Pro und Kontra

Sind Blind-Pool-Konzepte noch zeitgemäß?

PRO

Für Wohnungsfonds bestens geeignet

Der Haupteinwand gegen Blind-Pool-Fonds ist, dass die Investoren zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung nicht wissen, in welche Immobilien der Fonds investieren wird. Das stimmt aber nur zum Teil: Richtig ist, dass viele Blind-Pool-Fonds sehr konkrete Investitionskriterien haben. Nicht nur die Nutzungsart, sondern auch die Lage, Größe, Ausstattung und Kaufpreise der möglichen Objekte sind oft präzise definiert. Außerdem wacht nicht selten ein mit unabhängigen Experten besetzter Investitionsausschuss darüber, dass die im Prospekt festgelegten Vorgaben beim Einkauf auch tatsächlich eingehalten werden.

Der Unterschied zu Fonds mit bereits akquiriertem Portfolio besteht daher im Grunde nur darin, dass die jeweiligen Immobilien noch nicht empirisch greifbar sind - und im Fondsprospekt nicht abgebildet und benannt werden können. Das Fehlen konkreter Objekte erfordert bei Zeichnung somit ein etwas höheres Maß an Vertrauen in das Fondsmanagement als bei anderen Fondskonzeptionen. Das ist jedoch kein grundsätzliches Argument gegen Blind-Pool-Fonds, zumal die meisten Fondszeichner in der Regel nur den im Prospekt gemachten Angaben vertrauen und äußerst selten die jeweiligen Immobilien auch selbst besichtigen. Außerdem wird der vermeintliche Nachteil durch eine Reihe von Vorzügen mehr als aufgehoben.

Einer der wichtigsten Vorteile von Blind-Pool-Fonds sind die geringeren Akquisitionskosten. Aus der Tatsache, dass für die Zeit zwischen Ankauf der Objekte und der Ausplatzierung des Fonds keine Zwischenfinanzierung durch Bankdarlehen erforderlich ist, ergibt sich eine Ersparnis, die sich auch in den Fondskosten niederschlägt. Hinzu kommt die vergleichsweise hohe Flexibilität: Das Fondsmanagement kann bei einem Blind-Pool-Fonds rasch entscheiden, ob ein bestimmtes Objekt erworben werden soll oder nicht. Der relativ kurze Entscheidungsprozess ist vor allem in liquiden Märkten mit vielen Kaufinteressenten ein für den Investitionserfolg oft entscheidender Vorteil.

Außerdem sollten Initiatoren von Blind-Pool-Fonds einen Selektions- und Akquisitions-Prozess nachweisen können, der einen "just-in-time-Erwerb" der Zielimmobilien ermöglicht. Denn von dem Augenblick an, ab dem das eingeworbene Eigenkapital für Investitionszwecke verfügbar ist, steht das Fondsmanagement auch vor der Herausforderung, adäquate Objekte finden und erwerben zu müssen. Daraus folgt allerdings auch eine besondere Anforderung an das Asset: Blind-Pool-Fonds eignen sich nur für Immobilenmärkte mit einer hohen Transaktionstätigkeit. Denn je geringer die Zahl der Immobilienverkäufe ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass kein geeignetes Objekt gefunden werden kann. Ist dies der Fall, muss der Fonds rückabgewickelt werden. Es entstehen Kosten, die je nach vertraglicher Gestaltung entweder der Initiator oder die Anleger zu tragen haben.

Aus dem Risiko, unter Umständen größere Summen wieder zurückzahlen und eventuelle Kapitalkosten erstatten zu müssen, folgt wiederum die Einschränkung, dass sich Blind-Pool-Fonds vor allem für kleinere beziehungsweise leicht teilbare Immobilienpakete wie beispielsweise Wohnungsportfolios eignen. Hinzu kommt, dass bei größeren Fondvolumen das Eigenkapital auch in verschiedenen Tranchen platziert werden kann, sodass eventuelle Rückzahlungen und der Investitionsdruck beherrschbare Herausforderungen darstellen.

