Schwerpunkt Private Baufinanzierung

Bausparen - als Vorsorgeform aktueller denn je

Die Anfänge des Bausparens, wie wir es in Deutschland kennen, gehen zurück auf das Jahr 1921, als Georg Kropp in Wüstenrot im Kreis Heilbronn den gemeinnützigen Verein "Gemeinschaft der Freunde" gründete. Der von der Insel Usedom stammende gelernte Drogist und seine Mitstreiter hatten, als sie ihr Gemeinschaftswerk ins Leben riefen, die große Wohnungsnot Anfang des 20. Jahrhunderts vor Augen, das Bild der düsteren Hinterhöfe der Mietskasernen, das Elend der dort wohnenden Menschen. Diese Not konnte nach ihrer Überzeugung am ehesten durch eine Verbesserung der Wohnverhältnisse gewendet werden. Und Kropp sagte auch, wie dieses Ziel zu erreichen war, nämlich gemeinsam mit anderen, im Wege der Hilfe zur Selbsthilfe, durch seine "Gemeinschaft der Freunde", aus der die Wüstenrot Bausparkasse hervorgegangen ist. Bausparen war für ihn also weit mehr als nur eine Geschäftsidee.

Erfolgsfaktoren des Bausparens

Trotz seiner mittlerweile über neunzigjährigen Geschichte ist das Bausparen unverändert gefragt. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass so mancher Sparer die Solidität, die Sicherheit und Transparenz dieses Vorsorgeinstruments in den Zeiten der jüngsten Finanzkrise wieder neu schätzen gelernt hat. Viele Bauinteressenten wollen sich auch gegen steigende Zinsen absichern. Zusätzlich wird das Bausparen durch neu eingeführte zielgruppengerechte Produkte insbesondere für junge Menschen attraktiver.

Mit wenigen Zahlen lässt sich belegen, dass das Bausparen hierzulande tief verwurzelt ist. Ende des vergangenen Jahres zählten die deutschen Bausparkassen insgesamt knapp 30 Millionen Bausparverträge mit einer Bausparsumme von rund 825 Milliarden Euro. Allein 2012 wurden bei ihnen rund 3,5 Millionen Bausparverträge neu abgeschlossen und eingelöst, also die Abschlussgebühr bezahlt. Spargelder in Höhe von 28,7 Milliarden Euro flossen ihnen in dem Jahr zu. Umgekehrt haben die Bausparkassen ihren Kunden 2012 über 33,3 Milliarden Euro aus Guthaben und neuen Baudarlehen ausgezahlt. Jeder vierte Euro für Wohnungsfinanzierungen wird von den Bausparkassen bereitgestellt.

Eigenkapital bilden für den Erwerb von Haus und Wohnung, das ist das erklärte Ziel vieler. Unabhängigkeit und Freiheit in den eigenen vier Wänden ist eine besondere Lebensqualität, die sich über das Bausparen finanzieren lässt. Gerade mittel- und langfristige Pläne lassen sich mit einem Bausparvertrag vorbereiten und realisieren.

Vollfinanzierungen auf dem Rückzug

An die Käufer von Wohnimmobilien werden in Deutschland traditionell hohe Anforderungen hinsichtlich ihrer Eigenkapitalausstattung gestellt. Die derzeit sehr niedrigen Zinsen, der hohe Beschäftigungsstand und wachsende Einkommen haben zwar dazu geführt, dass sich immer öfter auch Interessenten, die sich bei einem höheren Zinsniveau kaum eine Immobilie leisten könnten, nun mit der Frage befassen, ob sie eine Wohnung oder ein Haus kaufen sollen, und daher auch eine Finanzierungsberatung in Anspruch nehmen.

Allerdings sind die Kreditgeber vorsichtig und finanzieren längst nicht alles, was theoretisch möglich wäre. Vor allem Vollfinanzierungen, bei denen praktisch kein Eigenkapital eingesetzt wird, haben seit Beginn der Finanzkrise deutlich an Bedeutung verloren.

