Sepa

Sepa-Länder im Vergleich: Deutschland ist gut gerüstet

Die Single Euro Payments Area geht mit der Einführung des Sepa-Lastschriftverfahrens in die nächste Runde. Für die 31 Mitgliedstaaten sind damit zahlreiche Herausforderungen verbunden. Neben technischen und organisatorischen Aufgaben stellt sich für die Kreditinstitute vor allem die Frage nach dem kaufmännischen Nutzen. Vor diesem Hintergrund ist die Akzeptanz der neuen Dienstleistungen beim Kunden entscheidend, die im Wesentlichen von der Verbreitung in der Eurozone abhängt. Von einer flächendeckenden Umsetzung sind die Staaten jedoch noch weit entfernt. Das sind die Ergebnisse einer Studie, die von Steria Mummert Consulting und der WGZ Bank erstellt wurde.

Die Kreditinstitute in Deutschland gehören zu den technischen Vorreitern unter den Sepa-Staaten. Allerdings drückt die Deutschen an anderer Stelle der Schuh. Denn aus den Erfahrungen der Vergangenheit wird mit einem schwachen Start der Sepa-Lastschrift in Deutschland gerechnet. Einen Indikator dafür liefert die Anfang 2008 eingeführte Sepa-Überweisung: Selbst bei stetig steigenden Nutzungszahlen machen Sepa-Formate bisher nur einen Bruchteil aller Zahlungsaufträge aus. In ganz Deutschland liegt der Anteil der SepaÜberweisungen gemessen am Gesamtvolumen aller Transaktionen unter einem Prozent. Damit liegt die Bundesrepublik im länderübergreifenden Vergleich - trotz technisch guter Voraussetzungen - deutlich unter dem europäischen Durchschnitt.

Doch nicht nur in Deutschland, sondern auch insgesamt ist der Sepa-Einsatz in der Eurozone noch relativ gering. Im Juli 2009 - also eineinhalb Jahre nach Einführung der Sepa-Überweisung - betrugen die Sepa-Transaktionen laut Europäischer Zentralbank nur 4,4 Prozent aller Überweisungen im europäischen Zahlungsraum. Das Nutzungsgefälle zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten ist dabei immens. Während Deutschland ebenso wie beispielsweise Irland oder die Niederlande mit einem Anteil von unter einem Prozent die einheitlichen Zahlungsmittel noch sehr verhalten nutzt, werden die neuen Formate beim Spitzenreiter Luxemburg bereits bei mehr als 80 Prozent aller Überweisungen eingesetzt.

Öffentliche Hand steuert Sepa-Erfolg

Der Grund für diese beachtliche Quote: Alle Organisationen der öffentlichen Hand haben in Luxemburg gemeinsam umgestellt und daher einen Sepa-Anteil von 100 Prozent vorzuweisen. Das innerstaatliche Clearing konnte aufgrund der schon im Vorfeld erfolgten verpflichtenden Umstellung aller Akteure auf IBAN und BIC und einer übergangsweisen Bereitstellung von Konvertierungslösungen für die bestehenden Altformate besonders zügig realisiert werden. Diese schnelle Migration war auch deshalb einfacher, weil Luxemburg über eine überschaubare Anzahl von Banken verfügt - im Vergleich zu vielen anderen Ländern mit einer hohen Bankendichte sicherlich ein entscheidender Vorteil.

Wie das Beispiel Luxemburg beweist, spielt für den Erfolg der Sepa-Migration die Verpflichtung der öffentlichen Hand zur Verwendung der Sepa-Instrumente eine wichtige Rolle, weil sie einen Großteil der in den EU-Ländern getätigten Transaktionen veranlasst. Im gesamten Sepa-Raum vereint die öffentliche Hand sogar mehr als 25 Prozent des europäischen Zahlungsverkehrs und ist somit wichtig für die allgemeine Akzeptanz der Sepa-Zone. Dementsprechend kann sie auch den einheitlichen Zahlungsraum vorantreiben, wenn sie bei der Umstellung als Vorbild auftritt.

Nur sechs Länder haben einen nationalen Migrationsplan

In Deutschland ist das Gewicht öffentlicher Transaktionskunden ebenfalls enorm. Staatliche Sozial- und Gehaltszahlungen beispielsweise machen mehr als 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Ihrer Vorbildfunktion werden die Behörden allerdings zurzeit noch nicht gerecht: Viele öffentliche Verwaltungen haben bisher keine Sepa-Projekte aufgesetzt.

