Kartenmarkt Österreich

"Der Markt für das Handy-Parken ist noch nicht ausgeschöpft" / Ewald Judt im Gespräch mit Thomas Capka

Erste Überlegungen zum Handy-Zahlen gab es schon vor vielen Jahren. Wie war die Entwicklung im österreichischen Mobilfunksektor bis heute zur Paybox Bank?

Angefangen hat es 1999 mit dem ÖBB-Handyticket der Mobilkom Austria, der Mobilfunktochter der Telekom Austria, auf SMS-Basis. 2001 beteiligte sich die Mobilkom Austria an Paybox Austria, einer Payment-Plattform, an der sie 2003 alle Anteile übernahm.

Aus bankrechtlichen Gründen wurde parallel zur Paybox Austria die A1 Bank (A1, wie die Telekom Austria nunmehr ihrem Namen vorangestellt hat) gegründet. Paybox Austria und A1 Bank fusionierten 2011 zur Paybox Bank. Die Paybox Bank
kann somit als Issuer und Acquirer sowie auch als Transaktionsverarbeiter auftreten.

Die Paybox Bank arbeitet als Tochtergesellschaft der A1 Telekom Austria AG auch mit den anderen Mobilfunkbetreibern zusammen. Wie lässt sich diese Zusammenarbeit mit Wettbewerbern der Muttergesellschaft an?

Die Zusammenarbeit mit der Muttergesellschaft A1 Telekom Austria und deren Wettbewerbern T-Mobile Austria und Hutchison 3G Austria funktioniert sehr gut. Mit allen Mobilfunkbetreibern wurden entsprechende Kooperationsverträge abgeschlossen, sodass deren Kunden und damit alle österreichischen Handybesitzer den Zahlungsservice der Paybox Bank nutzen können.

Welche technischen Voraussetzungen sind beim Handy notwendig, damit die Dienste der Paybox Bank in Anspruch genommen werden können?

Die einzige Voraussetzung, um Handy-Zahlungen zu tätigen, ist der Besitz eines Handys - egal wie alt es ist und egal ob es sich um ein Smartphone handelt oder nicht. Die Transaktion kommt dann via SMS oder einer App zustande.

Jeder Handybesitzer, der volljährig ist, ein österreichisches Bankkonto und einen Handyvertrag hat, kann somit am Paybox-Zahlungsservice teilnehmen. Vertragsmäßig geht das einerseits über den Vertrag, den er mit seinem Mobilfunkbetreiber geschlossen hat, wo die Paybox-Nutzung inkludiert ist. Andererseits ist bei Business- und Prepaid-Handys ein spezieller Vertrag erforderlich, der mit der Paybox Bank geschlossen wird.

Die Paybox Bank hat für unterschiedliche Kundengruppen unterschiedliche Zahlungsvarianten. Können Sie diese kurz erläutern?

Paybox Inside gibt es für alle privaten Vertragskunden der drei erwähnten Mobilfunkbetreiber A1, T-Mobile und 3 (= Marke von Hutchison 3G Austria) ohne extra Anmeldung und ohne Kosten. Paybox Classic gibt es insbesondere für Businessund Prepaid-Handys. Für Firmenkunden gibt es die Business Paybox für deren Mitarbeiter.

Welche Zahlungsdienstleistungen bieten Sie an?

Handy-Parken, Zug- und andere ÖPNV-Tickets mit dem Handy kaufen, Event-Tickets auf dem Handy, Handy-Zahlen an Automaten, Geld senden mit dem Handy, Handy-Zahlen in Web-Shops und an der Kasse sowie eine A1-Visa-Karte mit NFC-Funktion.

Am besten eingeschlagen hat ja bisher - zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung - das Handy-Parken. Wie funktioniert das und wo kann man diesen Service schon nutzen?