Stattdessen kommt die althergebrachte Faustregel einer soliden Finanzierung der eigenen vier Wände wieder voll zum Tragen, wonach die Gesamtkosten für den Kauf eines Hauses oder einer Wohnung durch eine Kombination verschiedener Elemente aufgebracht werden - 20 bis 30 Prozent Eigenkapital, 20 bis 25 Prozent Bausparvertrag (Guthaben und Darlehensanspruch) sowie 50 bis 60 Prozent Hypothekendarlehen. Ideal ist, dafür einen bereits zugeteilten Bausparvertrag einsetzen zu können. Für kurzfristige Finanzierungen kann ein Bausparvertrag auch zwischenfinanziert werden.

Eine weitere interessante Konsequenz der außerordentlich niedrigen Zinsen ist die gegenwärtige Tendenz bei Finanzierungen, ersparte Zinsen in die Tilgung zu investieren. Statt der bisher üblichen einprozentigen Anfangstilgung werden zunehmend zwei und mehr Prozent gewählt, wodurch sich die Gesamtlaufzeit einer Immobilienfinanzierung deutlich verkürzen lässt.

Das deutsche System der Wohnungsbaufinanzierung inklusive des Vorsparsystems Bausparen ist im internationalen Vergleich durch sein Ziel der Risikominimierung gut aufgestellt, wie sich in der Finanzkrise wieder gezeigt hat. Diese konservative Konstruktion ist außerordentlich solide. Die Entstehung einer Immobilienblase, deren Platzen in den USA und einigen europäischen Ländern die Finanzkrise ausbrechen ließ, ist in Deutschland deshalb so kaum vorstellbar.

Erstrangig besicherte Darlehen decken hierzulande nur etwas mehr als die Hälfte der gesamten Anschaffungskosten ab. Die Restsumme muss über Eigenkapital und nachrangig besichertes Fremdkapital finanziert werden. Bausparverträge erfüllen vor diesem Hintergrund eine doppelte Finanzierungsfunktion, indem Bausparer Eigenkapital bilden und zugleich einen Anspruch auf ein zweitrangig abzusicherndes Bauspardarlehen mit einem im Voraus festgelegten Zinssatz erwerben, der bis zum Schluss unveränderlich ist.

Grund der Förderung

Bausparer profitieren von einem systembedingten Pluspunkt: der Unabhängigkeit vom Kapitalmarkt. Denn Bauspardarlehen werden im Gegensatz zu Hypothekendarlehen nicht über den Kapitalmarkt refinanziert, sondern über Einzahlungen aller Bausparer in einen gemeinsamen Topf. Es entsteht so ein geschlossener Spar- und Entnahmekreislauf, der es erlaubt, Bausparern günstige Darlehenskonditionen über die gesamte Vertragslaufzeit zu gewähren. Diese Kostensicherheit erleichtert die Planung jedes Vorhabens rund um die eigenen vier Wände.

Ein weiterer wesentlicher Vorteil besteht darin, dass das Bausparen "alterslos" ist. Wer als Senior schon einmal versucht hat, einen Kredit aufzunehmen, wird den gesetzlichen Anspruch auf ein Bauspardarlehen unabhängig vom Alter des Bausparers schätzen.

Bereits bei Vertragsabschluss stehen die Konditionen für die gesamte Laufzeit des Vertrages fest. Nicht zuletzt dieser Aspekt erscheint vielen Kunden in Anbetracht der aktuellen finanzwirtschaftlichen Lage wichtig - auch unter dem Aspekt der Altersvorsorge. Denn Bausparen ermöglicht nicht nur ein gezieltes Perspektivsparen im Hinblick auf den späteren Immobilienerwerb, auch Wohneigentümern kann der Bausparvertrag als Vorsorgeprodukt für zukünftig anfallende Modernisierungs- und Renovierungsmaßnahmen dienen. Aufgrund dieser verschiedenen Vorteile wird Bausparen außerdem staatlich gefördert.

Und die Riester-Förderung in ihrer Ausgestaltung als Eigenheimrente - meist kurz Wohn-Riester genannt - könnte noch attraktiver werden. Schon jetzt ist der Riester-Bausparvertrag, mit dem Zweck auf das Eigenheim zu sparen, die Sparform mit dem höchsten Zuwachs unter allen Riester-Produkten. Die Abschlüsse befinden sich auf hohem Niveau und auch das Presseecho ist durchweg positiv. Die vor einigen Wochen vom Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Verbesserungen und Flexibilisierungen des Wohn-Riesters werden das noch zusätzlich unterstützen.

