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Nationale Zahlungssysteme setzen auf Kooperation

Gabriele Boni, Director, Cards & Payments Service Lines, SIA S.p.A., Mailand

Wie schätzen nationale Zahlungssyteme ihre Zukunftsaussichten ein? Das hat eine gemeinsame Studie von SIA, CC Associates und Consorzio Bancomat gefragt. Dabei zeigt sich: Die Domestic Schemes sind optimistischer als noch vor zwei Jahren. Für die Zukunft setzen sie verstärkt auf Kooperationen in Sachen Technologie, gegenseitige Akzeptanz und Lobbyarbeit. Aber auch Fusionen scheinen in Reichweite zu rücken. Red.

"Kooperation" ist ein Schlüsselwort für die Entwicklung neuer Zahlungslösungen. Ohne eine Zusammenarbeit ist eine Evolution - egal ob im Bereich der Innovation, der Technologie, der Standards oder der Kommerzialisierung - unmöglich. Dieses Motto haben sich auch die Anbieter inländischer Zahlungssysteme auf die Fahne geschrieben.

Die meisten Anbieter in diesem Bereich haben sich als höchste Prioritäten gesetzt, neue Zahlungsdienstleistungen zu schaffen und die technologische Entwicklung voranzutreiben. Um dieses Ziel zu erreichen, sehen sie länderübergreifende Kooperationen als maßgeblich für den Erfolg an. Diese Ergebnisse liefert eine Umfrage von SIA, CC Associates und Consorzio Bancomat, die zudem von der European Card Payment Association unterstützt wurde. Für die Analyse der Herausforderungen und Chancen in der Branche wurden 25 Anbieter von Kartensystemen befragt, aus fünf verschiedenen Kontinenten.

Die Umfrage lieferte auch einen aussagekräftigen und interessanten Indikator für die Zukunft: Neun von zehn Zahlungssystemanbietern (92 Prozent) wollen zukünftig stärker mit anderen Anbietern zusammenarbeiten.

Gegenseitige Akzeptanz und gemeinsame Lobbyarbeit

Insbesondere zwei Bereiche identifizieren die Anbieter als besonders interessant für Kollabora tionen:

- Zum einen würden sie gerne vermehrt ihr Knowhow im Bereich der Technik und der Standards teilen,

- zum anderen verstärkt gemeinsam technische Lösungen entwickeln.

Ein weiterer Punkt, den die Zahlungssystemanbieter angehen wollen, ist der Austausch über die beste Handelspraxis. Darüber hinaus setzen sie sich für eine gemeinsame regelmäßige Lobbyarbeit hinsichtlich der Regulierungen ein.

Künftig auch mehr Fusionen nationaler Schemes

Die Aussage, dass Zahlungssystemanbieter zusammenarbeiten müssen, um auf dem Markt weiterhin als relevante Anbieter bestehen zu bleiben, unterschreiben auch die meisten der Befragten. Insbesondere die inländischen Systeme in Asien sind in Sachen Kooperationen besonders weit fortgeschritten. In einem Zukunftsszenario könnte es aber neben einer steigenden Anzahl an Kollaborationen im technischen Bereich in Europa auch Fusionen zwischen einzelnen Anbietern geben. Im afrikanischen Bereich könnte es beispielsweise zu der Bildung eines afrikanischen Multi-Domestic-Scheme kommen.

Gute Voraussetzungen für Kollaborationen besitzen fast alle Zahlungssystemanbieter: 92 Prozent der Systemanbieter nutzen beispielsweise technische Standards wie EMV. In diesem Fall dürfte der Umstand allerdings auch darauf zurückzuführen sein, dass diese in vielen Ländern von den Regulatoren festgesetzt wurden. Hinsichtlich des Chip Application Identifiers gibt es hingegen weniger Einheitlichkeit.

Internationale Sicherheitsstandards wie PCI werden aber wiederum von fast allen Anbietern genutzt. 96 Prozent der befragten Anbieter gaben an, PCI-konform zu sein.

Mit Zuversicht in die Zukunft

Ein weiterer positiver Effekt - der unter anderem auch aus der erhöhten Bereitschaft zu Kooperationen resultiert - ist, dass viele der Anbieter für Zahlungssysteme ihre Chancen für die Zukunft optimistischer einschätzen. Während 2014 nur etwas mehr als die Hälfte der befragten Zahlungssystemanbieter (56 Prozent) zuversichtlich in ihre Zukunft sahen, erhöhte sich diese Zahl 2016 auf knapp sieben von zehn der befragten Anbieter (69 Prozent).

Lediglich neun Prozent der Befragten beurteilten ihre Lage als sich verschlechternd. Zwei Jahre zuvor tätigten diese Aussage noch knapp ein Drittel aller befragten inländischen Zahlungssystemanbieter (32 Prozent). Sie spüren also, dass sie trotz eines verstärkten Wettbewerbsumfeldes eine immer wichtigere Rolle spielen.

