Zeit für Veränderungen - die aktuellen Entwicklungen in der Payment-Branche

Marc Schluep, Foto: Worldline

Investment Banking und Asset Management waren bisher die großen Steckenpferde des klassischen Banken-Business - im Vergleich dazu waren (E-)Payment Services ein wenig beachtetes Nebengeschäft. Das hat sich mittlerweile geändert und diese Sparte boomt: Laut einer Prognose von PwC werden bargeldlose und mobile Zahlungsmethoden in den nächsten zehn Jahren stetig wachsen.

Visa und Mastercard finden sich heute unter den zwanzig wertvollsten Unternehmen weltweit, und gleichzeitig hat sich ein Rennen unter Payment-Fintechs entwickelt, bei dem es um Bewertungen in Milliardenhöhe geht. Der Schwedische Anbieter Klarna zum Beispiel erhielt mit 31 Milliarden Euro die bislang höchste Firmenbewertung im Bereich der europäischen Payment-Start-ups. Das erst zehn Jahre alte, US-amerikanische Fintech Square brilliert sogar mit einer Kapitalisierung von über 100 Milliarden US-Dollar.

Dass sich elektronische Zahlungsarten durchsetzen und sich zu einem lukrativen Geschäft entwickeln konnten, liegt vor allem an den veränderten Shopping-Gewohnheiten der Konsumenten: Sie kaufen vermehrt online ein und zahlen dementsprechend häufiger auf digitalem Wege oder bevorzugen bei physischen Einkäufen das kontaktlose beziehungsweise kartenbasierte Zahlen. Dadurch hat sich auch der Fokus der Banken verlagert. Während diese sich bisher vor allem auf Asset Management, Vermögensverwaltung und Investment Banking konzentrierten, hat sich der Fokus in den letzten Jahren stärker auf E-Payments verlagert.

Die Payment-Branche wächst zusammen

Neben der zunehmenden Dynamik im Bereich des elektronischen Zahlungsverkehrs hat sich die Branche in den vergangenen Jahren auch durch eine starke Konsolidierung ausgezeichnet. Im Vergleich zu den USA sind diese Bestrebungen in Europa noch sehr jung und ergaben sich erst mit der Einführung des einheitlichen Währungsraums Sepa sowie der damit verbundenen Vereinheitlichung regulatorischer Anforderungen.

Die Folge: Acquirer und Processoren schlossen sich erst regional, dann auf europäischer Ebene zu größeren Unternehmen zusammen, so beispielsweise kürzlich bei Worldline mit der Übernahme von Ingenico (2020) und Six Payment Services (2018) und im laufenden Jahr bei der Kombination von Nexi mit Nets und Sia.

Netzwerkeffekt treibt die Konsolidierung

Diese Entwicklung hin zu einer überschaubaren Zahl von Anbietern wird einerseits durch einen Netzwerkeffekt vorangetrieben, bei dem sich Händler und Verbraucher gegenseitig bedingen: Führen Händler elektronische Zahlungsformen flächendeckend als Standard ein, so steigt die Nutzung aufseiten der Kunden. Eine solch verbreitete Nutzung führt wiederum dazu, dass mehr Händler diese Zahlungsmittel akzeptieren.

Dieser Netzwerkeffekt wird umso relevanter, sobald neue und innovative Zahlungsmethoden ihren Weg auf den Markt finden. Die Anzahl dieser hat in den letzten Jahren zugenommen und bietet Konsumenten zahlreiche Vorteile wie die Integration verschiedener Konten und Zahlungsformen in einem Wallet auf dem Smartphone oder der ganzheitliche Blick auf die gesamte Customer Journey inklusive Preisvergleiche, Rabattsuche, Bezahlung und Bewertung. Andererseits herrschen in der modernen Payment-Branche Skaleneffekte vor: Der elektronische Zahlungsverkehr bedingt eine hochkomplexe, stets verfügbare und entsprechend teure Infrastruktur - ungeachtet der Anzahl der Händler oder Karteninhaber und der von ihnen abgewickelten Kartentransaktionen. Konkret bedeutet das: Werden mehr Transaktionen verarbeitet, sinkt der Preis pro Zahlung.

Das Interesse der Investoren ist geweckt

Das in Europa und besonders in Deutschland so beliebte Bargeld macht zunehmend Platz für elektronische Zahlungsmethoden. Die Corona-Pandemie beschleunigte die Verbreitung von E-Payments und selbst hierzulande greifen Verbraucher immer mehr auf kontaktloses Zahlen zurück. In Verbindung mit der wachsenden E-Commerce-Branche ist es wenig überraschend, dass der Markt für Payment-Lösungen floriert.

Die Tatsache, dass die Payment-Branche stabile Cashflows generiert und nur wenig von Konjunkturschwankungen betroffen ist, macht sie auch für Investoren attraktiv. Die drei Private-Equity-Gesellschaften Bain Capital, Helman & Friedman und Advent International sind beispielsweise maßgeblich an dem Zusammenschluss der italienischen Fintechs Nexi und SIA sowie der dänischen Nets-Gruppe beteiligt. Die große Aufmerksamkeit seitens der Investorengemeinschaft ist - neben dem kontinuierlichen Wachstum, der Konsolidierung sowie der steigenden Zahl neuer Wettbewerber - ein weiteres Element, welches die Dynamik des europäischen Payment-Marktes befeuert.

Marc Schluep , Managing Director Switzerland und Global Head of Strategy and Scheme , equensWorldline SE, Zürich
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