Regulierung

PSD2: Welche Chancen Banken haben

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Durch den Kontozugang für Drittanbieter können Banken tatsächlich den Kunden verlieren beziehungsweise drohen zum Dienstleister im Hintergrund degradiert zu werden, so Eldo Devole. Neue Kontenmodelle mit Volumentarifen, die dies ab bilden, können deshalb bald eingeführt werden. Der eigentliche Wettbewerb findet jedoch nicht zwischen Banken und Fintechs statt, sondern zwischen innovativen und weniger innovativen Banken. Denn auch Kreditinstitute können von der neuen Kontoschnittstelle profitieren und das Girokonto zur zentralen Steuerungsplattform der verschiedensten Finanzdienstleistungen ausbauen. Red.

Angesichts der stets wachsenden Anzahl der Bedenkenträger im Bankenumfeld und den sehr besorgten Aussagen könnte man meinen, es sei vorbei. Die Regulierung würde allen den Spaß am Geschäft nehmen, die Regulierer würden die TPP (Third Party Provider) bevorzugen, Kosten würden wachsen, Ertragsquellen würden versickern und darüber hinaus würden diese Fintechs die kleiner werdenden Ergebnisbeiträge streitig machen.

Den Banken ist viel zugemutet worden, und ihnen wird noch viel zugemutet werden, bis wir einen einheitlichen, hochmodernen und hoffentlich weniger bargeldlastigen Wirtschaftsraum in Europa haben. Dies setzt eine enorme Anpassungsfähigkeit von technischen Plattformen und Businessmodellen voraus und setzt vor allem solche Institute unter Druck, die auf die alten Cashcows von gestern setzen. Die europäische Regulierung bedeutet für den gesamten Payment-Markt eine große Anstrengung. Es scheint so, als ob jede Woche neue Anforderungen und Vorstellungen formuliert würden. Trotzdem entsteht ein Fintech-Start-up nach dem anderen.

Schnell, modern und in stetig zunehmender Anzahl entstehen in Europa und weltweit Fintechs, die versuchen, in einen Markt einzudringen, in dem die traditionellen Player der Meinung sind, es gebe nicht mehr viel zu holen.

Ob diese Fintechs tatsächlich dazu geeignet sind, im Wettbewerb zu bestehen, wird sich noch erweisen. Die Entwicklung zeigt jedoch deutlich auf, dass es sehr viele Investoren gibt, die an den Erfolg der Fintech-Geschäftsmodelle glauben und bereit sind zu investieren.

Neben den klassischen Argumenten wie Marktbedürfnisse, Pills, Value Proposition und Skalierbarkeit stehen bei der Analyse der Ertragsströme folgende drei Argumente im Vordergrund:

- Die Identifikation: Bankgeschäfte sind persönliche Geschäfte. Jeder weiß, dass er für die Eröffnung und Nutzung von bankverbundenen Diensten eine Identitätsfeststellung durchlaufen muss. Der Know-Your-Customer-Prozess dient der eigenen Sicherheit genau so sehr wie der Sicherheit des Dienstleisters und ist in der Gesellschaft akzeptiert und anerkannt. Für andere Dienstleistungen ist dies deutlich schwerer, weil die Kunden nicht bereit sind, ihre Identität preiszugeben.

- Die Kundenbeziehung: Die Vertrauensbeziehung einer Bank zu ihren Kunden ist durch die globale Finanzkrise zumindest in Deutschland unerschüttert geblieben. Selbst in Ländern, in denen das Image der Banken sehr gelitten hat, wechseln die Menschen ihre Bank selten.

- Die Datenqualität: Bei den Nutzer- und Nutzungsdaten handelt es sich um solche Daten, die sowohl für die eigenen Dienstleistungen und Finanzprodukte als auch für Drittdienstleistungen verwertbar sind. Verwertbare Daten sind solche Informationen, die einen Rückschluss auf das Verhalten des Konsumenten und dessen Bedürfnisse ermöglichen. Während Google sich sehr viel Mühe gibt, die Wünsche und das tatsächliche Konsumentenverhalten auseinander zu halten, stehen diese Daten in sogenannter Reinform den Banken seit jeher zur Verfügung.

Aufgrund der genannten Punkte sind die Banken bis jetzt in einer ungeahnt beneidenswerten Position gewesen. Sie konnten diese Daten aber kaum für andere (selbst eigene) Dienstleistungen nutzen, da dies datenschutzrechtlich schwierig war und einem Vertrauensbruch gegenüber dem Kunden gleichgesetzt wurde.

