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Bail-in - das Ende der Staatsfinanzierung

Mit der Schuldenkrise in Griechenland hat die Gefahr einer Schuldenrestrukturierung eines Mitgliedsstaates Einzug in die Eurozone gehalten. Auch wenn von Seiten der EU vehement vertreten wird, dass eine Umschuldung der griechischen Staatsschulden kein Thema sei, reflektiert die Entwicklung der Risikoaufschläge auf griechische Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen diese Einschätzung nicht. Zweijährige griechische Anleihen haben Ende April bei 26,27 Prozent einen Renditehöchststand erreicht. Zehnjährige Papiere weisen derzeit einen Renditeaufschlag gegenüber Bunds von 1269 Basispunkten auf. Das sind Niveaus, zu denen sich Griechenland bei bestem Willen nicht am Kapitalmarkt refinanzieren kann. Der Rettungsschirm, der von der EU und dem IWF gespannt wurde und bis 2013 läuft, reicht den Marktteilnehmern offensichtlich nicht zur Beruhigung aus. Ohne längerfristige Lösungen für die Hellenen werden sich die Risikoaufschläge nicht reduzieren. Eine Rückkehr an den Kapitalmarkt, die bereits im kommenden Jahr fällig wäre, sehen Investoren recht einstimmig als illusorisch an. Spätestens Mitte Juni sollte beim routinemäßigen Treffen der Ecofin ein Lösungsvorschlag für Griechenland präsentiert werden, der dem Markt die Unsicherheit nimmt und die Spekulationen eindämmt. Als potenzielle Möglichkeiten werden neben Laufzeitenverlängerung auch Zinserleichterungen und der Kauf von Staatsanleihen für griechische Papiere diskutiert. Die Thematik Haircut ist zudem nicht vom Tisch und wurde zuletzt durch die Ratingagentur S&P als wahrscheinlich eingestuft. Indes reduzierte S&P am 9. Mai das Griechenland-Rating um zwei Stufen auf B und goss mit diesem Schritt weiteres Öl ins Feuer. Die Beteiligung der Gläubiger an einer Restrukturierung könnte im Zeitverlauf auch politisch motiviert immer attraktiver werden. Nicht zuletzt in der Bundesrepublik sollte es der Regierung immer schwerer fallen den Steuerzahler davon zu überzeugen, dass eine "Rettung" Griechenland auch im Interesse Deutschlands ist. Bewusstseinsveränderung innerhalb weniger Monate Im Vorfeld zur Zuspitzung der Griechenlandkrise im Mai 2010 war am Markt durchaus ein Moral-Hazard-Problem zu erkennen. Noch im März 2010 war die zehnjährige Griechenlandanleihe bei einer Rendite von 6,23 Prozent innerhalb kürzester Zeit deutlich überzeichnet. Zu diesem Zeitpunkt spielte eine Restrukturierung in den Köpfen der Anleger noch keine Rolle. Mittlerweile hat eine deutliche Bewusstseinsveränderung stattgefunden (10-Jahres-Renditen liegen bei 15,8 Prozent) und vor allem die Diskussion über mögliche Haircuts führt dazu, dass eine Moral-Hazard-Problematik nicht (mehr) zum Tragen kommen sollte. Dass es trotz Hilfsmaßnahmen durch IWF, andere Staaten oder auch Banken dennoch zum Staatsbankrott kommen kann, zeigen Beispiele aus der Vergangenheit. Sowohl Russland (1998) als auch Argentinien (2001) gelang es nicht, trotz externer Hilfe eine Schuldenrestrukturierung zu vermeiden. Interessant sind einige Parallelen, die zur Krise geführt haben. Beispiele für Staatsbankrotte trotz internationaler Hilfen Im Vorfeld der Russlandkrise führten spekulative Kapitalströme Mitte der 90er Jahre zu einer Börsenblase in vielen Emerging Markets. Als diese Blase im Zuge der Asienkrise platzte, führte das auch in Russland zu einem massiven Kapitalabfluss. Wichtigste Akteure waren dabei die asiatischen Anleger, die alleine fünf Milliarden Dollar aus dem russischen Aktienmarkt abzogen und zu einem Wertverlust in Höhe von 80 Prozent des russischen Aktienmarktes beitrugen. Der enorme Kapitalabfluss zwang Russland über höhere Anleiherenditen Investoren zu ermutigen, in Russland zu investieren. Diese Renditeanstiege wirkten sich verheerend auf das ohnehin hoch verschuldete Land aus. Ende 1997 stieg die Rendite kurzfristiger russischer Staatstitel auf 20 Prozent und schnellte dann bis auf 150 Prozent im Mai 1998 empor. Die im Jahr 1995 eingeführte Koppelung des Rubels an den US-Dollar erwies sich während der Asienkrise im Herbst 1997 als problematisch, denn Russland hatte in der Vergangenheit sein Budgetdefizit mit Hilfe von Fremdwährungen finanziert. Die Koppelung an den US-Dollar musste im August 1998 aufgehoben werden, woraufhin der Rubel bis zu 60 Prozent abwertete. In der Konsequenz brach die Finanzkrise offen aus. Die Schuldenkrise in Argentinien ging in erster Linie auf eine Koppelung des Peso an den US-Dollar zurück (von Januar 1992 bis Januar 2002 betrug das Fixing 1,4 Peso pro US-Dollar, aktuelles Niveau: 4,08 Pesos pro US-Dollar). Durch die Aufwertung des Dollars verlor Argentinien seine Wettbewerbsfähigkeit und die Währungsreserven reduzierten sich drastisch. In einer gemeinsamen Hilfsaktion von IWF, der Weltbank, der Entwicklungsbank IADB sowie Spanien wurde in einem ersten Schritt eine Laufzeitverlängerung durch den Tausch von