E-Commerce

Zahlen im Internet: keine Chance für Karten?

Der E-Commerce gehört nach wie vor zu den Wachstumsbranchen. Laut GfK-Studie Webscope haben deutsche Verbraucher im ersten Halbjahr 2006 für über 7,2 Milliarden Euro Waren und Dienstleistungen im Internet erstanden. Bis zum Jahr 2009 wird der E-Commerce-Umsatz in Deutschland nach Schätzungen des European Information Technology Observatory auf rund 694 Milliarden Euro steigen. Vor allem eine zunehmend flächendeckend vorhandene technische Infrastruktur, mehr E-Shops mit größeren Sortimentsangeboten und verbesserten Shopdesigns, eine gut integrierte Lieferlogistik sowie interessante Bezahlalternativen werden diese Entwicklungen weiter ankurbeln.

Online-Zahlverfahren müssen sicher, einfach und kostengünstig sein. Idealerweise sollten Zahlungssysteme die vielfältigen Anforderungen von Händlern und Käufern ausgewogen berücksichtigen. Daher wurden bereits bewährte Verfahren wie das Bezahlen per Rechnung oder Kredit- beziehungsweise Debitkarten durch an das Girokonto beziehungsweise Online-Banking angebundene Methoden ergänzt.

Mehr Zahlungsalternativen führen allerdings nicht automatisch zu einem grundlegend geänderten Angebots- und Nutzungsverhalten. In der Praxis wird die Entscheidung des Händlers darüber, welche und wie viele Bezahlformen er den Kunden anbietet, häufig immer noch vorwiegend von den Kosten von Zahlungsabwicklung und Ausfallrisiken bestimmt. Laut Pago-Studie bieten nur knapp 40 Prozent der Händler die Zahlung mit On-line-Systemen an. Auch deutsche E-Shopper orientieren sich nicht von heute auf morgen an neuen Zahlweisen.

Steigende Sicherheitsbedürfnisse

Auch werden steigende Sicherheitsbedürfnisse der Händler und eine schlechtere Zahlungsmoral der Käufer den Stellenwert vormals stark positionierter Bezahlarten weiter beeinträchtigen. Zwar ging die Nutzung traditioneller Offline-Bezahlsysteme wie Rechnung, Vorkasse und Nachnahme bislang nicht zurück (Ergebnisse der Pa-go-Studie 2006: Danach konnten sie 2005 ihren Marktanteil gegenüber dem Vorjahr sogar um 0,7 Prozentpunkte auf 6,5 Prozent steigern.).

Zahlung per Rechnung auf dem Rückzug?

Andererseits werden aber autorisierte Zahlungen mit Zahlungsgarantie - speziell bei Händlern mit hochwertiger Ware und ohne echte Stammkundschaft immer attraktiver. Besonders bei Erstbestellern verlangen Händler inzwischen die Zahlung per Lastschrifteinzug via Girokonto. Mit Blick auf sich verändernde Marktbedürfnisse und eine vereinheitlichte Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Rahmen von Sepa werden aber künftig alle an der Wertschöpfung von Zahlungsprozessen Beteiligten noch umdenken müssen.

Für viele Händler gehört es nach wie vor "zum guten Ton", diesem Kundenkreis eine Prüfung der Ware vor ihrer Bezahlung zu ermöglichen. Darin enthaltene Mahn-und Ausfallrisiken sind in den Preisen einkalkuliert. Durch ein effektives Debitorenmanagement, das idealerweise sogar mit der Payment Plattform verknüpft ist, lassen sich darüber hinaus die Risiken für Händler minimieren. Dennoch werden sich andere Zahlungsalternativen mittelfristig gegenüber der Rechnungsstellung stärker durchsetzen.

Zahlungsmöglichkeiten je nach Kundentreue

Im Hinblick auf Nichtstammkunden werden Händler auch künftig grundsätzlich entscheiden müssen, welche Zahlungsrisiken sie eingehen wollen. Derzeit leben die meisten Online-Shops vorwiegend von Kunden, die erstmalig, einmalig oder ohne langfristigen Bindungswillen das Angebot nutzen. Nicht einmal ein Viertel aller E-Commerce-Kunden sind bislang Stammkunden (Ergebnisse des Wiener Handelskongresses 2005).

Hier hat der Händler ein besonderes wirtschaftliches Sicherheitsbedürfnis. Ob er sich für Lastschrifteinzug, Kreditkartenakzeptanz oder Online-Überweisung entscheidet, hängt dabei maßgeblich von Faktoren wie Kosten, verfügbarer Infrastruktur und Bedien- beziehungsweise Abrechnungskomfort ab.

Auch die Lastschrift vom Girokonto hat an Beliebtheit zugenommen. 2005 verbuchte das elektronische Lastschriftverfahren einen Anteil von fast 61 Prozent am gesamten E-Commerce-Zahlungsverkehr (Ergebnisse der Pago-Studie 2006). Diese Methode ist für Händler zwar kostengünstig und technisch wenig aufwendig und bietet, wenn auch keine Zahlungsgarantie bei nicht ausreichender Kontodeckung, so doch - über die identifizierte Kontoverbindung des Kunden - einen Anknüpfungspunkt für die Verfolgung säumiger Zahler. Da hier die weit verbreitete Giroverbindung für die Abrechnung genutzt wird, ist diese Abrechnungsmethode bei Kunden sehr beliebt. Darüber hinaus bietet sie auch die Möglichkeit der Lastschriftrückgabe.