Schlechte Presse hinsichtlich Datennutzung, Verwertung oder gar die Zurverfügungstellung an Dritte wurde sehr stark befürchtet und hat mehrere vielversprechende Geschäftsmodelle verhindert. Der Datenschutz war so rigide, dass es dem Kunden erschwert wurde, seine eigenen Daten zu nutzen

Neue Rollenverteilung

Mit der PSD2 ändert sich nun die Struktur des Marktes. Neue Rollen werden durch die Zahlungsauslöse- und Kontoinformationsdienste definiert. Die Anbieter solcher Dienste werden nun auch der Regulierung unterworfen. Das kann auch bedeuten, dass der Markteintritt für Start-ups durch die Regulierungshürden erschwert wird und Partnerschaften mit Banken für Fintechs (noch) wichtiger werden.

Die wichtigste Nachricht dabei ist, dass die Daten primär dem Kunden gehören und er nun über diese verfügen kann.

Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass die von den kontoführenden Kreditinstituten erfassten, gespeicherten, systematisierten und methodisch angeordneten und ausgewerteten Kontodaten geschützte Datenbanken im Sinne des Urheberrechts darstellen. Die kontoführenden Kreditinstitute haben die Investitionen für diese Datenbanken getätigt und sind daher Datenbankhersteller; ihnen steht daher das Recht zu, diese Datenbanken zu nutzen.

Verliert die Bank den Kunden?

Der Kunde darf der Bank selbst oder einem Dritten Zugang zu seinem Konto und damit das Recht auf Nutzung seiner Daten einräumen. Verliert die Bank dadurch den Kunden?

Will man sich heute bei einem der vielen Fintechs registrieren, bedarf dies einer Kontoverbindung. Man muss also Bankkunde sein, um Fintech-Kunde werden zu können. Um der Regulierung zu entgehen, benötigt jeder diese Dienstleister eine kontoführende Bank, diese sogenannten Disrupter dienen daher eher als eine Art "man in the middle". Der Kunde muss immer noch entscheiden, welche Bank er wählt.

Die wenigsten sogenannten "disruptiven Services" der Fintechs verdienen also tatsächlich diese Bezeichnung, denn am Ende ist die Kontoführung nach wie vor das zentrale Element im Banking und Payment, unabhängig von den zusätzlichen Anwendungen wie zum Beispiel von Exporo, Save-Droid oder Number 26.

Diese Möglichkeiten erleben zu Recht einen großen Hype im Fintech-Bereich, da sie eine vereinfachte und verbesserte "Banking Experience" ermöglichen. Durch Zugang zum Konto könnte der Kunde eine Vielzahl solcher Dienstleister zur Nutzung der Kontodaten ermächtigen.

Neue Kontenmodelle mit Volumentarifen?

Man könnte beispielsweise unterschiedliche Dienste nutzen, um Zahlungen zu tätigen, Rechnungen zu begleichen, Konten zu verwalten und auszugleichen, Mikrokredite abzuschließen, Tagesgeld anzulegen, Investitionen zu tätigen und vieles mehr. Der Nutzen dieser zersplitterten Finanzverwaltung verliert sich dann aber leider in die Unübersichtlichkeit der einzelnen Dienste.

Diese Modelle stellen für die Banken auch eine erhebliche Kostenbelastung dar, da nicht mehr der (menschliche) Kunde die Schnittstelle bedient, sondern der von ihm gewählte "Fintech-Service".

Durch die teilweise minütliche Datenabfrage solcher Dienste entstehen den Banken erhebliche Kosten (fünf bis zehn Euro je Kunde und Dienst im Monat wurden von Banken genannt), die in irgendeiner Weise von den Banken bepreist werden müssten. Dies steht möglicherweise mit preisfreien beziehungsweise volumenunabhängigen Pauschalpreismodellen in Konflikt. Das könnte bedeuten, dass die Kosten solcher Dienste durch das kontoführende Institut an den Kunden weitergetragen werden.

Neue Kontenmodelle mit Volumentarifen, wie sie Mobilfunk-Unternehmen im Angebot haben, könnten daher auch im Bank umfeld bald eingeführt werden. Die Banken würden also in eine Wettbewerbssituation geraten, in der es darum geht, der günstigste "Enabler" zu werden, ähnlich den Mobilfunkverträgen. Ob dies im Sinne der Banken und deren Kunden ist, wird sich noch zeigen. Die Diskussion stellt aber klar, dass die Banken vor der Frage stehen, wie sie in Zukunft ihre Leistungen bepreisen, ohne den eigenen Kunden zu verprellen.