Papieren in längere Laufzeiten durchgeführt. Doch auch diese Maßnahme entfaltete nicht ihre erhoffte Wirkung und Argentinien fiel in eine tiefe Rezession. Da Argentinien außerdem die mit dem IWF ausgehandelten Ziele zur Reduzierung des Haushaltdefizits nicht einhalten konnte, erhielt das Land keine Hilfsgelder mehr und die Schulden mussten restrukturiert werden. Infolgedessen meldete Argentinien 2001 Staatsbankrott an und bis zum heutigen Tag ist der südamerikanische Staat finanztechnisch auf internationaler Ebene größtenteils isoliert. Am härtesten traf es jedoch jene Anleger, die damals ihr Vermögen in argentinische Anleihen oder Brady Bonds angelegt hatten. Sie mussten in der Folge einen Haircut von 50 bis 65 Prozent hinnehmen. Umorientierung der Investoren Der historische Vergleich offenbart, dass trotz externer Hilfe an die betroffenen Staaten diese eine Schuldenrestrukturierung oftmals nicht vermeiden können. Die latente Gefahr deutlicher Kapitalverluste des eingesetzten Kapitals durch einen Haircut lässt Investoren nach Möglichkeiten der Diversifikation suchen, deren Risikoprofil geringer ist. Das führt zu einer Umorientierung der Investoren. Zuvor als sicher eingestufte Anlagewerte wie europäische Staatsanleihen waren plötzlich nicht mehr per se auf der Kaufliste, sodass neben weiterhin erstklassigen Staatsanleihen vor allem staatsnahe Anleihen sowie gedeckte Schuldverschreibungen in den Fokus rückten. Die Wahl fiel dabei unter anderem auf Covered Bonds, die vorwiegend mit privaten und gewerblichen Immobilienfinanzierungen beziehungsweise Forderungen an die öffentliche Hand unterlegt sind. Innerhalb der Covered Bonds konnten deutsche Pfandbriefe von den veränderten Investitionsabsichten der Anleger besonders stark profitieren. Die den gesamten Rentenmarkt erfassende Illiquidität wurde schnell überwunden und auch zwischenzeitliche Renditeanstiege konnten in kürzester Zeit wieder aufgeholt werden. Schon in der Finanzkrise haben Covered Bonds unter Beweis gestellt, dass sie als wertstabile Investments gelten und profitierten dabei von dem ihnen entgegengebrachten Vertrauen seitens der Investoren. Während Unternehmensanleihen teilweise Spread-Anstiege von 300 Basispunkten verkraften mussten, lag das aggregierte Spread-Rekordniveau bei Öffentlichen Pfandbriefen beispielsweise bei lediglich 70 Basispunkten. Unterstützend wirkte dabei unter anderem das Covered-Bond-Ankaufprogramm der EZB. Mit dem 60 Milliarden Euro umfassenden Programm, das über einen Zeitraum von zwölf Monaten umgesetzt wurde, stellte sich die Europäische Notenbank hinter diese Assetklasse und half damit, das Vertrauen der Anleger in kürzester Zeit zu verbessern. Die bloße Ankündigung im Mai 2009 reichte aus, um sowohl Spreadeinengungen zu beschleunigen als auch Primärmarktaktivitäten zu beleben. Das ausstehende Volumen deutscher Pfandbriefe hat sich in den zurückliegenden Jahren stark verringert. Lag das Umlaufvolumen von Hypothekenpfandbriefen und Öffentlichen Pfandbriefen im Jahr 2000 noch bei rund 1 106 Milliarden Euro, so schrumpfte dieses bis Ende 2010 auf rund 640 Milliarden Euro. Mit annähernd 65 Prozent machten Pfandbriefe, die mit Forderungen an die öffentliche Hand unterlegt sind, den größten Teil aus, gefolgt von Hypotheken- und Schiffspfandbriefen. Als Deckung für Öffentliche Pfandbriefe können laut Pfandbriefgesetz Forderungen an Staaten aus dem Europäischen Wirtschaftsraum sowie die Schweiz, USA, Kanada und Japan verwendet werden. Veränderungen in den Deckungsstöcken Dass damit auch Forderungen an europäische Peripherie-Länder im Deckungsstock enthalten sein können, wurde vielen Investoren vor allem aufgrund der Diskussionen um mögliche Staatspleiten im Euroraum bewusst. Der verstärkt aufgekommenen Forderung nach einer Reduzierung des Peripherie-Anteils kamen die Pfandbriefemittenten größtenteils nach, wobei vor allem irische und griechische Assets auf der Streichliste standen. Das ausstehende Volumen an Öffentlichen Pfandbriefen hat sich in den vergangenen zwölf Monaten um etwa 75 Milliarden Euro auf rund 380 Milliarden Euro per Ende März 2011 verringert. Annähernd unverändert blieb dabei der Deutschlandanteil, der auch heute noch bei rund 77 Prozent liegt. Forderungen an Peripherie-Staaten umfassen heute gerade mal sieben Prozent, wobei Assets aus Irland und Griechenland im Laufe der letzten Monate fast gänzlich eliminiert wurden. Getrieben von geplanten Bilanzstrukturveränderungen bei einzelnen Pfandbriefemittenten auf der einen Seite sowie neuen Geschäftsmodellen auf der anderen Seite wird das Volumen von Öffentlichen Pfandbriefen mittelfristig weiter sinken. Trotz der aktuellen Staatsschuldenkrise werden Öffentliche Pfandbriefe jedoch in der Liste der risikoarmen Anlageformen weiter ganz oben stehen. Sie profitieren dabei unter anderem von dem stark abnehmenden Volumen, was zu Knappheitspreisen führen kann.

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