Doch nicht nur bei den deutschen Behör den gibt es diesbezüglich Nachholbedarf. Insgesamt werden erst in elf Mitgliedstaaten Sepa-Überweisungen von öffentlichen Verwaltungen durchgeführt. Allerdings nutzen die betreffenden Institutionen die Formate derzeit fast nur für internationale Transaktionen. Auf nationaler Ebene ist das Sepa-Volumen auch bei diesen Ländern bisher relativ gering.

Dabei zeigt nicht nur das Beispiel Luxemburg, dass die Mitgliedstaaten zu dem jetzigen Zeitpunkt schon erheblich weiter sein könnten. Auch in Slowenien führen die öffentlichen Verwaltungen mittlerweile immerhin 60 Prozent ihrer Transaktionen im Sepa-Format durch. Der Grund: Hier wurden ebenfalls IBAN und BIC bereits als nationaler Standard übernommen. Ähnliche Fortschritte hat es auch in Belgien gegeben, wo viele Verwaltungen schon selbstständig auf Sepa umgestellt haben. Neben diesen Ausnahmen liegt die Eurozone jedoch insgesamt mit ihren Vorbereitungen deutlich hinter den Erwartungen und Möglichkeiten zurück. Öffentliche Ver waltungen erfüllen daher auch auf europäischer Ebene bislang nicht ihre Aufgabe als Vorreiter in der Umsetzung der einheitlichen Zahlungszone.

Ein Migrationsplan, der die Umstellung in den öffentlichen Verwaltungen auf die neuen Formate koordiniert, könnte die Sepa-Einführung in Deutschland erheblich beschleunigen. Zurzeit verfügt die Bundesrepublik aber nicht über ein solches Konzept. Und auch europaweit haben bisher nur sechs Länder einen nationalen Migrationsplan für die Umstellung der öffentlichen Hand auf den einheitlichen Zahlungsverkehr verabschiedet. Lediglich Österreich, Belgien, Zypern, Frankreich, Malta und Slowenien setzten bisher ein solches Konzept um. Bei einigen anderen Ländern befindet sich ein Migrationsplan noch in Arbeit. So will Spanien beispielsweise noch in diesem Herbst entsprechende Vorschriften vorstellen.

Österreich, Zypern, Frankreich, Irland, Litauen, Luxemburg, die Niederlande und die Slowakei verfügen außerdem über eine verbindliche Abschaltfrist für die nationalen Formate. Diese Länder haben also bereits festgelegt, bis wann die Behörden auf das Format XML ISO 20022 umstellen müssen. Dementsprechend endet der Einsatz der Altformate beispielsweise in Österreich Ende 2010, in der Slowakei und Zypern dagegen erst ein Jahr später.

Mehr Staaten mit verbindlichem Abschalttermin

Ein solches Abschaltdatum soll das Ziel einer einheitlichen Zahlungszone vorantreiben, da die klassischen nationalen Zahlungsformate in diesem Fall von staatlicher Seite in absehbarer Zeit nicht mehr eingesetzt werden. Deutschland verfügt über keine Frist zur Umstellung der öffentlichen Hand auf die neuen Formate.

Auch wenn nur wenige Mitgliedsländer eine Übergangsfrist für die nationalen Formate definiert haben, hat sich die Anzahl der Staaten mit verbindlichem Abschalttermin für die öffentliche Hand seit Einführung der Sepa-Überweisung verdoppelt.

Der allgemeine Trend geht also dahin, die Sepa-Migration verstärkt zu koordinieren und verbindlich zu gestalten. Damit erhöht sich die Einsicht, dass ein vorbildliches Handeln staatlicher Einrichtungen notwendig ist, um die Marktteilnehmer für die einheitliche Zahlungszone zu motivieren.

Rechtliche Grundlage gelegt

Neben diesen Verfahrensaspekten macht die Sepa-Lastschrift auch europaweit einheitliche Rechtsvorschriften erforderlich. Schließlich sind die national unterschiedlichen Gesetzgebungen bis jetzt einer der Hauptgründe, warum Anbieter von Zahlungsdienstleistungen selten über Ländergrenzen hinweg agieren. Die neue EU-Verordnung Payment Service Directive (PSD) definiert und regelt künftig die Beziehungen zwischen Kunden und Zahlungsanbietern und schafft damit einen einheitlichen, rechtlichen Rahmen für Zahlungsverkehrsdienstleistungen im EU/EWR-Raum.

