Kartendienstleister

Omnikanalstrategien verändern das Payment

Ralf Gladis, CEO, Computop Wirtschaftsinformatik GmbH, Bamberg

Die Verschmelzung von stationärem Vertrieb, E- und M-Commerce im Verkauf wie auch im Bereich von Retouren bringt für den Handel zusätzliche Herausforderungen mit sich. Denn häufig stoßen Omnikanalstrategien an ihre Grenzen, weil etwa Kassensystem und Online-Shop die erforderlichen Schnittstellen fehlen, so Ralf Gladis. Eine Cross-Channel-Strategie verursacht zudem erhöhten Datentransfer zwischen den Kassen, Warenwirtschaft, Online-Shops und Buchhaltung, was wiederum neue Herausforderungen in Sachen Sicherheit mit sich bringt. Red.

Technologisch sind wir schon sehr weit: Die Lücke zwischen Online-Kanälen und physischem PoS schließt sich. Mit neuen Ansätzen sind Händler in der Lage, ihren Kunden ein neues, digitales Einkaufserlebnis auf sämtlichen Kanälen zu bieten. Das Smartphone wird dabei zum integralen Bestandteil des Einkaufs- und Bestellprozesses. Daraus ergibt sich eine Fülle an Vorteilen für den Konsumenten. Die Ausgangslage klingt vielversprechend: In Deutschland gibt es mehr als 49 Millionen Smartphone-Nutzer 1) , 69 Prozent davon verwenden das Smartphone zum Einkauf oder zum Preisvergleich im Internet. Mehr als 21 Milliarden Euro Online-Umsatz wurden durch mobile Geräte wie Smartphones und Tablets im vergangenen Jahr generiert.2) Die Zahlen machen eines deutlich: Wer den Omnichannel-Trend verpasst, kann als Händler nicht langfristig erfolgreich sein.

Die Omnikanal-Transformation hat viele Facetten. Die Abwicklung und auch die Rückabwicklung der Zahlungen ist ein wichtiger Bestandteil einer Omnichannel-Strategie, mit der sich einige Herausforderungen verbinden. Drei Beispiele aus der Praxis im Handel:

Retouren von Online-Käufen in der Filiale

1. Ein Modehändler mit 80 Filialen in England berichtet, dass er seinen Online-Kunden keine In-Store-Retouren anbieten kann, weil sein Kassensystem das nicht unterstützt. Eigentlich sollten seine Online-Kunden die Ware im Laden zurückgeben können, um dort vielleicht alternative Produkte zu kaufen. Die Kasse im Ladengeschäft muss dann in der Lage sein, die Zahlung aus dem Online-Shops rückgängig zu machen. Viele Händler betreiben PoS-Terminals und Kassensysteme als Insellösung bei einem Zahlungsdienstleister und die Zahlungen im Online-Shop bei einem anderen Payment Service Provider. Wenn die Ladenkasse keine Verbindung zum Online-Shop oder zum Online-Payment-System besitzt, kann der Kassierer im Falle einer Retoure keine Gutschrift ausführen.

Fehlende Schnittstellen erschweren In-Store-Bestellungen

2. Wenn die Ware im Laden nicht vorrätig ist, sollen die Kunden das Produkt einfach bestellen können. Der Verkäufer soll die Bestellung am Tablet aufnehmen und lässt den Kunden über ein mobiles PoS-Terminal zahlen. In dem Fall geht die Bestellung über ein Tablet im Online-Shop ein. Die Zahlung erfolgt aber im Laden zum Beispiel über ein mPoS-Terminal. Hier sind Plastikkarten gefragt, denn den Kunden am Tablet seine Bezahldaten eingeben zu lassen, ist zu unsicher und auch nicht zulässig. Natürlich könnte der Kunde theoretisch auch an der Kasse bar zahlen.

Unabhängig davon, ob der Kunde per mPoS-Terminal am Tablet oder an der Kasse zahlt, brauchen Online-Shop oder Warenwirtschaft die Information, dass die Zahlung erfolgreich war. Solche Schnittstellen sind oft nicht vorhanden, und die Umsetzung wird dadurch erschwert, dass die Zahlungen an der Kasse oft über andere Dienstleister abgewickelt werden als die Online-Zahlungen. Eine Cross-Channel-Strategie braucht daher die Entscheidung für einen Zahlungsdienstleister, der alle Zahlungen online und stationär abwickeln kann. Auch die Warenwirtschaft für Filialen und Online-Shops müssen online abgeglichen werden.