Kreditkarte: Mit neuen Gestaltungsmerkmalen auch für besorgte Käufer

Maximale Sicherheit liefert immer noch die Kreditkarte. Mit ihrem langjährig gewachsenen Abrechnungsnetz ist die Kreditkarte der "Klassiker" der vorab autorisierten Zahlung. Mit ihr wurden 2005 32 Prozent aller Käufe in Deutschland im Internet bezahlt (Ergebnisse der Pago-Studie 2006). Durch entsprechende Sicherheitsmerkmale im Transaktionskreislauf bietet sie maximale Sicherheit für Händler und Käufer. Diese hat ihren Preis. Trotz sinkender Disagien zahlen Händler - im Vergleich zum Lastschriftverfahren - immer noch relativ hohe Gebühren.

Da sich der potenzielle Nutzerkreis dieser Bezahlmethode auf die Kreditkarteninhaber beschränkt, werden Minderjährige und finanziell schwache Käuferschichten weitgehend ausgeschlossen. Trotzdem wächst auch der Anteil der Kartenzahlungen am Gesamtvolumen. So schöpfen internet- und sicherheitsaffine Unternehmen das Gestaltungspotenzial von Kreditkarten immer weiter aus.

Neue Online-Bezahlverfahren noch in den Kinderschuhen

Um selbst skeptische Käufer für das sichere Bezahlen im Internet zu gewinnen, bieten sie neben unterschiedlichen Produkt- und Bonusvarianten auch einen speziellen Online-Einkaufsschutz sowie eine Einkaufs-Schutz-Versicherung (Beispiel: Neue Visa Karte von AOL und Landesbank Berlin).

Dennoch sind online basierte Überweisungsmethoden wie "iDEAL" in den Niederlanden oder "Giropay" in Deutschland mittel- und langfristig eine Alternative zu anderen Arten der Vorauszahlung. Durch Bindung an das Girokonto verfügen sie wie die Lastschrift - über ein enormes Nutzerpotenzial.

In Verbindung mit gewohnten Methoden des Online-Bankings haben sie darüber hinaus einen entscheidenden "Wettbewerbsvorteil", der sich nach und nach auch in Marktdurchdringung umsetzen wird. Das zeigen erste Erfahrungen aus den Niederlanden, wo Online-Überweisungen über "iDEAL" (500 000 Transaktionen pro Monat bei 2 400 angeschlossenen Händlern) bereits einen signifikanten Teil des E-Com-merce-Zahlungsverkehrs ausmachen.

Allerdings garantiert allein eine hohe Kundenakzeptanz noch nicht den Erfolg. Langfristig durchsetzen werden sich neue Online-Bezahlverfahren vor allem dann, wenn neben Kreditinstituten auch Händler flächendeckend an der Umsetzung teilnehmen. Solange aber nur wenige Händler eine Bezahlmethode akzeptieren, werden keine Volumina entstehen, die akzeptable Kosten pro Transaktion zulassen.

Flexibilität beim Payment Provider ist künftig unabdingbar

Je nach Branche, Sicherheits- und Kostenorientierungdes Händlers sowie Käufergruppe, Warenangebot, Transaktionshöhe und Transaktionsvolumen können und werden unterschiedliche Zahlungsarten angezeigt sein. Für den technischen Abwickler im Processing bedeutet das, dass er die im Markt befindlichen Verfahren unterstützen, innovativ weiterentwickeln und gegebenenfalls sinnvoll um zusätzliche Komfort- und/oder Sicher-heits-Merkmale ergänzen und darüber hinaus die Kosten für den Händler reduzieren muss.

Neue Verfahren, gestiegene Sicherheitsanforderungen und sich allmählich abzeichnende Auswirkungen der Sepa-Regularien erfordern zunehmend eine perspektivische Betrachtung der Zahlungsabwicklung. Bei der Entscheidung für Technik und Methode sollte man vor allem berücksichtigen, dass die Kosten pro Transaktion sich mittelfristig weiter nach unten werden bewegen müssen. Hinzu kommt, dass bereits seit Jahren im Kreditkartenbereich die Ertragsbasis der Emittenten durch verminderte Interchanges immer dünner wird und im Debitbereich durch die Anbindung an das Girokonto die Ertragspositionen ohnehin nicht groß sind.

Europäischen Kontext beachten

Eine dünnere Ertragsbasis der Institute zwingt zur Konsolidierung von Volumina auf modular aufgebauten Processingsystemen. Diese sollten die unterschiedlichen Transaktionsarten gleichermaßen abbilden können. Die Umsetzung eines einheitlichen europäischen Zahlungsraumes beginnt zweifellos in den nationalen Märkten und unter Berücksichtigung der Interessen der dort agierenden Player. Wer die nationalen Märkte allein als Benchmark betrachtet, wird mittelfristig scheitern, wenn die benötigten Volumina nur im europäischen Kontext erreicht werden können.

Generelle Zahlungsverkehrsentwicklungen gelten mit wenigen Abzügen auch für den E-Commerce. Zur Abwicklung sollten wo immer möglich Standard-Prozesse und nur wenn nötig Methodenvielfalt genutzt werden. Wo diese Anforderungen nicht in Einklang zu bringen sind, werden Zahlungsverfahren vom Markt wieder verschwinden. Da sich die Abwicklungskosten von Karten im Internet allmählich denen anderer Zahlungsmethoden annähern, werden sie als Zahlungsmedium im Internet auch nach wie vor eine entscheidende Rolle spielen.

Zunehmend unabdingbar wird darüber hinaus, dass sich alle an der Wertschöpfungskette beteiligten Marktteilnehmer besonders aber auch die Payment Provider - flexibel den sich verändernden Anforderungen und der Reflektion internationaler werdender Märkte stellen.-

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