Immobilienmärkte

Britische Immobilien jetzt investieren?

Der Abschwung der britischen Wirtschaft hat sich im ersten Halbjahr 2009 gegenüber dem der zweiten Jahreshälfte 2008 nochmals verschärft. Grund dafür war, dass das Bruttoinlandsprodukt sowohl in den OECD-Staaten und stärker noch in den Schwellenländern rasant zurückging. In Großbritannien stieg die Zahl der Arbeitslosen im Februar 2009 erstmals seit 1997 auf über zwei Millionen. Es ist davon auszugehen, dass das BIP in Großbritannien 2009 um vier

Prozent sinkt und erst im nächsten Jahr um 0,5 Prozent steigt. Eine spürbare Erholung wird es nicht vor 2011 geben.

Die negative Entwicklung der britischen Konjunktur lässt auch den Immobilienmarkt nicht unberührt. Die Marktmietwerte werden sich in diesem Jahr voraussichtlich um zwölf Prozent, im nächsten Jahr dann nochmals um acht Prozent verringern. Das liegt zum einen an der gesunkenen Nachfrage, zum anderen aber am gestiegenen Immobilienangebot nach einer Reihe von Firmeninsolvenzen. Bisher war die Korrektur größtenteils vom Anstieg der Einstandsrenditen geprägt, da die Investoren das Risiko neu bewertet haben.

Schwächerer Rückgang der Marktmieten

Erst im vierten Quartal 2008 setzte ein Rückgang des Mietniveaus ein. Auf kumulativer Basis bedeutet dies einen Einbruch der Marktmietwerte von nahezu 25 Prozent von ihrem Hoch Mitte 2008 bis zu ihrer Talsohle, die für 2011 erwartet wird. Büroimmobilien dürften am stärksten betroffen sein. Hier beträgt der kumulative Rückgang der Marktmietwerte vom Höchststand bis zur Talsohle rund 32 Prozent gegenüber einem Gesamteinbruch von etwa 18 Prozent in den Sektoren Einzelhandel sowie Logistik- und Industrieimmobilien.

Auch wenn die Mietwerte in diesem Jahr weiter fallen sollten, so ist doch davon auszugehen, dass sich der Rückgang der Kapitalwerte 2009 stabilisiert. Dafür gibt es zwei Erklärungen: Zunächst einmal wird sich der Rückgang der Mieten nicht vollständig auf die Kapitalwerte der Immobilien auswirken. Das liegt teilweise daran, dass die derzeit von den Mietern tatsächlich gezahlten Mieten unter ihrem Marktwert liegen. Laut IPD entsprach die potenzielle Erhöhung der sogenannten "Reversionary"-Mietverträge rund sieben Prozent gegenüber den laufenden Mieteinnahmen Ende 2008.

Darüber hinaus bewirkt die Anpassungsklausel bei britischen Mietverträgen, wonach Mieten nur nach oben verändert werden können, dass die Mieteinnahmen aus den bestehenden Mietverträgen auf kurze Sicht von den Rückgängen in den Marktmietwerten nicht betroffen sind. Das heißt, auch wenn die Mehrheit der vorhandenen Mietverträge in den kommenden zwei bis drei Jahren als "overrented" angesehen werden, weil die tatsächliche Miete dann eventuell über dem Marktmietwert liegt, werden die Vermieter nur dann einen Mietrückgang erleiden, wenn diese Mietverträge auslaufen oder ein Mieter insolvent wird.

Obwohl die Laufzeiten britischer Mietverträge in den vergangenen zwanzig Jahren nach und nach immer kürzer wurden, lag der Durchschnitt der laufenden Verträge Ende 2008 noch bei rund neun Jahren (Quelle: IPD). Es kann also davon ausgegangen werden, dass die durchschnittlichen Mieteinnahmen im Verlauf der Jahre 2008 bis 2010 nur um sieben bis zehn Prozent nachgeben werden. Die Kapitalwerte britischer Immobilien dürften damit zwar auch sinken, allerdings nicht im gleichen Ausmaß wie die Marktmietwerte. Es ist dabei zu erwarten, dass sich die Verringerung der Marktmietwerte nur zu zwei Dritteln auf die Kapitalwerte auswirken wird.

Britische Immobilien attraktiver als Staatsanleihen

Die Bewertung britischer Immobilien wird im Vergleich zu vielen anderen Anlageformen immer attraktiver. Die Renditen von britischen Staatsanleihen beispielsweise liegen derzeit auf einem historisch niedrigen Niveau. Um konkurrenzfähig zu sein, müssen Immobilieninvestments eine Risikoprämie gegenüber Staatsanleihen bieten. Historisch wird hier ein Mehr an Rendite von 2,5 Prozent als angemessen betrachtet. Zum Vergleich: Im Juli 2009 betrug die All-Pro-perty-Anfangsrendite für britische Immobilien 7,9 Prozent, die Rendite langfristiger britischer Staatsanleihen jedoch lediglich 3,8 Prozent.

