der Herausforderung, eine kritische Masse an Nutzern überzeugen zu müssen. Der Zeitpunkt für innovative, mobile Ansätze scheint heute optimal, da die Verbraucher mittlerweile mehr Smartphones als herkömmliche Mobiltelefone nutzen. Außerdem steigt die Akzeptanz für mobile Zahlungen in der Bevölkerung.

Das neue Verfahren der Bezahlung via Gesichtserkennung spricht die jüngere mobile Generation an, die einen ungezwungenen Umgang mit ihren persönlichen Daten pflegt. Das angesagte Image, eine einfache und komfortable Bedienung und positive Nutzererfahrungen mit dem Service, könnten zu einer veränderten Landschaft bezüglich der bevorzugten Zahlungsmethoden führen.

Im Hinblick auf die Kundendaten sehe ich eine Schwierigkeit: Nicht nur der Zahlungsvorgang selbst wird gespeichert, sondern auch das Produkt oder der Service der Transaktion, Zeitpunkt und Ort. Das Unternehmen folgt damit einem Marketing-Trend: Sogenannte "Big Data"-Projekte dienen der Gewinnung von, Kundendaten. Je mehr Kundendaten Unternehmen besitzen, desto zielgenauer und personalisierter können die Marketingaktivitäten auf den Kunden zugeschnitten werden. Manche Verbraucher sehen darin einen Vorteil, in der Folge individualisierte Angebote zu bekommen, doch die Mehrheit will ihre Daten lieber nicht preisgeben. Die Sicherheit der Käuferdaten bleibt immer eine Herausforderung: Denn auch für mobil getätigte Transaktionen gilt der weltweit gültige Sicherheitsstandard PCI-DSS.

Nicht optimal in die Ladenumgebung zu integrieren

Eine weitere Hürde in Bezug auf den Erfolg der Lösung besteht aus meiner Sicht darin, dass die Paypal-Lösung momentan nicht optimal in die Ladenumgebung zu integrieren ist. Derzeit benötigt der Kassierer noch ein separates Gerät, wie ein i-Pad oder Touchpad, um die Lösung zu verwenden. In kleineren Unternehmen mag das funktionieren, wer jedoch seine Kasse aufrüsten möchte, wird dies kaum tun können, da es schlichtweg an der notwendigen Software fehlt. Ganz zu schweigen davon, dass die Geräte kaputt gehen oder entwendet werden könnten.

Die Kassensystemhersteller spielen hier eine wichtige Rolle in der weiteren potenziellen Verbreitung. Bislang existieren jedoch keine Industriestandards für eine nahtlose Integration in die Kassenlandschaft. Hersteller von Kassensystemen und Händler sollten hier eng zusammenarbeiten, um Kosten zu reduzieren und die Bedürfnisse der Kunden besser zu befriedigen. So können sich für engagierte Händler interessante Möglichkeiten im Umgang mit ihren Kunden ergeben, sollte der neue Paypal-Dienst zum Erfolg werden.

Praktischer Nutzen nicht ersichtlich

Es spricht generell nichts dagegen, dass eine solche Lösung auch in anderen Märkten in Europa gut funktionieren könnte. Die Erfolgschancen hängen auch davon ab, ob Händler das Angebot als attraktiv genug bewerten beziehungsweise ob dieses von Kunden nachgefragt wird. Meiner persönlichen Meinung nach wird diese Paypal-Lösung den Markt nicht komplett verändern. Es ist eine spannende Idee und Händler bekommen damit eine weitere Möglichkeit, ihren Kunden eine positive Erfahrung zu bieten. Der praktische Nutzen ist mir aber noch nicht so ersichtlich: Kleinere Händler erkennen ihre Stammkunden wahrscheinlich meist sowieso. Und je größer das Geschäft desto weniger kundenfreundlich ist das System. Solche Lösungen haben in einigen Bereichen Potenzial. Langfristig wird die Identifikation einer Person über mobile Geräte sicherlich an Bedeutung gewinnen, aber ob sich die Gesichtserkennung durch einen Kassierer durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.

Weitere Startups, Telekommunikationsanbieter sowie große Marktplayer werden sich mit Anwendungen positionieren und Payment-Service-Provider mit ihrem Knowhow aufwarten. Gerade Wallet-Systeme, wie die Google Wallet, V.me oder, wie kürzlich angekündigt, Masterpass könnten ihre Funktionen erweitern und relativ einfach die ECR-Software um das Foto eines Käufers erweitern.

Sascha Breite ist Head Future Payments bei SIX Payment Services AG, Zürich.

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