Debitkarte

Totgesagte leben länger - die Zukunft des ELV

Es gibt Dinge, von denen wird seit Jahrzehnten behauptet, dass es sie bald nicht mehr geben wird. Im Bereich des kartengestützten Zahlungsverkehrs ist dies das elektronische Lastschriftverfahren (ELV). Das beim Handel so beliebte, weil kostengünstige Verfahren wurde in den vergangenen Jahren immer wieder als dem Untergang geweiht bezeichnet.

Doch dank vieler Fürsprecher aus dem Handel, den Verbänden sowie den Kartellbehörden gibt es für das einfache Bezahlen mit der Unterschrift trotzdem eine Zukunft. Nun ist es Telecash erstmals gelungen, eine ELV-Transaktion vom Chip einer Bankkarte abzuwickeln. Damit wurde eine erste technische Hürde für den Fortbestand der ELV-Zahlungen aus dem Weg geräumt.

ELV ist unverändert beliebt

Das elektronische Lastschriftverfahren in seiner ursprünglichen Form wurde in den neunziger Jahren entwickelt. Der Handel forderte damals ein kostengünstiges und verbraucherfreundliches Kartenzahlungsverfahren, welches auf die Zahlungsgarantie verzichtet und auch für den Verbraucher akzeptabel und hinreichend sicher sei. Die Idee dahinter war, dass die vorhandene ec-Karte genutzt wird, um die Kontoverbindung des Kunden auszulesen, um damit eine Lastschrift zu generieren.

Das sollte das für den Handel umständliche, aber bei Kunden beliebte Bezahlen mit dem Euroscheck ablösen und die kostengünstige Alternative zu vorhandenen Zahlverfahren sein. Und die Einführung war ein voller Erfolg, bis heute.

Zwar gibt es für das ELV im Gegensatz zum electronic-cash-Verfahren keine zentral geführte Statistik, doch die Zahlen des EHI Retail Institutes, die jährlich erhoben werden, erlauben eine recht genaue Schätzung. Das Institut hat für 2012 errechnet, dass ec-Lastschriften einen Anteil von 12,6 Prozent am gesamten Kartenumsatz von 144 Milliarden Euro ausmachen. Damit wurden im Jahr 2012 Transaktionen in Höhe von rund 18 Milliarden Euro über das elektronische Lastschriftverfahren abgewickelt.

Das ist zwar nur ein moderater Anstieg um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, doch immerhin ein Zuwachs von rund 4,7 Milliarden Euro im Vergleich zu 2008. In diesem Jahr hatten die Umsätze des Lastschriftverfahrens ihren Tiefpunkt erreicht.

Auch wenn das elektronische Lastschriftverfahren am gesamten Kartenumsatz nur einen Teil ausmacht, so erfreut sich das Zahlverfahren im Handel stetiger Beliebtheit. Fast 90 Prozent der Anwender des Lastschriftverfahrens hatten bei der Erhebung des EHI angegeben, dass ein unabhängiges ec-Lastschriftverfahren schon allein aus Wettbewerbsaspekten zu anderen Zahlverfahren unverzichtbar ist. Mit dieser Forderung sind sie nicht allein. Auch das Bundeskartellamt hatte in den vergangenen Jahren immer wieder gefordert, das elektronische Lastschriftverfahren als wirksame Ausweichmöglichkeit zu erhalten, da bislang die Entgelte für das electroniccash-Verfahren kollektiv von der Deutschen Kreditwirtschaft festgesetzt wurden und Händler auch bei der Entgelthöhe von Kreditkartentransaktionen keine großen Verhandlungsmöglichkeiten hatten.

Hauptargument ist immer noch der Preis

Doch allein der wettbewerbsrechtliche Aspekt reicht nicht aus, um die Beliebtheit des ELV beim Handel zu erklären. Hier sind vielfältige Faktoren zu berücksichtigen. Zum einen ist das ELV ein Verfahren, das vom Handel initiiert wurde und auch beim Kunden einen hohen Stellenwert genießt. Es gilt als einfach und schnell.

Der wohl größte Pluspunkt ist jedoch immer noch der geringere Preis. Nach Schätzungen des Handelsverbands Deutschland (HDE) e.V., Berlin, ist das elektronische Lastschriftverfahren für viele Händler nach dem Bargeld die günstigste Zahlungsmethode.

Ein durchschnittlicher Lebensmittelhändler muss für eine im Lastschriftverfahren abgewickelte Transaktion rund 0,2 Prozent seines Umsatzes für die Entgelte bei Netzbetreibern und Banken sowie die Terminal- und Leitungskosten und die eventuellen Kosten für Rücklastschriften kalkulieren.

Bei den Girocard-Verfahren betragen die gesamten Kosten im Schnitt bis zu 0,47 Prozent und bei Kreditkartenzahlungen sogar mehr als ein Prozent.

Das erklärt, warum viele Händler die höheren Risiken im ELV-Verfahren ganz bewusst in Kauf nehmen, sind doch die Risiken in den vergangenen Jahren durch den Einsatz von Zusatzdiensten zum einfachen ELV immer überschaubarer und beeinflussbarer geworden.

Betrugsproblem dank Kuno entschärft

Ein Beispiel dafür ist das mögliche Betrugsrisiko. Eine Unterschrift lässt sich tendenziell einfacher fälschen als die Eingabe einer nur dem Karteninhaber bekannten PIN. Doch hier trügt der Schein: Bereits 2005 haben das EHI Retail Institut, der HDE und die die Polizeibehörden des Bundes und der Länder die Sperrdatei "Kuno" ins Leben gerufen.