3. Ein Kunde, der online bestellt und die Ware vor Ort abholen möchte, sollte die Wahl haben, ob er gleich online oder erst im Laden bezahlt. In der Regel nutzen Händler für das stationäre und für das Online-Geschäft aber unterschiedliche Konten und Kreditkartenverträge. Damit der Händler seine Bestände und Zahlungseingänge korrekt abgleichen kann, muss der Zahlungsdienstleister das stationäre und das Online-Payment beherrschen. Die Zusammenführung und der Abgleich von Zahlungseingängen etwa von Kreditkarten, Debitkarten, Paypal oder Online-Überweisungen sind komplexe Aufgaben, die ein Zahlungsdienstleister für den Händler lösen muss, damit die Cross-Channel-Strategie an der Kasse und in der Buchhaltung automatisiert funktionieren.

Sicherheit am PoS wichtig für die Omnikanalstrategie

Eine Cross-Channel-Strategie verursacht erhöhten Datentransfer zwischen den Kassen, Warenwirtschaft, Online-Shops und Buchhaltung. Hier ist Vorsicht geboten, denn die Daten von Kredit- und Debit-Karten stehen ganz oben auf der Wunschliste von kriminellen Hackern. Deshalb nehmen die Angriffe auf die PoS-Systeme im Handel, Restaurant- und Hotelketten zu. Erst kürzlich wurden Kartendaten der weltweiten Hotelketten Marriot, Hyatt und Sheraton gestohlen. Das ist nicht nur für die Kunden ärgerlich, sondern auch ein Imageschaden für die betroffenen Unternehmen. Dagegen kann sich der Handel durch starke Verschlüsselung schützen.

Das Bezahlen an mPoS-Terminals, die mit Smartphones und Tablets verbunden sind, stellt ein erhöhtes Risiko dar, weil mobile Geräte leichter gestohlen werden können und Daten nicht so gut gesichert sind. Normale PoS-Terminals senden Kartendaten des Kunden oft unverschlüsselt an die Kasse, an Smartphones oder Tablets.

Auf P2PE-Verschlüsselung achten

Um die Sicherheit der Kartendaten zu gewährleisten, sollte der Händler darauf achten, nur PoS-Terminals mit Punkt-zu-Punkt-Verschlüsselung (P2PE) einzusetzen. Das ist ein Standard, den Visa und Mastercard zur Sicherung von Kartendaten in unsicheren IT-Umgebungen entwickelt haben.

Die Zahlungsdaten werden bei P2PE direkt auf dem PoS-Terminal stark verschlüsselt. Dabei bekommt jede Zahlung einen neuen Schlüssel. Entschlüsselt werden die Daten erst beim Payment Service Provider. Dank der starken Codierung dürfen die Daten über beliebige Geräte übertragen werden. Dabei werden keine Echtdaten angezeigt oder gespeichert und können somit auch nicht gestohlen werden - das schont die Nerven. Aus diesem Grund sind Händler, die den PCI P2PE-Standard nutzen, nahezu vollständig von der sonst notwendigen PCI-Zertifizierung ihrer IT-Systemlandschaft befreit. Ein paar Kreuzchen auf einem PCI-Fragebogen reichen. Das spart bares Geld.

Die Sicherheit der P2PE PoS-Lösung erleichtert auch die Integration in ein Omnichannel-Umfeld, denn die PoS-Geräte dürfen beliebig mit Smartphones und Tablets genutzt werden, obwohl mobile Geräte grundsätzlich als unsicher eingestuft werden. Dank der hohen P2PE-Verschlüsselung ist die Sicherheit der Kartendaten trotzdem gewährleistet. Dadurch entfallen Einschränkungen bei der Auswahl von mobilen Geräten und Apps für die Omnikanalstrategie im Handel.

Neue Anforderungen an Zahlungsdienstleister

Um die Integration der verschiedenen Absatzkanäle wirklich durchgängig umzusetzen, muss ein Zahlungsdienstleister einige wichtige Voraussetzungen erfüllen.

- Die Zahlungsplattform muss für die Abwicklung von E- und M-Commerce-Zahlungen genauso geeignet sein wie für Zahlungen an PoS-Terminals in den Filialen. Nur so ist gewährleistet, dass echtes Omnichannel-Reporting die Auswertung von Umsätzen in allen Kanälen, in allen Filialen und in allen Online-Shops möglich macht.

- Um Aufwand in der Buchhaltung zu sparen, muss die Zahlungsplattform einheitliche Settlement Files bereitstellen, um beim Zahlungseingang automatisch bis dahin unbezahlte Bestellungen als "bezahlt" zu kennzeichnen (Reconciliation) - egal ob die Zahlung über Karten, Paypal oder Ideal erfolgt ist. Der Händler findet dann im Backoffice nicht nur Online- und mobile Zahlungen, sondern auch die Daten aus dem stationären Handel.

Bisher war die Bezahlung an PoS-Terminals im stationären Handel ein nationales Geschäft: Internationale Händler mussten fast in jedem Land separate Verträge mit lokalen Banken und Dienstleistern schließen. Das verursacht hohe Prozesskosten, weil in jedem Land verschiedene Terminals, Reports, Statistiken und Dateiformate genutzt werden. Die modernen PoS-Terminals sind weltweit einsetzbar, und über den zentralen Zugangspunkt eines Payment Service Providers können Händler ohne viel Aufwand die lokalen Zahlarten und die besten Acquirer für ihr internationales Geschäft auswählen. Das gibt dem Handel größtmögliche Flexibilität für die internationale Expansion und reduziert laufende Kosten.