Ertragsmodelle außerhalb der bisherigen Wertschöpfungskette analysieren

Mit der PSD2 können sich die Banken tatsächlich als vertrauenswürdiger Datenverwalter aufstellen und sich für ihre Kunden als Treuhänder positionieren. Dazu müssten sich Banken neu orientieren und Ertragsmodelle außerhalb der bisherigen Wertschöpfungskette analysieren.

Es gilt die wertschöpfenden Prozesse wie zum Beispiel Kundenidentifizierung und das Girokonto in neue Produkte zu verpacken und entsprechend zu vermarkten. Solche Dienste könnten (zum Beispiel per Chip und PIN) im Handumdrehen e-ID Services an mehreren tausenden PoS allein in Deutschland ermöglichen. Wichtig ist auch, dass die Banken - da sie letztlich immer für Schäden haften - entscheiden müssen, mit welcher Authentikation der Kunde beziehungsweise der Drittdienst sich Zutritt in das Banking verschafft.

Mit der zunehmenden Digitalisierung der Gesellschaft werden solche Dienste immer wichtiger. Sei es bei der eigenen Identifikation gegenüber einem Dritten oder auch bei der strukturierten Verwaltung der eigenen Daten und Finanzen. Werden die Banken dadurch tatsächlich zu Dienstleistern, welche im Hintergrund arbeiten? Werden die Kunden auf eine schier unendliche Vielzahl von Apps zurückgreifen, um ihre Bankgeschäfte zu erledigen?

Tatsächlich bietet sich auch eine große Chance für Banken, im digitalen Umfeld zu agieren. Ich würde mir wünschen, dass unterschiedliche Dienste, die von Fintechs und innovativen Banken angeboten werden, zentral in einer Plattform verwaltet werden können.

Auch Banken profitieren vom Kontozugang

Und da der Ursprung dieser ganzen Dienste das Konto bleiben wird, sollte meine Bank die eine zentrale Steuerungsplattform aufbauen und zur Verfügung stellen, um die anderen Konten bei anderen Banken zu verwalten. Der tatsächliche Wettbewerbs- und Verdrängungskampf, den die PSD2 ausgelöst hat, findet nicht zwischen Banken und Fintechs, sondern zwischen innovativen und nicht innovativen Banken statt. Auch die Banken profitieren von den Änderungen in der PSD2 und "Access to Account". Sie erfüllen bereits alle Voraussetzungen, um sowohl Zahlungsinitiierung- als auch Kontoinformationsdienste anzubieten. Letztendlich kann das kontoführende Institut von dieser Entwicklung nur dann profitieren, wenn es die Beobachterrolle verlässt und darin aktiv wird, dem Kunden gute und moderne Dienste zu bieten.

Die zentrale Rolle des Girokontos sollten die Banken ausbauen und dazu nutzen, Kunden sowohl eigene als auch fremde Entwicklungen als zusätzliche Features anzubieten. Dadurch positioniert die Bank ihre Marke weiterhin im Bewusstsein des Kunden als zentraler Dienstleister und erreicht auch die neue technologieaffine Generation.

Auch daher sind für Banken Innovationen so wichtig. Zudem müssen sich Banken den Herausforderungen auf der IT-In frastrukturseite ("Authentifizierung als Schlüssel zum Konto") stellen: kundenfreundliche und sichere Authentifizierung ist der erste Schritt und der Schlüssel zum Erfolg.

Zum Autor

Eldo Devole, Senior Consultant, SHC Stolle & Heinz Consultants GmbH & Co. KG, Augsburg

Handlungsempfehlungen für Banken und Sparkassen

- Die eigene Rolle in einem neuen Markt definieren und leben.- Die Schnittstelle zu den TPPs als bilaterale und nicht als unilaterale Datentransferautobahn konzipieren und die gegenseitigen Vorteile erkennen.- Die Verbindung der einzelnen Dienste und Dienstleister zum Kundenkonto als zentralen Mehrwert für die eigenen Kunden aufbauen.- Neue Geschäftsmodelle auf Basis der Reichweite identifizieren und Ertragsmodelle auf Basis von Crossfinanzierungen untersuchen.- Geschwindigkeit spielt hierbei eine wichtige Rolle. Ansonsten verliert man seine Kunden an andere Banken.

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