Die Datenbank der zentralen Meldestelle wird mit Informationen über angezeigte Kartendiebstähle oder Verluste sowie mit Fällen von Kontoeröffnungsbetrug gefüllt, um den Einsatz dieser Karten im Handel zu verhindern. Und das mit großem Erfolg: Laut Kriminalstatistik sind die erfassten Betrugsfälle von Lastschriftverfahren ohne den Einsatz der PIN seit der Einführung von Kuno um fast 75 Prozent zurückgegangen.

Bedeutet Sepa das Ende vom ELV?

Von allen Regulierungsinitiativen im Zahlungsverkehr ist Sepa die mit Abstand umfangreichste. Denn um das Ziel eines einheitlichen Europäischen Zahlungsverkehrsraums zu erreichen, sind in den einzelnen Ländern harte Einschnitte notwendig.

Doch hier haben die Befürworter des elektronischen Lastschriftverfahrens ganze Arbeit geleistet: Eine Fortführung des ELV ist nach Einschätzung der Beteiligten sowohl technisch als auch rechtlich mit Sepa möglich.

Die Bundesregierung hat sich bei den Verhandlungen um Sepa intensiv um lange Übergangsfristen und eine Sonderstellung des ELV bemüht. Und auch der HDE hat mit mehreren Änderungsanträgen beim European Payment Council (EPC) erreicht, dass es auch unter Sepa-Bedingungen möglich ist, eine Lastschrift durch das Auslesen einer Bankkarte zu generieren. Das ist eine zentrale Bedingung, damit das ELV in Deutschland auch weiterhin als Zahlungsmethode verwendet werden kann.

Auch im sogenannten Sepa-Begleitgesetz wurde verankert, dass das ELV in seiner jetzigen Form noch bis zum 1. Februar 2016 weiter durchgeführt werden kann. Die für das Verfahren notwendigen Hilfsund Stornobuchungen können bis zu diesem Zeitpunkt störungsfrei durchgeführt werden. Allerdings hat die Bundesregierung in einer Verordnung sehr offensiv alle am System Beteiligten dazu aufgefordert, die Übergangszeit bis 2016 zu nutzen, um das Nachfolgeprodukt für das ELV auf Basis der Sepa-Lastschrift zu entwickeln.

Herausforderung Chip

Eine besondere Stellung nimmt hier die deutsche Kreditwirtschaft als Kartenherausgeber ein. Denn wenn die Kontonummer und die Bankleitzahl oder zukünftig IBAN und BIC verschlüsselt auf dem Chip der Karte hinterlegt werden, wäre die Erstellung einer Lastschrift nur noch mit Kenntnis dieses Schlüssels möglich. Dementsprechend ist es wichtig, dass diese Daten auch mit der Einführung der internationalen Kontonummer IBAN lesbar auf der Karte hinterlegt sind.

Als indirekte Folge von Sepa wurden auch in Deutschland die von Kreditinstituten herausgegebenen Bankkarten auf den einheitlichen technischen EMV-Standard im Handel umgestellt. Seit Ende Februar werden nach Abschaltung der Fallback-Option alle Bezahltransaktionen sowie alle Bargeldabhebungen ausschließlich über den EMV-Chip bearbeitet. Die Abkürzung EMV steht dabei für Eurocard, Mastercard und Visa - die Namen der drei Unternehmen, die den Standard Ende der neunziger Jahre entwickelt haben. EMV-Chips gelten als fälschungssicher und nicht duplizierbar. Im Gegensatz zum Magnetstreifen können die Daten, die auf dem EMV-Chip hinterlegt sind, besser geschützt werden.

Zwar hat die Deutsche Kreditwirtschaft immer wieder betont, dass Anwendungen außerhalb des Girocard-Systems, zu denen das elektronische Lastschriftverfahren gehört, von dieser Umstellung nicht betroffen seien, doch eine vollständige Umstellung auf den EMV-Chip bedeutet letztendlich, dass auch ELV-Transaktionen zukünftig von diesem abgewickelt werden müssen. Dies galt viele Jahre als eine der technischen Herausforderungen für die Erhaltung des vom Handel genutzten Verfahrens.

Erste Hürde genommen

Telecash hat viele Jahre im ELV-Forum unter Leitung des HDE mit verschiedenen Partnern an der Erstellung und Umsetzung einer Spezifikation gearbeitet, die eine ELV-Transaktion vom Kartenchip möglich macht. Und dies mit Erfolg: Im Februar ist es gelungen, die Anpassungen in den Backend-Systemen so weit voranzutreiben, dass ELV-Transaktionen vom Chip einer Bankkarte abgewickelt werden können. Damit wurde für den Fortbestand des elektronischen Lastschriftverfahrens die erste Hürde genommen.

Auch wenn das ELV oftmals als "wildes Zahlungsverfahren" bezeichnet wurde und durch den stetigen Wandel im Zahlungsverkehr auch schon mehrfach als vor dem Aus stehend bezeichnet wurde: Aus Sicht der Netzbetreiber und des Handels gibt es gibt keinen Grund, das Verfahren einzustellen. Es sollte vielmehr als alternatives Angebot aktiv gefördert werden. Es hat sich über viele Jahre bewährt und ist beim Handel und bei Kunden gleichermaßen etabliert und beliebt. Das spricht eher dafür, das Verfahren als alternative Lösung auch auf europäischer Ebene zu etablieren.

Jörg Stahl , Sprecher/Vorsitzender , Bundesverband der electronic cash Netzbetreiber e.V. (BecN)
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