Anfangs basierte das Handy-Parken ausschließlich mit SMS. Mittlerweile gibt es auch eine Handy-Applikation dafür. Dieser Zahlungsservice hat eingeschlagen. Er funktioniert nicht nur in Wien, sondern auch in 15 anderen österreichischen Städten. Dabei wird die entsprechende Kurzparkzeit eingegeben. Kurz vor Ablauf macht das Handy darauf aufmerksam. In Wien wird der zu zahlende Betrag von einem vorab geladenen Betrag abgebucht. In den anderen Städten wird er nach dem "Pay-Later"-Prinzip bezahlt.

Wie viele Transaktionen erwarten Sie beim Handy-Parken im Jahr 2013 und wie sehen Sie die weitere Entwicklung?

2013 erwarten wir hier rund 24 Millionen-Transaktionen. Dabei ist der Markt bei weitem noch nicht ausgeschöpft. In Wien zum Beispiel werden erst 35 Prozent der Parktickets via Handy gelöst.

Wie und wo funktioniert der Kauf von ÖPNV- oder Event- Tickets?

Der Kauf von ÖBB-Tickets war die erste Anwendungsform des Handy-Zahlens in Österreich. Sie wird bis heute von den Kunden angenommen und der ÖBB als zukunftsorientiert geschätzt. Aber auch in einer Reihe von Städten, nämlich in Wien und fünf Landeshauptstädten (Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz, Salzburg), können Tickets per Handy bezahlt werden. Der Fahrschein ist am Handy-Display zu sehen.

Der Kauf von Event-Tickets ist für die Paybox Bank ein Nischenprodukt, weil wir es nur für Veranstaltungen anbieten, bei denen es keine nummerierten Sitzplätze gibt. Beispiele dafür sind der Eintritt in die Albertina oder ins Schloss Schönbrunn. Am meisten Aufmerksamkeit erregt allerdings der Life Ball im Wiener Rathaus, da Tickets nur via Paybox-Zahlungsservice bestellt werden können.

An welchen Automatentypen kann man mit dem Handy zahlen und wie funktioniert das?

Grundsätzlich könnte man an allen Verkaufsautomaten mit Handy zahlen, tatsächlich wird das Handy-Zahlen vor allem an mehr als 2 000 Zigarettenautomaten und an über 500 Snack-Automaten genützt. Die Anwendung ist hier SMS-basiert. Eine SMS wird mit der Automatenbezeichnung, die prominent auf dem Automaten angebracht ist, abgeschickt. Nach Freischaltung des Automaten kann das Produkt entnommen werden. Abschließend erhält der Kunde ein Bestätigungs-SMS.

Mit dem Handy lässt sich auch Geld an Dritte senden. Auf ein Bankkonto? Oder auf eine Mobilfunknummer?

Geld senden kann man mit dem Handy auf zweierlei Arten:

Paybox-Classic-Kunden können an andere Paybox-Classic-Kunden via einer App Geld senden. Der Betrag wird vom Girokonto des "Senders" abgebucht, der angegebenen Mobilfunknummer gesandt, dann dem mit dieser Mobilfunknummer verbundenen Girokonto gutgeschrieben.

Bei allen Paybox-Zahlungsvarianten geht es auch via Online-Formular. Abgesichert ist der Money Transfer in beiden Fällen durch die PIN.

Das waren bislang vor allem Transaktionen, die nicht im Mittelpunkt der Zahlungsstrategie der Player im Kartengeschäft stehen. Dort stehen die Transaktionen am PoS und zunehmend auch bei Internet-Shops im Zentrum – und mittlerweile akzeptiert die überwiegende Mehrheit dieser Handels- und Dienstleistungs unternehmen die jeweiligen Karten. Auch die Paybox Bank mischt in diesem Geschäft mit der von ihr ausgegebenen A1 Visa-Karte mit NFC-Funktion mit. Aber wie schaut es mit dem Zahlen am PoS und bei Internet-Shops mit dem Handy aus?