Selbst wenn man optimistisch schätzt, dass die Renditen britischer Staatsanleihen langfristig auf 5,0 Prozent steigen, liegt dies auch dann noch deutlich unter den erwarteten Renditen aus Anlagen in britische Immobilien. Dies gilt auch dann, wenn man von einem Rückgang des Marktmietniveaus ausgeht. Denn: Die Kapitalwerte britischer Immobilien sind aufgrund drastischer Neubewertungen seit Juni 2007 bereits um rund 44 Prozent gefallen (Quelle: IPD Monthly Index). Die Einstiegsrenditen dürften daher gegenwärtig ein Niveau erreicht haben, in dem Mietniveaurückgänge bereits weitgehend eingepreist sind.

Die All-Property-Anfangsrendite dürfte bis Ende dieses Jahres auf 7,6 Prozent leicht fallen, wobei der größte Teil dieses Anstiegs eher auf sekundären Märkten stattfinden wird, während sich der Markt für Objekte im Prime-Yield-Segment stabilisiert. Die Durchschnittsrendite, bei der die Erhöhung der "Reversionary"-Mietverträge berücksichtigt ist, wird bis Ende 2009 voraussichtlich auf 9,0 Prozent steigen. Das größte Risiko für diese Prognose besteht darin, dass die Banken eine Welle von Zwangsverkäufen auf dem Investmentmarkt auslösen könnten. Die Banken werden sich jedoch voraussichtlich so lange mit den Verkäufen zurückhalten, bis die Erholung an Fahrt gewinnt, weil die Zinsen in aller Regel noch von den Mieteinnahmen gedeckt werden.

Investoren wieder aktiver, deutsche Banken als Hauptfinanzierer

Obwohl sich diese Entwicklung bereits seit Monaten abzeichnet, warteten Investoren anfangs noch ab. Angesichts der starken Korrekturen am britischen Immobilienmarkt war dies eine verständliche Haltung. Zusammen mit der wachsenden Erkenntnis, dass sich die Renditeerwartungen von Immobilien im langfristigen Durchschnitt und insbesondere im Vergleich zu britischen Staatsanleihen und Bareinlagen deutlich verbessert haben, nehmen auch die Anzeichen für eine Belebung des Investitionsmarkts zu. Eine Reihe britischer Institutionen wie etwa Pensionsfonds sowie eigenkapitalstarke Privatanleger, die nicht auf Fremdfinanzierung angewiesen sind, kehrten bereits wieder an den Markt zurück.

Darüber hinaus waren Investitionen auch für ausländische Investoren attraktiv - und zwar nicht nur durch die Anpassung der Immobilienpreise, sondern auch durch die Abwertung des Britischen Pfunds. Beides zusammen wirkte für diese Investorengruppe wie eine Art "doppelte Korrektur" bei britischen Gewerbeimmobilien. Im Fokus des Anlegerinteresses standen Objekte des Typs "Quasi bond type properties" mit einem Investitionsvolumen von bis zu 50 Millionen Britischen Pfund, die mit langfristigen Mietverträgen an Blue-Chip- Mieter vermietet sind. Insbesondere bei Büroobjekten ist im Segment Core Properties eine zunehmende Nachfrage bei Büroobjekten zu beobachten, die an staatliche Behörden vermietet wurden, sowie bei Güterverteilzentren, die große, bonitätsstarke Ankermieter haben.

Deutsche Banken haben mittlerweile eine dominierende Stellung als Finanzierer großer gewerblicher Immobilienprojekte in Großbritannien. Dagegen haben sich britische Kreditinstitute vom heimischen Markt für große gewerbliche Immobilienfinanzierungen weitgehend zurückgezogen. Laut Marktbeobachtern kamen im vergangenen Jahr acht von zwölf Banken, die sogenannte "Big-Ticket"-Kredite vergaben, aus Deutschland. Noch vor zwei Jahren kam lediglich einer der zwölf größten Immobilienfinanzierer aus Deutschland, stellt die De Montfort University in Leicester fest. Waren damals noch sieben britische Banken mit von der Partie, sind heute nur noch die zu Santander gehörende Abbey National und Nationwide Building Society dabei.

Wann wird die Investitionsbremse gelöst?

Aufgrund der aktuell hohen Einstiegsrenditen und der besonders gesicherten Mieteinkommen der meisten britischen Mietverträge liegt der größte Teil des Rückgangs der Kapitalwerte britischer Immobilien hinter uns - insbesondere im Primesegment. Es ist zu erwarten, dass Anleger wieder verstärkt in britische Immobilien investieren werden. Noch stärker werden die Aktivitäten anziehen, sobald die Auswirkungen der von der britischen und den internationalen Regierungen eingeleiteten Hilfsmaßnahmen für Konjunktur und Kreditwirtschaft greifen.

Was den richtigen Einstiegszeitpunkt betrifft, so sind die Entwicklungen nach den Rezessionen Mitte der siebziger Jahre und Anfang der neunziger Jahre interessante Musterbeispiele. Damals erzielten Investoren attraktive Renditen, bevor die Erholung an den Märkten wieder einsetzte. Es gilt also, jetzt die Gunst der Stunde für Anlagen in die attraktiv bewerteten britischen Immobilien zu nutzen, bevor die Investitionsaktivitäten bei einsetzender Erholung weiter zunehmen.

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