Ikea-Kunden können heute schon Virtual Reality nutzen, um sich ihre Einrichtung im dreidimensionalen Raum auszuwählen. Sie können durch den Raum laufen und Farben, Stoffe und Tageszeiten wechseln. Durch Virtual Reality ergeben sich für Versandhändler und den E-Commerce im Allgemeinen spannende Möglichkeiten, in der Warendarstellung näher an die physische Präsenz heranzurücken.

Neue Vertriebskanäle: Virtual Reality treibt One-Click-Checkout voran

Die Schaufensterfigur im Online-Shop hat das trendy T-Shirt an, das der Kunde sich wünscht? Mit der 3D-Brille kann er darum herum gehen, um es von allen Seiten zu sehen. Wer sich das neue Sofa nicht in seiner Umgebung vorstellen kann, lädt ein Foto seines Wohnzimmers hoch - die Software errechnet daraus einen virtuellen Raum und stellt das Möbelstück hinein. Anwendungen wie diese eröffnen neue Chancen für den Online-Kauf, stellen aber auch Anforderungen an den Checkout: Die Eingabe von Rechnungs- und Versandadressen ist im virtuellen Raum kein ungetrübtes Vergnügen, Medienbrüche sind zu erwarten. Einfache Navigation und einfaches Shopping rufen auch nach einfachen Bezahlvorgängen. Die Integration von One-Click-Checkouts scheint wie gemacht für das virtuelle Einkaufserlebnis. Zahlarten wie Amazon Payments oder Paypal Express setzen darauf, das Bezahlen mit einem Klick zu ermöglichen, inklusive der Übernahme von Rechnungs- und Lieferadresse. Bei der Wahl ihres Zahlungsverkehrsdienstleisters sollten Händler darauf achten, dass er weltweit lokale Zahlarten und innovative Lösungen anbietet.

Dabei rücken die innovativen Zahlungsanbieter im Verkaufsprozess immer weiter nach vorne: Mit einer Platzierung bereits im Warenkorb oder sogar auf Artikelebene wollen sie möglichst früh auf den Bildschirm kommen. Dahinter steckt das Bestreben, es dem Käufer möglichst einfach zu machen. Natürlich auch mit dem Ziel, anderen Zahlungsanbietern zuvorzukommen. Denn mit einem Klick auf eine Zahlungsart mit Express-Checkout wird die umständliche Eingabe vieler Daten vermieden, da zum Beispiel die Lieferadresse oder ein präferiertes Zahlungsmittel inklusive einer Kartennummer dort bereits hinterlegt sind. Einkauf in der virtuellen Umgebung: wenn ein Knopfdruck oder ein Kopfnicken genügt. Alipay forscht bereits intensiv daran.

Dabei muss die schöne neue Shoppingwelt nicht virtuell bleiben. Auch der stationäre Einzelhändler, der schon lange nach digitalen Mehrwerten gesucht hat, bekommt seine Chance. Wer als Händler die Schranke zwischen Laden und E-Commerce aufheben will, bietet seinen Kunden schon heute die Konfiguration und Bestellung physisch nicht präsenter Artikel über ein Tablet - Verfügbarkeitsabfrage und Payment inklusive. Es wird nicht mehr lange dauern, bis die virtuelle Variante des Online-Shoppings mit einer VR-Brille auf dem Kopf mit einer 3D-Präsentation neuer Möbel stattfindet.

Omnichannel als reales und virtuelles Einkaufserlebnis: Das funktioniert, wenn die Abläufe aufeinander abgestimmt sind. Für Händler bedeutet das die Investition in 3D-Brillen und Software für virtuelle Räume, aber auch in sichere Zahlungsabwicklung mit zertifizierten Terminals, die den heutigen Anforderungen an die Datensicherheit gewachsen sind. Auch neue Prozesse gehören dazu: Wer seine Kunden zum Online-Shopping ins Geschäft holen möchte, muss damit umgehen können, dass sie nach Hause gelieferte Artikel im Geschäft umtauschen wollen, Erstattung inklusive.

Fußnoten

1) Statista: Anzahl der Smartphone-Nutzer in Deutschland in den Jahren 2009 bis 2016 (in Millionen) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/198959/umfrage/anzahl-der-smartphonenutzer-in-deutschland-seit-2010/

2) Statista: Statistiken zum Thema M-Commerce https://de.statista.com/themen/1347/mobile-commerce

Zum Autor Ralf Gladis, CEO, Computop Wirtschaftsinformatik GmbH, Bamberg
Ralf Gladis , Geschäftsführer , Computop Wirtschaftsinformatik GmbH, Bamberg
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