Einar Skjerven, Geschäftsführer, Industrifinans Real Estate GmbH, Frankfurt am Main

KONTRA

Nachteile überwiegen

Blind-Pools verpassen die Chance, die Geschlossene Fonds Anlegern und Initiatoren vornehmlich bieten: eine Kapitalanlage zum Anfassen. Denn eine Investition in Sachwerte trifft den Nerv der Zeit - derzeit stellen Anleger Werterhalt über Rendite. Da aber ein Blind-Pool zunächst das Anlegerkapital einsammelt und erst dann in Immobilien investiert, können sich die Investoren kein konkretes Bild von den Objekten machen. Sie müssen sich darauf verlassen, dass der Initiator die richtige Anlageentscheidung für sie trifft.

Die gängige Argumentation der Blind-Pool-Anbieter, dass anhand von "konkreten" Kriterien eingekauft würde, ist nur bedingt belastbar. Die Initiatoren befinden sich immer in einem Konflikt. Einerseits sollten die Einkaufskriterien so konkret wie möglich gefasst werden, um dem Anleger eine möglichst genaue Vorstellung von dem geplanten Investitionsobjekt zu vermitteln. Andererseits muss gleichzeitig so viel Spielraum erhalten bleiben, dass auf geeignete Angebote flexibel reagiert werden kann. Dieser Konflikt ist nicht lösbar: Wenn Initiatoren ihren Anlegern individuelle Produkte bieten wollen, müssen sie den Anleger selbst entscheiden lassen. Dieser trifft seine Wahl, indem er ein bestimmtes Beteiligungsangebot zeichnet, für das bereits konkrete Objekte erworben wurden. Denn zwischen verschiedenen Objekten, die nach den genau gleichen Kriterien ausgesucht wurden, kann aus der persönlichen Sicht des Anlegers ein weiter Unterschied liegen.

Ein Beispiel bietet die Beteiligung an einem Einzelhandelsfonds: Der Blind-Pool-Anbieter legt fest, in einen gewachsenen Standort zu investieren, in welchem das Angebot an Lebensmitteleinzelhandel im Vergleich zur Kaufkraft unter dem Bundesdurchschnitt liegt.

Das hört sich konkret an. Für die persönliche Anlageentscheidung bieten derartige Kriterien aber wenig Anhaltspunkte. Denn es macht einen erheblichen Unterschied, wie der Standort im Hinblick auf Größe, Mietermix, Parkplatz- und der Konkurrenzsituation ausgestattet ist. Nur mit einer Vielzahl von Informationen kann der Anleger für sich persönlich entscheiden, ob seine monetären und persönlichen Anlageziele mit genau dieser Kombination an Anlagekriterien erfüllt werden können. Endgültige Aussagen beispielsweise zu Einkaufsfaktoren kann er nicht liefern und definierte Obergrenzen sagen über die Werthaltigkeit einzelner Standorte zu wenig aus.

Der große Vorteil der bereits feststehenden Anlageobjekte ist die Nachvollziehbarkeit der Investitionsentscheidung. Beim Kauf einer Immobilie kommen immer sehr verschiedene Faktoren zusammen. Neben Standort und Preis sind auch andere Rahmenbedingungen wie beispielsweise die Finanzierungskonditionen von großer Bedeutung für den Erfolg einer Beteiligung. Diese Parameter können nur bei bestehenden Investments bereits in der Prospektierung festgelegt und so mögliche Überraschungen ausgeschlossen werden. Das Sicherheitsprofil ist also ein völlig anderes als bei Blind-Pool-Konzepten.

Der oft genannte Vorteil der Diversifikation bei Blind-Pool-Konzepten ist aber aus meiner Sicht vor allem eine Frage nach der idealen Größe eines Fondsangebotes. Größere Fonds mit vielen Investitionsobjekten sind als Blind-Pool leichter zu realisieren, da vorher Eigenkapital für den Ankauf bereitgestellt wird. Aber auch hier ist der Anleger vom Vertriebserfolg in der Einwerbungsphase abhängig. Das endgültige Fondsvolumen ist in der Regel offen und somit die Prognoserechnung weniger aussagekräftig. Es braucht daher mehr Vertrauen in den Anbieter der Blind-Pool-Konzepte, und dieses Vertrauen ist vielen Anlegern in der Vergangenheit abhanden gekommen.

Cliff Wenner, Mitglied des Vorstands, deboka Deutsche Grund & Boden Kapital AG, Düsseldorf

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