Das Paybox-Zahlen ist sowohl am PoS als auch bei Internet-Shops möglich. Insgesamt hat die Paybox Bank rund 7 000 Vertragspartner. Das Schwergewicht sieht die Paybox Bank angesichts der Verschiebung des Geschäfts von offline im Shop hin zu online im Web bei den „klassischen” Internet-Shops als auch bei Zahlungen mit mobilen Apps. Unabhängig davon bieten wir allen unseren Kunden eine A1 Visa- Karte mit NFC-Funktion an, sodass auch überall dort wo die Möglichkeit besteht, kontaktlos bezahlt werden kann.

Die A1 Visa-Karte mit NFCFunktion hat Paybox-NFC ersetzt. Was war der Grund für die Einführung und die Einstellung nach lediglich rund zwölf Monaten Ende 2012?

Paybox-NFC mit einem NFC-Sticker auf dem Handy war ein Pilotbetrieb, um die NFC-Technologie in der praktischen Anwendung zu erproben. Anstelle auf einer Karte war der NFC-Chip auf dem Sticker implementiert. Der Zahlungsvorgang war – wie bei allen NFC-Zahlungen – ein einfacher und ein rascher. Die Abbuchung des Betrages erfolgte via Girokonto oder über die A1 Visa-Karte. Diese ist jetzt auch – ergänzt um die NFC-Funktion – die Zahlungskarte der Paybox Bank für kontaktlose Zahlungen.

Wie sehen Sie die Bestrebungen der Kartenkonkurrenz, bei kontaktlosen Zahlungen auf "Karte mit NFC" zu setzen? Geht da nicht die Chance "Handy mit NFC" verloren?

Derzeit werden sehr viele NFC-Anwendungen auf den Markt gebracht (Visa, Mastercard, Maestro, Quick), deren Anwendbarkeit auf das jeweilige Terminal beschränkt ist. Insellösungen sind allerdings keine Zukunft. Es bedarf einer Zusammenarbeit aller Interessensgruppen für eine national und international übergreifende Standardisierung, um alle NFC-Varianten auf allen Terminals zu platzieren.

Welche Zukunft geben Sie dem "Mobile Payment" mit dem Handy?

Das "Mobile Payment" ist schon da, es auf das Handy zu bringen ist eine Herausforderung. Das kann via NFC-Sticker, via separatem "Payment Chip" im Handy, via in die SIM-Karte des Handys integrierter "Payment Application" und via eines "mobile wallet", in dem verschiedenste Möglichkeiten des Mobile Payment oder anderer mobiler Services verfügbar sind, erfolgen.

Die Paybox Bank ist nicht nur als sogenannter "Payment Facilitator" tätig, der Kunden Zahlungen mit dem Handy ermöglicht, sondern auch als "Payment Acceptor", der die Zahlungen bei den Händlern abrechnet und garantiert. Wie läuft dieser Teil des Geschäfts?

Die Akquisition neuer Akzeptanzstellen insbesondere im Internet erfolgt durch die Paybox Bank selbst und durch Partner. Die Entwicklung ist hier durchaus positiv.

Angesichts der Vielzahl der Akzeptanten mit unterschiedlicher IT-Konfiguration kommt hier die Herausforderung der technischen Anbindung hinzu, das von Einzelfall zu Einzelfall unterschiedlich gelöst werden muss. Um diese Lösungen entsprechend anbieten zu können, haben wir Verträge mit allen wichtigen Payment Service Providern (Zahlungsintegratoren) abgeschlossen.

Wie viele Zahlungen werden Sie Ende 2013 abgewickelt haben, was erwarten Sie für die Zukunft?

2013 werden rund 30 Millionen Zahlungstransaktionen über den Paybox-Zahlungsservice abgewickelt. Wir sehen hier noch bei weitem keine Sättigung und gehen daher in den nächsten Jahren von einer Zuwachsrate von zehn Prozent pro Jahr aus.

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