Neu ist: Der alters- und behindertengerechte Umbau schon vorhandenen Wohneigentums soll in die Förderung einbezogen werden. Außerdem ist vorgesehen, die förderunschädliche Re-Investitionsfrist bei einer zeitweiligen Aufgabe der Selbstnutzung des Wohneigentums zu verlängern. Dadurch wird es für Berufstätige leichter, nach einem Arbeitsortwechsel ohne Zeitdruck eine neue Wohnimmobilie zu kaufen. Ein weiterer Vorteil der geplanten Neuregelungen besteht für den künftigen Bauherrn zudem darin, sich nicht nur wie bisher zum Renteneintritt, sondern auch noch später für eine steuersparende Einmalversteuerung der erhaltenen Förderungen entscheiden zu können.

Mehr Investitionen in Wohneigentum

Die Marktforschung von Wüstenrot und Gespräche mit den Kunden weisen sehr deutlich darauf hin, dass die wohnwirtschaftliche Verwendung für Kauf, Bau oder Modernisierung wieder verstärkt in den Blickpunkt der Bausparer gerückt ist. Die Neubauzahlen und die Zahl der Kauffälle steigen, weil die eigene Immobilie voll im Trend liegt, die Zahl der Haushalte weiter ansteigt, die Baugeldzinsen niedrig sind und es immer mehr Menschen in die Städte zieht.

Im Häuserbestand kommt hinzu, dass die Menschen immer älter werden und vielfach vor der Aufgabe eines altersgerechten Umbaus stehen. So sind heute zum Beispiel nur fünf Prozent des gesamten Wohnungsbestandes vollständig barrierefrei. Wieder andere Eigentümer investieren im Zuge des Trends zu gesünderem Wohnen in ihre eigenen vier Wände. Die größte vor uns liegende Herausforderung besteht jedoch in der von der Bundesregierung beschlossenen Energiewende, die mit dem Ziel verknüpft ist, die Energiebilanz des Haus- und Wohnungsbestands in Deutschland deutlich und nachhaltig zu verbessern. Demnach soll beispielsweise der Gebäudebestand bis zum Jahr 2050 nahezu klimaneutral sein und der Primärenergiebedarf bis dahin um 80 Prozent sinken.

Modernisierung des Gebäudebestandes

Drei Viertel des Gebäudebestandes sind vor der ersten Wärmeschutzverordnung 1978 entstanden und sind weit überwiegend in einem noch entsprechend schlechten energetischen Zustand. Um die Klimaschutzziele erreichen zu können, muss die Sanierungsquote im Bestand deutlich steigen, von heute unter einem Prozent auf zukünftig mindestens zwei Prozent.

Nach eigenen, von der Deutschen Energieagentur (dena) bestätigten Berechnungen müssen dafür pro Jahr etwa 33 Milliarden Euro investiert werden, davon die Hälfte für energetische Maßnahmen. Diese Mittel müssen zu großen Teilen von den privaten Eigentümern mobilisiert werden, wobei sie von der Baufinanzierungswirtschaft, den Bausparkassen im Besonderen, Unterstützung erhalten.

Wohnungspolitisch setzen die Bausparkassen auf das Konzept "Fordern und Fördern" und lehnen Rufe aus Teilen der Politik nach einem Sanierungszwang ab. Denn bereits heute sind die Selbstnutzer die wichtigste Investorengruppe des energetischen Umbaus. Mit ihrem Engagement schützen sie sich vor den steigenden Energiepreisen und dokumentieren zugleich das allgemein gestiegene Bewusstsein für den Klimaschutz.

Unabhängig ob Hausbau, Kauf oder Modernisierung der eigenen vier Wände: Das Grundanliegen des Bausparens ist seit Georg Kropp bis heute dasselbe geblieben. Es geht um Wohneigentum als einem wichtigen Element persönlicher Freiheit und kreativer Selbstverwirklichung, es geht um die individuelle Vorsorge für die Wechselfälle des Lebens und Absicherung im Alter, ja um Lebensglück. Und es geht um nachhaltige, kundenfreundliche Produkte und eine faire Beratung zur Vermögensbildung breiter Bevölkerungsschichten.

Bernd Hertweck , Vorstandsvorsitzender, Wüstenrot Bausparkasse, Kornwestheim, und Vorstandsvorsitzender, Verband der Privaten Bausparkassen e.V., Berlin
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