Mit dieser Annahme liegen die inländischen Zahlungssystemanbieter auch genau richtig: Denn sie sind schließlich Vorreiter und somit unverzichtbar für die Entwicklung neuer Zahlungsarten. In vielen Ländern auf der Welt ist ihnen die Entstehung von elektronischen Zahlungsmöglichkeiten zu verdanken. Des Weiteren können sie ihren Kundengruppen aufgrund ihrer effizienten Kostenstruktur spezifische Lösungen anbieten.

Neue Dientsleistungen und Technologie als Schlüssel zum Erfolg

Hinsichtlich der Prioritäten, die Zahlungssystemanbieter setzen, gibt die Umfrage auch eine klare Indikation. Über die Hälfte der befragten Anbieter sind sich einig: Ihre oberste Priorität besteht darin, neue Dienstleistungen zu entwickeln. Dieses Ergebnis zeigt klar, dass Anbieter verstehen, dass sie sich neben ihren traditionellen Dienstleistungen - selbst wenn diese ihr ursprüngliches Kerngeschäft ausgemacht haben - weiterentwickeln und ihre Angebotspalette verbreitern müssen. Insgesamt bewerteten 56 Prozent der Anbieter die Entwicklung neuer Dienstleistungen als höchste, 44 Prozent als mittlere Priorität.

Auch das Thema Technologie steht weit oben auf Liste und markiert die insgesamt zweithöchste Bedeutung: Vier von zehn Anbietern (42 Prozent) schätzen es als höchste Priorität ein, 50 Prozent als mittelhohe. Grund hierfür: Viele Unternehmen denken, dass sie durch die Entwicklung von eigenen Spezifikationen - insbesondere hinsichtlich der Tokenization - einen Wettbewerbsvorteil erlangen können. Auf der anderen Seite erhoffen sie sich aber auch, durch einen Gedanken- und Wissensaustausch in diesem Bereich sowie gemeinsamen Standards mit anderen Zahlungssystemanbietern, Vorteile durch gemeinsam entwickelte technische Lösungen zu erlangen.

Auf den erhöhten Wettbewerbsdruck durch Umsatzsteigerungen und oder Kostensenkungen zu reagieren, wird als dritthöchste Priorität gesehen. Knapp 80 Prozent der befragten Zahlungssystemanbieter benannten diese als mittlere oder hohe Priorität.

Erweiterung der Geschäftsfelder

Das zeigt, dass sich die Anbieter bewusst sind, dass sie ihr Geschäft kontinuierlich verbessern müssen, um die Bedürfnisse ihrer Nutzer auch zukünftig bedienen zu können. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine starke Konkurrenz auf dem Kartenmarkt herrscht und Zahlungsabwicklungen in den meisten Märkten mittlerweile eine Art Basisdienstleistung darstellen.

Den ständig wechselnden regulatorischen Anforderungen messen einige Anbieter - speziell aus Europa - ebenso eine hohe Priorität zu. Die meisten Zahlungssystemanbieter sehen diese Gegebenheit jedoch eher als Bestandteil des alltäglichen Geschäftes.

Eine große Mehrheit der Zahlungssystemanbieter will ihr Geschäft folglich über das reine Kartenbusiness hinaus erweitern. Ihrer Meinung nach müssen sie sich vermehrt auf das mobile Bezahlen und weitere Formen von alternativem Bezahlen fokussieren. Die Akzeptanz von Bezahlungen via Smartphone sei bereits heute weit verbreitet. Ebenso herrscht die Auffassung, dass sich die Unterscheidung zwischen Karten und anderen Bezahlformen wie zum Beispiel Überweisungen zunehmend auflösen werde.

Auf einem guten Weg

Die Chancen von inländischen Zahlungssystemanbietern, sich mit neu entwickelten Angeboten gegen neue Konkurrenten erfolgreich stellen zu können, stehen zudem auch nicht schlecht: Ihre Managementerfahrung positioniert sie gut und könnte ihnen helfen, auch andere Zahlungsmethoden erfolgreich anzubieten. Zudem haben sie die Gefahr, vom Markt gedrängt zu werden, bereits registriert und reagieren auf die aktuellen Markttrends.

Abschließend stellt sich die Frage: Können Anbieter von Zahlungssystemen weiterhin auf eine positive Zukunft hoffen? Ein Indikator lässt zumindest hierauf schließen: Ihre Einsicht, dass internationale Zusammenarbeit Innovationen fördern könnten und ihre somit gestiegene Bereitschaft zu Kooperationen.

Diese Einstellung sowie auch die Weiterentwicklung der eigenen angebotenen Dienstleistungen zeigen, dass sie sich auf einem guten Weg befinden und bereit sind, sich für die Zukunft zu wappnen.

Zur Autorin Gabriele Boni, Director, Cards & Payments Service Lines, SIA S.p.A., Mailand

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