In Deutschland bestehen jedoch für eine reibungslose Umstellung auf die Sepa-Lastschrift noch Defizite. Derzeit arbeiten Juristen an der Szenarienbildung für die Migration bestehender deutscher Einzugsermächtigungen auf die neuen Sepa-Mandate. Eine Übertragung ohne Zustimmung der Kunden halten Experten aus heutiger Sicht nicht für möglich, da ein Mandat im Gegensatz zur Einzugsermächtigung zusätzlich eine Anweisung an die zahlungspflichtige Bank beinhaltet. Außerdem verlangen einige Verbände, dass das bestehende deutsche Einzugsermächtigungsverfahren, welches als PSD-konform gilt, eins zu eins in die Sepa-XML-Welt übertragen wird. Somit soll die Möglichkeit eröffnet werden, in einem Übergangszeitraum sowohl Lastschriften im Einzugser mächtigungsverfahren als auch Sepa-Lastschriften über das XML-Format mit den Banken auszutauschen.

Während es also bei der Übertragung bestehender Einzugsermächtigungen noch genügend Diskussionsstoff gibt, sind für neue Lastschriftkunden Erleichterungen durch die Schaffung elektronischer Mandate vorgesehen. Der European Payments Council (EPC) hat ein Konzept für die elektronische Erstellung, Validierung und den Austausch von Sepa-Lastschriftmandaten in einem Echtzeitverfahren entwickelt: das e-Mandate-Verfahren. Ziel dieses Service sind die Reduzierung des Bearbeitungsaufwandes und die Erhöhung der Rechtssicherheit für Lastschrifteinreicher, insbesondere im schnellen Online-Geschäft.

Dringender Handlungsbedarf bei der öffentlichen Hand

Alle Marktteilnehmer, unter ihnen etwa 4 500 Banken, Zahlungsverkehrsdienstleister, Clearinginstitute und die beteiligten Unternehmen, haben bereits einen arbeits- und kostenintensiven Weg zurückgelegt. Erste wichtige Meilensteine wurden dabei im Rahmen des Sepa-Projekts erfolgreich absolviert.

Bei den Banken setzt sich jedoch vermehrt die Ansicht durch, dass für den Durchbruch von Sepa eine gesetzliche Pflicht zur Ablösung der alten, nationalen Zahlungsverkehrssysteme von elementarer Bedeutung ist. Einen entscheidenden Impuls für den Durchbruch von Sepa kann daher aber umso mehr die Umstellung der Behörden auf die europäischen Zahlungsinstrumente geben. Dringender Handlungsbedarf für Deutschland besteht deshalb darin, der öffentlichen Hand ihre Vorbildfunktion für die Sepa-Migration nahe zu bringen. Die EU-Kommission fordert bereits dazu auf, die Sepa-Umstellung in den kommenden drei Jahren zu fördern, um parallel laufende Systeme möglichst schnell abzulösen. Eine endgültige Umstellung wird nach dem von der Kommission erarbeiteten Fahrplan bis 2012 nachdrücklich gewünscht.

Unterschiedliche Strategien der Banken im Rahmen Sepa-Umsetzung

Die Kreditinstitute sind derzeit dabei, Lösungen zu entwickeln, um die Kostenhür de erfolgreich zu überwinden - denn immerhin rechnen die deutschen Banken für die Umstellung auf Sepa mit Kosten von etwa fünf Milliarden Euro. Einige Institute haben diesbezüglich bereits eine Lösungsmöglichkeit identifiziert und begegnen der finanziellen Herausforderung mit Outsourcing: Jede fünfte Bank will die Anforderungen meistern, indem sie die Prozesse auslagert. Die meisten Banken und Sparkassen sehen Sepa jedoch auch als Chance, zukünftig neue Produkte und Mehrwertdienste, wie etwa E-Payment, M-Payment oder E-Invoicing zu vermarkten, um die hohen Investitionskosten und Ertragsverluste auszugleichen.

Die EU/EWR-Mitgliedstaaten sind höchst unterschiedlich auf die kommenden Herausforderungen der einheitlichen Zahlungszone eingestellt. Deutschland startet dabei mit technisch guten Voraussetzungen in die nächste Sepa-Runde. Vier von zehn Bankentscheidern rechnen hier zulande sogar damit, dass durch die Sepa-Lastschrift das Geschäft mit innovativen Zahlungsdienstleistungen wächst.

Maßgeblich für die erfolgreiche Einführung und Akzeptanz der neuen Zahlungsmittel ist ein konsequenter Ausbau der angebotenen Services durch Banken und Zahlungsanbieter. Auf der anderen Seite ist ein Handeln der politischen Organe gefordert, um die Marktteilnehmer zur Umstellung auf die neuen Formate zu motivieren. Das gilt jedoch nicht nur für Deutschland, sondern jetzt ist vielmehr die gesamte Sepa-Zone gefordert. Denn nur wenn alle Länder mitziehen, ist die erfolgreiche Umsetzung der Single Euro Payments Area gesichert.

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